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Full text of "Zur deutsch-skandinavischen Geschichte des xv. Jahrhunderts"

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Zur 



Oentscli UiMTiscIien GescIiiGbte 



XV. Jahrhunderts 



G. Frhr. von der Ropp. 




LEIPZIG. 

Verlag von Duiicker & Huinblot. 
1876, 



^^0 . e . 2-?. 




I 



Die erste der nachfolgenden Abhandlungen wurde bereits 
im Sommer 1875 mit Zustimmung der philosophischen Fakultät 
der Universität Leipzig ais Habilitationsschrift unter dem Titel 
„König Erich der Pommer und die skandinavische Union" 
gedruckt. Sie schildert den Verlauf der Begebenheiten, welche 
das durch die kalmarische Union bedrohte Uebergewicht der 
deutschen Hanse im europäischen Norden für die Dauer des 
15. Jahrhundeits sicherten. Ein reiches handschriftliches Material 
gewährte einen vielfach klareren Einblick in diese Verhält- 
nisse als es vordem möglich war, doch konnte von der Mit- 
theilung des Wortlauts der wichtigeren Urkunden und Akten 
hier völlig Abstand genommen werden, da der Abdruck in 
den von mir im Auftrage des hansischen Geachiuhtsvereins 
herauszugebenden Hanserecessen theils bereits erfolgt ist, theils 
bevorsteht. Der erste Band wird, wie ich hoffe, binnen kuraer 
Frist erscheinen. Dagegen stellte sich mir gleich bei der 
ersten Inangiiffnahnie der Arbeit die Nothwendigkeit heraus, 
die von der Kritik bisher so gut wie völlig veraachlässigten 
schwedischen Geschichtsquellen des 15. Jahrhunderts einer ein- 
gehenden Prüfung und Sichtung zu unterwerfen. Die Ergeb- 
nisse dieser Untersuchung standen im wesentlichen zur Zeit 
des DruQkeä der ersten Hälfte bereits fest, doch verzögerte 



— IV - 

sich ihr Abschluss durch mannigfache Behinderungen bis zum 
Beginn des neuen Jahres. 

Meinem lieben Freunde Dr. K. Höhlbaum in Göttingen 
sage ich schliesslich auch öffentlich herzlichen Dank für so 
manche Förderung, die er dieser Arbeit in Rath und That 
angedeihen liess. 

Leipzig, am 7. Februar 1876. 



Eine der iinerquicldiclisten Ersclieiniingen auf (lein Throne 
der durch die Union verbunilenen skandinavischen Reiche ist 
König Erich der Pomiiier. Im sechsten Lebensjahre zur Nach- 
folge in Norwegen berufen, iin vierzehnten auch in Dänemark 
und Schweden zum König erwählt, trägt er, nach füntzehn- 
■jiShriger gemeinsamer Regierung niit seiner Grosstante Mar- 
garetha, noch siebenundzwanzig Jahre allein die drei Kronen, 
um verlassen und verbittert seine Tage im Stammlande zu 
beschliessen. Hatte die Klugheit und Umsicht Margaretbas 
am Ausgang des 14. Jahrhunderts die drei Reiche zum eiTsten 
Mol unter einem Scepter vereinigt und nach Kräften das ein- 
mal erweclite Gefühl der Gemeinschaft und Einheit in ihnen 
Tvach zu erhalten und zu stärken gesucht : ihr Nachfolger that 
Bein möglichstes, um das Band zu vemichten und seine 
eigene Stellung zu untergraben. Seiner verfehlten Politik ist 
es zuzuschreiben, dass von dem durch ihn bevorzugten Lande, 
von Dänemark aus, der Antrag gestellt werden konnte, den 
Grundsatz der kalmarischen Union, ein Herrscher in den drei 
Reichen, wieder aufzugeben. Welche Seite seiner Regierangs- 
tliätigkeit man aucb hervorsucht, liberall begegnen dieselben 
Charaktereigenschaften des Königs, eigensinniges Festbaltea 
an einer vorgefassten Meinung und Mangel an jeder Einsicht 
in die Aufgaben, welche Skandinavien ihm stellte. Zu Gun- 
sten einea Landstrichs im äussersten Süden seines weiten 
Reiches verwendet er alle ihm zur Verfügung stehenden 
Kräfte auf einen unglücklich und unglaublich fehlerhaft ge- 
führten Krieg, ohne auf die Bedürfnisse und Anforderungen 
.seiner übrigen Länder irgend Rücksicht zu nehmen. Ohne 



Wiilerstand mussteu diese iuzwisdien im Norden und Osten 
Raub und Plünderung ertragen, kalten Blutes sollte der Land- 
mann Hab und Gut daiüber verlieren, unerhört verhallten 
seine Klagen. Kaum hat der Krieg uin Schleswig ein Endej 
kaum ist seine unmittelbare Folge, der Aufstand Schwede! 
mit Mühe überwunden, so stellt das ungescliiekte Besteht 
Enchs auf der Wahl eines unbeliebten und bereits vielfacl 
zurttckgewiesenen Vetters zu seinem Nachfolger von neuem 
alles in Frage. Dünemark widersetzt sich diesem Eingriff in 
sein freies Wahlrecht und die Losung, das bestehende Rech| 
unverlezt zu erhalten , vereinigt alle vorhandenen Eleiaenl 
der Unzufriedenheit. Schwellen klagt Über den Bruch di 
Bedingungen, unter welchen es mit dem Könige seinen Frii 
den geschlossen und kündet ihm abermals den Gehorsam ai 
In Norw^en erhebt sich das Volk und verlangt nach einei 
sichtbaren, im Lande weilenden Herrseher, von dem es 
hülfe der Missstände erhoffen könne. Viel stand auf 
Spiel. Trat Erich der Gefahr entschlossen entgegen, geneij 
den gerechten Beschwerden Abhülfe zu verschaffen, er hä1 
die Kronen gerettet. Das Gegentheil geschah : missmutl 
und verdrossen verschloss er jeder Vorstellung sein Ohr 
wandte dem Lande den Rücken. Er hofl'te, der Sturm werde Sil 
von selbst legen und fällte damit sein eigenes politisches Todi 
ui-theil. Dänemark durchbricht die Union und ruft, unbi 
kümmert um die andern Reiche, den nächstberechtigten BlutS' 
verwandten seines alten Herrscherhauses, Christoph, aus ili 
Pfalz herbei und diesem gelingt es nach mancherlei Wechs« 
fällen auch Schweden und Norwegen zur Anerkennung 
Königthums zu bewegen. Die durch das Vorgehen Däni 
marks zeiTissene Union ward somit äusserlich nochmals hei 
gestellt, ihr Grundgesetz aber konnte fortan bei jedem Thron* 
Wechsel von jedem einzelnen Reiche mit vollem Recht vi 
worfen werden, da die Wiedervereinigung nicht auf Gruiw 
des Traktates von 1397, sondern in Folge von Einzelwahlen^ 
in den drei Reichen eiiolgte. Die A'on Margarethe auge- 
strebte innige Vei-schmelzung der drei stanmiverwandten 
Völker zu einem Ganzen wnr endgültig aufgegeben, während' 



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das Königthum eine Reihe der wichtigsten Herrscherrechte 
zu Gunsten der dänischen und schwedischen]! Aristokratien 
eingebüsst hatte. 

Erichs Anstrengungen, das Verlorene zurückzugewinnen, 
scheiterten vor allem an seiner eigenen Unfähigkeit, den ent- 
scheidenden Augenblick kühn zu benutzen. Nurjdem fried- 
lichen Kaufmann und Schiffer blieb er durch Seeraub gefähr- 
lich, dem er seine Tage widmete. 

Die nachfolgenden Zeilen sollen das hier kurz Skizzirte 
des näheren ausführen. An die Schilderung der letzten Re- 
gierungsjahre Erichs, welche den Gedanken, ihn des Thrones 
zu entsetzen, reifen liessen, schliesst sich die Darlegung der 
Vorgänge von seiner Entthronung bis zur Wiederherstellung 
der Union durch Christoph. 



1* 



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I. 



Wider aller Erwarten endete Margaretlia, die Stifterin 
der Union, in der Nacht vom 27. auf 28. Oct. 1412 im flens- 
bui'ger Hafen ihr thatenreiches Leben. König Erich war nun 
Alleinherrscher der drei nordischen Reiche. Obgleich er längst 
der Vormundschaft entwachsen wai', hatte Margaretha doch 
bis zu ihrem letzten Athemzuge die Zügel der Regierang mit 
fester Hand geführt, jet^t sollte der Erbe selbststiindig seine 
Bahn wandeln und die auf ihn gefallene Wahl der Dahinge- 
schiedenen, die ihm den Weg geebnet, rechtfertigen. 

Unter den Aufgaben, die der Lösung durch ihn harrten, 
stand der unausgetragene Streit mit dem holsteinschen Grafen- 
hause um den Besitz Schleswigs an erster Stelle 0- Meister- 
haft hatte Margaretha ihn eingeleitet. Wenige Wochen nach 
der Wahl Erichs zum König in Dänemark lud Margaretha 
die Grafen von Holstein ein, dem neuen Herrscher zu huldigen 
und das Herzogthuni Südjiltland oder Schleswig von ihm zu 
Lehn zu empfangen. Die Grafen stellten sich an dem be- 
stimmten Tage in Assens ein in der Anschauung, dass durch 
den 1392 zu Wordingborg geschlossenen Frieden, welcher die 
Grenzen des Herzogthums bestimmt und die Erblichkeit des 
Lehns von neuem anerkannt hatte, aller Streit erledigt sei, 
die Lehnsübertragung daher keine Schwierigkeit bereiten 
werde. Als aber die Königin die Lehnsfolge heischte, ver- 



I) Tgl. im allgemeinen Dahlmami, Gesch. von Dänemark 3, 8. 87 ff.; 
Jahn, Danmarks histor. under ünionskongerne S. 41 ff., Huitfeld, Danin. 
ligis krunicke S, 608ff. (ich eitire nach der Folioausgahe von llJ-52) ii. a. 




weigerten die Grafen sie mit Hinweis auf die königlichen 
Handfesten, welche ihre Leistung auf den Vertheidigungskiieg 
beschi-änkten , erboten sich jedoch zum Dienste gegen Sold. 
Dieses wurde angenommen, die Grafen legten öffentlich den 
Huldigungseid ab, wurden aber nicht in aller Form durch 
tIebeiTeichung einer Fahne mit dem Herzogthura belehnt. Von 
dänischer Seite wurde daher sogleich behauptet und beurkundet, 
es sei hier nicht mehr als ein Dienstveilrag abgeschlossen 
worden, nach dem Dafürhalten der Holsten war tbatsilchlich 
die Belehnung erfolgt ^). Vorläufig ruhte die Frage, Mar- 
garetha wartete ihre Zeit ab. Nach dem Tode des ältesten 
Grafen Gerhard, 1404, gi-itf sie sofort in die holateinschen 
Verhältnisse ein und nutzte sie so trefflich aus, dass sie 
wähnen durfte, Schleswig ohne Schwertschlag Dänemark wieder 
einverleiben zu können. Doch venieth Erich den Plan zu 
früh, mit unbedachter Hast schlug er los, als die Vormünder 
der unmündigen Söhne Gerhards ihm die Rechenschaftsablage 
verweigerten. Mit der oäenen Erklärung, das Herzogthum 
sei verwirktes Lehn, weil die Mutung nicht hinnen Jahr und 
Tag nachgesucht sei, rückte er in Schleswig ein. Da legte 
sich Margaretha ins Mittel und brachte einen fün^ährigen 
Waffenstillstand zuwege , dessen Bedingungen ihre geistige 
Ueberlegenheit von neuem bekundeten. Die klare Rechts- 
frage, ob Schleswig erbliches Lehn sei und als solches dem 
holsteinschen Grafenhause zustehe oder nicht, verdunkelte sie, 
indem die Entscheidung einem Genchte übertragen wurde, 
welches nach dänischem Rechte zu urtheilen hatte. Die 
früheren königlichen Belehnungsurkunden, durch welche die 
Frage bereits zu Gunsten der Grafen entschieden war, wurden 
damit ausser Kraft gesetzt und beseitigt. Das Endurtheil 
aber sollte König Sigismund fällen, dessen Mutter die Schwester 
von Erichs Vater war ^). Es war der letzte diplomatische Sieg 

'} Tgl. die dänische Vik. von laSf! Fasten bei Hiütfeld 608 und die 
Zeugenaussagen dei- IIolBteiner von 1424 Mai 11 iii den Processakten 
Evriachen Erich und Holstein, Langebek Ss. rer. Dan, 7. 335, 3i"?, 1 
dera 8. 850 f. 

-} Vertrag zu KbUhif- Uli März 24, Jahn 499. 



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Margarethens. Ihr frühzeitiger Tod liess Eiich freie Hand 1 
und er zögerte lieineii Augenblick , jede Hoffnung auf eine 
friedliche Beilegung des Streites von vornherein zu vernichten. 
Auf dem Rechtstage zu Nyborg, 1413 Juli, gab er durch die 
bündige Verweigerung der Lehnsübertragung an den sechs- 
zehnjkhrigen Grafen Heinrich, den ältesten Sohn des von den 
Dithmarschen erschlagenen Gerhard, die Losung zum vollen 
Ausbruch des Kampfes, der ihm den Thron und die Herr- 
schaft über die drei Reiche kosten sollte ')■ I^ei" Krieg ver- 
lief im offenen Felde meist unglücklich für Erich, ohne dasg 
seine Gegner bei der Uehermacht des Königs entscheidende 
Erfolge aufweisen konnten. Der financielle Druck , den die 
Kriegslasten ausübten, wurde auf beiden Seiten mit Jedem 
Jahre schwerer und tiefer empfunden, doch eri'reute sich der 
Krieg besonders in Dänemark einer gewissen Gunst, die über 
die echädlichen Wirkungen leichter hinwegsehen liess. So 
lange überdies die Verhandlungen, welche fast ununterbi-ochen 
daneben einhergiengen , einen günstigen Erfolg zu versprechen 
geeignet waren , ertrug man hier willig die Last. An Ver- 
mittlungsversuchen fehlte es nicht. Die Hanse wurde dazu 
gedrängt, die Aussöhnung der Gegner zu betreiben, da sie 
durch den Krieg am meisten in Mitleidenschaft gezogen wurde. 
5 Meer war durch die Kaper beider Theilc unsicher ge- 
macht *), der Handel gestört, die Behauptung einer neutralen 
Stellung auf die Dauer unmöglich. Kaiser Sigismund er- 
kannte seinem königlichen Vetter in der Besitzfrage über 
Schleswig das Recht zu, ohne den Hotsteinern Gehör zu 
schenken, und entsandte, als sein Spruch die Waffenruhe nicht 
herbeiführte, den Herzog Rumpold von Glogau, welcher beide 
Parteien zu eiüem Compromiss auf den Kaiser zu bewegen 
vei-mochte. Das kaiserliche ürtheil fiel, wie nicht anders zu 



') Den Hergang auf dem Tage scliildern die Urk. vom 29. Juli 1413, ' 
Huitfeld 645— 6S2 und Korner bei Eccard, Corp. Hst. 2, 1218. 

') Graf Heinrich, Bruder des erschlagenen Gerhard, bis 1404 B. von 
Osnabrück und in diesen Jahren die Seele des Widerstandes, hatte die 
Vitalienbrüder aus der Westsee herbeigerufen, Komer 1218, darnach 
Graatoff, Lüb. Chr. 2, 489 (Rufua). 



— 7 - 

ei'warten, gegen Holstein aus; dieses appellirte an den Papst 
und nach kui'zem Stillstände erschienen beide Theile stärker 
als zuTor gerüstet im Felde. Jetzt trat aber ein neuer Umstand 
hinzu, welcher den Kampf endgültig zu Ungunsten Erichs ent- 
schied. Die Hansestädte erklarten dem Könige den Krieg. 

Bereits 1417 verpflichtete sich Hamlmrg zur Unterattttzung 
Holsteins gegen Dänemark und grifl" eifrig in den Krieg 
ein ')■ I" Lübeck dagegen war der 1408 vertriebene Rath 
erst 1416 durch das dii-ekte Einschreiten Erichs wieder in 
den Besitz seiner Würden gelaugt, die Dankbarkeit überwog 
zunächst das politische Interesse. Es scliloss sogar 1417 im 
Namen der wendischen Stüdte ein Bündniss mit Erich zu 
wechselseitigem Beistand mit 1000 Mann, doch verlautet nichts 
über eine Äusfübrnng des Vertrages *). Dies Gefühl der 
DankbaJ'keit schwand jedoch bald, ja es erfolgte eiu voll- 
ständiger Umschlag der Stimmung, als Erich die deutschen 
Häringsfischereien auf Schonen bedrohte und den Holländern 
den Zugang in die Ostsee gestattete. Schon wurden die 
dänischen Inseln von hansischen Schiffen geplündert und eine 
holländische Flotte, deren sich der König gegen die Hanseaten 
bedienen wollte, durch die Wegnahme alles Takelwerks un- 
brauchbar gemacht, schon schritt man auf den Hansetagen 
zu Lübeck und Rostock 1422 noch weiter, verbot allen Handel 
nach den nordisclien Reichen und untersagte allen Verkehr 
bei Verlust von Gut und Leben, da trat noch zu rechter Zeit 
der erwähnte Herzog Itunipold vermittelnd dazwischen, uud 
seinen Bemühungen gelang es, den Bund zwischen dem Könige 
und den Slädteu nochmals aufzurichten ^). 

Dennoch hatte er keinen langen Bestand. Die drohende 



I) Der JäumlesT ertrag von lilT, Juli 20. ist gedr. in Abdruck der das 
Recht von Llibeck und Hamburg auf zoUfreien Transitverkehr durch Hol- 
ilein betr. Urk. 1838, S. 150, vgl, Koppmann, Hamb, Kämme reirechii. 
2, 27 ff. 

■') Körner 1222 f.; GrautoiT 2, 12 ff.; Presbyter Bremeusis ed. Lappen- 
berg (Quellens, der Sclil.-Holst.-Lauenb. Gesellsdi. 1) S. 121. 

') Sattorius , Gesch. d. lians. Bundes 2, 2'A nach lisl. QueUen, 
Buitfeld 690 ff. 



J 



— 8 — 

Ma<^ht der vereinigten drei Reiciie, welcher aus der Besiegung 
Holsteins eine den Städten jedenfalls unerwünschte Kräftigung 
erwachsen rausste, die naheliegende Befürchtung, dass der 
nordische Herrscher unmittelbarer Nachbar werden könnte, 
der Haudelsneid endlich gegen die unter dem Schutze des 
Könige in der Ostsee immer mehr sich ausbreitenden westei- 
SCeiBchen Städte, welche das Handelsilbergewicht an sich zu 
reisaen drohten : dies alles, unterstützt von den Voi-stellungen 
Hamburgs, führte die Städte bald iu das Fahrwasser der tra- 
ditionellen Politik der Hanse zurück '). Um den Schein des 
Angriff;^ von sich fern zu halten und die Urhebei-schaft auf 
die Schultern des Königs zu wälzen, ei"3uchten sie ihn noch- 
mals, mit Holstein Frieden zu schliessen, zurückgewiesen 
giengen sie mit den Grafen ein Bündniss gegen Erich ein. 
Am 18. Oct. 1426 Hessen die gesammten Hansestädte, eine 
jede durch ihren eigenen Boten, ihre Absagebriefe dem KOnig 
selbst tiberreichen*). Der Krieg erhielt nun einen andern 
Charakter. Bisher war der König angriffsweise verfaliren, 
von diesem Augenbücke an beschränkte er sich auf die Ter- 
tlieidigung. Die hansischen Flotten beherrschten die See und 
plünderten auf den dänischen Inseln, die Missgiiffe aber, diej 
aucli auf dieser Seite nicht fehlten, schoben die Entscheidung^^ 
immer weiter hinaus. Voreilig wurde nach dem Falle 
marinhaften Herzog Heinrich die Belagerung von Fiensbui'g 
aufgegeben, und bald hfmach Hess sieh die Flotte im Sunde 
von den Dänen empfindlich aufs Haupt schlagen. Eine grosse 
Handelsflotte aus der Baie, welche wenige Stunden nach der 
Niederlage im Vertrauen auf den entgegengesandten Schutz 
die Meerenge dui'chfahren wollte, fiel nach erbittertem Kampfe 
mit reicher Beute in die Hände der Dänen. Die Holländer, 



1 

i 



') Der erwähnte Presb. Brem. 153 Bchliesst Bein Werk mit don J 
"Worten; Kam optime sciunt Lubicenses, si porta Hollzacie eis feer*g 
tarn in mari quam in terra clausa, quod male starent et quod temun pre^- J 
dictJtm habeot sicut propriiira allodium simm, quo destrncto et cintawl 
iliorum jirotul dubio non diu Btare posaet. 

■') Komer 1273, Tgl. dazu den Brief des dilniBclicn ReiclisrathB nnl 
den Bchwedischen, 1421) Dec. 10, Styffo, Bidrag t. Skandin. bist, 2, 



» 



I 



welche seit 1423 ohue Absage auf dem Kriegsfusse mit den 
Hansestädten standen, unterstützten hierbei die Flotte Erichs 
und waren schnell bereit, ihren Vortheil auszubeuten, der den 
hansischen Kaufleuten von ihnen zugefügte Schaden erreichte 
eine ausserordentliche Höhe ')- D'e schweren Verluste, die 
Steigerung der Auflagen in Folge des liiieges, die dauernde 
Störung des Handels, erzeugten in den Bürgerschaften der 
kriegführenden Städte eine grosse Erbitterung gegen die 
Käthe. Noch waren allen Betheiligten die demokratischen 
Bewegungen aus dem Anfang des Jahrhunderts in frischer 
Erinnerung, es bedurfte nur eines leisen Windstosses, um den 
in der Masse verborgen glimmenden Funken des Misstrauens 
zur hellen Flamme anzufachen. Erich beutete dies geschickt 
aus. So unfähig er zur Kriegsführung war, so sehr verstand 
er es jetzt in den Städten Zwietracht zu säen und die Ge- 
meinden gegen den Eath zu reizen. Die Führer der hani- 
biu^er und lübecker Flotten fielen unter dem Beil oder wan- 
derten ins Gefangniss, in Wismar wurden zwei Ratbsmit- 
glieder ohne Urtheil hmgerichtet, in Eostock musste fast der 
ganze Rath aus der Stadt weichen, nur in Stralsund wurde 
die Verschwörung rechtzeitig entdeckt und durch die Ent- 
Bchlossenheit des doitipen Bürgermeisters sofort unterdiückt *). 
Die Folgen, welche der König erwartet, blieben jedoch aus. 
Im Jahre darauf wurde Kopenhagen angegriffen und der 
wenn auch missglückte Versuch unternommen, den dortigen 
Hafen unbrauchbar zu machen, die Raub- und Plünderungs- 
züge gegen die Inseln und die dänischen Küsten wurden 
wiederholt und bis nach Bergen in Norwegen ausgedehnt, 
ein kaiserlicher Gesandter fand mit seinen Vermittiungs- 
anträgen bei den Verbündeten kein Gehör. Vergeblich waren 
die Anstrengungen, welche die energische Gemahlin Erichs, 
^Philippa, Schwester des englischen Königs Heinrich V, machte; 



ij Grautoff 2, 32; 1447 gab Wismar allein seinen ilun von den 
Holländern 1427 zugefiigten Schaden auf 32,000 rh. Gulden an, mit AuB- 
Dohme der Todten, igl. Burmeiater, Beilr, z. Gesch. Europas im Vi. Jahr- 

^, Lundert, 107. 

^^U -) Körner 1282, vgl. Kantzow e 



sie sah sich auf die Vertheidigong beschränkt, als ein von 
ihr veranlasster I'eberfall auf Stralsund glänzend abgewiesen 
wurde und eine ansehnliche Kriegsflotte, welche die in Schweden 
eingesammelten königlichen Gelder nach Dänemark geleiten 
sollte, in die Hände der Verbündeten fiel. Das MissgescMek 
der Dänen und das üebergewicht der Städte war entschieden. 
Unfähig im offenen Felde Wideretand zu leisten und den- 
noch eigensinnig genug, um an allen seinen Ansprüchen un- 
nachgiebig festzuhalten, suchte Erich auf diplomatischem 
Wege das Ziel seiner Wünsche zu erreichen. Ihm war es 
bekannt, dass die sechs wendischen Städte von den übrigen 
Genossinnen so gut wie gar nicht unterstützt wurden und die 
Lasten des Krieges mit jedem Jahre schwerer ertmgen 
Bewog er erst einige, das Sonderinteresse über das allgemeinj 
zu stellen, so durfte er mit Sicherheit darauf rechnen, di 
in den Gemeinden der übrigen der Missmuth sich Lul 
schaffen und auch auf den Frieden dringen werde. Die dann 
alleinstehenden Grafen konnte er leicht zu überwinden hoffen. 
Uostock, von den Städten seit der Vertreibung des patricischeo. 
Käthes scheel angesehen , warf sich bereitwllhgst Erich 
die Arme, als dieser ihm Schutz des Handels und ünti 
Stützung des neuen Käthes ^) verhiess , und Stralsund 
seinem Erich blutsverwandten Herzoge gedrängt, folgte dei 
Beispiel, um einer Wiederholung der inneren Unruhen vi 
zubeugen. Beide schlössen 1430 ihre Separatfrieden uni 
sonderten sich somit von den Städten ab. Die vier übrig* 
Städte, in gleichem Grade nach Frieden trachtend 
die Anerbietungen Erichs zurück, da er den ihnen verbündeten 
Holsten nur einen zweijährigen Stillstand gewähren wollte, 
nach dessen Ablauf die Städte sich auf Grund des 1423 ge- 
schlossenen Bündnisses zum Beistand wider die Grafen zu. 



die 



') TeieiDzelte Zeugnisse dafOr, dass die sächsischen Städte 1431 bet.l 
dor Belagerung von Flensliurg Unterstützung gewährten, a. i 
Hanserecessen 1, Nr. 22. 59. 

') Er behauptete sich in der That nur durcli den Rftckhalt, 
Erich ihm gewährte, bis zu d.ssen Thronenteetzung , wenige Wochani-'j 
darauf, 1439 Sept., musste er weichen. 



\ 



— u — 

verpflichtea hatten '). Sie erkannten , dass ihr Ziel nur" 
durch Festhalten am Bunde mit den Grafen zu erreichen 
war und verdoppelten Ihre Anstrengungen, Wenige Monate 
nach dem Abbruch jener Verhandlungen standen sie den 
Grafen bei der Eroberung von Flensburg treuhch bei und 
mit der Bezwingung auch der zugehörigen Burg war die 
letzte grössere Stadt in Schleswig dem Könige entrissen. Nun 
lenkte auch Erich ein, drang nicht mehr auf die buchstäb- 
liche Ei-füllung des ihm günstigen kaiserlichen Urtheüs und 
bevoilmächtigte die Gesandten des Hochmeisters Paul von 
Eusdorf, welche von diesem im Auftrage des Kaisers ab- 
geordnet waren , den Grafen zu erklären , dass er auf seinem 
Rechte nicht mehr bestehen wolle und zu freundschaftlicher 
Uebereinkunft geneigt sei ^). Ilocii nm- mit grosser Mühe 
brachten die Gesandten einen Wafl'enstillstandsentwurf zu 
Stande, der den Stildten den Genuss ihrer Privilegien und 
den Holsteinern den friedlichen Besitz des Eroberten bis zur 
Erledigung des Streites zusagte. Unter dem frischen Ein- 
druck des Falles von Flenshurg ertheilte Erich seine Zu- 
stimmung ohne Siiumen, dagegen waren die stadtischen und 
herzoghehen Gesandten gezwungen, den Entwurf zunächst ihren 
nftraggebern mitzutheilen s). Als diese ihre Bereitwilligkeit 
•klarten und zum formeilen Abschluss des Stillstandes um 
[Geleite für eine neue Gesandtschaft nach Dänemark nach- 



) fiericht über die Yerhandlungen zj Helaingbarg 1430 Bec (StA, 
^beck). Erich Krammeiük, der zu Erich übergetretene Hoisteineri 
UBserte im Verlauf der Verhau dlimgen : he iinde her Benedictua (Pogwisch) 
landen de Bolsten wol , se en kouen sik byuiien landes nicht bergen, 
hand vul hörnten, wan men de vlegen lete, Be wolden 
^TDitan tasten. 

*) Duchte Eejnen widdersachen, das ea das recht czu awer «arde 
läea, so wolde her gerne mit en angeben eyne mageliche frundscbafL 

^) Berichte der preiisaischen Gesandten, Stjffe 2, 241 — 257; vermehrt 
um mgehörige j»Vten in meinen Hanserecessen 1, Nr. 64—72, bereits an- 
ftÜirt von Jahn 105 und darnach Dablmnnn 3, 139. Jahn muea sie nicht 
ganz durchgelesen haben, da er von einem einseitigen zwischen Erich und 
p Holstein mit Ausscliluss der Städte zu Stande gekommenen Stillstände 



I 



1 



^M tioistem mit 
^H'Bpricbt. 



suchten, sandte Erich wie zum Hohn einen auf 14 Tage 
lautenden Geleitsbrief'), Der Stillstand unterblieb, die gegen- 
seitigen Kapereien auf der See wurden von neuem liegonnen, 
doch bereitete schon im folgenden Jahre der fiinQährige 
Waffenstillstand zu Horsens den öffentlichen Feindseligkeiten 
ein Ende'). Bei (1er Hartnäckigkeit, mit welcher der König 
den Stfldten ■ gegenüber auf Genugthuung für den Bruch des 
Vertrages von 1423 drang, und bei der nicht minder grossen 
Zähigkeit, mit welcher die Städte an der Forderung des Er- 
satzes für die nach dem Tage zu Horsens ihren Kautieuten 
in Dänemark zugefügten Schäden festhielten, konnte keine 
der zahlreichen Verhandlungen, welche diesem Tage folgten, zu 
dem endgültigen Frieden führen. Erst als auf dem wordingborg^ 
Rechtstage, 1434 Juni, nach langwierigem fruchtlosen 1 
und Herreden über die von den Städten erhobene Forf^ 
rung, dass der eigentlichen Frage die Äburtheilung über f 
von königlicher Seite begangenen Friedbrüche voraufeel: 
niüsste, plötzlich die Nachricht eintraf, dass Schweden ^ 
vollem Aufstande begiiffen sei, geriethen die Verhandlungf 
in Fluss^). Der ßechtstag gieng freilieh ohne Ergehniss ad 
einander, keine der Parteien gab nach, aber eine uninitt^ 
bar darauf von der gleichzeitig tagenden und zahlreich l 
suchten Versammlung der Hansestädte zu Lübeck abgi 
Gesandtschaft, zu welcher mit Vorbedacht die Verttetl 
solcher Städte gewählt wurden, welche vom Kriege ferngf 
blieben waren. Stettin und Dauzig, fand schon geneigter^ 
Gehör, und bald konnte Lübeck nach Danzig melden, dat 
auf einem dritten Tage zu Hadersleben die Friedensartila 
aufgesetzt und beide Theile bis zum Mai 1435 über derj 
Annahme sich zu entscheiden hätten. Am 1 7. Juli 
wurde dann der Friede zwischen dem Könige und seid 
Widersachern endlich besiegelt und verkündet. Der Kfti 



') Vgl. Hanserecesse 1, Nr. 77. lOS. 

•') Vgl. HanBereoease 1, Nr. 135—145. 

") Vgl. den Brief der Bischöfe von 
Amtfllirüder in Schweden, Diplom. Norveg. 
Nr. 374. 



und Skara aa 2 
453; Banserecessel 



— 13 — 

hatte nichts erreicht. Herzog Adolf, der einzig noch übrige 
Spross des Giafenhaiises , erhält Schleswig zu friedlichem Be- 
sitz auf Lebenszeit, und noch zwei Jahre darüber hinaus sollen 
seine Erben ihn ungestört geniessen, alsdann mag jeder Theil 
sich seines Rechtes bedienen, doch muss der Kneg ein halbes 
Jahr zuvor angezeigt werden. Hierfür hat der Herzog dem 
Könige insoweit Dienste zu leisten, dass er mit den drei 
Reichen Friede hält und die Unterthanen des Königs in sei- 
nem Lande in Schutz nimmt, desgleichen hat der König sei- 
nerseits zu verfahren. Wertere Dienste blieben einer fried- 
lichen Vereinbarung vorbehalten, ebenso die Entscheidung 
aber die dem Könige noch verbleibenden Gebiete in Schles- 
wig. Die Städte erhalten die Bestätigung ihrer Privilegien, 
die von Erich eingeführte Erhöhung des Sundzolls fällt ftlr 
sie hinweg, auf den Ersatz für (lle Kricgsscliilden verzichten 
beide Theile, doch wird den Städten für die Fiiedbrüche nach 
dem Tage zu Horsens Genugthuuug geleistet. Zum Zweck 
einer endlichen Ausgleichung allen Streites sollen die Städte 
jährlich um Johannis Rathssendeboteu nach Kopenhagen 
schicken, welche noch vor der Schonenfahrt dort einzutreffen 
haben. Der Bund von 1423 wird für null und nichtig er- 
klärt, die Siegel an den betreffenden Urkunden sollen beide 
Theile in Kopenhagen zerbrechen, sobald Erich aus Schweden 
zurückkehren werde '). 

Schweden hatte recht eigentlich das Zustandekommen 
des Friedens bewirkt. Dort stand für Erich, welcher unmit- 
telbar nach AbschluSK der Verhandlungen mit dem Herzoge 
und den Stildten hinübergieng , mehr auf dem Spiel als in 
Südjütland, welches ihm bereits entrissen war. Er musste 
der langji'ihrigeu Zwietracht mit den überlegenen Gegnern ein 
Ende bereiten, wollte er nicht seine eigenen Unterthanen 
jenen in die Arme treiben^) und seinen Eigensinn bereits 
jetzt mit dem Verlust der Krone busaen. 

angefiliirten Verhandlimgen zu "Wording- 
nen Hanaeracessen I, Nr. 364^375. 381 f., 



I) Die Akten Ülier alle 
borg und Hadersleben s. in 
387—391, 424, 446-^58. 

') Schweden halte bereits öfters 
versucht, b. unten S. 24. 27. 



; den Hansestädten anzuknüpfeu 



I 
J 



Der mehr als zwanzigjährige Krieg hatte allen drei Rei- 
chen schwere Wunden geschhigen, veiiehlte Massnahmen des 
Königs hatten sie noch fühlbarer werden lassen und er- 
weitert. Die fißaticiellen Berträngnisse, in welche Erich wäh- 
rend des Kampfes gerieth , Messen ihn zu Mitteln greifen, 
welche nur vorübergehend dem Mangel abhelfen konnten, 
dauernd aber das Gemeinwohl schadigten und in allen Schich- 
ten der Bevölkerung gerechten Unwillen wnchriefen. Die 
Münzverschlechterung und der Zwangscours, deren er sich in 
der Noth bediente ^) , zogen nur Asß Gegentheil des ei-wünsch- 
ten Erfolges nach sich. Die Unterthanen, welche bei Strafe 
das neue um drei Viertel geringer ausgeprägte Geld gegea 
das bisherige umwechseln niussten, sahen sich mit einem 
Schlage eines beträchtlichen Theiles ihrer Habe beraubt, die 
auswärtigen Kaufleute verweigerten die Annahme und tausch- 
ten nur Waare gegen Waare , allseitig stockte der Handel, 
wurde der Verkehr im bürgerlichen Leben erschwert. Die 
Klagen hierüber missen bereits zu Anfang der zwanziger 
Jahre eine bedenkliche Höhe erreicht haben, denn die Köni- 
gin Pbilippa wagte 1423 in Abwesenheit Erichs, der bei Sigis- 
mund seinen Process gegen die Holsteiner persönlich zu för- 
dern suchte, mit den vier wendischen Städten, Lübeck. 
Hamburg, Lüneburg und "Wismar, ein Abkommen zu treffen, 
wonach die bisherige dänische Münze auf die Hälfte herabge- 
setzt und künftighin übereinstimmend mit der städtischea 
ausgeprägt werden sollte *). Die Rückkehr Erichs führte je- 
doch die Wiederkehr des alten Unwesens herbei, der Vertrag 
wurde nicht beobachtet und das Uebel begann von neuem. 
Es wurde noch drückender empfunden, als Erich die bisheri- 
gen Naturalleistungen der Landleute zum Behuf 
in Geldabgaben verwandelte und eine Iteihe ausserordei 
lieber Auflagen ausschrieb, welche die Steuerlast zu 



de^H 



') Noch vor dem Eiotritt der Hanseaten in den Krieg. 

') üeber die MünzverBchlechterung und ihre Folgen berichtet am 
ausführlichsten Korner 12(>f), der Vertrag mit den Städten bei Grauto ff, 
Histor. Schrift. 3, 213—218. 



I 



— 15 — 

bisher uDgealiuten Hohe hinauftrieben'). Baares Geld war 
schwer zu beschafl'en und die königlichen Vogte zwangen den 
kleinen Grundbesitzer unerbittlich zum Verkauf seiner be- 
wegliehen Habe, welche für jeden Preis hingegeben werden 
iriusste. Als die Steuerrückstäiide sich mehrten und die könig- 
lichen Beamten sich ausser Stande sahen, sie einzutreiben, 
wurde jede Stadt und jeder Gerichtsbezirk für einen gewissen 
Steuerbetrag verantwortlich gemacht, welcher unter allen Um- 
ständen zu leisten war, die Art der Beschaffung bildete die 
Sorge der Gemeinden. Nicht minder tief verletzte besonders 
den Adel die anfangs freigestellte ") , späterhin geforderte, Ab- 
lösung der persönlichen Heeresfolge durch eine bestimmte 
Baarsumme, deren Höhe schwankte. Der Dienst des Mannes 
eröf&iete wenigstens die Aussicht auf einen möglichen Gewinn 
aus der Beute und fiel auch dem Einzelnen weniger schwer 
als die häufigen Geldleistungen. Die Geistlichkeit, hierzu 
gleichfalls herangezogen, erhob 1427 vergeblich nachdrück- 
lichen Widerspruch ^) , ilie. Ablösung wurde in eine Kriegs- 
Bteuer verwandelt und damit jede Einrede abgeschnitten. 
Die im Laufe der Jahre immer mehr schwindende Popularität 
des Krieges musste unter diesen Verhältnissen einen völligen 
Umschlag erfahren und sich in Hass gegen den Urheber 
verwandeln, obgleich es ausser aller Frage steht, dass die 
drei Reichsräthe zu allem ihre Einwilligung ertheüt hatten. 
Zieht man noch Erichs allgemein bekannte Unfähigkeit in 
der Kriegsleitung , die dauernden Störungen, welchen Handel 
und Verkehr unterliegen mussten, die Verwüstung der frucht- 

') Ericli Olai (Fant, Ss. rer. Suecic. 2, 1, 12.j) schildert diese Verhält- 
nisse in lebendiger Weise. Er behauptet, es eei unmöglich gewesen, tanta 
pMuma reperiri in regno i[uanta erat per annos aingulos exponenda, 
mancher Landmann habe von einer Mark angebauten Landes in tributo 
m4iori bis zu 20 Ji zableu müssen; er iährt dann fort; dixi in tributo 
miyori, sie enlui dii;eb»tur ad diffcrentiam alionitn multormn tributorum 
et exaclionum, ifuae annis singulis solvebantur. Einige Xamen der andern 
Sleoern fiihrt er S. 129 auf, Seine Angaben werden bestätigt und ergänzt 
durch die KlagEchriften, auf die wir weiter unten zurUclcKuliomnien liabeu. 
Lagerbring Swea rikes histor. 4, 5L 



")1 



I. Jahn 127. 



bai'en Inseln und weiter Küstenstrecken durch feindlici« 
Raubzüge in Betracht , so kann man ermessen, wie hoch i 
Mass der Unzufriedenheit mit dem Kriege und mit d( 
Könige in den Reichen steigen musste. 

In Schweden hatte sie die tiefsten Wurzeln gesehla^ei 
da man hier am wenigsten die Bedeutung des Kampfes u 
Schleswig für das eigene Heimathland sieh zu vergegenwärtt 
gen vermochte. Unwillig sah man Jahr um Jahr die Schata 
ung aus dem Reiche nach Dänemark wandern, schwedisch 
Unterthanen zur DienstpÖieht nach dem Festlande berufe! 
So lange die hochherzige und um ihrer Menschenfreundlid 
keit willen geschätzte Königin Philippa noch lebte, gelang t 
dieser die Beschwerden theils zu erledigen, thells beschwid 
tigend zurückzuweisen, nach ihrem Tode sahen sich die Schwi 
den gleichsam des letzten Halts bei dem Könige beraub 
Bereits 1420 schaute man besorgt auf die Bewohner i 
kupfer- und erzreichen Thäler Schwedens, welche durch li 
Aufschub der Bestätigung ihrer l'rivilegien durch den Köa 
tief verletzt waren. Erich konnte sich auch dann nicht dai 
entschliessen , die althergebrachten Freiheiten der Thalleul 
anzuerkennen, entschuldigte sich mit der Abwesenheit sein* 
Reichsrathe und versicherte, seinem Vogte die Beobachte 
der Freibriefe eingeschärft zu haben ')■ Aber gerade um dt 
Vögte willen forderte man so nachdrücklich die Bestätigun 
aller Rechte, da sie vor allem Gegenstand des bitterste 
Hasses waren. Erich entnahm sie zumeist aus der Zahl aö 
ner dänischen und deutschen Unterthanen, betraute som! 
Ausländer mit den einträglichsten und wichtigsten Aemten 
Mit den Sitten und Gebräueben des Landes unbekannt, unte 
warfen sie sich nicht dem schwedischen Rechte, sondern ve 
fuhren aus eigener Machtvollkommenheit und nach eigene 
Gutdünken. Vorzüglich gegen sie richtete sieh der Unwilla 
des Volkes, sie hatten die Steuern einzutreiben, überschritta 
hierbei leicht ihre Befugnisse und hielten sich wohl nid 
von Härte und Gewaltthat frei. Die Klagen und Vorstellunge 

■ ) Diplom. Dalekarlic. 1, Nr. 74. 



— 17 — 

'der Betroffenen waren fruchtlos, da Erich nur selten and 
immer vorübergehend in Schweden vei'weilte, der schwedische 
Beichsvath, unter dessen Mitgliedern sich gleichfalls Nicht- 
fichweden befanden, nicht häufig vollzählig versammelt war 
and mit dem Könige nur in loser Verbindung stand. Drang 
eine Beschwerde über den Sund, so war der Angeklagte leicht 
im Stande , an entscheidender Stelle durchzudringen und das 
Urtheil des Königs zu seinen Gunsten gefangen zu nehmen. 
;Bo lange die hohe Geistlichkeit dem Könige ergeben war und 
der Adel dem Kriegsrufe willig Folge leistete , war die 
drohende Gefahr noch in Schranken zu halten, zumal beide 
Stände von Erich zu Anfang seiner Regierung durch Einstel- 
'hing der von seiner Vorgängerin veranstalteten Reduktionen 
gewonnen waren. Als Margaretha Schweden übernahm, be- 
eCte sie sich, alle Schatzgüter, welche seit 1363, dem Jahre 
:der Thronbesteigung Albrechts , in andere Hände überge- 
gangen und steuerfrei geworden, zurückzufordern, um sie den 
iorsprünglichen Eignern oder deren Erben, beziehungsweise 
■ Krone, zurückzustellen und die Abgabenpflicht wieder- 
«nzuführen. Bei ihrem Tode war die Reduktion grössten 
Theils vollendet, obgleich immer noch eine beträchthche An- 
zahl von Gütern unbeanstandet sich in den Händen der augeu- 
l&licklichen Besitzer befand. Die reichen und vornehmen 
Hflupter schwedischer Familien, welche sieh ihres langjährigen 
Eigenthums beraubt sahen, wurden von der kraftvollen Herr- 
scherin leicht im Zamii gehalten und mussten sich beugen. 
Kaum war Erich von der Vormundschaft befreit, so hörten 
je Reduktionen auf und es trat namentlich zu Gunsten der 
ieistlichkeit ein starker Umschwung ein, welcher das An- 
Bhen des Herrschers schwächen musste, ohne ihm die Zu- 
neigung der dadurch Bevorzugten dauernd zu gewinnen. Er 
[(ewirkte sogar, dass bereits eingezogene Güter nochmals 
Uckgeliefert wurflen '). Die Bevorzugung der Dänen und 

) lieber die Seduktioiien und ihre Ausdehnung liat am eingeliendsicn 
^ a. a. 0. in der Einl. zum 2. Bde., S. LXft'. gehandelt, gestützt vor- 
nehmlich auf die daselbst Nr. ;J4ff. ziim ei-sten Male mitgetlieilten 
'Ürliundeti. 

d, Kdvji, Znr (l(.,-,'M[:lits. 2 



I 
J 



— 18 — 

Deutsehen vor den schwedischen und norwegischen Unter- 
thanen, welche die ganze Regiening Erichs in auffallender 
Weise kennzeichnet , störte bald das gute Verhältniss. Der 
Adel fühlte sich vernachlässigt bei der Besetzung der Aem- 
ter und «ler Austheilung der Lehen, die Geistlichkeit wurde 
gekränkt durch die vielfachen Eingriffe des Königs in das 
Wahlrecht der Kapitel. Vorzüglich das Erzstift Upsala hatte 
darunter zu leiden, wiederholt drängte Erich demselben seine 
Kreaturen auf 0. Johann Gerekini, einen Dänen, welcher der 
unsaubersten Laster beschuldigt wurde, ernannte er zum Erz- 
bischof, nachdem die Wahl des Domkapitels bereits auf einen 
anderen Geistlichen, den Dompropst Andreas, gefallen war. 
Auf die Klagen der Diöeesanen erhielt der Erzbisehof von 
Riga vom Papste den Befehl, die Untersuchung zu fuhren 
und sie endete damit . dass Johann ins Getangniss wandern 
musste - )- Sein Nachfolger, gleichfalls unter dem Drucke des 
königlichen Einflusses erwählt, starb nach wenigen Jahren, 
worauf das Kapitel, ohne den Könis zu fragen, einen ange- 
sehenen schwedischen Geistlichen. Olaf Larsson, erkor. Erich 
versagte ihm die Anerkennung, liess ihn nicht zum Besitz 
seiner Würde jzelan^zen und ernannte aus eisener ilacht hin- 
tereinander zwei Dänen zu Erzbischofen, obgleich Olaf die 
Bestätigung vom Papste und Concil erlangt hatte. Beim bald 
darauf erfolgten AiLsbruch des Aufstandes kehrte Olaf aus 
Rom zurück uü<l nahm unangefochten Besitz vom Ei-zstift^). 

1^ Ghron. de aep. UpsaL, Ss. rer. Suec. 3, 2. 101, Diar. Wadsten. a. 
a. 0. 1, 1, 143, Erich Olai l-Uff. 

-) Erich sandte ihn bald darauf als Bischof nach Island, wo er sich 
dermassen verfaasst zu machen verstand, dass die erbitterten Isländer ihn 
vom Altare zerrten und auf die grausamste Weise Volksjustiz an rhm 
übten. 

^) Bezeichnend für das kritische Vertahren Jahns ist seine Behand- 
lung des Processes zwischen Olat und dem Konige, S. 132. Olaf hatte in 
Korn verlauten lassen, dass Erich non forec verus rex natus ad regnum 
Saecie. Erich liess sich darauf in Kopenhagen von einigen Bischöfen aus 
aUea drei Reichen bescheinigen, dass er de regali horum trium regnonim 
fcosmie abstamme, einmüthig gewählt, die erledigten Bischofesitze seit 
dtnch dött König besetzt oder dieser mindestens zuvor betragt wor^ 



- 19 — 

Sehnlich griff der König in Strengnäs ein, beförderte \ 
,um einen Dänen, Andreas, gegen den Willen des Kapitels 
xuni Bischof, wofür dieser vom V'olksniunde mit dein Bei- 
Damen Smeek beehrt wurde. Ungeachtet des päpstlichen 
Bannes behauptete er sich auf dem Sitze, den er obendrein 
*Jurch einen ärgerlichen Lebenswandel besudelte. 

Diese Missgriffe des Königs , verbunden mit den Wir- 
kungen des Krieges, riefen in allen Ständen Unwillen hervor, 
welcher sich lun so mehr steigeile, als die Hoffnung auf eine 
Wendung zum bessern Jahr um Jahr vereitelt wurde, Natur- 
geuiäss schaffte er sich zuei-st in der von den Uebelständeu 
am härtesten betroffenen Schicht der Bevölkerung Luft, 
fahrte aber auch hier ei-st dann zum gewaltsamen Aus- 
brach , nachdem der gesetzliche Weg vergeblich beschrit- 
ten war. 

Keiner der verhassten königlichen Vögte hatte so arg 
gehaust, als Jens Erichsson. welcher von Westeräs aus West- 
Bianuland und die erzreichen Thallande Dalekarliens ver- 
waltete. Seine Harte beim Eintreiben der Steuern nud die 
Grausamkeiten, die man ihm in einzelnen Fällen zur Last 
legte, werden von den schwedisi^hen Chronisten mit behag- 
licher Breite bis ins Detail geschildert. Mag auch die Nach- 
richt, dass er Bauern im Rauch aufhängen liess, hochschwan- 
jgere Weiber vor Lastwagen spannte u. s. w. übertriebe» sein, 
eines thatsäclilichen Grundes können die Gerüchte nicht ent- 
behrt haben 'J. Die freien Bauern in den Thülern ertnigen 
das Joch nicht lange. Sie traten zusammen, wählten einen 



sei, bei Olaf wäre es nicht geschehen, die WaJil sei daher uugUltig. 
ä433 Jul. 9. So weit herücksichtigt Ja,hn die Urkunde, verscliweigt aher 
pnslich, dnsa die hier aufgeführten schwedischen Prälaten am 4. Aug. die 
Orkimde transsumireii, — sie ist nur in diesem Transsmnt erhalten — mn 
na erklären, dass der Inhalt unTrahr sei, sie dieselbe nur propter graves 

ifl ^usdem domini regis nohie illatas, vi et metii ducti besiegelt hätten 
^md nicht anerkennen könnten. Radorph, Rymchronikur 3, 71. 

')Die Besckuldigungen werden nicht nw von der Karlschj-onik (ich citire 
4iaob der Ausguhe von Klcmtning in Samlingar utg, af ßvenska Fornakrift 
Bällskapet), Erich Olai n. a., sondern auuh vom ReicbBrath in den Rund- 
Bchreiben an dea Hochmeister, Hansestädte u, s. w. (vgl. unten) von 14^34 



— 20 - 

anfiesehenen Bergwerksbesitzer Eiiftelbreeht EngelbrechtMWB "j 
zu ihrem Vertreter und entsandten ihn nach Kopenhagen, aal 
vor tiem Könige über den Vogt Kla<re zu führen. Engd 
brecht, ein Mann von kleiner Statur, beredt und tapfer, aof-J 
gewachsen an verschiedenen Füi-stenböfen und kundig derl 
Hnfart, entledigte sich seiner Aufgabe und erbot sich zum 
weis der Wahrheit, werde er als Lügner erkannt, so treffe 
ihn die Strafe des Galgens, im entgegengesetzten Fall fordere 
er den Tod des Vogtes. Der König übertrug dem Reichsrath 
die Untersuchung, behielt sich jedoch die Fällung des UrtheiteJ 
vor. Der Reichsi-ath berichtete der Wahrheit gemäss, wasa 
er gesehen und vernommen, während der Vogt einen BeridtO 
mit Anschuldigungen gegen Engelbrecht übersandte. AI« 
dieser sich mit dem reichsriitlilicben Bescheide beim König« 
einstellte, wurde er schlechthin abgewiesen. Damit war datfa 
Zeichen gegeben: das Volk stand auf, wählte Engelbrechta 
zum Anfülner und zog vor Westeräs, um den Vogt zu tOdtenl 
oder zu vertreiben, doch legte sich der Reichsrath ins Mitt^fl 
und beruhigte die Bauern durch das Versprechen, Jens voin 
seinem Posten zu entfernen. Als aber der Vogt im nächstens 
Frühjahr durch seine Uuterbearaten aller Orten in gewohnten 
Weise die Steuern eintreiben liess, erhoben sich die Dale^ 
karlier von neuem. Eine rasch gesammelte Schaar zog aber^ 
mals vor Westeräs und umlagerte es. Wiederum trat detM 
Reichsrath dazwischen und bewirkte noch einmal einen SüU-V 
stand des Waffenlärms, Jens wm-de entfenit, das Scbloss voi^l 
läufig dem Grafen Hans von Eberstein anvertraut. Allein diflfl 
Ruhe währte nicht lange, die einmal eiTegten Leidenschaften 
wurden — wie es lieisst — auf das blosse Gerücht, dass de» 
vertriebene Jens den König vermocht habe, einen noch här^ 
teren Vogt zu senden, vollständig" entfesselt. Im Juni 1434 '>■ 

Sept. ö, erhoben. In dem letzteren lieisst es allgetiiein; besunderljkeiM 
hebbeo sine vogede gebrant, entljret, npgehenget in den rook nnde ge^ 
schyndet u. s. w.; wilbrend der lieimchronist alles auf Jens überliSgL I 

') ingenuus sea libertus nennt ihn Erich ülai, frälsemen := adeUgfr^fl 
stenerirei. Seine Stammtafel ist im Dipl. Dalek. Suppiem. Taf. 13 nütgethältfl 

ä) Nicht 143:) wie Dabhuann :i, 155 Geüer 1, 201 Terbesaem Wi^l 
Tgl. den S. 12, Änm. 3 angeführten Briet' der I 



— 21 — 

brach der Aufruhr aus, wilder und nachdrücklicher als zuvor, 
Engelbrecht trat an die Spitze und gab unter lautem Beifall 

des Volks die Vertreibung aller Ausländer aus Schweden als 
Losung aus. In kurzer Zeit fiel ganz Westniannland ihm bei 
und auf den ei-sten Anlauf fielen sänimtliche königliche Festen 
^dieses Landstriches in seine Hände. Geschickt') wusste er 
den umwohnenden Adel zum Beitritt zu bewegen, indem er 
i^eu der angesehensten Edeln, Nikolaus Gustavssou Puke, 
Westeräs, die Residenz des Vogtes, übertrug, unbehindert 
ionnte er bis Upsala vordringen. Hierher, an die alther- 
'kömniliehe Wahlstätte der schwedischen Könige'), beschied er 
die Bewohner von Upland, erklärte in kräftiger Rede, dass 
er sich erhoben habe, um Schweden von der Knechtschaft zu 
befreien, und erliess, als das Volk ihm zujauchzte, auf der 
Stelle ein Drittel aller Abgaben*). Gleiclizeitig versandte er 
. Rundschreiben in alle Districte und forderte besonders Erich 
ifuke, einen Sohn des Vogtes von Westeräs, einen jungen, 
tliatkräftigen aber heisshlütigenMann, zum Anschluss und zur 
Befolgung seines Beispiels auf. Dieser zauderte keinen Augen- 
iblick, überzog Helsingland und die Alandsinseln, besetzte die 
.»leisten Schlösser und vertrieb nach dem Muster von Engel- 
brecht überall die Ausländer. Engelbrecht selbst war unter- 
'dessen vor Stockholm gerückt, begegnete aber hier zum ersten 
Male einem Widerstände, den er nicht zu brechen vermochte. 
jSoh&nn KrÖpeliu, der sowohl von dänischer wie schwedischer 
Seite hochgeachtete und seiner offenen Redlichkeit wegen all- 
gemein beliebte Hauptmann dieser Stadt, vries die Auffor- 
derung zur Uehergabe gänzlich von der Hand und schloss 

mit Engelbrecht nach einigen Verhandlungen einen Waffen- 
istillstand bis zum 11. November, welcher sich jedoch nur auf 
'Stockholm selbst bezog, im übrigen beiden Theiten freie Hand 



') Wenn auch aiclit oLne sehr verständliche Drohfingen. 
') Quiisj in i:entro et regni medio, Erich Olai 1-3S (er war Domherr 
üpeala). 
') Conseneu nobilmm apud eimi praesentium scbnltet Erich Olai nicht 
ohne Absicht ein; seine Vorlage, die KarUclironik, erwälint dessen nicht 



:ht M 



— 22 — 

liecH'i. EnRelbreclit benutzte ihn, um in GemeinschÄft mit 
Krirli Pukc aiu'h die südlichen Provinzen von Scliweden, 
wek'lic vom Aufstände noch nicht IterUhrt waren, zu erobern 
und an sii'h zu ziehen. 

I»ie erste Nadiricht von der Erhebung gelangte nach 
Wordiiifiborn, als die fruchtlosen Unterhandlungen zwischen 
dem KÖnijro, den Holsteinern und den Städten im Gange 
waren, muss aber noch wenig beunruhigend gelautet haben, 
Die doli anwesenden schwedischen Reichsräthe erklihten noch 
am 20. Juli, dass sie dem vor Ausbruch des Aufstandes nach 
Wadwtena ausgcsebriebenen Reichstage nicht beiwohnen könn- 
ten, citheilten ihren Genossen Instruktionen für die Verhand- 
lunK und erwilhnten nur ganz beihiufig der Erhebung der 
blinden Masse des Reiches^). Die Unglücksposten müssen 
rancli gefolgt sein, im August begegnen wir denselben Räthen 
tnrtz der Ablehnung doch auf dem Tage zu Wadatena. Hier 
UhcrraDchti! Engelhreclit , an der Spitze einer ansehnlichen 
Schnai', den Keichsrath vollständig. Als dieser sich weigerte, 
Ihm zu willfahren, b^aul^hte er Gewalt und nach kui'zem Be- 
shineii iinterechriehcti die eingeschüchterten Käthe den von 
Engelbrecht fertig vorgelegten Absagebrief an König Erich, 
welcher ihn kurz und hünilig des schwedischen Thrones ver- 
Iiwtig erkltlrto"). Gleichzeitig aber berichteten sie dem König, 
nur die Notli hflttc sie hierzu gezwungen, und fügten den 
Wink hinzu, das» die Absage erst in vierzehn Tagen in Kraft 

') Vgl. Jen Bericht Osenbrilggea an Danzigs, Stj-ftc 2, 360; Hanse- 
recoiie 1, Nr. 887. 

') ccea ciimmunitaB r^ni nostri, vgl. S. 12, Änm. 3. 

'l Die lubendlge Unterredung zwischen B. Knut von Linböpiag nnd 
Engellirecht, welche Jahn 141 (darnacli auch Dahlmann 3, 155) mittbeilt, 
beruht iiuf einer freien Combination Jahns aus Tuneid, Engelbrecht Engel- 
brechtflBona hiatoria S. 147 und der Karlachronik t. 1127tf. Die Earle- 
chronlk, auf welcher nuch Tuneid beruht, berichtet lediglich, dasa Engel- 
brecht, durch den Widerspruch des Bischöfe gereizt, ihn beim Halse er- 
grilf und ihn unter das VoUi atoascn wollte, sowie dasa die beiden Bi- 
schöfe von Strengnäs und Skara in gleichen Nötlien geschwebt h&tten. 
Auch in der Zeit iirt Jahn, die Absage traf in Dänemark erst nach 
Schlass der Verhandlungen mit den Haneestädten cib. 



— 23 — 

trete 'I. lu Kopenhagen waren die beiüen amlern Reiclisrütlie 
noch versammelt, auf deren Einschreiten der Hinweis berech- 
net war, durch sie liess Erich die Antwort ertheilen. Er- 
halten ist uns ein Schreiben der Norweger, dessen Abfassung 
Erich nicht fern gestanden hat. Er räth zum sofortigen Wi- 

, derruf der Absage, da sie doch erzwungen worden und der 

• Streit leiclit das Band zwischen den drei ßeichen zerreissen 
könnte. Habe der König gefehlt, so sei es nicht in böser 
Absieht gesclieheo, sondern aus Unwissenheit, auch sei er ge- 
neigt, sich allen gegründeten Klagen gegenüber zu verant- 

, Worten ^). Die in Wadstena versammelten Räthe hatten in- 
zwischen einen Herrentag nach Stockholm ausgeschrieben, um 
hier unter dem Schutze Kröpelius die Antwort Erichs ent- 
gegenzunehmen, doch durchkreuzte Engelbrecht, dem es mit 

I der Absage an Erich Ernst war, den Plan und stellte sich 
gleiclifalls mit zahlreichen Parteigängern ein. Er wusste, dass 
der bei weitem grösste Theil des Reichsraths nur widerwillig, 
unter dem Druck der offenen Gewalt dem schroffen Auftreten 
gegen den König zugestimmt hatte und gern bereit war, den 
Schritt zurückzunehmen. Er niusste schon um seines eigenen 
Heils willen die Kluft zwischen Erich und Schweden zu erwei- 
tern, eine Aussöhnung unmöglich zu machen suchen. Und es 
gelang ihm. Vereint mit Erich Puke setzte er durch, dass 
an Norwegen und an alle Gewalten an der Ostsee, mit wel- 

■chen Schweden in näheren Beziehungen stand, Ausschreiben 
gleichen Inhalts und gleichen Lautes ergiengen, welche die 
Ursachen und Gründe des Abfalls von Erich kundgaben. 
Kurz und bündig werden die Anschuldigungen gegen den 
König der Reihe nach aufgezählt und erläutert. Den KrÖ- 
lalungseid habe er gebrochen. Rechte und Privilegien des 
{leiches verletzt, die Kirchen verdorben, rechtmässig gewählte 
feschöfe vertrieben, Kirchenbann, Papst und Coneil unbe- 



' ) Dipl. Norveg 5, 45.^. 

') Es datirt vom neunten Tage nach dem Datom der Absage, Aug. 27 ; 
swei Tage vorher, am 25. Aug., erlässt Erich dem Erzbischof Aslak von 
Drotttheim eine Schuld von 2100 Nobelr. Dipl. Son'eg. 5, 4-57. 




— 24 — 

lierechtigkeit sei ihm unbekannt. Seine 1 

VSifbt hUtea die Untergebenen geschunden, gebrannt, ge-l 
lAdtet und in den Raucli gehängt, um obendrein Belobnungeal 
roB Krich davonzutrapen; Ausiflnder erhielten alle Schlösser, , 
an desto leichter das Reich Beines fi-eien Wahlrechts berauben 
zu können und es Herzofr Bogislaw von Pommern auszalie- 
fern; der unnütze Krieg habe die Ritterschaft au den Bettel- 
Btab gebracht, die Gefangenen ') wolle der König nicht lösen. 
Bie könnten aus allem nichts anderes entnehmen , als dass 
er die Scliweden xu Gunsten Dänemarks zu Sklaven erniedri- 
gen wolle. Alle Briefe schliessen mit der Bitte um Unter- 
«tötzung und verheissen den Städten insbesondere die Ab-^ 
Schaffung aller unrechtmässig eingeführten Zölle*). 

Ks schien in der That, als ob der Reichsrath nun filrj 
immer mit Krich brechen wolle. Bischof Knut von Linkö-1 
ping, in Wadstena Führer der königlichen Partei, richtetj 
wenige Wochen später, als Erich bereits in Stockholm einge-, 
troffen war , an den Hochmeister nochmals die dringende J 
Bitte um UnterstütJiung gegen den König ^), Seinen Amtsbra-^ 
der und Gesinnungsgenossen, Bischof Thomas von Streugnäs,! 
finden wir in vollständigem Einvernehmen mit Engelbrecht, J 
als dieser unmittelbar nach dem Stockholmer Tage die Boch.1 
tkbrigen Gebiete in raschem Siegesxuge von den dänischen J 



I) Wie die apätereii Klagschriiten und Verträge ergeben, sind damit! 
vorzOglirJi die von Lübeck iu der Schlacht im Sunde 1427 gefangenen | 
Schweden gemeint 

') 1434 Sept. 5. Das AuBschreiben an den norwegischen Eeichsrath, Dipl. 1 
Horveg. .5, 469 besser als Hadorph, Rymclironiltor 2, 77, doch druckt letzterer J 
daneben auch den Brief an die Hanaestädte. Gleichlautend sind die 1 
Schreiben an den Hochmeister, die preusaischen und livländi sehen Städte \ 
(Königsberg, Eeval). Jahn und Dahlmanii behaupten, niu' 10 Reicharäthe 
hiltten Bie unteraeiclinet, allein schon die ihnen geilruckt vorli^enden Ur- 
kunden bei Hadorph weisen im ganzen 38 auf. Woher Jahn S. 142 die 
Zahl von 59 schwedischen Reichsi^then hat, kann ich nicht nachweisen; 
Lagerbring 4, 8li und Dalin 2, 4.50 kennen nur etwa halb so Tiele. £e~ J 
fehlten jedenfalls nicht über zwei Drittel des Rathes, wie Jahn will, son- . 
dem höchstens ein Drittel. 

■-) 1434 Okt. 3, Stytfe 2, 261. 



Hauptieuteii befreite '). Bald gieng er auf dänisches Gebiet 
hinüber, Kalland fiel in seine Hand und erst in Schonen ge- 
bot ein in der Eile zusammengerafl'tea Heer seinem Sieges- 
läufe bei Labolm Halt. Ein Waffenstillstand auf unbestinuiite 
Zeit Hess beide Tbeile ihre Kräfte sammeln. 

Erich hatte die Zwischenzeit benutzt, um eine ansehn- 
liche Heeresmaclit zu bilden und begab sich mit ihr Ende 
September zu Schiffe, Sturm und widrige Winde zerstörten 
oder zerstreuten jedoch einen grossen Theil der Flotte, mit 
dem Reste stieg er in Stockholm ans Land. Engelbrecht, aus 
Schonen zuvückgekehrt, warf sich sofort mit seiner Mannschaft 
vor die Stadt und entbot auch die anderen Gebiete dahin*), 
bald war der König eng umschlossen. Gleichzeitig begannen die 
Verhandlungen. Bereits am 14. Oct. finden wir in Stockholm 
11 Bischöfe aus allen drei lleichen, an ihrer Spitze den von 
Erich verfolgten Erzbischof Olaf von Upsala*). Ihm, wie den 
meisten schwedischen Grossen, war der demokratische Zug, 
der dem Unternehmen Engelbrechts unzweifelhaft anhaftete, 
im innersten zuwider und trieb ihn auf die Seite rler könig- 
lich gesinnten, zumal auch diese aus der Volkserhebung die 
Ueberzeugung gewonnen hatten, dass Erich nicht ohne Zuge- 
ständnisse an seine augenblicklichen Gegner zum Ziele ge- 
langen könne, nur müssten sie dem Reichsrathe zu gute 
kommen. Die Verhandlungen, über die nichts näheres ver- 
lautet, zogen sich über einen Monat hin. Erst am 15. Nov. 
kam ein Vertrag zu Stande . dessen Bedingungen unter den 
obwaltenden Verhältnissen als Erich günstig bezeichnet wer- 
den müssen. Eis zum Nov. 1435 sind alle Feinilseligkeiten 

') Engelbrecht an Thomas, Handlingar rörande f^kandin. hiat. 8, 3. 
' l)a& im Abdruck weggelassene Datum des Briefes ergänzt Jahn 140, 
Anm. 1 zum 10. .'^ept, 1434 aus einer Absclmft im DipL Langebek. zu 
Kopenhagen. Bischof Thomas ist auch Verfesser der hübschen Elage- 
gedichte auf Engelbrecht und Erich Puke, Ss. rer. Suei:. I, 2, 161. 1G5. 

t^) Erich Olai 132 berichtet, die Mannen wären de omni angulo 
egoi in. hellen Haufen herbeigeströmt <iuasi ad epulas invitati. 
') AblasB für die Olafskirche in Eidsberg, Dipl. Norveg. 2, .540. Jahn 
45 lSl£Et Erich erst im November nach Stockhohn kommen, da ihm 
imge Belagerung durchaus missfillt. 



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— 26 — 

ifiii/iiHt<tll(»n, Hchoii zum 8. Sept. soll ein Reichstag nach Stock- 
liolin t)(»nif(Mi W(5r(leii, auf welchem zwölf Reichsräthe, aus 
yuWiu UfticlM^ vier, alhm Zwist zu entscheiden haben. Findet 
HJrh tUtv KöiiiK /um Tajre nicht ein oder sendet er keinen 
H<*vollniiicliti^^t('u, so verliert er alle Ansprüche')- Erich ge- 
wiinii V(»r allem Zoit und wurde aus seiner Bedrängniss in 
Slorkholm lM'fn»it. Kr kehrte unmittelbar nach Dänemark 
/urhck, nicht olme in der schwedischen Hauptstadt eine starke 
iW^halziui^^ zuriick/uhissen, nahm die Verhandlungen mit den 
IlariHirntildtc»!! witMh>r auf und kam nun mit ihnen rasch auf 
i'hw.u FH(Ml(iiis(Mitwurf Uborein^). 

Auch KuK^iilhnu'.ht suchte die Zeit auszunützen und 
mich Möglichkeit der zukünftigen Gestaltung der Vei-hält- 
iiiHHe Hi*\u (Jepriij^c^ aufzudrücken. Er liess durch das vor 
Stockholm vcM'sammolto Heer einen allgemeinen Landtag 
luich Arbo^ni zum 10. Jan. 1435 ausschreiben und auf 
dieriem sich zum KcMchshauptmann ^) ernennen. Gleichzeitig 
erhic^lt J(mI(^ Provinz einen Vorsteher, welcher die Ange- 
leK<'»»h(Mten (l(»s Reiches in Obacht nehmen sollte. Die 
(lieHem Schritten zu Grunde liegende Absicht lief darauf 
hinauH, die ^nvsammte Verwaltung des Landes in den alten, 
von Krich nicht beobachteten Formen wiederherzustellen und 
(li(;s(i Umbildung soweit zu fördern, dass sie vollendet dem 



•) lladorj)!! H5, untersiegclt von 29 dänischen Käthen, darunter nur 
einer von den oben erwähnton Bischöfen. 

'') Vgl. S. 12. 

^) rikets höfvitzman, gubernator. Sein Amt unterscheidet sich ver- 
fassungsmässig dadurch von dem erst seit 1438 vorkommenden Eeichs- 
Vorsteher, dass er den Drost nicht beseitigt, sondern nur beschränkt. Er 
entspricht dem Anführer der bewaffneten Macht im Frieden, dem Marschall, 
welcher dem Drost im Range nachsteht, dessen Befugnisse nun aber 
jedenfalls erweitert werden, ohne dass man dies im einzelnen nachweisen 
könnte. Der Reichsvorsteher vereinigt die Befugnisse des Drosten und 
des Marschalls in einer Hand und ist bis auf den Titel im Besitz aller 
Rechte des Königs. 



— 27 — 

i£önige zur Aimahiiie vorgelegt wenleu köuute und ihm, der 

doch nicht aus dem Reiche zu vertreiben war, die Hilnde 

binde. Engelhrecht konnte jedoch sein Vorhaben nicht voll- 

, Ständig durchführen. Der Hochmeister Paul von Rusdoif, 

^on längst in freundschaftlichem Verhilltniss zu Erich ura 

ler Gunst Kaiser Sigisniunds willen, legte sich jetzt ins 

llittel, ob aus eigenem Antriebe oder vom Kftnige darum er- 

iucbt, muss daliingestellt bleiben. Er entsandte den Kom- 

Sbur Heinrich Rowerder von Althaus nach Schweden mit dem 

auftrüge, auf eine gütliche Beilegung des Zwistes zu dringen. 

Meser vereinigte sich mit Hans Kröpelin, beide erhielten von 

ler Vei'samuiIuDg zu Arboga Geleite nnd bewogen sie, sich 

i gütlicher Verhandlung mit Erich bereit zu erklären. Un- 

jaumt eilten sie durch Schweden zum Könige und erlangten 

ssen Zustimmung. Unter dem Eindruck dieses Vermittlungs- 

fersuclies erliess der Reichsrath wiederum Ausschreiben, welche 

W^ Anklagen wie früher auizählten, zugleich aber erklärten, 

iss man bereit sei, Erich anzuerkennen, wenn er dem Uebel 

«itgegentreteu und die Rechte Schwedens beobachten wolle. 

ben Städten wurde jetzt sogar vollständige Zollfreiheit ver- 

leissen. Gleichzeitig wurde eiu Bote nach Löbeek abgeord- 

ffit, um mündliehe Erklärungen zu überbringen, jedoch wies 

' sein vom 31. März datiites Beglaubigungsschreiben erst 

Mai in Lübeck vor, nachdem die Zustimmung des 

Königs zu dem Antrage des Komthurs längst in Schweden 

bekannt und die halmstäder Verhandlungen bereits beendet 

waren '). 

nämlich die Einwilligung Erichs vom Komthur er- 
mr, traten alsbald in Halmstad Bevollmächtigte beider 
teile zusammen, welche dem Anschein nach rasch über die 
ledingungen sich einigten, unter welchen die vollkommene 
ihnuBg vollzogen werden sollte. Bereits am 29. Juli*) 



I) Die Rundsclireibeo und die Vollmacht bei Styffe 3, 2(i3ff., bei 
r letzteren, S. 26(i, hat er presentatum fiiit sabb. infra jubilate gelesen, 
a Original liest deutlich ante. 

') Der Termin war oft'enliar im Hinblick auf die gleichzeitigen Ver- 



— 28 — 

hatte hiemach Erich sich in Stockholm einzufinden, worauf 
erkorne zwölf Rjttlie gütlich alle Streitfragen erledipen und 
damit aller gegenseitig zugefügte Schaden ausgeglichen sein 
sollte. Jedoch Übernimmt der König die Lösung der im han- 
sischen Kriege gefangenen Schweden, kann aher dafür von 
seinen Amtsleuten Rechenschaft über die vor Aushnich des 
Aufstandes eingelaufenen Steuern fordern und erhält die seit 
Johanni 1434 einbehaltenen Einnahmen aus den Krongütern 
erstattet. Engelbrecht und Erich Puke werden mit Lehen 
abgefunden und schwören dem Könige Treue. Um der förm- 
lichen Wiederauerkennung Erichs, für welche besonders Erz- 
bischof Olaf von Upsaia eintrat ') , eine sichere Grundlage zu 
geben, und in dii-ektem Widerspruch zu den separatistischen 
Bestrebungen Engelbrechts wird zuletzt noch die Union von 
1397 für zu Recht bestehend erklärt. Die Urkunde daiüber 
soll im Original oder in Transsumten der Stockholmer Ver- 
sammlung vorgelegt werden. Damit aber Schweden nicht 
verkürzt werde, muss Erich in Uebereiiistimmung mit dem 
Reichsratbe in Stockholm sofort einen Drost und einen Mar- 
schall für Schweden ernennen '). Beides Bestimmungen, 
welche unmittelbar nur dem Reichsrath, d. h. der Aristokratie, 
zu gute kamen und dem Könige wie Engelbrecht die fak- 
tische Macht entzogen. 

War dieser Vertrag ein Werk hauptsächlich der schwe- 
dischen Grossen, so war Engelbrecht, im Besitz der Hei( 
hanptmannsehaft und seiner Macht sich bewusst, nicht 
sonnen, seine Pläne so leichten Kaufes aufzugeben, auch 
iu Ausstellt genommene Oligarchie des Reichsraths fand nii 



iwe- i' 

1 



handlangen Elrichs mit den Hansestädten zu Hadersleben, Mai IfT 
die HansereceBse zu diesem Jahre, so spät angesetzt. Da indesGen hier 
keine Einigung erhielt und eine neue Tagfahrt nach Wordingborg auch in 
den Jali verlegt wurde, eo entstand eine jedenfalls unbealisichtigte Collisi 
welche von Engelbrecht au^ebeutet wurde. 

') Erich Olai 144. 

=) Hadorph SÜ. 



ers 

Wi 
wo 



— 29 -- 

seinen BeifeH, sein Sturz wai' dann pur eine Zeitfrage. Sn~ 
Zusammenhang hiemit tauchten abermals beunruhigende Ge- 
rtlchte anf : Erich sei gesonnen, mit Heeresniacht seine Aner- 
kennung in Schweden durchzusetzen, der hahnstäder Ver- 
gleich sei nur falsches Spie] gewesen. Einen thatsächliehen 
Anhalt hierfili' gaben nur einige Re|)araturbauten der däni- 
schen- Besatzung in Stockholm und die Befestigung schwächerer 
Punkte. Engelbreeht gedachte damit auf die nach üpsala be- 
rufene Reichsversamnilung zu wirken, welche über die An- 
nahme oder Verwerfung der halmstiider Artikel zu entschei- 
den hatte, zeigte aber, dass er auf dem diplomatischen Felde 
seinen Gegnern nicht gewachsen war, und schreckte vor der 
Möglichkeit eines Bürgerkrieges zurück. Der Reichsrath 
nahm den Vertrag ohne weiteres an ■) und willfahrte Engel- 
brecht nur insoweit, dass er wiederum Rundschreiben aus- 
sandte, welche über die Verbandlungen mit Erich berichteten, 
die umlaufenden Gerüchte verzeichneten und um Unterstützung 
ersuchten, falls Erich sich mit Gewalt des Reiches bemäch- 
igen wolle, da man in Schweden fest entschlossen sei, dem 

'iderstand zu leisten. Wie nicht anders zu erwai'ten , ant- 
wortete der Hochmeister umgehend, dass nach seinen Erkun- 
digungen alle Befürchtungen grundlos seien, der Reichsrath 
möge sich gefügig erzeigen und den Krieg auf alle Falle ver- 
'). Der festgesetzte Tag nahte heran, zahlreich stell- 
sich die Schweden in der Hauptstadt ein, allein Erich 
liieb aus. Elien erst war der Friede zwischen ihm und den 
geschlossen, er konnte unmöglich rechtzeitig 

ich Stockholm gelangen^). So missvergnügt mau in Sehwe- 




') 1435 Juni 2, Hadorph 90. 

') Das Schreiben an die Hansestädte dätirt vom 5. Juni (Wismar), an 
e Kvländischen Städte vom 10. (Reval); das an den Hochmeister ergiebt 
■ sich aus seiner Antwort vom 14. Juli (Königsberg, Miseive TIf. 290). 

') StyfFe2, CIV macht Erich mit Unrecht den TorwTirl, dass ei' den Termin 
labe verstreichen lasBec. Am 17. Juli wurde der Friede zu Wordingborg 

Ciiet, er hatte mithin nicht mehr als 12 Tage übrig. Dagegen 
iTsäumt, sein Nichterscheinen zu entschuldigen, vgl. die Urkunde 



» 



den WAT, Kröpelin wTisste den König genügend zu vevtheidigt 
lind bewirkte die Verlegung des Tages auf den 8. SeptembäJ 
Zu diesem fand Erich sich denn auch rechtzeitig ein, obgleiq 
er unterwegs einen schweren Sturm zu bestellen hatt« an 
19 Schifle dabei einbüsste'). In seiner Begleitung befand sid 
der schon erwähnte Komthnu von Althaus, den er sich vo| 
Hochmeister erbeten 'J. Dagegen entsprachen die HansestädCB 
vor allem Lübeck, nicht dem Gesuche des dänischen Heicl 
raths. auch ihrerseits Gesandte zur Vermittlung im Streit i 
Stockholm abzuordnen. 

Der schwedische Reichsrath ühei-gab sofort nach döj 
Eintreffen des Königs eine Besehwerdescbi-ift , welche 
Klagen übersichtlich zusammenstellte und in der Behauptung"" 
gipfelte, dass nur durch die Nichtbesetzung der Stellen eines 
Drostes und Marschalls die Uebelstände eine solche Höhe er- 
reicht hätten *). Nach längeren mitunter bewegten Verhand- 
lungen erfolgte am 14. Okt. der Friedensschluss. Erich wurde 
als König anerkannt, die Union der drei Reiche nochmals 
bestätigt und bestimmt, dass in jedem Reiche ein vidiniii-tes 
Transsumt der Urkunde von 1397 hinterlegt werden sollte. 
Der König verspricht nach Uebereinkunft mit dem Reichsrath, 
einen Drost und einen Marschall zu ernennen und die schw^~ 



i 7. August über die Vei'legung des Ta[ 



der dänisclien Besatzung ^ 
Hiidorpli m. 

') Die Karlsclironik v. n46ff. nennt den M. Okt. als Tag e 
Ankunft, Styfie »ill ea in den !^. Sept, verbessern, Jahn macht ia 
1. Okt. daraus. Am t, Sept. meldet der lübisclie Yogt auf Sckonen, 
Heinrich Gripeshom. dass Erich mit 62 Sckift'en abgesegelt sei, Sturm 
gehabt und mit 43 Segeln Kalmar passirt habe. Seineu drei Briefen a 
Lübeck vom I., 4. und 12. Sept (Lübeck) ist die Nachricht ■? 
dänischerseits gewUnschtea Betheiliguag der Hansestädte an den Y^ 
handlungeil in Schweden e 

^) Vgl. den Daukbrief Erichs an den Hochmeister vom 14. Oktober,* 
Klyffe 2, 271. 

=) Huitfeld 781—83. daran schliessen sich der Friedensvertrag 
der Spruch der Schiedsrichter. Die beiden letzteren auch bei Hadorph 
tKi— 99. ' "■ 



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— 31 — 

discheu Schlösser nur an Eiiigeborne zu verleimen, daftlr 
'ird ihm gestattet Stockholm, Kalmar und Nyköping nach 
:ßelieben zu vergeben und verbleibt er im Besitz aller der 
■von Margaretba eingelösten oder aufgekauften Pfaiidgdter. 
kPie weiteren strittigen Punkte wurden au die zwölf Schieds- 
■ricbter verwiesen, welche bereits nach vier Tagen ihren Spruch 
(gefällt hatten. Er bestätigt die meisten der zu Halmstad 
.Vereinbarten Artikel und billigt namentlich die frtlher be- 
iBtimmte Abfindung Engelbrechls und Erichs Puke. Hailand 
wurde Erich zugesprochen und fiel au Dänemark zurück, die 
Entscheidung über die Zugehörigkeit Gothlauds blieb dem 
norwegischen Reichsrath vorbehalten. Die vom schwedischen 
Reichsrath erlasseneu Rundschreiben sollen \'on allen drei 
Räthen ihrem Inhalt nach gepiüft werden und Eridi Genug- 
tiiuimg erlialten, falls sie ungehöriges enthielteu. 

Unverzüglich gieng man an die Ausführung der Bestim- 
ungen. Engelbrecht und Erich Puke unterwarfen sich, 
letzterer erschien sogar pei'sönhch in Stockholm, beide wurden 
amaestiit und mit bedeutenden Lehen ausgestattet. Die 
Wahlen des Drostes, dessen Amt im wesentlichen in der 
Oberaufsicht über die gesammte innere Verwaltung bestand, 
und des Mai'schalls oder Oberbefehlshabers der niilitairisehen 
Macht, kamen unter erträfilicliem Entgegenkommen beider 
Theile zu Stande, da sowohl Erich wie der Reichsrath sich 
Ifffin einig waren, dass Engelbrecht, der als Reichsbauptniauu 
ne beide Aemter Überragende Stellung einnahm, zu besei- 
;en sei. Cliristiern Kilsson AVasa, ein hochbejahrter Mann, 
bereits seit 1397 dem Reichsrath angehörte und als 
.wiegersohn des königlichen Hofmeisters Erich Krunime- 
') dem König warm empfohlen war, wurde Drost, Karl 
lutsson Bonde, einer der begütersten Herren im Lande, 
iarschall. Karl, erst 27 Jahre alt, von hoher mächtigeV Ge- 
lt und einnehmendem Aenssem. ehrgeizig und energisch, 
labei von gewinnender Leutseligkeit und fürstlich freigebig. 



I) Vgl. S. 11, Amii. : 



- 32 — 

schien vor allen andeieii geeignet, den Liebling des Volks;' 
Engelbret-ht, niederzuhalten und vergessen zu machen. 

Die Furcht vor dem gewaltigen Anhange Engelbrechls 
mass den um seiner Macht besorgten Reichsrath, dem 
der Aussöhnung mit Erich der bei weitem grösste Voi 
erwuchs, bewogen haben, den Uebergriffen, welche Erich 
unmittelbar nach der Aussöhnung erlaubte, nur zögernd 
gegenzutreten. Engelbrecht hatte aus fast allen der zahl- 
reichen königlichen Schlösser und Aemter <lie alten Vögte 
vertrieben und neue eingesetzt, deutsche und dänische Eigen- 
tbOmer waren ihres Grund und Bodens beraubt imd dieser 
an Schweden verlehnt worden, in all diesen Verhältnissen 
trat nun ein tief einschneidender Umschwung ein '). Erich 
begnügte sich aber nicht mit der Absetzung dieser neuer- 
nannten Beamten, er Hess sich von seiner alten Vorliebe 
leiten und verlieh, ausser den drei ihm vorbehaltenen Städi 
auch andere wichtige Festen dänischen Edelleuten. Dadi 
eiTefjte er doppeltes Missvergnügen , sowohl unter den ihi 
Amtes Entsetzten als auch bei den Mitgliedern des Reichs- 
raths, welche die Äenderung der Dinge mit Hoffnungen auf 
eigenen Gewinn hegleitet hatten. Sogar der in Schweden 
allgemein beliebte Kröpelin musste seinen Posten an einen 
danisii-ten Hoisteiner, Erich Ronnow, abgeben, weil ihm un- 
gebührliche Hinneigung zu den eingebüiiien Schweden vorge- 
worfen wurde. Die von schwedischer Seite angerufene 
mittlung des dilnisclien Reichsraths blieb fruchtlos und direl 
Vorstellungen erweiterten nui- die Spaltung. Erich lies» 
hinveissen, gerade heraus den schwedischen Räthen den 
begrttndeten Vorwurf zu machen, dass nur ilirer ünterstützi 
die gi'ossen Erfolge Engelbreehts zuzuschreiben seien, 
einem unwilligen: ich will nicht euer Jaherr sein'), w 
jeden Hinweis auf den Vertrag zurück. Anstatt den Bitti 



rechls 
1 eut^^ 



liebe I 
Itei^HJ 



■) Den vertriebenen EigenthUmern sollte nach dem Frieden das I 
zurQckersiattet werden, sobald sie ihren Anspruch, genügend b 
könnten. 

=) Idbei' JaalieiTa wil jak ey wara, Karlachronik v. 1 80S. Erich Olai 1: 



- 33 — ■ 

Öes Reiclisraths um längeres Verweilen in Schwedea nachzu- 
geben, damit fUe Neuordnung der Verhältnisse befestigt und 
das erwachte Misstrauen eretickt werde, glaubte er hinter 
äiesem Verlangen neue Umtriebe erblicken zu müssen und 
ichifFte sich allen Wünschen zum Trotz nach Dänemark ein. 
Jnterwegs hatte er das jVIissgeschick , welches fast immer 
reiner Spur folgte, einen heftigen Sturm zu bestehen und 
wurde gezwungen an der schwedischen Küste zu landen. Als 
äie Seinen hierbei von den Anwohnern in gewaltsamer Weise 
Lebensmittel herbeischafften, erscholl sofort, von den Partei- 
Angern Engelbrechts augenscheinlich sorgsam verbreitet und 
fergrftssert ^) , durch das ganze Reich der Ruf über Gewalt- 
/hätigkeit. Engelbrecht war der Entwicklung aufmerksam 
jefolgt und glaubte seine Stunde bereits gekommen, täuschte 
Dich jedoch in Karl Knutsson, der aus seiner Unzufriedenheit 
nit den Massnahmen des Königs kein Hehl gemacht hatte 
ind jetzt rasch einen Herrentag nach Arboga aussehrieb. 
Bu Erichs Unheil war unmittelbar vorher der ihm treuer- 
gebene Bischof Siggo von Skara gestorben, das Haupt der 
dingt königliehen Partei, so dass diese unvertreten Mieb*). 
für die Erschienenen, Karl und den Erzhischof vou Upsala 
Vi der Spitze, galt es rasch zu handeln, da die Pläne Engel- 
jrechts zu offenkundig waren. Sie stellten dem Könige eine 
rierwöchentliche Frist zur vollkonunenen Erfüllung des stock- 
bolmer Vertrages und erklärten, sich nach ihrem Ablauf in 
(eine weiteren Verhandlungen einlassen zu können^). So 
altschieden der Ton, man hoffte doch zugleich den vollstän- 
digen Bruch vermeiden zu können , und beeilte sich das 



) Nach Erich Olai 185 wandten sich die von den Requisitionen be- 
fenen Landleute an Engelbreclit:, nicht an die gesetzliche Beliorde den 



') Am 31. Dec. 14-ä5, Diar. Wadsten 152, Nach dem Chron. rhythm. 
I. Scnrens,, Sa. rer. Suec S, 2, lia, war er klok i dektingen oc alakions 
l^b, thi warth han forgiftwen uppa en herredagli. 

") Hadorph 103. Unter den Anachuldigungen wird besonders berror- 
ehoben, dssa Erich dem Drost und Marachall keine Vollraachten über- 
agen und sie ahne Unterweisung gelassen habe. 



d 



— 34 — 

Schriftstück mit einem Begleitschreiben an den dänischen 
Reichsrath abzusenden, bevor Engelbrecht inArboga erschien 
und mit kühner Hand dazwischenfuhr. Kaum traf er ein, so 
riss er das Volk durch die Vorspiegelung hin, dass der neue 
dänische Hauptmann auf Stockholm Erich zugeschworen habe, 
die Stadt nur an Herzog Bogislaw von Pommern auszuliefern. 
Der Reichsrath musste ihm folgen, wollte er nicht die Zügel 
gänzlich aus der Hand geben. Die Befreiung Stockholms, 
die Engelbrecht als Losung ausgab, rief alle Anhänger wach 
und führte die ganze Versammlung von Arboga vor die 
Mauern der Hauptstadt, deren Thore sich vor dem Heere 
schlössen. Nach einigen Verhandlungen mit den beiden deut- 
schen Bürgermeistern der Stadt, wurden diese gefangen, die 
Stadt überrumpelt, doch hielt sich das Schloss. Die Belage- 
rung wurde Karl Knutsson und Erich Puke gemeinsam über- 
tragen, während Engelbrecht sich die Eroberung der im 
Lande belegenen königlichen Festen vorbehielt. Engelbrecht 
hatte seihe Absicht erreicht, der offene Krieg war erklärt. 
Viele Mitglieder des Reichsraths, von den Vorgängen über- 
rascht, fanden sich allmählich in Stockholm ein, um der vor- 
aussichtlichen Wiederwahl Engelbrechts zum Reichshauptmann 
durch das Volk zuvorzukommen und das Heft der Regierung 
dem eigenen Kreise nicht entwinden zu lassen. Alsbald eilte 
auch Engelbrecht, von Erich Puke unterrichtet, herbei, um 
selbst für sich zu wirken. Allein diesmal zog er den kürzern, 
da die Wahl ganz in den Händen des Reichsraths lag. Von 
den dreissig Stimmen, welche abgegeben wurden, entfielen 
fünfundzwanzig auf Karl, nur drei auf Engelbrecht und zwei 
auf Erich Puke. Doch jetzt war Engelbrecht nicht gewillt 
zu weichen. Obgleich die Geistlichkeit und der Adel sich 
sofort auf die Seite Karls schlugen, setzte er mit Hülfe des 
Volks durch, dass er gleichfalls zum Hauptmann ernannt 
wurde. 

Um Erichs Sache stand es trotz alledem keineswegs ganz 
schlimm. Wenn auch der Zwiespalt anscheinend noch schärfer 
und offenkundiger hervortrat, als vor Eingehung der letzten 
Verträge, erleichterten doch die unmittelbaren Wirkungen der 



w 



— 35 - 

Wahlen die Wiederannäherung in hohem Masse. Die drei 
Parteien, welche bereits einander gegenllberstanden '), zer- 
splitterten sifh jetzt noch mehr. Nicht nur nahm Engelhrecht 
aJle seine durch den Stockholmer Vertrag' zurückgedrängten 
lind unterdrückten Pläne in erweitertem Umfange auf, er 
entsagte nunmehr auch aller Rücksithtsnahme anf seine Gegner 
Lande und entscliloss sich zu selhststäudigeni Handeln. 
an Ämtsgenosse Karl, bisher mit dem Erzbischof von Upsala 
ihrer der aristokratischen Partei, griff, an die Spitze des 
iiches geslellt, ehrgeizig und hochstrebend, den Gedanken 
Ingelbredits, Schweden zu einem .selhstständigeu Königi'eiche 
machen, auch seinerseits auf, nur sah er in sich selbst den 
'berufenen Herrseher desselben, ohne dass er die volksthüm- 
|_^chen Neigungen seines Nebenbuhlers sieh angeeignet hfltte. 
i^ei Lebzeiten Engelbrechts musste er seine Hoffnungen ver- 
titergen, wollte er nicht Gefahr laufen, es mit allen Parteien 
iU verderben und von der Höhe, die er rasch erklommen, 
'hinabgestürzt zu werden. Er war gezwungen, sich auf den 
Reichsrath zu stützen und mit diesem, der trotz der Mit- 
regentschaft Engelhrechts sich den Sieg zuschreiben durfte, 
Hand in Hand den separatistischen Plänen Engelbreclits ent- 
gegenzutreten. Der Drost, durch die Vorgänge in Stockholm 
zurückgedrängt, übernahm die Führerschaft der unbedingt 
KÖnighchen , nur durch Festhalten am Künigthume Erichs 
Jconnte er die Würden der beiden Hauptlente zu beseitigen 
fOnd seinem Amte die frühere Stellung zurückzugewiuuen hoffen. 
'Seiner Anregung ist es zuzuschreiben, dass der Reichsrath 
sofort nach dem Wahlakte Kröpelin nach Dänemark entsandte, 
um Erich fortdauenide Treue zu versprechen, falls er dem 
Etockholmer Vertrage gerecht werde. Engelbrecht dagegen, 
m Augenmerk liauptsächHch auf die endgültige Vertreibung 
ichs richtend, liess sich die Auseinandersetzung mit den 
[om Könige neuemannten Vögten übertragen, um auf dem 



') Die königliche, aristokratische nnd demokratiache, 
seicbnen Die ersten beiiien unterschieden sich nur 
V&Sfinngsfriigen, der dritten gegenüber hielten sie beide an Erich fcsL 



u Ver- H 

J 



Lande unter dem ihm ei^iebenea Volke ungestört schalten 
und walt«n zu können. Er überliess Kaii, dem er Erich Puke 
zur Ueherwachung zugesellte, die Bezwinguog des festea 
Schlosses von Stockholm, und sammelte wie vor zwei Jahren 
vor den einzeln zerstreuten und ungenügend befestigten 
Schlössern im Lande wohlfeile Lorbeeren, die ihn in den Augen 
des Volkes auf Kosten des nichts ausrichtenden Nebenbuhlers 
um so herrlicher schmückten. Sein Siegeszug erstreckte sich 
abermals Über die schwedischen Grenzen hinaus, Holland fiel 
in seine Gewalt. Kalmar umlagerte er, musste jedoch' vor 
einem dänischen Heere unter Anfühnmg Peter Oxes zurück- 
weichen und mit lüesera einen Waffenstillstand schliessen. 
Gleichzeitig knüpfte er ohne Rücksicht auf Karl oder den 
Eeichsrath Verbindungen an, welche einen Bund Schwedens 
mit Norwegen und den üansestaiUen bezweckten, um Erich 
auf diese Weise von allen Seiten zu umgarnen und zu er- 
drücken. Er bewies dabei wie schon früher seine Unfähigkeit 
zum Politiker und ein gänzliches Verkennen der an der Ostsee 
obwaltenden Verhältnisse. Seinen Plan baute er auf das Be- 
stehen einer mit Erich unzufriedenen Partei im südlichen 
Norwegen und schickte gleichzeitig dahin und nach Lübeck 
Gesandtschaften ab, welche sein Verhalten gegen Erich aqf 
klären und auf schleunigen Abschluss einer näheren Vere 
gung gegen den König dringen sollten. Als von Norwe^ 
bald ein günstiger Bescheid einlief - ohne Zweifel von ( 
Männern ausgehend, welche wir später im Aufstände verwid 
finden — meldete er ihn umgehend seinen Gesandten naf 
Lübeck und stellte den Bund zwischen Gesammtschweden unff 
Gesammtnor wegen als vollendet dar'). Bevor jedoch diese 
hinter dem Rttckeu des Reichsratha eingeleiteten Verhand- 
lungen zu einem Ergebnisse führen konnten, wurden sie durch 
die Ermordung des intellectuellen Urhebers jäh abgeschnitten. 
Engelbrecht war nach dem mit Peter Oxe geschlossenen Ab-_ 



') Eögelbrecht, Nikolaus Stensson und Gustav Lorenzsson a 
Kalmar [1436] März 19. (Danzig). Magnus BflngtSBon, der Mörder E 
brectita, ist ein Neffe dieses Nikolaus. 



■ - 37 — 

bommen krank auf sein Schloss zurückgekehrt, um von hier 
auf den Ruf des Reiehsvaths nach Stockholm zu eilen. Auf 
dem Wege dahin wurde er von dem Sohne eines Feindes, mit 

Idem er eben zuvor seinen Frieden gemacht hatte, meuchlings 
ermordet ^). 
Das Volk hielt das Andenken Engelbrechts als eines 
Vorkämpfers für die Freiheit des Landes gegen die Fremd- 
herrschaft in hohen Ehren, man sprach sogar von Wundem 
an seinem Grabe ^). Unter dem Einflüsse dieser in Lied und 
Wort von Geschlecht zu Geschlecht sich fortpflanzenden An- 
schauung, bestärkt durch die beistimmenden Urtheile und 
Aufzeichnungen gleichzeitiger und wenig jüngerer Schriftsteller, 
sahen und sehen seine Landsleute ^) in ihm einen Volkshelden 
in dem edelsten Sinne des Wortes. Von gegnerischer Seite 
giebt man seine gi-ossen Gaben und Fähigkeiten wohl zu, will 
aber in ihm doch mehr den unruhigen und aufrührerischen 
Unterthan erblicken, den Heri-schsucht und Ehrgeiz zur Auf- 
lehnung gegen seinen Herrn verleitet hätten *). In der kurzen 
^Zeit seines Wirkens sind zwei Peiioden Zu unterscheiden, 
Bein erstes Auftreten ist ohne Zweifel durch edle BeweggiTinde 
veranlasst, warmes und lebhaftes Mitgefühl für die Leiden 
seines Volkes Hess ihn für dessen Rechte vor dem Herrscher 
eintreten und entflammte glühenden Hass, als er auf Eigen- 
sinn und Unredlichkeit stiess und in seinem Reehtsbewusstsein 
verletzt wurde. Ohne Besinnen rief er das Volk zur Selbst- 
hülfe auf und glaubte im wolilverstandenen Interesse seines 
J^andes zu handeln, wenn er die ihm unnatürlich erscheinen- 
jen Bande der Union zu zeneissen trachtete. Ohne erkenn- 
Wren Endzweck verfolgte er zunächst nui' das Ziel , . den 



') Am 27. April 1430, vgl. Styffe 2, CVI. 

*) prout dicilur, plurimiä miraculig chorascat in eccleaia Orabro, qua 
est sepnltuE. Diar. Wadaten. 151. Uebrigens scheint in Schweden im 
15, Jahrh. die Wundergliubigkeit gar wg gewesen zu sein, selbst von dem 
TerabBcheuten B. Jehann Gerekini, vgl. S. IS, heisst es dicitur coruacare 
mtraculis. 

■) So zuletzt noch Styffe 2, CVI. 

•) Vgl. Jahn 163, 




— 38 — 

fremden Herrscher vom schwedischen Boden zu vertreiben, 
beugt sich aber der gesetzlichen heimischen Gewalt, dem 
schwedischen Reichsrath, als sie sich mit Erich aussöhnt 
Wenn auch widerwillig und den Anblick des verhassten Herr- 
schers meidend, legt er doch zu dessen Gunsten die unum- 
schränkt ausgeübte Gewalt nieder. Als aber der König die 
durch den Stockholmer Vertrag gezogenen Grenzen über- 
schreitet, da fühlt auch er sich keinen Augenblick länger 
durch seinen Treueid gebunden, zumal auch sein Ehrgeiz ihn 
durch die Erinnerung an den verlorenen Besitz der Vollgewalt 
vorwärts treibt. Das Heft der Regierung will er keinem an- 
dern überlassen. Nicht nur der König, auch die einheimischen 
Grossen sind ihm jetzt Feinde, und eben rüstet er sich, den 
einen mit auswärtiger Beihülfe vollständig niederzuschlagen, 
um inzwischen im Lande sich Luft zu schaffen, da zei-stöit 
der Mordstahl alle hochfliegenden Pläne und bedeckt sie für 
immer mit dem Schweigen des Grabes. Ueberwiegen somit 
zuerst sachliche Beweggründe, so treten hinterdrein die per- 
sönlichen in den Vordergrund. Nicht mehr das Wohl des 
Volkes war der Zweck, dem er seine Kräfte widmete, es 
wurde ihm Mittel, um sich im Besitz der Herrschaft zu sichern. 
Sein gewaltsames Ende Hess diesen Umschwung seines Cha- 
rakters nicht zum vollständigen Ausdruck gelangen und trug 
mit dazu bei, ihm den unverdienten Ruf eines Märtyrers zu 
verschafl'en. 

Die grause That wurde allgemein auf Karl Knutsson 
zurückgeführt, da er wenige Tage darauf das Verbot ergehen 
liess, an dem Mörder Rache zu nehmen. Den grössten un- 
mittelbaren Gewinn zog davon die königliche Partei, der 
schwerste Stein des Anstosses bei der in Aussicht genommenen 
Ausgleichung des Zwistes war entfernt. Karl war freilich von 
seinem gefährlichsten Nebenbuhler befreit, wurde aber durch 
den Hass, der ihm von Seiten der Anhänger Engelbrechts 
erwuchs, gezwungen, sich den Anhängern Erichs noch mehr 
zu nähern und bei ihnen einen Rückhalt zu suchen. In die 
Erbschaft des Ermordeten trat Erich Puke ein, sein frühester 



— So- 
und treuster Genosse, seinem Vorgänger an Gaben nach- 
stehend, an Leidenschaftlichkeit ihn übertreifend. 

Inzwischen hatte Kröpelin sich seiner Aufgabe entledigt. 
Der König ^), welcher auf die kurze von Arboga aus ihm ge- 
stellte Frist gar nicht hatte Rücksicht nehmen können, ent- 
sandte zwei Vertrauensmänner, den Grafen Hans von Neugard 
und Erich Krummedik, nach Lübeck und ging die Hansestädte 
um Vermittlung an 2). Nach dem wordingborger Friedens- 
schlüsse waren sie in der That die einzige Macht im Norden, 
welche im Stande war, durch offene Parteinahme für Erich 
den Aufstand mit einem Schlage zu bewältigen. Nicht um- 
sonst wiederholte der schwedische Reichsrath in allen seinen 
Schreiben an die Städte die Bitte, die schwedischen Häfen 
zu besuchen. So reich das Land an Erzen und Mineralien 
war, so arm und unergiebig war der Boden an Feldfrüchten, 
auch hinderten die jetzigen Unruhen vielfach ihren Anbau. 
Ein Handelsverbot der Städte, in deren Händen sich der ge- 
sammte Umsatz der Produkte Schwedens gegen Nahrungs- 
und Lebensmittel concentrirte ^), gab das Land dem Hunger 
preis und machte es widerstandslos. Bei diesem wie bei allen 
späteren Kämpfen Schwedens mit den Unionskönigen kann 
man das Schauspiel beobachten, dass die offene oder heim- 
liche Unterstützung der Hansestädte, d. h. die Fortdauer des 
Handels, Schweden unbezwinglich macht. Es war der Kern- 
punkt, mit dem die dänische Politik stets zu rechnen hatte, 
der sie zeitweise den Städten gegenüber gänzlich machtlos 
werden Hess. Hier kam noch ein anderes Moment hinzu, 
welches Erich geradezu zwang, die Städte um Unterstützung 



^) Huitfeld 795, Jahn 161 und mit ihnen auch Dahlmann 3, 160 lassen 
den König ganz unmotivirter Weise jetzt nach Preussen fahren, indem sie 
aus seiner Reise 1437 zwei machen. Jahn hat freilich Bedenken. Die 
Nachricht geht auf Kranz, Dania 8, 20 zurück und beruht auf einer 
Verwechslung. 

2) Contin. Körner. Leibnitz Ss. rer. Brunsw. 3, 210; Grautoif, Lüb« 
Chr. 2, 71. 

3) Vgl. Geyer, Gesch. Schwedens 1, 289 f.; Sillön, Svenska handelns 
och närringames historia ist für die älteren Zeiten (Bd. 3 behandelt das 
Jahrh. d. Union) ungenügend. 



- 40 - 

"aBzugehen. Sowohl in Norwegen wie in Dänemark mehrten 
sieh die Anzeichen, welche eine Nachahmung des von Schwe- 
den gesehenen Beispiels in Aussicht stellten, falls dem nicht 
rechtzeitig vorgebeugt \vurde, und überdies waren beide Reiche 
eben aus einem mehr als zwanzigjährigen Kriegszuslande 
herausgetreten und durchaus nicht geneigt, neue Lasten auf. 
sich zu nehmen. 

Die Städte entsprachen dem Wunsche des Königs, fer- 
tigten eine Gesandtschaft nach Kopenhagen ab, welcher Erich^ 
seine Bereitwilligkeit zu erkennen gab, vor dem dänischei 
und norwegischen Beichsrathe und den Rathssendebofen von. 
Lübeck, Hamburg, Lüneburg und Wismar zu Recht zu stehen. 
Mit dieser Erklärung giengen die Gesandten, begleitet von 
Kröpelin, nach Schweden hinüber und vermochten den Reichs- 
rath, dem die Ermordung Engelbrechts ft'eie Hand gegeben, 
zur Zustimmung. Die Feindseligkeiten wurden eingestellt 
vorläufig bis zum 29. Julij zum 15. dieses Monats wi 
Tagfahrt nach Kalmar angesetzt, auf welcher der Streit bi 
gelegt werden sollte. Kann der eine orter andere Theil nicht 
ei'scheinen, so soll der Stillstand verlängert werden^). Mit 
diesem von 27 schwedischen Iläithen unterzeichneten Becesse.^ 
kehrte ein Theil der dünischen und stildtischen Gesandtet 
nach Kopenhagen zuiilck, nur der Eürgei-meister von Wismarj 
und Hans Kröpelin giengen nach Stockholm, um auch hier 
Stillstand zu verkünden und die Ratifikation des gesammtt 
Beichsraths einzuholen "). 

Die Städte beeilten sich, den übernommenen Verpflicl 
tungen nachzukommen. Bereits am ei-steii Juli gieng ein< 
neue Gesandtschaft nach Kopenhagen ab und begleitete dt 
König nach Kalmar, wo die Abgeordneten des schwedische! 
Beichsraths seiner schon harrten. Die Einigung kam mühsam 



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') Nach ilera schwed. Orig. bei Hadorph 116, eine deutsche Aus'fl 
fertigiinginLüljeck; aiigesclilossen ist letzterer die zustimmende Erkl4 
des Bchwed. Reichsraths, gedr. Styffe 2, 272. 

■) Karlschronilf v. 3010—73, sie mactt im Verseheu Peter Wilde 
Bürgermeister von Hamburg statt Wismar. 



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za Stande^). Die Schweden wollten sich auf einen Rechtsgang 
nicht einlassen, meinten, die Schiedsrichter seien nur zum güt- 
lichen Vemiittehi zwischen den streitenden Theilen erwählt *). 
Erich beharrte auf seinem Reehtsstandpunkte, wollte alles 
nach dem Rechte entschieden sehen. Klage und Gegenklage, 
Replik und Duplik wurden ausgetauscht, ohne dass die Par- 
teien sich niiherten; ein Vennittlungsvorsclilag der Schieds- 
richter missfiel heiden Seiten. Endlich Hess sich Erich, vor- 
nehmlich durch den Bürgemieister von Lübeck , Heinrich 
Rapesulver, und Erich Ki-ummedik, zur Nachgiebigkeit be- 
wegen. Das Haupthedenken des Königs, welcher sieh nicht 
entsclüiessen konnte, die einmal ernannten ausliindischen Vögte 
in Schweden preiszugehen, wurde durch die anwesende dänische 
Ritterschaft beseitigt. Da die meisten königlichen Amtsleute 
'Dänen waren und unter der Mannschaft Verwandte und Freunde 
hatten, befragte Erich schliesslich diese, ob sie einwillige, dass 
.er dem Begehren der Schweden willfahre und alle Ausländer 
aus dem Reiche entferne. Als die Schweden, aufgefordert, 
iSch über den Begriff ausländisch zu erklären, gegen die Voi'- 
■aussetzung, dass sie nichteingehorne Grundeigenthümer ihrer 
Habe berauhen wollten, energisch protestirten, ihnen das Ab- 
genommene zurückzuerstatten versprachen und nur darauf 
bestanden, dass die könighchen Schlösser nach schwedischem 
Rechte ausschliesslich an Einheimische verliehen würden *), 
ertheilte die Ritterschaft dem Könige den entschiedenen Ratli, 
die Forderungen der Schweden zu eifflllen. Sie srhloss ihr 
Gutachten mit der nicht misszuverstehenden Aufforderung, 
auch in Dänemark und Norwegen den Uebelständen abzu- 
helfen, die Pflichten eines Königs zu erftülen und die Hanse- 
.■Btädte zufrieden zu stellen*). Die Ueberzeugung, dass dem 

') Dem Folgenden liegt haupteächlicli der Bericht der stäÄtiBchen RaÜiB- 
PMndeboteii zu Grunde, dem eine Reilie der hier ausgewechselten Scluiften 
[t ist {Wiaraar). Er gelangt zum AhdrucTt in meinen Hanaerecesaen 1 

') Auch war der norwegische Reichsrath nicht erschienen. 

•) Vgl. auch die Erklärung des Wortes inländisch, Hadorph 115. 

') ünde dat jwe gnade des vordenke in Dennemarken to schikkende 
iTinide to regerende, alse wi unde andere nier inwanres gheraden hebben, 



I 



\ 



— 42 — 

sichtlicheil Verderben aller drei Reiche entgegengetreten ^feT 
den müsste, vereinigte die beiden Reichsräthe zu gemeinsamem 
Handeln und trat in den Berathungen öfters zu Tage. Die 
schwedischen Abgeordneten, an deren Spitze sich der Drost 
Christiern NilBson befand, betonten nadidi'ücklichst der 
nischen Ritterschaft gegenüber den Unionsstandpunkt um 
gewannen sie vollständig durch die Berufung auf das Gefühl' 
der Zusammengehörigkeit. Erich war zur Nachgiebigkeit ge-' 
zwuDgen. Bevor noch die Schiedsrichter ihren Sprach geeilt, , 
wurde auf offenem Markte zu Kalmar die feierliche Versöh- 
nung gefeiert. Die Vertreter des schwedischen ReichsrathS' 
fielen in Gegenwart des durch Glockenschlag zusammen- 
gerufenen Volkes vor dem Könige auf die Knie und batea-, 
um Gnade. „Da wollte er sie bei den Händen in die Höh( 
ziehen," fähit der Bericht fort, „doch sträubten sie sich, auf- 
zustehen, da setzte sich der König selbst in das Knie und 
hob sie also empor und vieler Augen füllten sich bei dem 
Anblick mit Tbr'änen" '■). Wenige Tage darauf gaben die 
Schiedsrichter ihren Sprach ab, weldier im wesentlichen die- 
■ Bestimmungen des Stockholmer Vei'trages nochmals bestätigte. 
Bemerkenswert!! ist der Schluss, wonach sowolü der dänische 
Reichsrath, als auch die Hansestädte sich veipflichteten, t 
Theile, welcher das Abkotiimen nicht hielte, Widerstaod 
leisten und ihn nöthigenfalls zu dessen Beobachtung zu zwingen*),. 
Die Vertreter des schwedischen Reiclisraths kehilen mit 
den Beschlüssen nach Stockholm zurück, um ihren Auftrag- 
gebern Bericht zu erstatten. Ein allgemeiner Reichstag in 



unde laten dat rike nicht staen in sulker vaer luide vorderff, tds id noch, 
steid, als jw wol underwised is — ok so yorghetet Norwegben nidit, dat 
gii dar scMkken amtlude unde vogede, als eik dat bort, uppe dat id 
betere regeringhe muglie kamen, wan m vornemen, als id dar Gteid, unde 
uppe dat dat hür neniand kamen is van Norwegben, ebeaeo möge er seine 
Verpflichtungen gegen die Hansestädte erfüUen und seinen Vögten dahii 
gebende Instruktionen ertbeilen. Beficht der Dänen an den König. 

') Dar sillen mennigben de tränen ut den oghi 
modighen gheschefte. 

*) Schwedisch bei Hadorph JIO, eine etwas bereicherte deutsche 
fertigung in Danzig, Recesslis. A f. S2lj. 



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König. ^^1 

Bodanen otli-^^^| 

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I 



— 43 - 

SOderkoping sollte d.en Schlussstein bilden und die gemein- 
samen Angelegenheiten aller drei Reiche ordnen. Erich gieng 
mittlerweile nach dem nahen Gothland hinUber in der festen 
Absicht, sich zu rleni auf den 29. September angesetzten Tage 
einzufinden, sandte auch rechtzeitig Boten hinüber, welche 
sein Eintreffen anmelden sollten. Allein sein Unglück zur 
See bricht auch diesmal über ihn ein. Beim üebersetzen 
zerstreute ein heftiger Sturm die ganze Flotte, Erich selbst 
wurde nach Gothland zurückgetrieben und scheiterte auf einer 
kleinen lusel in der Nabe, Mit Mühe rettete er das nackte 
Leben, sein Schiff vergieng vor seinen Augen, Der versam- 
melte Reichstag veinahm von den Mannschaften einiger an der 
schwedischen Küste gestrandeten Schiffe bald den Sachverhalt, 
jedoch war Monate lang nichts hestiniintes Über das Schicksal 
des Königs zu erfahren. Der eigentliche Zweck des Tages 
war somit vereitelt, doch schied man nicht von dannen, ohne 
die vorbereitenden Schritte zu einer Ergänzung und Umge- 
staltung der Unionsurlninde von 1397 gethan zu haben, deren 
Unzulänglichkeit sich iu den Wirren offenbart hatte. Die 
drei Erzbischöfe von Lund, Upsala und Drontheim und je ein 
weltliches Reichsratiismitglied der drei Reiche, unter ihnen 
der Drost Christiern für Schweden, traten zusammen und 
vereinbarten einen Entwurf', welcher als Gnmdgesetz an die 
Stelle der Urkunde von 1397 zu treten bestimmt war'). Ob- 
wohl hier gleich im Beginn die rückhalt^lose Anerkennung 
Erichs als König und der Union von 1397 ausgesprochen 
wird, zeigen doch sdion die ersten Bestimmungen über die 
Machtbefugnisse des Königs, dass der Schwerpunkt der Re- 
gierung verrückt und in die Hände der Relchsr'athe verlegt, 
der von Margaretha erstrebte Einheitsstaat in einen Verband 
der drei Staaten mit einheitlicher Spitze verwandelt werden 

') Er ist nndatirt und ohne Ort, Hadorph 117 datirt ihn zum kal- 
![ Tage 1436 und dem sind alle, die neueaten Herausgeber einbegrifTen, 
gefolgt, übgleieli Norwegen auf dem Tage nicht vertreten war. Die Urkunde 
kann nur hier eingereiht werden, da im folgenden Jahre in Norwegen der 
Aufruhr ausbricht und Erzh. Olaf von Upsala ItöS stirbt. Der beste Ab- 
druck in Äarsberetniuger fra det kgl. geheime archiv 2, 2, 31. 



I 



1 



\ 



— 44 — 

soll. Jedes Reicli verbleibt bei eigenem Recht und Gteseiz 
bei Erlass neuer Gesetze ist der König an die Einwilligung 
jedes einzelnen Reiches gebunden. Nach dem Voi-schlag des 
einzelnen Reichsraths wählt der König für jedes Reich einen 1 
Drosten und einen Marschall, evsterer vertritt den Herrseher | 
bei seiner Abwesenheit in allen Beziehungen, ist für ( 
Zeit mit königliehen Befugnissen ausgestattet. Der Marschall 
unterstützt den Drosten bei der Ausführung seiner Befehle, 
doch liegt ihm insbesondere die Vertheidigung des Reiches 
nach aussen ob, er hat daher den Oberbefehl über die ge- 
sammte Kriegsmacht. Das financielle Interesse des Königs 
wahrt ein Hofmeister, welcher die Krongüter verwaltet und 
die Einkünfte dem Könige zuführt. Das gi'osse Insiegel führt. J 
in jedem Reiche ein oberster Kanzler, unterstützt von einem 1 
Hofkanzler'). Der König muss jährlich in jedem Reiche vier i 
Monate zubnngen, nur Nothsachen entheben ihn dessen, eteta j 
aber müssen zwei Räthe der andern beiden Reiche um ihn.l 
sein, an deren Beirath er gebunden ist. Krieg oder Frieden i 
darf der König oder das einzelne Reich nicht beginnen oder I 
schliessen, ohne die andern befragt zu haben, im Kriegsfalle i 
stehen sie sich gegenseitig bei. Die Bestimmungen über die J 
Wahl eines neuen Unionskönigs gehen ganz besonders tief! 
ins Detail ein und entfernen sich am meisten von der ur- 
sprünglichen Unionsakte. Auch ohne Anspielung oder gar ] 
Nennung des Namens weisen sie deutlieh auf Bogislaw hin, 1 
dessen Nachfolge auf jede erdenkliche Art und Weise vor- 
gebeugt werden soll. Der Drost und der Marechall desjenigeß 1 
Reichs, in welchem der König gestorben ist, erlassen die ( 
Einladungen zur Wahlversammlung, stets nach Halmstad in. 1 
Hailand; jedes Reich entsendet vierzig Wahlmänner, Vertreter i 
aller Stände, diese hundertundzwanzig müssen zuerst unter-l 
den Söhnen des verstorbenen Königs eine Wahl treffen, können 1 
aber auch alle verwerfen. Wollen sie dann keinen ausländischen. ] 
Fürsten wählen, so zieht ein Kind aus drei mit den Nai 



■ vgl 



') Die beBsern IIss. lesen alle gardzcantzeler nicht en god cantzeler, 
vgl Dahlmann 3, 161, 2. 



der drei Reiche beschriebenen Zetteln einen heraus uuii von 
diesem wird dann der König genommen. Das Ganze war er- 
sichtlich (luf die im Augenblick vorliegenden Verhältnisse be- 
rechnet, fernere Vereinbarungen in Betreff der Münze, Zoll, 
Gültigkeit der Verfeatungen durch alle drei Reiche u. s. w, 
wurden vorbehalten. Bei Erich muss der Entwurf, wenn er 
ihm vorgelegt worden ist, auf entschiedenen Wideretand ge- 
stossen sein, und in der Tiiat leidet er an all zu grosser Um- 
ständlichkeit, als dass er zum Gesetz hätte erhoben werden 
können. Er ist nur ein sprechendes Zeugniss dafür, von 
weldien Gesinnungen gegen Erich auch seine verti'autesten 
Räthe aus Dänemark und Norwegen bereits erfüllt waren, 
wie viel das Königthum an Achtung eingebtlsst hatte. 

Auf dem Tage zu Süderköping traten in Abwesenheit 
Erichs Christiern als Drost und Karl als Marschall nach den 
Bestimmungen des kalmarer Recesses in ihre Funktionen ein. 
Da von Erich nichts verlautete, kam Karl bald auf seinen 
nur ungern zurückgelegten Plan zurück und strebte offen nach 
der Krone. Er verstand es, den Drost aus der Reichsverwal- 
tung so gut wie ganz zu verdrängen und namentlich das 
Verfügungsrecht über die königlichen Schlösser für sich zu 
behalten. Er verfuhr hierbei mit solcher Willkühr, dass er 
öflentlich des Nepotismus beschuldigt wurde und wiederholte 
Aufstände gegen ihn ausbrachen % benutzte aber diese ge- 
schickt, um seine eigene Macht zu verstärken und als Hüter 
des büi^erlichen Friedens zu glänzen. Die Bauerschaft hatte 
ihren Liebling Engelbrecht noch nicht vergessen und war 
stets geueigt, hei der ersten Gelegenheit zu den Waffen zu 
greifen. Sie sah jetzt auf Erich Puke, den einzigen bedeu- 
tenden Gefährten Kngelbreclits , der aus seiner Abneigung 
gegen den Marschall nie ein Hehl gemacht und sich mehrfach 
mit ihm überwerfen hatte. Als er sich und seine Freunde 
bei den Belehnungen zurückgesetzt sah, kannte sein Zorn 



') Unmittelbar nach dem SchliiBEe des Tages erhob sich Broder 
STensson, einer der angesehensten Ritter, bekannt aus dem hansiachen 
Kriege, liesa eich aber UQVorsichtiger Weise von Karl fangeu und wurde 
Lingeriolitet, Diar. Wadälen. 153, Erich Ülai US. 



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^,r'x:jxsj,/zz, "^ •.:; -'rz.* Zr::iL-?>:ii eni»:rie: iLr:e. Afe er. 

i.i;:lr:"- ~:cL X_Lr: -i'il'ri:«^: za:! '^li^reij, rti:-eizi€ii war. 
r.''.l:.^r. ii i:-r Z-i.:i-E:r:: iz^ i-rJi rerrjelfTcü KjjliCer hervor 

V.kr. r.'r.r.iv- li— »r lizJ:: -■•^i ^jr JilrrSs«iIoss ach 
':,^ -,*r7.-:,i-- -r:i:i«:'c^ -57 T— EizItitzi^ ifT Ver^i&ihiiigen mit 
-Cr;;. rJ .:.:i'^ «^:r.j:'=:r.:r:.z:-r— izi TreMrCii^'rC i;ir^ck;2ewoiiiieo 
-;.'-: c,-^ -i-iXlÄi'^ Iäüi. jekl-Lr:- iisi e? sfd jecr;. nach dem 
i.ir,/,>;;.r::. »V<:v:ä~ ä^r e:i::er::-^:h:5i:hez v.:.is:hteilicheii Be- 

ly<t y,fx'.. >/,:,'/. vs^izn rAcl ?-:!!. ::n A: <■:■'.- :i:r- 

*, */>, y.,'',\*jf:7^.z.zsi\=:z. iii-i & eizzir-r— ür üzi f^T Bäleil bezeugen, 
Iv,*, '^„::, >p^;w«IL- iz:,:r:rzr zz.r^z&r.nrÄ e: C':r.i:i;: nijiin testamentom 



— '47 - 

Strebungen nur noch um eine Entscheidung zwischen ihm und 
dem königlichen Anhang handeln konnte. Die hohe Geist- 
lichkeit hatte sich nach den süderköpinger Beschlüssen fast 
vollzählig der unionsfreundlichen Partei angeschlossen, da der 
lose Verband der drei Reiche unter einem Oberhaupte ihr 
mehr Vortheile in Aussicht stellte, als ein einheimisches straffes 
Königthum Karls. Schlecht verhehlte Eifersucht und Neid 
bewogen auch die meisten weltlichen Grossen Schwedens zum 
Anschluss, an ihre Spitze stellte sich der Drost, der sich von 
Karl um alle Macht gebracht sah. Die Unterschiede zwischen 
den Erich zu- und abgeneigten Elementen im Reichsrath traten 
vor dem gemeinsamen Gegensatz gegen Karl zurück, jedoch 
nahm, auch als die Rettung Erichs bekannt wurde, nur der 
Drost um seiner eigenen Stellung willen dessen Interessen 
ernstlich wahr, ohne irgend wesentliche Erfolge zu erzielen. 
Diese Verschiebung der Parteien erreichte erst im folgenden 
Jahre unter dem Einfluss der Begebenheiten, welche die Thron- 
entsetzung Erichs herbeiführten, ihren Abschluss, doch be- 
dingen jene ein vorheriges Eingehen auf die Verhältnisse Nor- 
wegens und Dänemarks unter und zu Erich. 

Norwegen war unter den Reichen das einzige, welches 
Erich kraft Erbrechts beherrschte, obgleich bei seiner Wahl 
die näher berechtigten Meklenburger übergangen wurden. 
Die hier dem Herrscher gestellte Aufgabe war leichter als in 
den andern Landen. Die mächtigen und geschlossenen Aristo- 
kratien Dänemarks und Schwedens waren in Norwegen un- 
bekannt, die Bischofssitze wurden dem Herkommen nach fast 
durchgängig, wenn nicht ausschliesslich mit den vom Könige 
dazu Bezeichneten besetzt, das Volk im ganzen nicht wohl- 
habend, aber kraftvoll und festen Willens, war in Ermange- 
lung allgemeiner Reichstage gewohnt, in dem Könige die Ver- 
körperung seiner Einheit zu sehen und diesen in eigener 
Person alle Verhältnisse und Angelegenheiten des Reiches 
ordnen zu lassen. Die stete Abwesenheit Erichs vom Reiche 
wurde deshalb hier um so schmerzlicher empfunden. Die 
Handhabung der Justiz war theilweise unterbrochen, da das 
königliche Siegel mit dem Herrscher ausser Landes gewandert. 



die höcliste Instanz somit nur schwer erreichbar war, die 
Vögte aber, auf welche sich der gemeine Mann angewiesen 
sah, hier wie in Schweden zu gerechten Klagen hinreichenden 
Anlass gaben '). Noch früher als im NachbaiTeiche begeg 
wir in Norwegen den Beschwerden über Missregierung; un- 
ablässig ergehen sie bald aus den nördlich , bald aus 
südlich gelegenen Theilen des Reichs, zu einer Erhebung aber 
kommt es erst, als die Schweden ihren Willen bereits durch- 
gesetzt hatten und Erich auf Gothland weilte, ohne dass man 
wusste, ob er überhaupt noch am Leben sei. Der verderb- 
liche Einfluss des Schleswig - hansischen Krieges machte 
sich in dem ärmeren Norwegen am frühesten geltend. Bevor 
noch die Hansestädte mit in den Krieg eintraten, bereits 
1420 klagen die Einwohner von Helgeland und Finmarken 
über die unbestraften Einfälle der Russen und Heiden in die 
Grenzgebiete und bitten um Zusendung von Hülfstruppei^ 
allein könnten sie ihnen nicht widerstehen ^). Gleichzeitig 
ersuchen die südlicher gelegenen Landestheile den König, sie 
von der Ablösung der persönlichen Heeresfolge durch eine 
Geldabgabe zu befreien und sie lieber zum Kampfe einzub&- 
rufen ^), Womöglich noch schwerer als diese Zahlungen wur- 
den in dem pferdearmen Lande die Fordening auf Stellung^ 
von Pferden zum Kriegs- und Vorspanndienst empfunden^ 
dei'en an sich schon grosse Härte von den Vögten hie und da. 
noch gesteigert wurde. So lange aber der König nur an- 
griffsweise verfuhr, d. h. bis zur Kriegserklärung der Hanse- 
etädte, wurde hierin nichts geändert. Die tunsberger Lag- 
mannBchaft, eine der wohlhabendsten in Norwegen, ist 1424 
soweit gebracht, dass sie dem Könige unverhohlen erkläii,. 



') U87 verspricht der Eeichsrath, den König zu ersuchen, das Siegd 
einem Norweger amuvertriiuen bwo at NorigHs men thriengis ej Ise 
st laupa atan rikia effter they incigle Dipl. Norr. 2, 544. Vgl. S. 49 
Ann. 2. Audererseita wird ein besonderer Kanzler für Norwegen öfters 
erw&bnl; 1426 — 34 ist es B. Jene von Oslo, ein Däne. a. a. 0. 1, 537; 
3, W.i. 497, 

*) Dipl, Nnrv. 1, 482, vgl- Stjffe, Skandin. under ünionstiden 355t. 

•) V({l. Jftlin 127, 1. 



— 49 — 

ae könne den anfangs freiwillig übernommenen Vorspann- 
fdienst nicht liinger leisten, da die ausserdem gefordei-ten 
■Geldabgaben zu hoch seien, und viele durch die Vögte ge- 
Jawungen würden, Haus und Hof zu verlassen und aufzugeben, 
|A!s freie und stolze Bauern protestiren sie gleichzeitig ener- 
Kgisch gegen die vom Könige geforderte Auslieferung aller 
■'Waffen an die Vögte , welche von diesen dazu benutzt werde, 
Jöra in alle Heimlichkeiten einzudringen und Recht und Gesetz 
»igänzlich bei Seite zu setzen. Käme der König oder min- 
jdestens die Königin persönHch nach Norwegen, so werde man 
jgem allen gesetzmässigen Pflichten genügen. Willfähriger 
»eigt sich das Volk im benachbarten Oslo, welches an dem- 
Eselben Tage sich bereit erklärt, die Vorspann- und Fuhr- 
idienste noch weiter zu leisten, freilich aber gleich den Vor- 
f behalt hinzuiügt, soweit dies das Gesetz erlaube und niemand 
dadui'ch Unrecht geschehe *). Die Bewegung scheint in allen 
Theilen Norwegens um sich gegriffen zu haben. Die Bauern 
in Skaun verjagten ihren Vogt, einen Deutschen, Hemnann 
L.Moltke, ohne weiteres und erklärten dein Könige, er möge 
Llhnen einen andern senden, mit diesem könnten sie es nicht 
"bänger aushalten. Als Moltke in Begleitung zweier neuen 
jTögte^) zurückkehrte und ein Gelübde ablegte, sich dem Ge- 
setz untei-werfen zu wollen, zog die Ordnung dem Scheine 
^ach ein, doch währte sie nicht lange, da er seinem Eide 
intreu wurde. Vor seinem Grimm liesaen die Bauern von 
l&kaun ihre gesammte Habe im Stich und flüchteten sich in 
indere Lehne; nach Jahresfrist wiederholten sie ihr Gesuch 
Entfernung des Vogtes, indem sie zugleich das gesetz- 
tuässige Verhalten der andern beiden von Erich gesandten 
^Amtsleute dankbar anerkannten '}. So lange der Gang des 
^Handels während des Krieges nicht unterbrochen wurde, 

') Dipl. Norv. 1, i99, 500; beide Urk. vom 12. Aiig. 1424. 
*) Hält man diese ThatEache mit der S. 41 Änm. 4 nitgetheilten Stelle 
so Bcheint gleichzeitig ein Mangel au königlichen Amtsleuten 
geherrscht zu hahen. 

■) Dipl. Norv. 2, 506—508. Auch aus den OrknejinBehi kommt 
le Zeit schwere Kl^e a. a. 0. 514. 

T. <L Bdpp. Zur Ooscbichto, 4 



I 



J 



— 50 — 

stammten die Klagen bald, da die aus dem kaufmännisclieD 
Verkelir reichlich fliessenden Einnahmequellen die ungewöhn- 
liche Höhe der Lasten Uberwinden Hessen. Als diese ahei- 
mit der Kriegserklärung der Hansestädte zu versiegen an- 
fingen, die Niederlagen der Deutschen in Bergen, in Oslo, in 
Tunsberg geräumt wui'den, die Hauptabnehmer der nordischen 
Waaren ausblieben und die andern Nationen durch hansische 
Schiffer verjagt wurden, da schoss die allgemeine Missstim- 
mung rasch in die Höhe. Auf die Anzeige, dass die Städte 
dem Könige abgesagt, gieng nicht nur der königliche Vogt 
in Bergen mit dem deutschen Kaufmann einen Vertrag ein, 
der es diesem gestattete, seine Handelsgeschäfte abzuwickeln, 
sondern der Bischof, der Rath der Stadt Bergen und die 
Lagmannschaft sandten überdies Gesandte an den König, um 
Voi'stelinngen zu machen und nachdrücklichst auf Erledigung 
ihrer sonstigen Beschwerden zu dringen i). Ein Erfolg war 
natürlich nicht zu erziele» und gerade Bergen musste am 
ärgsten unter dem Eigensinn des Herrschers leiden. Sein 
Handel wurde zerstört, die Stadt zweimal von hansischen 
Freibeutern unter Anführung von Bartliolomeus Voet und 
Glockener erobert und ausgeplündert. Der Bischof flüchtete 
sich auf die englische Flotte, welche vor Schrecken bei der 
Abfahrt sogar ihre Ladung mitzunehmen vergass, obgleich sie 
allein den 600 hansischen Mannen Oberlegen war. Beim 
zweiten Ueberfall wurde die Stadt niellergebraont und ihr 
"Wohlstand auf Jahrhunderte untergraben, die Beute über- 
schwemmte den wismarer Markt ^). Der Eifer der Engländer, 
welcher diesen Augenblick zu ihrem Vortheil auszubeuten 
suchte und hierin bei Erich günstiges Entgegenkommen fand, 
hatte für Stadt und Land nicht die Wirkungen, welche die 
Verluste und den Ausfall an Einnahmen zu ersetzen im Stande 
wären. Der Handelstractat, den Erich mit England 
, gewährte den englischen Kaufleuten dieselben Pii 
vilegien, wie sie die Hanseaten in Bergei 




') Dipl. Norv. 7, 376. 
') Körner 1288, 1290 f. 



a dieselben Fii^H 

J 



— 51 — 

allein der Vertrag änderte an dem Benehmen der neu Be- 
vorzugten mt:hts. Nach wie vor vernachlassijjten sie den 
ihnen zum ausschliesslichen Besuch angewiesenen Hafen von 
Bergen, entbanden sich selbst von der Pflicht den dortigen 
Stapel neu aufzurichten und suchten gegen das ausdrückliche 
Verbot aller norwegischen Könige deren Schatzlande, Finn- 
marken, Island, die Orkneyinseln direkt auf, um sich von dem 
Zwischenhandel der Norweger selbst zu befreien. Die Folge 
waren regelmässig wiederkehrende Beschwerden , dass der 
König die Grundbedingungen der Wohlfahrt in Norwegen 
verkenne, das Land der Verarmung und Aussaugung durch 
die Fremden preisgebe^). Dennoch vermied der streng ge- 
setzliche Sinn der Norweger jede gewaltsame Auflehnung 
gegen diese Verhältnisse "). Erst als man von aussen her 
auf die Selbsthülfe unmittelbar hingewiesen und dazu ange- 
BpoiTit wurde, entschloss man sich, zu den Waft'en zu greifen. 
Als Engelbrecht zum letzten Male die Fahne des Aufruhrs 
erhob und kurz vor seiner Ermordung weitaussehende Pläne 
!2U verwirklichen sich anschickte, fand er im südlichen Nor- 
'wegen in den an Schweden angrenzenden Gebieten Anklang 
und Entgegenkommen. Sein plötzlicher Tod zerschnitt die 
ilcaum geknüpften Bande, doch hatte der einmal gegebene 
Anstoss die Folge, dass noch vor der abermaligen Anerken- 
nung der Forderungen Schwedens die lang verhaltene Be- 
wegung zum Ausbruch kam. Amund Sigurdsson, ein begü- 
terter Mann, stellte sich an die Spitze, schiieb nach dem 
Vorgange Engelbrechts die Erledigung der vieU'achen Be- 
schwerden über die Missregierung auf sein Bauner und liess 
sich von den Bauern zum Hauptmann erwählen. Es galt 



') Vg!. Ri-mer Foedera 10, 481, 503, 520 t; Dipl. Norv. 6, 464-^71; 
1, 488; 7, HG. Die Klagen über den Besuch verbotener flatze durch die 
Engländer werden bis ans Ende dieses Jalirh. und darüber hmaus stets 
von neuem kut, besonders nach 1435, als sie duruh die Hanseaten ans 
I Bereen fast ganz verdrängt wurdea 

t) So wird z. B. 1433 ein Vogt vor dem nächstbelegenen kunigiichpn ^M 

) nnd der Lagmannschaft verklagt. Dipl. Norv. 3, 51ö ^M 

- i 



I 



— 52 — 

KnoAcb*t dem verhassten Bischof Jens von Oslo ^) , 
IfAnKO, welcher, als Kanzler Erichs ftti- Norwegen, auf die Ent- 
KclilUktie und Entscheide des Königs bedeutenden Einfluss 
hiitt«, ilaneben auch den ausländischen Vögten, welche man J 
wie in Schweden durch Eingeborne ersetzen wollte. Der I 
porwegische Reichsrath schritt jedoch energischer als seiner 1 
Zeit der schwedische ein, und es gelang ihm die Erhebung 
auf ihren Heerd zu beschränken, nur die beiden Distrikte 
von Bahus und Oslo wurden davon ergriffen. Der befestigte 
BiKcliofesitz zu Oslo wurde freilich von Ämund erobert und 
besetzt, ein weiteres Vordringen aber ihm unmöglich gemacht. 
I>ie natlirhchen Verhältnisse Norwegens kamen dem Reichs- 
rath zu Hülfe, die fruchtbaren südlichen Theile des 1 
liandelten für sich , ohne Verbindung mit ihren nördlichen^l 
Stammesbrüdern, welche ohne Theilnahme der Bewegung zu-l 
schauten. Bis Tunsberg war Amund mit seiner Schaar ge-1 
langt, als er sich nach kurzer Verhandlung mit den könig' 
liehen Hauptleuten bewegen liess, einen WaSenstillstaadJ 
einzugehen und den Weg der gütlichen Verhandlung zu be-3 
treten. Auf einem Tage zu Oslo sollten der Reichsrath undj 
fünf vQm Könige dazu ausersehene Richter Recht sprechei 
und die Beschwerden abstellen. Die dänischen Vögte da^ 
gegen erhielten, mit Ausnahme von zweien, eine ■vierwöchent- 
liche Frist zur Entfernung aus ilem Reiche. Noch vor Schlua 
des Jahres legte Amund die Waffen vollständig nieder, ge-l 
lobte dem Könige unverbrüchliche Treue und gab das Er-fl 
oberte heraus. Die eigentlichen Friedensbedingungen wurdenS 
ei^st Erich zur Begutachtung unterbreitet und darauf 
24 Bauern, Bevollmächtigten der Lagmannschaft zu Oslo^fl 
am 18. Februar 1437 beurkundet. Sie geloben, künftig nifl^ 
ohne Zustimmung und Zuthun des Reichsraths einen Haupte 

') Damit hängt ein Gesnch an das Concü (von Basel) zusammen, den 
Bischof (Thorlak von Wiborg), einen Norweger, und den Bischof (Jena 
von Oslo), einen Dänen, ihre Sitze mit einander tauschen zu lassen, d& 
sie ala Ausländer ihren beiderseitigen Diöcesanen nicht hehlten. Dipl. 
Norv. 7, 406 undatirt, die Namen nicht auegefüllt; die Ergänzungen 
men von den Herausgebern her. 



tam-^H 



I 



— 53 — 

mann zu wählen, Erich stets als König anzuerlcennen und 
erhalten vom Reichsrath im Namen des Königs vollstitndige 
Verzeihung mit dem Versprechen, Reclit und Gesetz in Zu- 
kunft streng zu beobachten. Gemeinsam wollen Reichsratli 
und Volk den König um die Ernennung eines Drosten an- 
gehen und um Belassung des königlichen Siegels in Norwegen 
bitten. Kein Ausländer wird fortan zum Vogt in Norwegen 
ernannt, die Leistung der von den bisherigen Vögten erpress- 
ten und eingeforderten schweren Schätzungen wird erlas- 
sen. Amund, den Hauptmann, vergisst das dankbare Volk 
nicht, der Reichsrath verheisst, ihm vom Könige die Beleh- 
Bung mit den Faröerinseln zu erwirken ')■ Ein kurzes Nach- 
spiel war die Erhebung Halvard Grautops, welche gleichfalls 
den Südosten des Reichs zum Schauplatz hatte. Auch dies- 
mal galt es Oslo, doch wurde der Aufstand rasch unterdiUckt 
und hatte keine weiteren Folgen. Die Haupttheilnehmer er- 
baten und erhielten Verzeihung, einige Private, deren Güter 
verwüstet waren, darunter auch ein dänischer Hauptmann, 
wurden zufriedengestellt '). Die Gähmng dauerte freilich 
noch einige Jahre fort, aber Erich lenkte rechtzeitig ein, 
stellte einige Steuern ab^) und zeigte überhaupt eine Nach- 
giebigkeit, die sonst selten begegnet. Diese versöhnliche Po- 
litik, welche zum guten Theil auf Rechnung des Erzbischof 
Aslak von Drontheim zu schreiben ist, hatte für ihn die 
günstigsten Folgen, trotzdem er in den sehnlichsten Wunseh 
des Volkes, in die Ernennung eines Drosten, zu welchem Amt 
der Reichsrath drei aus seiner Mitte zur Auswahl voi'schlug, 
ei'st einwilligte, nachdem seine Thronentsetzung in Dänemark 
bereits vollzogen war und Schweden abermals und endgültig 
ihn abgesetzt hatte *). Norwegen vergalt ihm die Gewährung 
der Bitten mit unerschütterlicher Treue, gehorsam seinem 

') Eb war gleichzeitig eine Entfernung vom Scliaui)latz seiner Wirk- 
Bnmkeit Die Akten über den Aufstand Amunds in Dipl. Norv. S, 544, 
548; 3, 525—534; 6, 492. 

•) Dipl. Norv. 5, 535 ff. 

•) Dipl. Norv. 5, 543, 549. 

') 1439 Sept S, Jahn 5Ul. 



I 



— 54 — 

langt es mit Schweden Krieg an, erst an 
Stelle, widerwillig und zögemd, unter dem Druck der Ver- 
hältnisse stimmt es seiner Entsetzung und der Naehfolge-I 
Christophs zu. 

Anscheinend ruhiger waren die Verhältnisse in Dänemark.; 
Erich hatte eine ausgesprochene Vorliebe für das Land, ver-' 
legte hierher seinen stehenden Aufenthalt, so dass der dänische 
Reichsrath seinen Einfluss auf die Verwaltung und den Gang 
der Politik nach allen Itichtungen hin stets gelten<l machen 
konnte. Dänemark wurde in noch höherem Grade als bereits, 
unter Margaretha zum Mittelpunkt aller drei Reiche, deren.] 
öffentliches politisches Leben hier allein zum Ausdruck kam. 
Der lange schleswig-hansische Krieg konnte die Ausschliessung 
der andern beiden Reiche von der Theilnahme an der Re- 
■ gierung nur befördern, versagte ihnen jedenfalls die Möglich- 
keit des Anspmchs hierauf. In Dänemark erregte die in 
Aussicht gestellte Ruckerwerhung eines lang entfremdeten 
Landstrichs freudige Hoffnungen, welche den einzelnen die 
schweren Lasten des Kampfes leichter ertragen Hessen. Die^ 
lange Dauer und sein unglücklicher A'erlauf ktlhlte allerdin^' 
die Stimmung bedeutend ah, man begann den möglichen Ge- 
winn und die thatsächliclien Verluste gegeneinander abzu- 
wägen, sah auch wohl ein, dass die Herzöge mit ihrer For- 
derung nicht im Unrecht waren, konnte aber nicht zurück- 
bleiben, so lange die andern beiden Reiche, willig oder un- 
willig, dem Könige Gehorsam leisteten und ihm ihre Kräfte 
zur Verfügung stellten. Auch war das Verhältniss Erichs zu 
Geistlichkeit und Adel erträglich. Die Domkapitel besehwer- 
ten sich freilich auch hier über die Eingriffe des Königs 
in ihr Wahlrecht und über seine Taktik bei Sedisvakan- 
zen von den zu Erwählenden besondere Zugeständnisse zu 
erzwingen, folgten aber nichtsdestoweniger willig den Winken 
des Heri'schers, ohne ernstere Einwände zu erheben. So ent- 
zog er 1416 nach dem Tode des Bischof Peter von Roi 
skild Kopenhagen abermals dem Stifte, verweigerte aui 
jede Entschädigung. Der Nachfolger Johannes liess sich dl 
für seine Stimme von Christoph durch die Abtretung dei 



r 



» 



I 



Stadt Stege auf Moen abkaufen'). Ernste Verwicklungen 
■wie in Sdiweden konnten hier vermieden werden. Die Edel- 
leute wurden überall bevorzugt, erhielten die einträglichsten 
Stellen in allen drei Reichen und hatten durchaus keine Nei- 
gung, diese Zustände abzuändern. Nur die Einführung der 
pommerschen Vetter ins Reich, ihre Ausstattung mit den 
namhaftesten Schlössern, die Begünstigungen, welche ihren 
Lehnsleuten zu Theil wurden , gaben Ursache zur Unzufrie- 
(lenheit. Da sie während des Krieges mannhaft mitfochten 
und ihres Lebens und Gutes nicht schonten ^) , sah man an- 
fänglich darüber hinweg und protestirte erst, als Erich mit 
Plane hervortrat, seinem Vaterbruderssohn, Herzog Bogis- 
law, die Nachfolge in den Reichen zu sichern. Die Ehe 
Erichs mit Philippa war kinderlos und in der kalmarischen 
Union von 1397 für diesen Fall nur die Bestimmung getroffen, 
dass die drei Reiche alsdann einen König zu wählen hätten, 
den sie für den am meisten Geeigneten hielten. Weder war 
vorgesehen, wer das Wahlrecht ausüben, noch wer die Wahl 
leiten, noch wo und wann sie stattfinden sollte "). Es war 
daher gewissermassen Pflicht Erichs wie seiner Räthe, Mass- 
regeln zu trefi'en, welche einer Verwirmng und Erschütterung 
nach seinem Tode vorbeugten. In Norwegen war bereits 
1388 bei Erichs Wahl die Thronfolge dahin festgesetzt wor- 



! 



') quia .ilias in eiectionem hi^nsmodi consentire nollet. Vgl. die Urk. 
1 1496 März 16 über den Ansprucli des Bischofs auf EopeDhagen, 
■ BanBke Magaz. 4. R., 2, 65 £f. üebrigens hatte liereita IS.'iO Waldemar IV 
sich Kopeoh^en abtreten lassen, doch protestirten die Bischöfe bei jedem 
neuen Könige von neuem dagegen. B. Peter musa nach der angefÜirten 
TJrk. sich in den Besitz der Stadt gesetzt haben. Kopenhagen verdankt 
, Erich Bein Stadtrecht von 1422. 

•) Herzog Barnim wtirde verwandet, vgl. die Vertheidigungsachrift 
f .Erias, Huitfeld 813 § 5. 

1 oc koningen bamlos frafalle , thet Gudh forbyudbe , at 

tha rikeaens radhgevere oc men en annen weliae oc takae, then thom'Gudh 

gif vor tU nadhe, thei the etler therae bestae samwit oc the wethae für 

gudh raetist oc akellixt oc riken nyttesC waerae met eu raet sanidreclit 

^^alle thry^e rikenae, oc at engin sich heremot_setter eller annet i dragher, 

^LAarBberetn. f. d. geheimarch. 2, 28. 



— 56 — 

den , dass nach dem kinderlosen Tode des Herrschers sein * 
Vatersbruder die Eegierung übernehmen sollte ^) , somit war 
hier in Herzog Eogislaw bereits ein rechtmässiger Erbe vor- 
handen und nichts war nattlrlicher , als dass Erich ihn auch 
in den beiden andern Reichen in Vorschlag brachte, im In- 
teresse der Union und ihres Fortbestandes musste er es thim. 
Dieses geschah , wie Erich selbst versichert *) , zu einer Z^j 
als Christoph von Baiem, der Sohn seiner Schwester, nochrJ 
nicht geboren war, nähere Ansprüche also als die Bogislaws^ 
nicht bestanden. Als die Rüthe schon am Anfang dem Plane 
sich abgeneigt zeigten, Hess Erich sich zu den unvorsichtig- 
sten Schritten verleiten, welche den Widerwillen gegen Bo- 
pslaw und die Pommern überhaupt immer weiter verbreiteo 
mussten. Bevor er 1420 in den Krieg zog, um Fehmern 2U 
plündern, bestellte er Philippa zur Regentin, traf Anordnungen 
ftlr ihr Leibgeding auf seineu Todesfall, und glaubte seine! 
Absicht bereits soweit gefördert zu haben, dass er in dera 
darüber aufgenommenen und von mehreren Reichsräthen | 
untersietfelten Urkunde von der Nachfolge Bogislaws oder 
eines andern Verwandten väterlicher Seits als so gut wie 
feststellend sprechen konnte ^). In Norwegen Hess er sich 
mit Fug und Recht von den neuei-nannten oder belehnten 
Bischöfen und königlichen Amtsleuten das Versprechen leisten, 
nach seinem Tode das Lehn nur an Philippa oder Herzog 
Bogislaw von Pommern auszuantworten*) , in Dänemark und 
Schweden widersprach dem das Wahlrecht beider Reiche. Er 
sann auf Ersatz und lührte nach seiner Rückkehr vom Kaiser 
Sigismund, auf Grund eines von diesem ihm ertheilten Privi- 
legs, den Briefadel ein und nahm den neu Ernannten den 
Treueid für Bogislaw ab-''). Natürlich erregte dies mehr a 




>) Vgl. die Urk. bei Huitfeld 577. 

') oc dette yaor lenge tilfonie for de eller vi viste nogct at sige omM 
ir Bysterson Christoffer, ad hand voat food, VerCbeidigiisgssulirift Ericha] 
2, Huitfeld 812. 

=) Huitfeld 679. 

I) So z. B. von Bischof Thomas U32, Dipl. Norv. 2, 498, 

') Danke Magaz. 1, 99; 2, 35; Jahn 508, Ss. rer. Suec. 2, 1, 136 p>l 



» 



— 57 — 

BeÄerarfen. Als vollends Christoph 1434 nach Dänemark 
kam und während der wordingborger Verhandlungen mit den 
Hansestädten zu den Reichsräthen in Beziehung trat, erschien 
er dem Onkel bald gefährlich genug, dass er ihn des Landes 
verwies mit dem Bedeuten, ohne sein Wissen und Wollen 
nicht zuillckzukehren '). Der Reichsrath durfte sich aber 
durch diesen nicht undeutlichen Fingerzeig um so weniger 
belehren lassen , da der gleich darauf in Kopenhagen ein- 
treffende schwedische Absagebrief ihm otfeobai'te, wie man in 
Schweden über die Nachfolge des Pommern dachte. Die 
Proklamation Bogislaws zum Thronerben , welche Erich jetzt 
dem Reichsrath ansann, wäre in Schweden gleichbedeutend 
mit einer Absage Dänemarks aufgefasst worden. Ueberhaupt 
hatte die schwedische Erhebung wie in Norwegen so auch 
in Dänemark für Erich die bedenklichsten Folgen, Für viele 
war das gegebene Beispiel ein Sporn, die Unzufriedenheit 
laut zu äussern ; die Uebelstände selbst wurden fühlbarer und 
stachen, seitdem die allgemeine Aufmerksamkeit auf sie ge- 
lenkt war, um so mehr in die Augen. Der dänische Reichs- 
rath befand sich in einer peinlichen Lage. Gegenstand der 
schwedischen Beschwerden waren zumeist Dänen und Deutsche, 
Verwandte und Freunde , welche niclit nur ihrer Aemter, 
sondern auch ihrer liegenden Habe beraubt wurden, die 
barsche Absage zerriss die Union und untergrub die herr- 
schende Stellung der dänischen Grossen gegenüber den schwe- 
dischen, gab man Jetzt den König preis, so war alles in Frage 
gestellt. Denn auch im eigenen Lande wurde die Gährung 
dei' Massen gefährlich, schon regten sich die Bauern in See- 
land, um wie in Schweden über die Vögte, so hier über die 
Herren zu stürzen. Sonach war besonders Schweden gegen- 
L Über die grösste Vorsicht geboten, man durfte sich der Ein- 
R sieht nicht verschliessen , dass seine Fordeiiingen zu einem 
H guten Theil wohl begründet waren und musste zunächst Zeit 
B zu gewinnen suchen, um nach Ordnung der eigenen Ange- 

■ Hai 



'j Erich behauptete, Christopli hätte es ihm sogar eidlich versprochen, 
Hnitfeld 816. 



L 



legenheiten dem droliendeu Auseinaniieil'ail der drei Reiche ■ 
entgegentreten zu können. Als Erich im entscheidenden 
Augenblick seine Mitwirkung versagt und auf seinen An- 
si)rüchen und Forderungen beharrt, führt er selbst ein oft 
gesehenes Schauspiel herbei. Die beiden höchsten Stände 
des Gesamratreichs , vertreten durch den schwedischen und , 
dänischen Beichsrath, schliessen über den König hinweg ihren 
Frieden und lassen dem Herrscher nur die Wahl, das Geschehene 
auzuerkennen und sich darein zu sclucken oder den Thron zu 
räumen. Es stellt sich heraus, dass der König nicht mehr^ 
zugleich Trilger und Inliaber der wirklichen Macht ist, son^^ 
dern die geschlossene oligarchische Aristokratie, welchel 
ihrem eigenen Interesse und dem Wohle des Reichs auch den 
König opfert. 

Es war nicht nur Selbstsucht, welche die Reicl 
riithe hierzu bewog. Erich verstand es meisterhaft, ebei 
gewonnene Freunde fallen zu lassen und neue Verwick-l 
lungen zu schaffen. Im Frieden zu Wordingborg 1435 wurdeuS 
den HansesUldten alle Privilegien restitutrt und die von Erich 
im Kriege eingeführte Erhöbung des Sundzolls aufgehoben, 
Rostock dagegen, welches seit 1430 ausser aUer Verbindung 
mit den Städten war, sollte aller Verkehr in den drei Rei- 
chen untersagt werden. Auf dem kalmarer Tage erhielten 
die städtischen Rathssendeboten von beiden Parteien die 
bündigsten Versprechungen wegen des Sundzolls, von dem 
alle Hansestädte befreit sein sollten, so dass sie die preussi- 
schen und livländischen Städte, welche die Beschränkung der 
Freiheit auf die wendischen Städte befürchteten, beruhigen 
zu können glaubten ^). Als aber dann eine starke preussiscJie 
Hotte im Vertrauen hierauf den Sund passiren wollte, er- 
zwang der könighche Vogt, Peter Oxe, ein Günstling Erichs, ,J 

') Die stjldtischen Rathssendebotea an Lübeck und Daiuig I43ti Aug. 1 j 
(beide in Danzig, der erste auch in Re»al). Man mar dahin überein- 
gekommen dat ejn JGzlik Bcliipher, de ute den steden ia, de in nnseme 
priiilegio begrepen sint, siner stat wapen acliter uttisteke iippe dem castele 

eyner Stangen efte gletjen, wanne be vor Orekrok henne seglield unde ~ 
legele darmede vir Eines weges. 




— 59 — 

die Leistung des Zolls. Es war ein neuer Schachzug des 
Königs, um die Städte zu veruneinigen, und fast wollte er 
ihm gelingen. Gleichzeitig gewährte er Rostock allen Schutz, 
den es verlangte, und knüpfte nähere Verbindungen mit 
Holland an, dessen Streitigkeiten mit den wendischen Städten 
und dem Herzöge von Schleswig eben einen ernsteren Cha- 
rakter erhielten i). So kam es dahin , dass kurz nach dem 
kalmarer Tage auch in den Städten eine gereizte Stimmung 
gegen Erich Platz griff und die vielen ihm unzweifelhaft ge- 
neigten Elemente in eine bedenkliche Lage geriethen. Da 
der Friede zwischen der Hanse und England zu Anfang 1437 
den Städten vollkommen freie Hand gab, der Verbindung 
Eriqjis mit Holland entgegenzutreten, so entgalten sie, ge- 
zwungen in die Politik der nordischen Reiche kräftiger ein- 
zugreifen, Erich die versteckten Angriffe in vollem Masse. 



^) £s handelte sich um gegenseitig zugefugte Schäden während des 
dänisch-hansischen Krieges. Nach vielfachen Verhandlungen kam 1485 
zu Brügge ein Stillstand auf ein Jahr zu Stande, welcher zweimal ver- 
längert 1437 zum Tage in Deventer führte, auf welchem beide Parteien 
in grösster Zwietracht von einander schieden. Die Fehde brach gleich 
darauf aus. 




Wir vevliessen Erich auf Gothland , wo er in der von 
ihm 1411 erbauten Feste Wisborg*) eineu anscheioend un- 
thätigen Winter verbrachte. Allenthalben und bis an ^ea 
kaiserlichen Hof verbreitete sich das Gerücht, er sei abge- 
setzt und von den Unterthaneo aus dem Reiche vertrieben. 
Um das Schicksal seines ihm persönlich nahestehenden Vet- 
ters besorgt, gieng Sigismund, wie er zu thun pflegte, dea^ 
Hochmeister von Preussen um Nachrichten an: eie lauteten 
wenig erfreulich"). Beim Eintritt (les Frühlings, kurz nach 
Ostern, traf Erich unvermuthet in Danzig ein, beschied seine 
8ämmtlii:hen pomraerschen Vettern herbei und verweilte fast. 
Tolle drei Monate in Preussen, allen Wiixen zum Trotz, unter 
denen seine Reiche seufzten^). Der Hochmeister erfüllte die 
Pflichten eines liebenswürdigen Wirthes, war aber wie über 
die plötzliche Ankunft so über den langen Aufenthalt 
Königs im Lande nicht wenig erstaunt, und machte dai-aus 

') Sie beherrBchte Wiaby und damit die Insel; der Vogt Tnid Ease^ 
welcher den Bau ausflilirte, starb 1437, vgl. Langobelt Ss. rer. Dan. 1, 
265 (Ann. min. Wisb.J. 

^) HM, an Sigismund 1487 Aug. 7. Der HochmeiBter erklärt, er 
gern schon lange geantwortet, auf Bitten Ericha habe er es 
müssen (Königsberg). Vgl. Voigt, Gesch. Preussens 7, 694 ff. 

") Der Fortsetzer d. Detmar (Grautoff 2, 76) urtheilt über den 
Aufenthalt Erichs in Preussen in drastischer Kürze: he beydede inFmsQD 
nnde in Pomeren to euer tyd unde wolde vorheiden unde seen, wat de 
ende werde van deme regemente, dat sjne guden lüde hegnnt hadden is 
den ryken; he vormodede sik, dat dar twydracht af komen scholde, alBQ 
id geschach. 



I 



I 



— 61 — 

Itein Hehl, als Etich alle gescbäftlicheD Angelegenheiten, 
ihm vorgetragen wurden, seinen Reichsräthen zuwies und 
endlich nur die Begleitung des danziger KomtLurs und einiger 
Mannschaft nach Dänemark sich aushat, welche ihm die Verhand- 
lungen mit seinen Unterthanen erleichtem sollte. Den preussi- 
schen Städten gegenüber , die ihm die Sundzollfi'age auf 
Grund des Berichts der städtischen Rathaaendeboten von dem 
kalmarer Tage vorlegten, lehnte er unwillig die Verbindlich- 
keit jener Aussagen ab, behauptete nur den vier wendischen 
Städten Zollfreiheit zugestanden zu haben und beharile auf 
seinem königlichen Wort, welches durch seine persönliche 
Gegenwart in Kalmar gestützt werde, im übrigen könne er 
ohne den dänischen Reichsrath an dem Bestehenden nichts 
ändern. Lübeck, von Danzig um Auskunft ersucht, wider- 
sprach lebhaft, erklärte ausdrücklich, dass der König allen 
Hansestädten die Zollfreiheit zugesagt habe, allerdings mit 
dem Hinzufügen, dass ihm von dem Hochmeister die Zoll- 
erhebung von den preussisch-liviändischen Städten vor Jahi-ea 
gewährt worden sei. Dem Hochmeister freilieh war diese 
Sache neu ')• Knch bestand aber um so fester auf seiner 
Behauptung, da nach seiner Auffassung die vier Städte ihm 
eben einen Schimpf angethau hatten und er die Eiregung 
Danzigs in der Zollfrage zur Trübung des seit dem Hanse- 
tage von 1434 unter den Städten wiederhergestellten guten 
Einvernehmens benutzen wollte, um Lübeck und seine näheren 
Genossinnen abermals zu vereinzeln. 

Am 24. März hatte ein schwedischer Herrentag zu Stren- 
gnäs beschlossen, zum 24. Juni den König und den dänischen 
Efiichsrath nach Kalmar zu laden, um die Beschlüsse des 
letzten kalmarer Tages zu vollfiiliren und das in Süderköping 
begonnene Werk zu beenden *). Auch Karl Kuuteson liatte 



') Danzig an den Hochmeister Juni 15, an Lübeck Juni 16, auszüglich 
bei Hirscii, Danzige Handelsgesch. 137, Antwort Lübecks Juli 5 (Danzig), 
HirBch hat den letzten Brief übersehen und kennt den tansischen Bericht 
über die Verhandlungen zu Ealmar nicht, daher ist Beine DarBteUtmg 



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^^ ungenau- 

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') Karlschron. v. 4404 ff. 



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— 62 — 

scheinbar freiwillig dem Beschlüsse zugffitimmt, obgleich die 
Spitze, wie er sah, gegen ihn selbst gerichtet war. Auf Nor- 
wegen nahm mau keine Rücksicht, da hier der Reichsrath 
den Aufstand Aniunds eben bereits bewältigt hatte, und nacl 
einer friedfertigen Auseinandersetzung nut Erich, : 
Vorgehen gegen ihn keinen Änlass sah, Erich beantwortete] 
die Ladung unverzüglich mit der eben geschilderten Uebei^ 
fahrt nach Danzig, wo er den bestimmten Zeitpunkt verstrei- 
chen hess, ohne irgend eine Erklärung nach Schweden ge- 
langen zu lassen. Der dälnische Reichsrath , dem die FahrÜ 
des Königs nach Preussen unbekannt war, sagte uragehen<tf^ 
sein Erscheinen auf dem Tage zu in der Hoffnung, dort dieS 
allseitig unbefriedigende Lage der Dinge auszugleichen. Kaum 
war er aber von Schweden aus über das Verfahren Erichs 
unterrichtet, so forderte er ihn zur Rückkehr nach Dänemai'k 
auf und entsandte gleichzeitig zwei angesehene Männer aus 
seiner Mitte, Erich Kmmmedik und Esge Brok, nach Lübeck, 
um auch die Städte um Veimittlung anzugehen und sie zum 
Einschreiten zu bewegen. Sie wilhgten ein und ermahnten 
ihrerseits den König, die ßegierung zu übernehmen, da aus. 
seiner Abwesenheit sowohl ihm selbst wie dem Reichsrath 
nur übles erwachse und dieser die Nachrede nicht dulden 
könne, dass der König um seiner ünbotmässigkeit willen aus 
dem Lande gezogen sei '). Eiicli fuhr auf beim Empfang des-^ 
Schreibens, betrachtete die Malmung als persönliche Beleidi-^ 
gung und verklagte die Städte beim Hochmeister, so dass s 
sich genötliigt sahen auseinanderzusetzen, dass sie nicht uii-3 
berufen, sondern nur auf Ansuchen der Dänen in der Sach^ 
mitgewirkt hätten*). Das Schreiben hatte den Erfolg, dass 
nun auch der Hochmeister ernstlicher in Eneh drang 
den auf die Dauer doch lästigen Gast, dem die Städte i 
Lande Doppelzüngigkeit vorwarfen, zur Willfährigkeit gegenri 



L 



'] Lübeck, Hamburg, LUnebui^ und Wismar au Erich 1437 Mai 2 
(Danzig). 

') Lübeck an Danzig Juli 5 (Danzig), widerlegt zugleich die ] 
hauptuDgen Erichs wegen des SundzoIIa, s. oben. 



— Ö3 — 

Über dem Reiehsrath bewog"). Erich entschloss sich zur 
Rückkehr, kündigte nach Schweden seine Ankunft in Kalmar 
zum 8. September an und schiffte sich im Anfang Juli nach 
Gothland ein, um hier die vom Hochmeister ihm zugesagte 
Begleitung, bestehend aus einem Ordensgebietiger und einigen 
Schiffen, abzuwarten*). Als sie eintraf, begab er sich nach 
Dänemark, wohin ihm, ohne Zweifel nach Verabredung, seine 
säramtlichen pommerschen Vettern folgten. Der dänische 
Reiehsrath hatte unterdessen auf die ersten Nachrichten aus 
Preussen über die Wirkung der an Erich gerichteten Sehrei- 
hen, sieh der Hoffnung auf das Erscheinen des Königs in 
Schweden hingegeben und bereits eine Gesandtschaft nach 
Kalmar abgefertigt. Unweit des Bestimmungsortes wurde sie 
durch die Botschaft überrascht, dass Erich seine Absicht ge- 
ändert, erst im September nach Schweden kommen wolle und 
zunächst nach Dänemark zu gehen beabsichtige. Sie musste 
unverrichteter Sache heimkehren, da auch von schwedischer 
Seite in Kalmar niemand sich eingefunden hatte. 

Karl Knutsson triumphirte. Bis zum September konnte 
Erich seine Absichten und Pläne noch vielfach veriindem und 
vor allem war Zeit gewonnen. Auf jenem Tage zu Strengnäs 
hatte er sich vom Drosten Stockholm gegen Nyköping ein- 
getauscht und damit die Haupstadt in seine Hand bekommen^), 



< 



') Am 2. Juni, bevor das iQbische Schreiben au Erich dem Hochiaeister 
bekanst geworden Bein konnte, meldete er u. a. ziemlich missmuthig dem 
Herzoge von Burgund, dass Erich seit fUnf Wochen in Prenssen weile, 
und !alB wir ona vorsehen, so wirt her noch etczliche tzeit alhie bleyben, 
wie er sich mit seinen Unlerthanen anseinandersetzen werde, sei ^nzlich 
ungewisa (Königsberg). 

") Von Gothland aus sandte er am 15. Juli Dankschreiben au den 
Hochmeister, die Eomthure (Königsberg), Danzig und die Bilrger&auen in 
Dauzig. Letztere weisen in der Antwort vom 2. Aug. seinen Dank iilr 
die gute Aufaiahme [zurück, verheissen tur daa nächste Mal eine bessere 
und wünschen ihm zum Schluss, etwas zu wohlmeinend, so vele gluks 



I 



und wünschen ihm zum Schluss, etwas zu wohlmeinend, so vele glukselige h 

mennicfi duaent jare, alse wy alle mittenauder hebben hare. Danzig sandte H 

seinen Rathmann Bertold Buramer nach Dänemark, um die SundzoU&^e H 

zu er]edigen,{Juli ül (Dauzig). H 

I') Es war gewissennassen der Preis tUr seine Zustimmung zu den ^M 

BescÜUssen des Tages, Earlschron. v. 4518 CF. H 



Dehutsam aber sicher schritt er jetzt vorwärts. Die ( 

pai-tei, welche an Erich vergeblich eine Stufte suchte, da er 
durch nichtsthun am besten zum Ziele zu gelangen hoffte, 
gieng darauf aus, den Marschall iu den Augen des Volke zu J 
verdächtigen. Die alten Regungen unter den Bauern ina 
Dalekarlien und den angränzenden Gebieten wurden geschickt! 
benutzt, um sie, die von dem Gedanken der völligen Äbgaben- 
freiheit und Selbsthen-lichkeit ^) erfüllt waren, gegen die voa 
Karl eingesetzten Beamten aufzustaclieln. In kurzem stand 
Dalekarlien und Wermland gegen ihn in Waffen, einzelne 
Vögte fielen dem Volkahass zum Opfer, Während des ganzen 
Sommers und bis zum Beginn des neuen Jahres war dieser 
dergestalt gefesselt und unvermögend seinen Gegnern, deren 
geheimes Wirken ihm nicht verborgen blieb, direkt entgegen- 
zutreten. Doch ebensowenig konnten der Drost und seine 
Anhänger ihre Absichten vollständig verwirklichen. Da die 
prenssische Begleitung erst im August zu Erich stiess und er 
auf dem Zuge nach Dänemark bestand, so kam der von ihm 
nach Kalmar angesetzte Tag abermals nicht zu Stande. Die 
dort bereits versammelten schwedischen Räthe sahen sich in 
ihren Hoffnungen getäuscht, benutzten aber die Abwesenheit 
Karls, um die Äussendung einer Gesandtschaft nach Dänemark 
an den König zu beschüessen, deren Zusammensetzung keinen 
Zweifel an der Absicht aufkommen lässt. Sie sollte aus dem 
Erzbischof von Upsala, dem Bischof Magnus von Abo, dem 
Drosten und Johann Kröpelin bestehen. Karl eilte herbei, 
kam jedoch zu spät, bevor er die Stadt erreichen konnte,, 
wurde ihm der Beschluss mitgetheüt, er musste sich fügena 
Erich selbst half ihm iodess aus der verwickelten Lage. 
Hess die Gesandtschaft in Lund, wohin sie sich zunftchst b«^ 
geben, ohne Antwort so lange warten, bis der Erzhischof i; 
der Brost missmuthig umkehrten*). Die beiden ander 



>) alla loönder mente egna herre wara, KarlBchron, v. 4546. ' 

») Jahn 175 folgt hier Huitfeld 801 und Olaus Petri (+ 1543), Fant 

Ss, r. Suec. I, 2, 284, im WiderGpruch mit deo gleichzeitigen Quellen. 

Er behauptet, in Lund hätten die dänischen Räthe den schwedischen bereits 

den fertigen Plan, Christoph zu wählen und Erich z 



Lirfi ^^ 



— 65 - 

'lidraogen zwar zum Könige vor, allein ungeachtet aller Mühe 
Termocliteu auch sie den Zweck ihrer Sendung nur so weit 
zu erreichen, dass Erich in einen allgemeinen Reichstag 
nach Kalmar im Juli des folgenden Jahres willigte. Als sie 
mit diesem Bescheide zurückgekehrt einem nach Ärboga ein- 
berufenen Herrentage Bericht erstatteten, gab Karl getrost 
auch seine Zustimmung zur Besendung des Reichstages von 
schwedischer Seite, da ihm nun die Gegner die Beihült'e zur 
Unterdrückung des Bürgerkrieges nicht mehr verweigern 
konnten, ohne sich selbst zu gefährden. Sie versuchten frei- 
lich, den Aufstand der Bauem aus einer rein persönlichen 
Abneigung gegen Karl und seine Beamten zu erklären und 
verwarfen den von ihm entwickelten Kriegsplan, mussten aber 
dennoch den Drost beauftragen , mit den Bauern zu unter- 
handeln. Damit war das Schicksal des Aufstandes bestimmt. 
Trotz aller Schlangen Windungen und Sehachzüge des Drosten, 
der die Verhandlungen bis in den März des folgenden Jahres 
verzögerte, wurden zunächst die Dalekarlier zur Niederlegung 
der WaiFen gebracht , und die Wermländer , nachdem der 
Marschall vergebhch den Drost um Hülfe ersucht hatte, von 
dem tüchtigen Unterbefehlshaber Karls, Arvid Svan, in blu- 
tigem Treffen besiegt, die beiden Hauptauführer der Bauern 
auf dem Scheiterhaufen verbrannt und die ganze Bewegung 
Tollständig niedergeschlagen. Keinen Augenblick zögerte er 
jetzt, die Gegner ihr Verhalten hüssen zu lassen. Auf einem 
sofort berufenen Landtage zu Arboga erschien er Bieggekrönt 
■quA im Vollbesitz der Macht, beschwerte sich über die Lasten 
seines Amtes und erklarte, es zu Gunsten eines zu erwählenden 
Beiehshauptmanns niederlegen zu wollen. So bitter es vor- 
ilici dem Drosten ward, er und sein Anhang hatten sich 
selbst zu Falle gebracht, Karl wurde zum Reichshauptmann 
erwählt , bis Schweden einen König haben werde '). Für 

und damit seien die Boten nach Schweden zurück gekehrt. Er hätte sich 
ichon aus Lagerbriug 4, 169 belehren lassen können, der, obgleich ihm 
väie Nachricht gaiu gut passen würde, doch aufrichtig genug ist, an ihrer 
Wahrheit zu zweifeln. 

') Naty Bchliesst die Karlschron., welche über das hier mitgetheilte 

a. Kopp, Zur GescLichte, 5 



I 

I 



J 



Karl war dies ein doppelter Sieg. Der Drost war zuriickgedi&igt 
und Erich gegenüber kehrte man damit auch ohne öffentliche 
Absage auf den vor dem kalmarer Tage von 1436 eingenom- 
menen Standpunkt zurück. 

Wenige Wochen später, unter dem Einfiuss dieser Vor-- 
gänge in Schweden, erlitt das Königthum Erichs in Dänemark 
den letzten entscheidenden Stoss. Im Herbst 1437 war Erich 
endhch nach Dänemark zurückgekehrt^). Sein einziger Zweck 
war, die Wahl Bogislaws zum Nachfolger durchzusetzen und 
jenem dann die Lösung aller Verwicklungen zu über1a£s«i. 
Er hofi'te durch Unterhandlungen mit den einzelnen Reichs- 
räthen eher zum Ziele zu gelangen und liess darüber den 
ganzen Winter verstreichen, ohne einen Schritt vorwärts zu 
Itommen. Der danziger Rathmann, der den König von Goth- 
land nach Dänemark begleitet hatte, um in der Sundzoll- 
angelegenheit einen günstigen Bescheid zu erlangen, wollte 
fast verzweifeln. Regelmässig verwies Erich ihn 
Reichsrath, den er nie vollziihlig berief. Endlich ward ein 
Reichstag auf den 20. April ausgeschrieben, obgleich Erich 
den Widerstand, den man seinem Plane entgegensetzte, bereits 
empfand und nur durch die Vermittlung der Herzöge von 
Barth und Wolgast soweit eine Einigung erzielt war, daas 
den drei pommerschen Herzögen je ein ansehnliches Schloss 
zugetheilt war'). Als aber Erich, ohne Rücksicht auf diese 



1 



V. 4556 — 5016 bericbtet, ihre BeBcbreibung dieses Tages mit den Worten; 
jact v&nter droztin gladdea ey mästa tha the marsken swa stadhfäste. 
Vgl. Styffe 2, CIX Anm. 2. 

1) Am 20. Sept, urk. er £u Olstnip auf Seeland, Reg. Dan. 3602, am j 
24. u. 25. Not. in 'WordingborE, Jahn 175 n. Stjfle 2, CX, 2, beide nach J 
Archivalien in Kopenhagen. Die Urk. vom 34, gewälirte Greifewald die 1 
Freiheit vom SimdzoU. | 

*) Bertold Buramer au Danzig, 1438 Apr. 18, berichtet über aeine Ver- 
handlungen wegen des SundzolU, muss auf den Eeichsrath warten, ein 
Theil ist beim Köuige gewesen, doch nicht alle unde hebben enen nigen 
dach beghrepen, de nue wesen sal eu Bundaghe (Apr. 20) to Werdinghe- 
borch, dar alle de ut Jutlande unde ut Dennemarken bi em komen iinde ^^ 
L solen dar endreghen umme den van Pomem, den wolde sine gnade gheme .^^M 

^B to koniche na em hebben, dar heß he mit sinem rade to unwUlen umme ^^M 



I 

I 



— 67 — 

ÄbmachimgeD und die aus Schweden eingelaufenen Berichte 
über den Tag zu Arboga, von dem versammelten Reichstage 
die unverzügiiehe Vornahme der Wahl Bogislaws verlangte, 
band sich auch der Reichsrath, unter Führung des Erzbischofs 
von Lund, nicht mehr an die Zusagen, bezeichnete nicht nur 
die Aufstellung eines Throncandidaten durch den König als, 
Eingriff in das fi'eie Wahlrecht, sondern drang sogar auf die 
gänzliche Entfernung aller deutschen Fürsten und Herren aus 
dem Reiche. Erich war gezwungen nachzugeben, er liess die 
Wahl fallen und forderte jetzt die Ernennung des Herzogs 
zum Reicliahauptmann '), sowie Sicherheit für die übrigen Lehns- 
träger, allein auch hiennit drang er nicht mehr durch. Der 
Reichstag wollte den offenen Bruch noch verhüten, bestätigte 
deshalb Bogislaw zwei Schlösser und gewährte ihm sogar den 
Zutritt zu allen Burgen und Städten Dänemarks, bestand 
aber zugleich nachdi'üeklichst auf der Entfernung sämmüicher 
andern Pommei-n und setzte ihnen einen Termin von zwei 
Monaten zur Rüehgabe der Lehen, welche sofort in dänische 
Hände übergehen sollten'). Erich verschloss sich vollständig 
der Einsicht, dass eine Proklamation Bogislaws in diesem 
Augenblicke ebenso wie 1434 den gänzlichen Abfall Schwedens 
von der Union herbeigeführt und dort die Ausruiung Karls 
zum Könige zur Folge gehabt hiitte. Er fiel in den alten 
Fehler seiner Politik zurück, soviel wie möglich Zwietracht 
zu säen, um in zuwartender Stellung aus dem Hader für sich 
Nutzen zu ziehen. Unwillig entliess er den Reichstag, be- 
achtete dessen Beschlüsse über die Lehen der Pommern in 
keiner Weise, übertrug Bogislaw zu dem bisherigen noch drei 



I 



I 



wezen, also heliben de heren yan Wolghast unde van Bart ene wuntliten 
vorlikeat myt Einem rade unde se hebbcu malk en gliut Bciot unde liebben 
orioff. 

') hofvitzmand, nicht Mitregent. 

») Man IQUS3 hierbei im Auge behalten, dass eine grosse Anzahl 
dilniflcher Edelleiite nach der Vertreibung aus ihren Aemtem in Schweden 
nach Dänemark zurückkehrte und hier durch eine Schweden nachgeahmte 
Entfernung aUer Nichteingebomen aus dem Lande sich schadlos zu halten 
Buchte. 



l 



weitere Schlösser auf Flllinen, welche di^e Insel voDstSndig 
in dessen Hände gaben, berief das seeländer Landsthing und 
stellte ihm den Herzog als Herrn vor, gewährte den Bauern 
dafüi" Freiheiten und reizte sie hierdurch gegen ihre HenenJ 
auf. Auf der anderen Seite versicherte er sich der Treaefl 
seiner letzten Anhänger, vor allem des Vogtes von Hel8ingör,1 
Peter Oxe, und ertheilte ihnen Instructionen', die den vom 
Reichsrath gefassten Beschlüssen direkt zuwiderliefen. Um 
die Verwirrung noch zu steigeni, hatte er dem Reiehsrathe 
scheinbar aufrichtig beigestimmt, den kalmarer Tag zu be- 
senden, versah auch einige Räthe mit schriftlichen Aufträgen. 
Uach ihrem Abzug gieng er in der That zu Schiffe, fuhr aber 
an Kalmar vorbei und nach Gothlaud zurück, indem er ohne 
Wissen des Keichsraths den gesaramten Eeichsschatz und die 
von den Königen im Laufe der Zeit aufgesammelten Kleinodien 
mit sich fortführte^). 

Als die dänischen Gesandten , an ihrer Spitze der Erz- 
bisehof von Lund und Erich Krummedik, in Kalmar eintrafen, 
fanden sie die Schweden in ansehnlicher Zahl bereits vor.J 
Auch Kar! lüiutsson hatte sich eingefunden neben dem Drosteu,! 
dfösen hervorragendster Parteigenosse, Erzbischof Olaf voqJ 
Upsala, auf dem Wege dahin, durch Mandelmilch vergiftet,! 
verschied^). Beide Theile scheinen zu Anfang auf das ErrT 
scheinen Erichs mit Bestimmtheit gerechnet und erst nachj 
erlangter Gewissheit, dass Erich nach Gothland gesegelt, sieh 1 
verständigt zu haben. Die Dänen entledigten sich zunächst 1 
der ihnen von Erich zu Theil gewordenen Aufgabe uiid'J 

') Ueber die Vorpnge auf und nach dem Heichstage bis zur Abreiaej 
Erichs unterrichten vorzüglich die [AnlilageschriA dea Beichsrathe .ftOV 
Ericli, die Eiuladeschrift an Christopli und die Vertheidigung ErichB,J| 
EuiÜeld 805 ff. 

*J Juni 25. Diar. Wadaten. 154; Brich Olai 144 drückt Bioh sehr top- J 
eichtigaus: archiepiscopua — obütNjcopiaeintoxicatusinlacteamygdalaruiü, F 
eibi a quodam principante iu regno feria sexta pro feroulo pretioao trana-f 
mJBso. Lagerbring 4, 177 will den Verdacht des Mordes, unter gtozlicIiÄB 
Terkennung der Parteiverhältnisse, die er überhaupt nicht beachtet, ■ 
Karl ab und auf den Drosten lenken, Jahn 177 weist der Sachlage ent-J 
sprechender auf Earl hin. 



— G9 — 

reichten seine Forderungen an Schweden schrittlich ein. Sie 
zielten im wesentlichen auf Herausgabe der seit dem Aufstande 
zurückbehaltenen königlichen Einkünfte und Belassung der 
von ihm ernannten Vögte in ihren Aemtem und Lehen und 
■wurden von den Schweden einzeln und mit stetem Hinweis 
auf den zu Kalmar 1436 geschlossenen Vertrag beantwortet. 
Er hätte alle Punkte bereits erledigt, an ihm hielten sie noch 
fest, wolle Erich desgleichen tliun, so wären sie erbötig, ihn 
als König anzuerkennen, war der Sehluss ihrer Eeplik. Nur 
Bogislaw dürfe er ihnen nicht aufdrangen wollen, nimmer 
könnten sie es dulden, dass er die Lehnsleute in Schweden 
dem Herzoge schwören Messe, wie es in Dänemark und Nor- 
wegen geschehen sei. Die Entgegnung war weniger auf den 
König als auf die Dünen berechnet, welche peinlich berührt 
werden mussten, als die Schweden im Eingange ihrer Er- 
widerung erklärten, dass sie keineswegs berechtigt wären, im 
Auftrage und Namen Erichs zu handeln, da ei- sie nicht iiir 
seine, sondern für Gesandte des Eeichsraths ausgegeben habe, 
und ihnen gleichzeitig den Brief des Herrschers vorlegten, in 
welchem er den Dünen die Eigenschaft als königliche Ge- 
sandte absprach'). Wenn Erich mit diesem Verfahren ledig- 
lich der Möglichkeit, dass ihm von den beiden Reichsrilthen 
Verhaltungsbefehie vorgeschrieben würden, vorbeugen wollte, 
so war seine Absicht erreicht. Seiner wurde nicht mehr ge- 
dacht. Hatte er aber die Abgesandten heider Reiche zu 
entzweien gehofft, so befand er sich im Irrthum über die in 
den Reichen herrschende öffentliche Meinung, welche seine 
Unfähigkeit ,'zum Thron einstimmig verkündete. Im Schosse 
des dänischen Reichsraths muss die mögliche Berufung 
Christophs von Baiem, des nächsten Anverwandten des alt- 
heimischen HeiTscherhauses, vielfach erwogen worden sein. 



I 



') DipL Norv. 5,478—480. Die schwedische Eeplik beginnt; om the 
aerenden Bom ^i oas oppa war nadughe herra konungene vegna i scriffvet 
haven lata forata, aom tians nade idher scuUe hafiva om uthsendh, tha 
&mom wy thet ekke i hans nadliea breff, tket Lan liaffver idher uthaendh, 
men hiui scriffver at rikesens radh afT Danmarke haffver idher utaendh, 
BODi i her maghin see ivti hans nadhes brefF ose therom tilscrifiS'et. 



eite ■ 
ler- B 
den J 

lion 
mit 
ein 



— 70 — 

zunäclist in der Absicht, ilm Erich als Mitregent an die Seite 
zu stellen und dadurch Bogislaw zu verdrängen. Mit Sicier- 
lieit ist anzunehmen, dass der Reichstag zu Wordingborg c 
Plan hatte reifen lassen — ob auch entstehen, muss dahin- j 
gestellt bleiben — die Folgen traten jetzt zu Tage. 

Die Dänen liesseo Erich l'alieo und traten mit eineot 
Vorschlage hervor, welcher auf eine Abänderung der Union' 
von 1397 hinauslief und von Karl und seinen Anhängern mit 
Freuden aufgenommen werden musste. Ihm wird auch ein 
bedeutender Einfluss auf die Abfassung des Aktenstückes 
welches über das Ergebniss der Verhandlungen berichtet, ZU'^ 
zuschreiben sein. 

Der kalraarer Vertrag vom 9. Juli 1438, bisher stets als ~ 
die Erneuerang der Union bezeichnet, hebt diese vielmehr auf. 
Zwar wird im Eingange die Anerkennung Erichs als König 
ausgesprochen, die Bestimmung, dass zwischen den Reichen 
ein ewiger Bund, Friede und Eintracht herrschen solle, aus 
der Union von 1397 herübergenommen, am Schluss jedoch 
eine Bestimmung hinzugefügt, welche alle vorhergehenden in 
Frage stellt. Ihre gewundene Fassung entspricht dem Wider- 
streit der Meinungen, die gerade an diesem Punkte am hef- 
tigsten aufeinander gestossen waren und auch femer sicW 
begegnen sollten. Da Norwegen nicht vertreten sei'), heiSfl 
es, und die Schweden keine Vollmachten haben, so sei es ' 
der Hand unmöglich, über den Fortbestand der Vorschri 
der Union von 1397, dass die drei Reiche auf immer untei 
einem gemeinsamen Könige stehen sollten, endgültig zu b^ 
ächliessen. Wolle aber ein Reich einen König wählen, 
mlisse es seine Absicht vor der Wahl den beiden ander^ 
Reichen kund thun und mit diesen Über den Vorzug eine^ 
oder mehrerer Herrscher zu Rathe gehen; unter allen Um- 
ständen, wie die Entscheidung auch ausfiele, soll der alte 
Bund der drei Reiche jedenfalls fortbestehen^. Entkleid^^ 






^) ok engin äff Norghe 
met them aSSoiges righe, 
ma vel imdersta. 

") Aarsberetn. f, d. k. geheimarcliiv 2, 



: 033, ok er thet ey bwo leye^ 
meth 0S3 um the Stücke som ni 




— 71 — 

inaii die Bestimmungen aller UmschreiVjung , so ergiebt sich 
als KeiTi, dass jedem Reich das Recht nach bestem Ermessen 
für sich zu handeln zuiiiUt und auf die Personalunion keine 
Rückeicht mehr genommen wird. Nur im Hinblick auf Nor- 
wegen und auf die Unmöglichkeit, sofort an Ort und Stelle 
die Königswahlen voi-zunehmen , wurde die Anerkennung 
Erichs ausgesprochen, seine Entsetzung war nur noch eine 
Trage der Zeit. 

Am raschesten drängten sich die Ereignisse in Schweden. 
Koch von Kalmar aus beeilte man sich, jeder Gefahr von 
aussen her die Spitze abzubrechen, indem man den Hoch- 
meister von Preussen von dem geschehenen unterrichtete mit 
der Bitte, keinen falschen Gerüchten zu trauen, mau wolle 

■ Erich immer noch als König anerkennen, sobald er sich dem 
Palmarer Vertrage von 1436 füge ^j. Die Besorgniss war 
grundlos, der Zwiespalt im Orden, das Zerwürfniss zwischen 
dem Lande und den HeiTcn benahmen dem Meister alle 
Macht und setzten ihn ausser Stand, Erich nach wie vor 
■wirksam zu unterstützen. Einem Handelsverbote hätten die 
Städte sich kaum gefügt und seit dem Tode Sigismunds war 
auch jeder unmittelbare Trieb, dem Könige beizustehen, für 
den Orden weggefallen. Im Reiche selbst suchte Karl die 

jüngsten kalmarer Beschlüsse sogleich zu verwertlien. Er 
l>erief einen Herrentag nach Teige, dem auch der neuerwählte 
Erzbischof Nikolaus von Upsala beiwohnte, und setzte es 
durch, dass an Erich die Ladung ergieng, binnen zwölf Wochen 
am Wahlorte der Könige beim Morastein zu TJpsala zu er- 

ischeinen, um sich auf alle gegen ihn erhobenen Anschuldi- 
gungen zu verantworten. Doch auch der Drost säumte nicht 

'und suchte sich in einem Bunde fast des gesammten schwe- 
dischen Adels, welcher die Theilnehmer zur Aufrechthaltung 
aller schwedischen Rechte und Freiheiten sowie zum gegen- 
seitigen Beistande in allen Eigenthumsfragen verpflichtete, 

'•ein Gegengewicht gegen Karis Uebermaclit zu vei-schaffen ^). 

•) StyEfe 2, 231. 

*} Hadorph 126, untersiegelt von 7 Bischöfeii und 94 weltlichen Herren, 



— 72 — 

"Während Karl hierauf mit fast königlicher Pracht seine zweite J 
Hochzeit in Stockholm feierte, benutzte der Drost den um- | 
stand, dass Karl ihm in Teige seinen Schreiber mit dem 1 
Siegel zurückgelassen hatte, um in den äusseren Bezieliungen 1 
des Reichs gegenüber den Hansestädten und Ditnemark die J 
erforderlichen Schreiben erlassen zu können, um ihn blo9- 1 
zustellen, sich selbst mit Gütern zu bereichern und den Ver- 
such zu machen, Karl durch eine Vei-schwörung mit einem d 
Schlage zu stürzen. Er Hess sich von zwölf Reichsräthen einl 
Dokument ausstellen, durch welches ihm die gesaminte Re- I 
gieruug des Reiches übertragen und Karl ihm unterstellt- 1 
wurde, und warb um weitere Unterschiiften '). Die Bischöfe- 1 
fielen ihm zu, doch misslang der Anschlag durch das rechte- 1 
zeitige Einschreiten des Betroffenen. Ein schleunigst ein— J 
berufener Herrentag erklärte die Urkunde für ungültig, wählte'J 
Karl zum Reichs Vorsteher — es ist das erste Mal, dass dieses-'J 
die Befugnisse des Drosten und des Marschalls in einer Hand 1 
vereinigende Amt geschaffen wird — und beraubte damit -^ 
den Drosten aller seiner MacJit'}. Dieser wurde gezwungen, 
seine Burgen dem Gegner zu öffnen, einige Leben zurück- 
zugeben und seinem Amte zu entsagen. Karl musste sich 
mit diesem, wenn auch bedeutenden, so doch nur halben Siege 
begnügen. Die neue in Dänemark eingetretene Wendung 
der Dinge fieng schon an, sich in Schweden bemerkbar zu 
machen und hatte hier eine Umgestaltung der ParteiverbiUt- 
nisse zur Folge, die nicht nur eine weitere Ausbeutung des 
Sieges unmöglich machte, sondern Karl auch Anhänger ent>:o^,. 



darunter auch Karl, Jen man UDmüglich übergehen kooiite, Tgl. Kiirlä- 
chron, y. 5093 ff. 

') Das Dokument ist leider nicht erhalten, sonst müBste es die Frage 
enlBcheiden , von welcher Seite zuerst die Errichtung der Reichsvorstand- 
Bchaft angeregt worden ist. Yermuthiiuh vom Drosten, der dem lieiehs- 
hauptmann den in seinen Befugnissen unumechränkteren lieioiiB Tora (eher 
entgegensetzen wollte. Die Unionspartei griff den Gedanken auf und be- 
kleidete Karl mit der Würde, um sich vor seinem Königthum zu bewahren. 

') Oct. 1438. Die erste Urk., in welcher der Titel vorkommt, datirt 
vom 17. Oct-, vgl, Styffe 2, CXn. 



Fa 

i 



— 73 — 

ie bisher theils aus Dankbarkeit, theils aus Abneigung gegen 
Irich zu ihm gehalten hatten. 

Bald nach der Abreise Erichs nach Gothland war iit 
lanemark ein Bauernaufstand ausgebrochen, welcher be- 
inders in Jütland rasch in gefahrdrohender Weise um sich 
Der Grund zur Unzufriedenheit der dänischen Bauern 
'ar derselbe wie in den andern Reichen, jedoch richtete sich 
!er der Volkshass nicht gegen die königlichen Vögte, sondern 
■en die Geistlichkeit und den Adel, welche in der Unter- 
drückung der Bauernfreiheit mehr geleistet hatten, als ihre 
Amtsbrüder und Standesgeiiossen in Schweden und Norwegen. 
Falsche Gerüchte über die reformatorischen Absichten des 
»asler Concils hatten im Landvolke den Glauben erweckt, 
es von den Abgaben an die Geistlichkeit befreit werde, 
iermit yerraischten sich Klagen über den übermässigen Steuer- 
druck, den die adligen Herren verhängten. Erich soll hierauf 
die Gemeinden schriftlich zur Ruhe ermahnt haben, seine Gegner 
behaupteten , er habe sie noch mehr aufgestachelt , brachten 
damit sein Verhalten auf dem seeläoder Landsthing in Ver- 
bindung und gaben ihrem Verdacht offenen Ausdruck'). Am 
schlimmsten gieng es in Jutland her. Ein grosser Theil der 
südlichen Gemeinden huldigten dem Herzog Adolf von 
Schleswig, dem sieh jetzt die im wordingborger Frieden vor- 
enthaltenen nördhchen Gebietstheile Schleswigs freiwillig er- 
gaben. Aber auch die Bauein anderer Landschaften riefen 
ihn herbei, wandten sich mit ihren Klagen über die Unbillig- 
keit ihrer Hei"ren an ihn und nöthigten diese, auch ihrerseits 
den Herzog um Vermittlung anzugehen. Adolf gi'iff in diese 
Wiixen ein nur so weit es nicht zu umgehen war, stellte die 
Rulie in einigen Theilen des Landes her, wurde aber trotzdem 
Lyom Verdachte Eroberungspläne zu hegen betrofl'en. Die 
lere Noth und die scheinbare Gefahr von aussen zwangen 
idlich den Reichsrath zum Handeln. Am 28. October trat 
in Korsöer zusammen und unterzeichnete im Nameu der 



') In der Anklageschrift gegen Erich, Huitfeld 807 f., Erich weist diese 
VSeschuldigung wie jede andere zuiiick, a. a. O. S. 814 § T. 



J 



— 74 — 

Käthe aus allen drei Keichen ') eine Einladung an Herzog 
Christoph von Baiem, das verwaiste Kelch zu übernehmen. 
Zur Begillndung ihrer Aufforderung schilderten sie in starken 
Zügen die Missregiemng Erichs und sein eigensinniges Be- 
haiTen auf der Nachfolge Bogislaws, während Christoph wegOT. 
seiner Verwandtschaft mit den Königshäusern aller drei Reiche 
doch am besten im Stande sei, an die Stelle König Erichs za 
treten. Die ungerechte Bevorzugung der Pommeni, die eigen- 
mächtige Entfernung des Königs aus dem Reiche, der Aufetand 
der Bauern und die damit verbundene Gefahr nöthigten sie 
ihn herbeizurufen. Sollte Erich zurückkommen, so werde das 
Reich wohl vermögen den Herzog in der gegenwärtigen Stellung 
Bogislaws zu halten. Leiste er dem Ruf nicht Folge, so 
müssten sie bei der kritischen Lage, in welcher sich das 
Reich befiinde, einen andern König wählen, dann aber habe 
€r den Verlust der Krone sich selbst zuzuschreiben. Ein 
Verzeichniss aller von Erich begangenen Fehler und Missgiiffe 
war dem Briefe beigeschlossen, damit Christoph sich über die 
Regierungsweise seines Oheims unterrichten und das Ver- 
fahren des Reichsraths richtig beurtheilen könne. Zwei Tage 
später entsandten sie den Bisehof Thorlak von Wiborg, der 
die Einladung an Christoph nicht mit unterzeichnet hatte *), 
an Erich, um ihn noch eiumal zur Rückkehr zu belegen. 
Der Versuch misslang, der Bischof erwirkte nur Briefe an 
die aufrührerischen Baueni, welclie sie zur Ruhe ermahnten 
und an den Bischof als Bevollmächtigten Erichs verwiesen'). 
Christoph folgte dem Ruf ohne Zögern. Die Botschaft 
konnte erst wenige Tage ihren Auftrag ausgerichtet haben, 
als er bereits dem schwedischen Reichsrathe, ohne der däni- 
schen Einladung zu gedenken, seine Bereitwilligkeit ankündigte, 
ihm gegen Erich Hülfe zu leisten. Sollte Erich in der That 
auf seinem Willen bestehen , Schweden dem Herzogthmn 
Pommern einzuverleiben und wolle man deshalb in Schweden 



i 



') BieB erregte besonders in Schweden böses Blnt, vgl. Eridi Olai li 
') Auch Erich Kmramedilra Name fehlt unter dem AMenatück, 
^0 Hnitfeld 805 ff. 




— 75 - 

.eineii neuen König witlilen, so fühle er sieli verpflicfitet , sicli 
rzum Beschützer und Herrn anzubieten, da alle Uebelthaten 
■Erichs gegen seine Unterthanen dem Hasse gegen die Schwester 
■entsprossen seien und dieser Hass auf den Neffen übertragen 
■"Werde. Freihch habe er auf Schweden keinen erb rechtlichen 
■Anspruch wie auf Norwegen, doch entstamme er gleichfalls 
dem schwedischen königlichen Geschlechte \md zweifele nicht, 
i er gemüss der Bestimmung der Union von 1397 in Däne- 
.tnark und Norwegen werde anerkannt werden, sobald er in 
jSchweden gewühlt sei •). 

Das Schreiben traf in Schweden ein, als die Streitigkeiten 
«wischen dem ehemaligen Drosten und Karl in vollem Gange 
iWaren. Es hatte mittelbar den Ausbruch des Bürgerkrieges 
,»ur Folge. Die bisher ziemlich geeint Karl gegenüberstehende 
Paiiei wurde gespalten, der Brost und einige wenige Grossen, 
. welche von Erich nicht lassen wollten , zerfielen mit den 
imeisten Gesinnungsgenossen, die sich dem neuen, Befreiung 
von Erich und Karl zugleich verheissenden, Sterne zuwandten, 
>Kicht weniger als der Drost verlor Karl. Ein gi'osser, wenn 
illicht der grösste Theil seiner Anhänger aus dem Adel ergriff 
toit Begierde den Ausweg, sieh von den beiden liebeln, Karl 
.und Erich, zugleich zu befreien, und schloss sich unverhohlen 
tier rasch sich heranbildenden Unionspartei, wie man sie wohl 
fbezeichnen kann, an. Die Führung übernahm der kürzlich 
■«rwählte Erzbischof Nikolaus von Upsala'), worauf die ganze 
J-Geistlichkeit die gleiche Schwenkung vollzog. Die Veränderung 
^offenbai'te sich vollständig erst in den Verhandlungen mit 
(Christoph, doch gebührt den Getreuen Erichs das Verdienst, 
■durch ihr Vorgehen den engeren Aneinanderschluss der neuen 
Parteigenossen beschleunigt zu haben. Der Drost und seine 
jSefährten erkannten die Gefahr, die ihnen aus der Bewerbung 
Christophs um den Thron erwuchs und suchten ihr vor- 



I) Neumarkt 15. Sov. 1438, Dipl. Norv. 5, 481. Das Schreiben aus 
Korsöer datirt vom 28. Oct., offenbar ist es veranlasst vom daniscten 
Keichsrath, welelier erkannte, dass in Schweden Gefahr in Verzug aei. 

') Vgl. Erich Olai 148. 



I 



- 7Ö — 

mit Waffengewalt untemahineQ sie Erich zurück- 
zuführen, so lange Karl noch auf sich allein angewiesen und 
Ton Christoph nichts zu befürchten war. Auch Karl war 
keineswegs gesonnen, die einmal errungenen Vortheile ohne 
"Widerstand aufeugeben, wurde aber an entscheidenden Mass- 
nahmen durch die Anhänger Erichs gehindert, bis Christoph 
durch Wort und Schrift seinen Eiufluss soweit gekräftigt hatte, 
dass Karl nach der Niederweilung des einen Gegnei-s sich 
einem zweiten und überlegeneren gegenüber sah, der die 
Früchte seines Thuns einerntete und ihn beseitigte. 

Der Drost hatte nach seinem verunglückten Versuch f 
die Eeichsvorstandschaft sich mit Erich in Verbindung gese 
und die gegen Karl herrschende Abneigung einiger Grossenj 
welche bei den Lehnsvertheilungen übergangen waren'), 1 
nutzt, um sie zu sich hinüberzuziehen. Zu ihnen gehört 
vornehmlich der Schwager Karls, Nils und dessen Bruder I 
Stenason sowie Magnus Green. Gleichsam als Einleitunj 
wurde ein Aufstand in Dalekarlien in Scene gesetzt in dal 
Hoffnung auf eine weitere Ausdehnung. Mit der Verweigerung 
von Abgabenzahlungen wurde der Anfang gemacht. Als Karl 
die Erhebung schnell und erfolgreich niederschlug, gerieth 
man ins Schwanken, allein die Leiter waren zu sehi- blos- 
gestellt und ein Rückzug unmöglich. Nils Stensaon hatte in 
Ostergothland losgeschlagen ohne den Erfolg in Dalekarlien 
abzuwarten, und verkündete die Absicht, Erich die Krone 
zurückzuerobei-n , bevor die zahlreichen Gegner Karls, für 
welche Erich seit dem Auftreten Christophs nicht mehr io 
Frage kam, hätten Stellung nehmen können. Jetzt brachen 
sie alle Verbindungen mit ihrem alten Führer dem Drost und 
seinem Anhang ab und gaben dem Reichsvorsteher freie Hand, 
gegen sie einzuschreiten. Der Erzbischof und Bischof Thomas 
von Strengnäs liessen sogar Karl Warnungen zugehen und 
beschränkten sich im übrigen auf eine fruchtlose Ermahnung.^ 
an den Drost, vom Bürgerkriege abzustehen. Der Drost be* 
antwortete nun die Aufforderung mit einem offenen Fehde- 



') Tgl. die getilgten Verse der Earlscliron. 5317, 1—23 (S, 350). 



— 77 - 

'"briefe, den er im Namen Enclis und seiner Genossen Karl 
übersandte. Er hoffte durch die persönliche Fassung desselben 
zu wirken, hatte aber die eigene Macht überschätzt und mit 
Xarl falsch gerechnet. In der Wahl seiner Mittel nie ver- 
nahm dieser auch jetzt zur List seine Zuflucht, über- 
rumpelte den Drost in seinem eigenen Schlosse und nahm ihn 
gefangen bevor er im Stande gewesen wäre, seinen Worten 
^ie That folgen za lassen. Er verlor seinen gesammten Besitz 
in Schweden und musste sich nach Wiborg in die äusserste 
-Ecke Finnlands begeben, welches ihm zum Unterhalt an- 
'gewiesen wurde. Sein Gefährte N'ils warf sich auf Stekeborg, 
eroberte es im ersten Anlauf, wurile aber bald daselbst ein- 
geschlossen und umlagert. Kalmar, welches sich gleichfalls 
für Erich erklart hatte, wurde genommen, und vor Ablauf 
Äweier Monate sahen sich die Häupter i), der erichschen 
.Partei, darunter auch Nils, gezwungen zum Konige nach 
<Jothland zu flüchten. Unter dem Einfluss dieser Schutz- und 
Hülfesuchenden ermannte sich Erich, wenn aucli nicht zu 
■pei'sönlichem Eingreifen doch zu dem Plane wenigstens, 
Schweden zurückzugewinnen. Durch einen von zwei Seiten 
amternommenen Angriff hoffte man die Kriegsmacht Karls zu 
zersplittern und zu sclilagen, liess aber die durch Erichs Re- 
gierung vornehmlich wachgerufene nationale Eifersucht der 
4rei Reiche auf einander ganz ausser Rechnung. Nach Nor- 
.iregen ergieng der Befehl in Schweden einzufallen und Nils 
Stensson gegen Karl zu unterstützen. An alle Herren, Städte 
und Gemeinden in Schweden dagegen wurde ein Rundschreiben 
erlasse«, durch welches Karl wegen seines Ungehorsams gegen 
^en König seines Amtes entsetzt und Nils zum Marschall er- 
Bannt wurde ^). Als die Norweger dem Geheiss Erichs in der 

') Ver gleich zu erwähnende Brief Erichs, Hadorph 128, zaMt ihre 
(amen auf nnd führt' hittcre Klage über die schlechte Behandlung, welche 
Sri ihren Frauen und Kindern, die Bie wegen der Gchnelleu Flucht 
mrücklasaea mussten, angedeihen liesG. 

s) iSäiz 19 1439, Hadoqih 128; das Diar, Wadsten. 165 Terzeichnet, 
i am 12. Apr. im Kloster lecie sunt litere domini regis Gotlilandie 
BtiBtenüs, quibus constituit Nicolaum Stenssoo marEchalcum regni, preci- 



J 



- 78 - 

That nachkamen und sich zum Einfall in Scliwedeo liisteten, 
kehrte Nils, von Erich mit Titel, -Mannschaft und Geld ver- 
sehen, nach Stekeboi-g zurück, um von diesem Stützpunlvte 
aus die Vereinigung mit ihnen anzustreben. Doch wurde es 
Kar! leicht angesichts dieser Handlungen Erichs auf einem 
nach Stockholm einberufenen Hen'entage seine Absetzung flir 
ungültig und Kils zum Landesverräther erklären zu lassen'), 
und ungesäumt trat er dem Geächteten entgegen, als er 
durch Ostergothland auf das von den Norwegern belagerte 
Elfsborg zueilte. Nils wurde abgeschnitten und gezwungen 
abermals nach Gothland zu flüchten. Die Norweger, welche 
sich wochenlang mit der Belagerung der Grenzfeste abmühten, 
glaubten unter diesen Umständen ihrer Pflicht genügt zu 
haben und schlössen mit dem zum Entsatz herannahenden 
Karl einen Wafilenstillstand , der von beiden Theilen still- 
schweigend auch nach Ablauf des Termins innegehalten wurde. 
Die Abwesenheit Karls im Felde benutzte die XJnions- 
partei, von der Ankunft Christophs in Lübeck untemchtet, 
zum ersten offenen Auftreten. Sie versammelte sich im An- 
fang Juni in Stockholm und beschloss kurz und bündig: er- 
kennt Erich den kalmarer Vertrag von 143G an, so bleibt 
ihm der königliche Titel und er erhält ein Jahrgeld, die Re- 
gierung übernimmt dann Christoph; will Erich zu Gunsten. 
des Neffen zurücktreten, so wird ihm eine Abstandssumme 
gezahlt, will er sich dagegen durchaus nicht fügen, so vrird 
sofort zur Wahl eines andern Königs geschritten. Um Karl 
durch diesen Beschluss nicht zu sehr zu verletzen, begleiteten 
sie ihn mit einer weitläufigen Ausführung, dass die Wahl eines 
eingebomen Königs zwar den grössten Vorzug verdiene, dass 
sie aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht thun- 
lich und für Schweden ein Grund des Unsegens sein würde. 



piens eisdem sibi in oranibua obedire ot adhaerere, fügt aber hinen, äaaa 
die Ueberbringer, unter Anflürung Erich Stenssons, das üeiligthi 
Klosters nicht achteten und es plünderten. 

') Rundschreiben vom 25. Apr. 1439, Hadorph 132. Hervoigehoben 
wird, dass NUa mit der entfalteten Danebrogfahne ins Land gefall» 
um die drei schwedischen Kronen za unterdrücken. 



I 



— 79 — 

Zwietracht im Innern und Krieg nicht nur mit Dänemark 
und Norwegen, sondern auch mit der Hanse und Preussen 
sei zu erwarten, da man gegen die Städte durch die Be- 
siegehingder kalmarer Union von 1436 gebunden sei, Preussen 
und der Kaiser aber sicher Christoph unterstützen würden. 
Auf die Richtigkeit dieser Erwägungen kommt es nicht an, der 
ganze Eecess war ein so deuthcher "Wink für Karl, wie er 
ihn sich nicht besser wünschen konnte. Hans Kröpelin, die 
I lauterste und uneigennützigste Erscheinung in all diesen 
"Wirren, hatte bereits den ganzen Winter über mit Karl 
wegen Erichs verhandelt und war auch auf diesem Tage für 
ihn eingetreten. Jetzt erhielt er von der Stockholmer Ver- 
sammlung den Auftrag, den ßecess Karl mitzutheilen und 
dann mit dessen Einwilligung nach Gothland zu segeln, schein- 
bar aus eigenem Antriebe und nicht als Gesandter, um Erich 
■■auszukundschaften ^). Karl war tief betroffen, rausste aber 
Vor der Hand auf allen Widerstand verzichten, da er durch 
die Belagerung der letzten Erich ergebenen Schlösser, vor 
.allem Stekeborgs, gefesselt war und die beiden Gegner sich 
jiicht über seinen Kopf hinweg einander nahem lassen durfte. 
Ungehindert konnte daher Kröpetin nach Gothland ziehen, 

EU den letzten Versuch einer gütlichen Vermittlung zu wagen. 
r fand in Nils Stensson einen eifrigen Widersacher, der in 
richtiger Erkenntniss der Fruchtlosigkeit eines nochmaligen 
^affengatges mit Karl , darauf drang, dass Erich in eigener 
Person nach Schweden gehe und durch direkte Verhand- 
lungen zu retten versuche, was noch zu retten sei- Der 
von Lübeck einlaufende Absagebrief der Dänen gab den Aus- 
schlag, im ersten Zorn entschloss sich Erich kurz und schiffte 
Öch nach Stekeborg ein *). Es war zu spät. Als er gleich 
nach seiner Ankunft einige Getreue an den nach Wadstena 
ßofort berufenen Reichstag entsandte, fanden seine Ver- 
sicherungen und Versprechen insgesanimt kein Gehör, die 
Absage Dänemarks war bereits bekannt geworden und damit 



') Kec«SB zu Stocliliolm, 5.— 11. Juni 1437, Dipl Norv. 5, 489. 
'0 Er traf hier am 25. Juli ein, Kar. Wadst 155. 



auch der XJnionspartei jede Rücksicht auf ihn benommen. 
Karl beschränkte Erich auf Stekeborg und engte ihn immer 
mehr ein, so dass er mit einem ihm durüh Kröpelin erwirkten 
Waffenstillstand zufrieden sein musste, der seinen Anhiüigeni 
mindestens nicht alles nahm und ihm nach kaum vierwöchent- 
]ichen Aufenthalt in Schweden den freien Rückzug nach Goth- 
land gestattete ^). Karl stellt« ihm eine Gesandtschaft des 
Reichstags in Aussicht, welche den endgültigen Bescheid auf 
seine Anerbietungen überbringen sollte, da er selbst auf eine 
persönliche Verhandlung mit Erich, trotz aller Bitten Kröpe- 
lins, sich nicht einlassen wollte. Hierdurch hatte er zugleich 
freie Hand gewonnen und Müsse, seinen Einfluss auf den 
Reichsrath durchaus geltend zu machen und der Candidatur 
Christophs entgegenzutreten. Er eilte nach Stockholm zurück 
und berief einen Reichstag nach Teige, um die Entscheidung 
herbeizuführen. Leicht kam der Beschluss zu Stande, Erich 
statt der Unterhändler einen in förmlichster "Weise abgefasten 
Absagebrief zu übersenden *), dagegen konnte in der heiklen 
"Wahlfrage keine der beiden noch übrigen Parteien durch- 
dringen. Von den Stockholmer Beschlüssen war keine Rede, 
ein Conipromies vertagte die Entscheidung. Unter dem Vor- 
wande, dass vor der vollständigen Befreiung des schwedischen 
Gebiets von allen Feinden die Königswahl nicht möglich sei, 
wurde Karl beauftragt, bis zu diesem Zeitpunkt als Reichs- 
vorsteher die Regierung fortzuführen und die Feinde zu ver<d 
treiben. Der Erzbischof, welcher die Wahl Christophs vor« 
schlug, wurde hiemit abgewiesen, gleichzeitig aber an di^ 
Spitze einer Gesandtschaft gestellt, welche zu der von dänischer 
Seite angeregten Versammlung von Vertretern aller drei Reichs- 
räthe nach Jonköping abgehen sollte. Die Vollmacht erwähnt 
der Königswahl mit keinem Worte und lässt sich nur im all- 
gemeinen dahin aus, dass die Boten in allen Fragen, welche 
die Wohlfahrt und den Frieden der drei Reiclie untereinandei 



'1 1489 Aug. 21, Hadorpli 1 
ä) Biar. Wadsten. 156. 



— 81 — 

berührten, zum AbscMuss befugt seien, unbeschadet jedoch 
aller Rechte und Freiheiten Schwedens ^). 

Von diesera Tage datirte Schweden sein lutenegnum, 
Crich hat es nicht wiedergesehen. 

In Dänemark waren inzwischen die Verhandlungen mit 
Christoph den Winter über weitergeführt und zu einem gliu- 
Btigen Abschluss gebracht worden, ohne dass etwas näheres 
aber sie verlautet. Peutlich tritt aber aus dem späteren 
Terlauf hervor, wie sehr das Verhaltiiiss zu den Hansestädten 
^d zu Schleswig hier eingreift und seinen Einfluss geltend 
imacht. Obgleich das formale Recht der Hanse, dass kein 
König in Dänemark ohne ihre Zustimmung gewühlt werden 
idttrfe, seit 1370 scheinbar ganz der Vergessenheit anheim- 
gefallen war, faktisch trat es jetzt von neuem hervor. Unter 
.den "Wirren in den Uiüonsreichen hatten die Städte kaum 
weniger zu leiden, als diese. Der nach jahrelangem Stockeu 
Beu auflebende Handel mit ihnen stiess auf Hindemisse und 
Beschränkungen, die um so fühlbarer wurden, je unerwarteter 
jEe eintraten. Die noch von Erich ernannten Vögte und Amts- 
leute, welche in den Küstenortschaften zahlreich vertreten 
waren, behandelten die hansischen Kaufleute nach wie vor 
wenn nicht als Feinde so doch als sehr unwillkommene Gäste, 
Ijelegten ihre Schiffe häufig mit Beschlag, um sie zu eigenem 
Nutzen zu verwenden, und belästigten sie duixh fortgesetzte 
kleine Unbilden, die mehr reizten als unmittelbaren Schaden 
Zufügten. Einer der eifrigsten unter ihnen, Peter Oxe, be- 
in Helsingör den Schlüssel zum Sunde und betrieb ein 
Erpressungssystem in grossem Massstahe, in welchem er sich 
lurch die blossen Vorstellungen der Städte oder dänischer 
Beichsräthe, wie des Erzbischofs von Lund, keineswegs be- 
irren Hess '). Vor allem aber wurden die offenen Feinde der 



•) 1489 Oct. 1, Hadorph 138. 

') Ein Beispiel möge geoügeii. Ein preussisclies Schiff wurde vor 
Belaingör auf den Strand getrieben und von Ose mit Begchlng belegt. 
Auf die Vorstellungen der Eigenthümer antwortete er, sie möchten ihm 
tarn Beichsrath, Hochmeister u. b. w. so vele brieffe bringen, als der bolk 

Kopp, Zor GesohioliL«. 15 



Hanse, die Holländer und Seeländer, gegen die Städte } 
schützt und gefördert, gewarnt, wenn ihnen Gefahr drohte, 
benachrichtigt, wenn ihrer eine Beute harrte. Durch die 
Gunst Oxea beherrschten sie den Sund und verschlossen den 
Städten die Fahrt nach dem Westen. Der dänische Reichs- 
rath wai- diesen Verhältnissen gegenüber, wie er selbst ein- 
gestand, machtlos, da ihn der Bauernaufstand verhindei"te, 
gegen die Anhänger Erichs einzuschreiten, diese aber durch 
Entschlossenheit und keckes Zugi'eifen ersetzten, was ihnen 
an Zahl und Mitteln abgieng. Sie trieben die Partei Christophs 
geradezu in die Arme der Hansestädte, wenn anders sie bei 
den Zuständen in Schweden, Norwegen und im eigenen Reiche 
auf der Wahl des neuen Königs bestehen wollte. Versagten 
die Städte ihre Mitwirkung, so fehlte dem Reichsrath jeder 
Rückhalt gegen Herzog Adolf und zunächst auch jedes Mittel, 
die Anerkennung Christophs selbst in Dänemark nöthigea. . 
Falls mit Waffengewalt durchzusetzen. Auf der andern Seite: j 
war das Interesse der Städte an der Herstellung der Ord-l 
nung in Dänemark nicht minder gross. Die Befriedigung ' 
ihres Verlangens nach dem Inkrafttreten aller Privilegien 
und die Entferaung der Holländer aus den östlichen Ge- 
wässern konnten sie von dem neuen mit ihrer Hülfe zum . 
Thi-on gelangten Könige erzwingen, von einem zurückkehren- 1 
den Erich nur mit Opfern erkaufen. Das beiderseitige Intei 
esse führte so rasch eine Annähemng der Betheiligten her-J 
bei, die ihren Ausdruck darin fand, dass Christoph bald nad 
Ostern 1439 in Lübeck eintraf und hier über das Schielföall 



ftiren mag, sie würden nichts erhalten, wente ich weis wol, wie ich mitf 
meyme hern koninge dorane bin. Die Kaufleute wandten sich ai 
Erzbischof von Lund, der sie zur Selbsthülfe aufforderte, er und diej 
Bäthe könnten nicht helfen, wären aber zur UnterBtütznng bereit, wente T 
der man wirt uns tzu mechtig mit dem gutte, das he euch nympt von jare 
tzu jare, wente her nympts dem eynen und gibls dem andern, ihm allein 
seien 40 Mann zu Oxe entlaufen; wollten die Kaufleute Gew^l Miwenden, 
P. Oxe wäre reich genug, allea ai bezaUen, auch wenn der Schaden 
100,000 Gulden betrage. Beschwerde vom 31. Mai 1439 panzig). 



" der drei Reiche entschieden wurde '). Eine stattliche Schaar 
dänischer Räthe, an ihrer Spitze der Erzbischof von Lund 
und die Bischöfe von Odensee, Ripen undBorglum, erwarteten 
den neuen Herren, die nahebelegenen Hansestädte entsandten 
Vertreter, während der schleswigsche Herzog in der Nähe der 
Entwicklung der Dinge folgte. Den abschliessenden öffent- 

IUchen Akten giengen Verhandlungen vorauf, welche über zwei 
^onate in Änspnich nahmen, ihren "Wirkungen sind wir oben 
bereits begegnet, der Recess der schwedischen Grossen vom 
Juni steht unter ihrem Einflnss. Wenige Wochen darauf, als 
$e Resultate des Stockholmer Tages in Lübeck bekannt 
wurden, sehtoss man ab. Am 24. Juni sagten die in Lübeck 
weilenden dänischen Räthe, 37 an der Zahl, Erich fömdich 
Treue und Gehorsam auf, indem sie ihre Handlungsweise genau 
begründeten'), und zwei Tage darauf unterzeichneten sie 
I einen Vertrag mit den Städten, weichet den Preis, um welchen 
) Christoph ihren Beistand liehen, feststellte'). Zufolge 
lÄer Erklärung der Reichsräthe, dem in Dänemark heiTschen- 
Käen Unwesen ohne Beistand der Städte nicht abhelfen zu 
Kikönnen, kommen beide Theile überein, einander nöthigen Falls 
diit Wehr und Waffen beizustehen, damit das herrenlose Reich 
I einem guten Regimente und die Städte zu sicherem Handels- 
I "betriebe gelangten, doch müsse der hülfsbedtirftige Theil den 
andern erst ausdrücklich um Hülfe angehen. Wird das Reich 
■von einem auswärtigen Fürsten angegrilfen, so sind die Städte 
vei-pfliehtet, dem Reiche bei der Abwehr beizuspringen, ebenso 

P """gekehrt, wenn gegen die Städte ein Angriff unternommen 
de. Dafür verbleiben die Städte im Genuss ihrer Pri- 
pen, welche ihnen noch besonders bestätigt werden sollen. 



) Vgl. Grautoff, Lüb. Chr. 2, 80. 

') Huitfeld 807 nicht ganz zuverlässige üebersetzujig ins Danische, 
nacb dem niederdeutschen Urtest in Danske IMagazin 3 R. ], 223—26. 
£zQi^lare der Absage wurden an die Eirchenüiären in Lübeck ange- 
scblagen. 

') Ürk. vom 26. Juni 1439 (Lüneburg). 



■ •■') Ürk. 



— 84 — 

wenn das Reich einen neuen König ') erliielte. Den Holländern 
■wird während ilirer Fehde mit den Städten jeder Verkehr in 
Dänemark untersagt, ebenso auch Rostock, wenn es sich nicht 
bis zum 10. Äug. mit semem vertriebenen Rathe ausgesöhnt 
habe. Der Sumizoll soll künftig nicht mehr erhoben und 
Peter Oxe gezwungen werden, alle aufgebrachten Gelder her- 
auszugeben, über den von anderen Vögten Erichs zu leisten- < 
den Ersatz an geschädigte Kaufleute wird eine spätere Ver-I 
einbarung vorbehalten. Gleichzeitig wurde ein noch weiter-' 
gehender Vertrag zwischen Herzog Christoph und den Städten 
abgeschlossen, in welchem diese sich verpflichteten, Erich ab- 
zusagen und Christoph im Fall der Noth mit Waffengewalt 
im Besitz des Thrones zu erhalten *), Herzog Adolf fand sich 
nun auch in Lübeck ein und erreichte durch seine Zustimmung 
zur Walil Christophs die vollständige Erledigung des Kampfes 
zwischen Holstein und Dänemark um Schleswig. Der Reichs- 
rath verbürgte sich dafür, dass der neue König ihn und seine 
Erben mit den Herzogthümern belehnen werde, sagte ihm die 
endgültige Uebergabe der nordschleswigschen Landschaften 
bis zum 15, Aug. zu und räumte ihm sogar bis zur Königs- 
wahl das Recht ein, die königlichen Bauern in Jütland gegen 
Vergewaltigung zu schützen ; einige Herren , die sich durch 
Bedrückung ihrer Untergebenen , besonders hervorgethan , 
mussten gelobenj, die Bauern hinfort nicht über das frühere 
Recht hinaus zu heschatzen. Sind die Landschaften bis zu 
dem Zeitpunkt einer neuen Königswahl ausgeliefert, so darf 
der Herzog sich in diese unaufgefordert nicht einmischen und 
nur auf Ansuchen den Dänen mit seinem Rathe zu Hülft 
kommen ^). 



r dieses Vertrages ~-r, 
Existenz und üih&lt 



') enen vulmechtigen konyDg. 

^) Bisher ist es mir nicht gelungen, ein Exempti 
in Fonn einer «thgesnedenen scrift — aulzufiniien. 
«■gehen sich aus einer Instruktion Lübecks fiir ' 
•welche im Apr. 1441 zu Christoph abgiengen, vgl. unten S. 93. 

ä) 1439 Jnli 2, Lübeck, Jahn 509. Im Texte 180 lässt Jahn ift, 
seinem Aerger die Chronologie ausser Acbt'und stellt den Sachverhalt 



1 



lachverhalt wi^^l 



— 85 — 

Mit diesen Verträgen war die Grundmauer des neuauf- 
zuführenden Gebäudes gesichert, es galt nun noch dasselbe 
unter Dach zu bringen, die Wahl Christophs auch in Schweden 
und Norwegen durchzusetzen. Das Königthum Erichs hatte 
seinen Abschluss gefunden. 



dar, als ob dieser Vertrag dem kalmarer Tage und den korsöer Be- 
schlüssen voiaufgegangen wäre, der Reichsrath mithin Landesverrath be- 
gangen hätte. 




Erst als an dem Verlust der KroBCn kein Zweifel möglicli 1 
war, gewann ihr Besitz für Erich einen Werth. Die Gewiss- -1 
heit trieb ihn aus der Unthätigkeit zu mehrfachen Versuchen J 
an, den noch unbesetzten Thron zurückzugewinnen. Fi-eilich ' 
raubte das Scheitern des Anachlaga auf Schweden, der unter 
dem frischen Eindruck der dänischen Äufeage unternommen 
war, ihm alle Neigung zu weiteren persönlichen Anstrengungen, 
um so mehr suchte er nun fremde Kräfte für sich ins Feld J 
zu führen. Er wurde dabei wesentlich beeinflusst von seinen 1 
pommerschen Vettern, welche, nach Ablauf der lllbecker Ver-i 
handlungen ihre Besitzungen in Dänemark alsbald räumen 
mussten und sich nach Gothland begaben. Unmittelbar dar- 
auf beginnt eine nachdrückliche Wirksamkeit von Erichs Seite. 

Am Tage nach seiner Ankunft in Stekeborg beantwortete 
Erich die Aufsage des dänischen Reichsraths in einer nicht 
ungeschickten Entgegnung, die an die Hansestädte und die 
einzelnen Landgebiete Dänemarks versandt wurde. Er konnte J 
sich von ihr recht wohl eine Wirkung versprechen, da er I 
noch über eine ansehnliche Schaar Getreuer gebot und auch .-^ 
mit den aufständischen Bauern durch den Bischof Thorlak von 
Wiborg in Verbindung stand. Sie war darum zunächst auf 
die Fassungsgabe des gemeinen Mannes berechnet und suchte 
die Schuld an dem Verderben des Reichs auf die Keichsräthe 
zurückzuwälzen, die ihre Pflicht nicht erfüllt und dem Könige 
die Missstände nicht rechtzeitig aufgedeckt hätten. Mit ihrer 
Einwilligung, so führte er aus, habe er die pommerschen.. 




i^ettern mit Lehen ausgestattet und zwar zu einer Zeit, als 

Christoph noch nicht geboren war; die Feindschaft seiner Ver- 
■wandten gegen das Reich sei ein Hirngespinst, wie das Ver- 
halten aller Pommem während des Krieges mit der Hanse 
«rwiesen habe. Er selbst habe stets das gemeine Wohl aller 
-drei Reiche im Auge gehabt, sei aber durch die Ungenüg- 
«ainkeit und das Ungestüm ') der Dänen, vor allem auf dem 
Stockholmer Tage (1434), an seiner Verwirklichung gehindert 
worden, sie treffe daher die Schuld, wenn die drei Reiche 
auseinander fielen. Ebenso wies er den Vorwurf, dass er den 
Reichsschatz mit sich genommen, als unwahr zurück und erbot 
sich, einer Kommission die Prüfung des Eigeuthunisreclits an 
den von ilini fortgeführten Kleinodien, welche grossen Theils 
AUS der Aussteuer Philippas heriUhrten , anheim zu geben. 
Die Anklagen in dem Aufsagebriefe seien daher unbegründet, 
•^ie Aufsage selbst unredlich, Christoph aber hahe durch die 
■Befolgung des an ihn ergangenen Rufes seinen dem Oheim 
geleisteten Schwur, ohne dessen Erlaubniss nicht nach Dänemark 
aurückzukommen, gebrochen. Dem entsprechend schliessen die 
'Schreiben theils mit der Ermahnimg an den Rath, Ihm Eid 
and Treue zu bewahren, theils mit der Aufibrderung an die 
iCemeinden, den Reichsrath eines besseren zu belehren und 
'CS nicht zu gestatten, dass der König auf so schmähliche Weise 
meines Thrones beraubt werde, da er die Aufkündigung des 
-Dienstes und Gehorsams nicht annehmen könne ^). Die Schrei- 
■ben verfehlten nicht, in den Gemeinden die gegen die Herren be- 
stehende Aufregung zu mehren, die Folgen aber traten für den 
Augenblick noch nicht zu Tage, zum Theil auch, weil der Reichs- 
Tath seinerseits nicht säumte, die Rechtfertigung seiner Hand- 
Qangsweise allgemein kund zu thun. Gleichzeitig knüpfte Erich 
oit den HoUilndera an, in deren Fehde mit den Hansestädten 



') Um ihrer unmilden ghyrighet willen, 
*) Huitfeld 809—817 druckt die Schreiben Erichs an den I 
B Gemeinden in Sclionen nnd Fühnen und an ChriGtoph in dänischer 
kicht fehlerfreier Üebersetzung ab; Aas auaführlicbste , an Fahnen ge- 
richtete, ist nach dem niederdeutschen Originale gedruckt in Danske Ma- 
il 3 B. 1, 226—237. 



sich ihm ein neuer Hoffiiungsschimmer zeigte. ünterstHtat 
von Peter Ose, beherrschten sie auch in diesem Jahre den 
Sund. Während in Lübeck Über die Verträge zwischen Däne- 
mark, den Städten und dem Herzoge von Schleswig verhan- 
delt wurde, gieng eine starke holländische Flotte bei Maar- 
strand vor Anker und Hess kein hansisches SchiÄ' unbehelligt 
vorüber segeln '-). Die Ädmirale, in Norwegen sicher geleitet, 
giengen Verbindungen mit Erich ein, welche zu einer gemein- 
samen Botschaft an den Herzog Philipp von Burgund führten. 
Erich entsandte den Grafen Alhrecht von Eberstein und Neu- 
gard und den Ritter Otto Snaff*). Sie sollten ein festes 
Bündniss zu Schutz und Trutz ahschliessen und bewirken, 
dass im folgenden Jahre eine wohlbemannte holländische Flotte 
Erich von Gothland nach Dänemark zurückführe. Hierfür 
wurden Handelsfreiheiten und Vortheile gegenüber den Han- 
seaten in Aussicht gestellt und deren nachdrückliche Be- 
kämpfimg verheissen, Philipp, des Sachverhalts unkundig, 
wurde durch die Darstellung, dass Christoph mit Hülfe der 
Hansestädte Erich zu verdrängen suche und es sich hier nur 
um einen Kampf gegen gemeinsame Feinde handele, leicht 
gewonnen und beauftragte den Rath von Holland, ausreichende 
Mannschaft nach Gothland zu* senden, welche mit Erich einen 
Hülfsvertrag abschliessen und gleichzeitig die Elire und den 
Nutzen Hollands im Äuge behalten sollte. Am burgundischen 
Hofe war man über die Lage der Dinge in Skandinavien 
offenbar nicht unteiTichtet und hoffte mit leichtem Spiel die 
Handelsconcurrenz der wendischen Städte tödtlich zu treffen, 
zumal Erich die beiden Sundschlösser Helsingör und Helsing- 
borg der Hülfsflotte als Unterpfand einzuräumen versprach 
und ihr in eigener Person bis Helsingör entgegenkommen 
wollte. Der Rath von Holland und die Städte, voran Amster^ 
dam, giengen bereitwilligst auf den Plan ein, bewilUgten sofort 
die erforderlichen Geldmittel und entsandten im Frühjahr 1440 

') Lübeck an Wismar 1439 Juli II (Wismar). 

'*) Die Aktea aber diese Geeandtschaft enthält das 4. Memor. Bos&i 
f. 48 b, and 5. Mem. Ros. f. ÖS ff. im Reichaarchiv im Haag* knni ver- I 
zeichnet in Limborg-Bronwer, Boei^oenache Charters S. 55. 



I 

4 
I 





eine Btarkbemannte Flotte unter dem Oberbefehl des amBter- 

damer Schultheissen, dem fünf angesehene Männer zur Seite 
standen. Seine Instnilction wies ihn an, sich zunächst die 
beiden SuudschlÖsser einräumen zu lassen, ohne jedoch dem 
Lande dadurch Kosten zu vemrsnchen ; im anderen Falle möge 
er von der Besetzung abstehen und mit Erich, nach Verein- 
barung über die Hohe der auf seine Unterstützung verwandten 
Summen, auf bestiinmte Abzahlungstermine übereinkommen. 
Im übrigen sollte der Vertrag nur dahin lauten, dass Holland 
Erich gegen Christoph und Erich Holland gegen die wendischen 
Städte beizustehen sich verpflichteten') und die holländischen 
Kaufleute die weitesten Privilegien erhielten. Bevor aber die 
Flotte unter Segel gieng, war der Plan Lübeck entdeckt wor- 
den, es konnte ihm entgegenwirken und der Gefährlichkeit 
des Unternehmens die Spitze abbrechen. Für Christoph war 
die Lage nichtsdestoweniger bedrohlich, nur der kräftige Bei- 
stand der Städte und die unentschlossene Trägheit Erichs 
half ihm Über die Schwierigkeiten hinweg. 

Christoph war mit dem Reichsrath von Lübeck nach 
Kopenhagen gegangen und hatte unter dem Titel eines Reichs- 
vorstehers die Regierung angetreten. An die Vögte und Lehns- 
leute, welche Erich noch nicht Mannschaft und Dienst gekün- 
digt, ergieng sogleich das Gebot, binnen bestimmter Frist am 
Hof persönlich ihre Lehen zu Händen ties Reichsraths aua- 
zuliefem, um sie nach geschehener Aufsage an Erich zurück- 
zaerapfangen '}. Es galt eben, erst die Parteistellung eines 
Jeden in Dänemark zu prüfen und klarzulegen, bevor man 
an die Erwerbung der anderen Reiche gieng. Die Vor- 
bereitungen zu einer vollstilndigen Bewältigung der Bauern 
und Unterhandlungen mit Schweden wurden daneben eifiig 
gefördert, nur Norwegen scheint man vor der Hand gänzlich 
i Seite gelassen zu haben, da es nach der Vereinigung der 
beiden Hauptreiche sich von selbst ergeben musste. Hier 



■) Nicht auch gegen die Reiche Dänemark und Schweden einer- und 

die preoBischen Städte andrerseits. 
') Huitfeld 824, 1439 Aug, 8. 



d 



— 90 - 

übernahmen es die um ihren Handel besoi-gten Hansestädte, 
den Boden für Christoph vorzubereiten. Besonders als Rostock, 
nach dem lübecker Vertrage mit vollständigem Ausschluss 
vom Handel bedroht, sicli jetzt bequemen musste, seinen alten 
Rath wieder einzunehmen, konnte Norwegen im Norden durch 
das hansische Comtoir in Bergen, im Süden durch die rostocker 
Niederlassungen in Tnnsberg und Oslo, den Hauptsitzen 
erichscher Gesinnungen, beeinflusst werden^). In Schweden 
verursachte Karl Knutsson die meisten Schwierigkeiten. Seine 
Partei bearbeitete erfolgreich die Massen des Volks mit der 
Losung, keinen Ausländer zum König. Die Verhandlung in 
Jonköping, welche von den beiden Erzbischöfen von Lund 
und Upsala in Anwesenheit des Hofmeisters *} Herzog Chri- 
stophs geleitet wurden, führten zu keinem Ergebniss, obgleich, 
die Vertreter beider Reiche für Christoph gewönne^ waren., 
Der norwegische Reichsrath hatte den Tag nicht besandt und 
damit die Versammlung gezwungen, die Berathungen über 
die Königswahl abermals hinauszuschieben, wollte sie nicht 
gleich im Beginn sich über die Bestimmungen der Union,, 
um deren "Wiederherherstellung es sich handelte, hinwegaetzMU,] 
Die zum Tage Erschienenen giengen daher soweit wie nur 
möglich war, schrieben eine neue Tagfahrt nach Kalmar, 
1440 Juni 24, aus und erkannten ihr auch für den Fall Be- 
schlussfilhigkeit zu, dass der eine oder der andere Reichsrath 
— gemeint war selbstverständlich Norwegen — dort nichl 
vertreten sei. Folgerichtig bestätigten sie zugleich die Unioäj 
von 1438 mit Ausnahme des ersten Satzes über die Aner- 
kennung Erichs, und vereinbarten einen beständigen Frieden 
zwischen Schweden und Dänemark '). Karl entledigte sich 
uotei'dessen schnell und geschickt seiner Aufgabe, Schweden 
von allen Feinden zu befreien. Nils Stensson, der Mai-schall 
Ericlis, fiel in einem Treffen besiegt in die Gefangenschaft, 
erlag aber bereits am dritten Tage der im Lande herrscheiuien 



I 
I 
1 



') 1439 Sept. 9, Rostocker wöchentl. Nachr. 1755, 1 
') Albert Mohrer, ein Baier. 
=) 1139 Not. 3, Hadorph 139. 



I 



— 91 — 

(Fest, Magnus Green muEste sich auf Oeland und Borkbolm 

-beschränken, kleinere Schaaren wurden auseinander getrieben 
oder bewältigt. Der Schluss des Jahres braclite dem schwe- 
dischen Festlande den Frieden. Als daher die Sendeboten 
zum jonköpinger Tage einem nach Arboga, 1440 Jan. G, ein- 
berufenen Reichstage Bericht erstatteten, konnte der siegreiche 
Eeichsvorsteher ihnen nachdiückhch entgegentreten und den, 
■wie esheisst'), einstimmigen Beschluss durchsetzen, dass kein 
Auslander zum König gewählt werden dürfe. Gleichzeitig 
wurde aber die Vornahme der Königswahl auf den 29. Sept. 
angesetzt und diese lange Vertagung des Terrains, welche 
der mit Dilnemark geschlossenen üebereinkunft ebenfalls direkt 
widersprach, Hess Karl den gewonnenen Vorsprung verlieren. 
"Während er Magnus Green in seinen Festen belagerte und 
auf die Nachricht vom Tode lü-öpelins nach Abo hinüber- 
gieng, um die finländischen Burgen zu besetzen, konnte die 
unionistische Partei ungestört ihre Veranstaltungen treffen, 
um, unterstützt von den gleichzeitigen Ereignissen in Däne- 
mark, die Ausführung der arbogaer Beschlüsse unmöglich zu 
machen *). 

Christophs Stellung war unbefriedigend : fast ein Jahr 
schon im Lande und dem Ziele anscheinend um keinen Schritt 
näher gerückt. Auf der einen Seite die Bauern in Bewegung, 
auf der anderen der Sund, die Provinz Halland und eine Reihe 
wichtiger Plätze in Händen F,richs, die Holländer mit Heeres- 
macht in naher Aussicht, Norwegen feindlich gesinnt und in 
Schweden das Uebergewicht auf Seiten Karls. Die arbogaer 
Beschlüsse mussten bei diesen allseitig bedrohlichen Verhält- 
nissen in Dänemark, dem Hauptlancie der Union, die bisher 



') ut dicehatur, unaniiuiter concluserimt, ut nunquam sibi alienigen 
in regem praeflcereDt sed indigeoam, Diar. Wadsten. 1>56. 

'} Das Diar. WadsC, urGprünglich Erich keineswegs abgeneigt, be- 
richtet S. 156: it«m marBchalcus Karolua optinuit omnia castra in 
potestate, rege Gotlilandie exiGtcnte et aliquando vagante in civitatibus 
maritimis tanqiiam riro stolto. Es spricht sich liier die Gestunimg des 
Reales der erichschen Anhänger in Schweden, die zum Anschluss au 
Christoph gedrängt wurden, aus. 



auf die Unionsidee genommene Rücksicht zumckdrängen und 
den Entschluss, einseitig mit der Wahl eines Königs vorzu- 
gehen, reifen lassen. Am 9. April 1440 wui-de Christoph auf 
dem wiborger Landthinge feierlich zum Könige gewählt und 
eidlich verpflichtet, eine von den Ständen des Reichs dem- 
nächst aulzusetzende Handfeste zu unterzeichnen ^). Damit 
war das Grundgesetz der kalmarischen Union von 1397 für 
immer durchbrochen, der Gedanke an die Herbeiführung einer 
Realunion vollständig aufgegeben und handelte es sich fortan 
nur noch um eine lose Verbindung durch einen HeiTseher, 
die bei jedem Thronwechsel neu errungen sein wollte. Man 
war sich dessen in Diinemark vollständig bewusst, handelte 
aber , anscheinend in vollkommener Uebereinstimmung mit 
dem 1438 abgeschlossenen und jüngst in Jonköping erneuerten 
Vertrage, unter dem Druck der Verhältnisse. Um dennoch 
einigermassen den Schein zu wahren, verschob man die Krft- 1 
nung bis nach eifolgter Anerkennung Christophs auch inM 
Schweden und Norwegen, ^ 

Unmittelbar nach der Wahl stellten sich die Rathssende- 
boten der Städte beim Könige ein, wohnten der feierlichen 
Belehnung Adolfs mit Schleswig bei und unteiTichteteu 
Christoph von den Untei'nehmungen der Holländer, Der zu 
Lübeck geschlossene Vertrag trat nun in den Vordergrund. 
Bereits im Februar hatten die mit Holland kriegenden Städte 
auf die erste Nachricht von den grossen Rüstungen ihrer 
Gegner sich auf ein vollständiges Handelsverbot nach dem 
Westen geeinigt und in einem allgemeinen Rundschreiben die 
anderen Hansestädte zur Nachahmung des Beispiels aufge- 
fordert =). Bald darauf lud Christoph die Städte zu einem 
Tage nach Kolding ein, ohne dass sie in die Vorgänge in 



') AarBberetninger 2, 40. I 

') EecBBS zu Lünebu]^ 1440 Febr. 27 (Lübeck, Wifimar); an die 1 
preusEiEchen Sta<lte ergieng eine nachmalige Aufforderung März 15 
(Daiizig). In Holland herrsclite bereits Getreidemangel, ao doss das Han- 
delsverbot, Btreng durchgeführt, Erfolg haben musKte, ygl. Limburg- 
Brouwer a. a. 0. S. 54 zu 1440 März 2, über den Aufstand in Rotter- j 
dam in Aolass der Theuerung. 



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— m - 

ichweiieii und iu deren Folgen für Dänemark eingeweiht 
■). In Lübeck glaubte man, Cliristoph werde Hülfe 
die Anhänger Erichs im Lande fordern und war 
durchaus nicht geneigt, sie ohne weiteres zu leisten, indem 
man den Hüli'svertrag nur auf die gemeinsame Abwehr dei- 
Holländer bezog. Audi hatten die Städte bisher vermieden 
Erich aufzusagen und besorgten Vorwürfe von Christoph, zu- 
mal sie ihn vielmehr bewegen wollten, das Handelsverbot 
nach dem Westen auch für Dänemark anzunehmen, und 
seiner Zustimmung keineswegs sieher waren "O. Die Gesandten 
■waren noch nicht in Kolding eingetroffen, als durch einen 
aus Amsterdam kommenden Kaufmann nach Lübeck die 
Nachricht gelangte, zwei Ritter Erichs, darunter der er- 
irähnte Otto Snaff, seien voraufgefahren, um zu erkunden, ob 
^e beiden Sundsthlösser noch im Besitz Erichs wären. So- 
bald sie sich dessen versichert, sollte die holländische Flotte 
folgen und, falls Erich nicht nach Helsingör gekommen sei, 
nach Gothland segeln, um den König zurückzuführen. Lübeck 
meldete dies schleunigst seinen Rathssendeboten nach Kol- 
ding und eröffnete den gleichzeitig in Lübeck versammelten 
Hansestädten den Sachverhalt. Ein Sekretair des Herzogs 
von Burgund, Meister Andi-eas von dem Kreutze, um dessen 
willen der Tag ausgeschrieben war, hatte einen schweren 
Stand. Er war mit dem fertigen Entwurf eines Stillstandes 
nach Lübeck gekommen und sollte um die Zustimmung der 
Städte werben. Jetzt musste er sich die schwersten Vor- 
"würfe gefallen lassen und zufrieden sein, als die Städte ihn 
mit der Erklärung entliessen, dass sie eine bindende Ab- 



') Der BeschlusB, Obiistophs Wahl TorKunehmen, musa ziemlicb plötz- 
lich gefiisat worden sein ; in der Inatrnktion Lübecks für seine Gesandten, 
die Ende März, Anfang April datirt, ist davon mit keinem Worte die 
Bede, Christaph neimt sie stets den lierlich. 

=) Ein kurzer Bericht der lübecker Rathssendeboten über ihre Ver- 
lliandlnngen mit Christoph 1440 Apr. 24 — 30 wird wesentlich ergänzt 
■durch ihre Instruktion und ein Schreiben Lübecks an die tiesandten 
Apr. 23 (Lübeck), Hierzu treten Schreiben Lübecks an Danzig Mai 6, 2Ö 
<Danzig). an Reval Apr, 10 und Stralsund an Eeval Apr. 24 iRetal). 



— 94 — 

machung erst aut Grund der Zustinimimg Hollands mit ihm I 
eingehen könnten. So geneigt Fie zum Frieden auf dem Boden [ 
des Entwurfs waren >), die Thatsachen widersprachen zu stark J 
den Worten des Sekretairs und schnell einigte man sieh auf! 
die sofortige Ausrüstung einer Flotte, welche den Holländeni f 
den Zugang zur Ostsee zu wehren hätte ^). Wiüirend noch | 
die Versammlung in Lübeck tagte, traf die angemeldete erste I 
holländische Flotte, 17 Schiffe mit 1000 Bewaffneten, im Sunde'l 
ein und entsandte sogleich zwei Schiffe nach Gothlaud un* 1 
Erich abzuholen ^}. Auch der Herzog von Barth hatte seinfr-l 
Vorbereitungen getroffen und Schiffsmannschaft angeworben, f 
weklie bald Seeraiib tiieh, doch schritten die Städte rechte \ 
zeitig ein und verhüteten ärgeres *). Lübeck zögerte nun 
auch nicht länger und erklärte Erich offen, er möge es ihm 
nicht verai'gen , wenn es bei dem vom Reichsrath erwählten 
Christoph Schutz für seine Kaufleute suchte, sein Handel 
habe unter dem herren- und rechtlosen Zustande Dänemarks 
so arg gelitten, dass es jetzt so lange Erich auf Gothland 
weile, sich dem im Reiche befindlichen HeiTen zuwenden . 
müsse bis die Ordnung hergestellt sei. Zugleich erbot esfl 
sich zur Vermittlung, falls Erich sich seiner bedienen wolle*}.! 
In Kolding wui'de unter dem Eindruck der übereinstimmen- j 
den Meldungen aus Lübeck und aus dem Sunde rasch einev 
Einigung erzielt, die dem Könige freie Hand liess, seine Geg-T 
ner im Lande zu bewältigen und den Städten die Bewach- | 



') Nur Hambnrg verhielt iich ablehnend dagegen, villiclite umme 
Profits des komB nt velen landen bj der Elve belegben to hebbeade, deiJ 
doch in erem bewinde nicht en sin, Lübeck an seine Gesandten, April S3^ 4 

') Eflcess zu Lübeck 1440 April 17 (Lübeck). 

3) Stralsund an Reval Apr. 24, ere hovedlude gan up Helsingborg 
dagelikeE eten. 

') Stralsund beantragte auf dem lühecker Tage, man solle die Eanb- 
schlöäser dea Herzogs, in welchen die Schiffe Zuflucht fanden, iserstören, 
drang aber nicht durch, man begnügte sich mit Mahnschreiben, worauf die 
Klagen verstummten. 

') Lübeck an K. Erich, Apr. 20 (^Danzig). Erich liess den Boten ins 
GefängniSB werfen, worauf Lübeck Daiizig ersuchte, seine FreilasBung m. 



I 



— 95 — 

ung des Suüdes und die Abschneidung des Verkehrs zwi- 
schen den Holländern und Encli auferlegte '). Die Sund- 
schlösser wollte man gemeinsam erobern. Der Bischof von 
Roeskild auf zwei Seiten bedrängt, da auch die seeländer 
Bauern sich erhoben hatten , trieb in Lübeck zur rascheren 
Ausrüstung der Flotte an und ehe noch der Monat zu Ende 
gieng, war der Sund auch von städtischer Seite gesperrt und 
allen Ostseestädten die Durchfahrt verboten. Die lübisclien 
Flottenführer wurden angewiesen, die Kauffahrteiscliiffe der 
am Kriege nicht betheiligten Länder und Städte an der Fahrt 
durch den Sund zu hindern, dagegen die Beschlagnahme und 
die damit verbundenen späteren Beschwerden und Ersatzan- 
sprüche möglichst den Dänen zuzuwälzen. Erich und die 
Seinen, Holländer und Seeländer zu fangen bleibt ihnen un- 
henoramen, wenn sich die Gelegenheit dazu bieten sollte, 
auch dürften sie im Sunde keinem Kampf mit den Hollän- 
deiTi ausweichen, ziehen sich diese in das offene Meer zurück, 
so haben sie ihr Verhalten nach Uebereinkunft mit den 
Flottenführem 'der andern Städte zu regeln. Bei der Bela- 
geiTing der Schlösser sei Christoph zu unterstützen , ihm auf 
Ansuchen nöthigen Falls auch bis zu 200 Schützen gegen die 
seeländer Bauern zur Verfügung zu stellen oder die Ver- 
mittlung mit diesen zu übernehmen'). 

Die beiden Flotten im Sunde thaten einander nicht viel 
Abbruch. Die Flotte der Verbündeten war anfangs zu 
schwach , um zum Angriff vorgehen zu können , zwang alter 
dennoch die bald verstärkten Holländer aus dem Sunde nach 
Maarstraud zn weichen. Von hier aus plünderten sie in 
Ermangelung lohnender Beschäftigung die norwegischen Küsten- 
distrikte, so dass der norwegische Reichsrath Erich um Schutz 
Tor den eigenen Verbündeten ersuchen musste^). Als Chri- 
'Stoph die Ruhe auf Seeland hergestellt hatte, nahm die Flotte 



<) Christoph beHoss keine Sdiiffe und arretirte scMiesslicli xvei eng- 
l't isuhe Fahrzeuge, bemannte sie uod sandte sie in den Sund. In Danzig 
/crsnohle er Tergeblich Schiffe aufzukaufen." 

'-) Nach dem Concept der Instruktion (Lübeck). 
«) 1440 Aug. 22, Jahn S18. 



I 



i 



— 96 — 

von dem Könige zu Lande unterstutzt die Belagerung dt 
beidea Sundschlösser ernstlieli auf, doch schloss Peter Oxe 
einem günstigen Moment mit Christoph seinen Frieden, < 
ihm im wesentlichen das Seine liess '). Bald darauf bot die 
städtische Flotte den Holländern eine Sclilaclit an, doch ent- 
kamen diese, gewarnt wie es hiess durch den Erzbischof von 
Lund *). Sie hatten die Lage der Dinge in Dänemark weseni 
lieh andei-s gefunden als sie erwartet, Erich liess sie im Stii 
und war zu einer persönlichen Führung nicht zu bewegen ^)\ 
von einem Ersatz ihrer Kosten war keine Kede. Auf d* 
anderen Seite befestigte sich Christophs Stellung von Ta( 
zu Tage und drohte üire Hoffnungen auf Vernichtung di 
hansischen Nebenbuhler gänzlich zu zerstören- Wollten 
ihre Handelsbeziehungen zu Dänemark nicht dauemd gefthi 
den, so mussten sie dem thatsächlichen Heri'scher 
einlenken. Leicht gewannen sie den Erzbischof von Lund 
und einige Reichsräthe als Vermittler beim Könige , und 
dieser kam ihren Wünschen um so bereitwilliger entgegen, 
da er in der Ausgleichung mit ihnen das geeignetste Mittel 
sah, das jedem dänischen Könige lästige Band mit den Städten 
zu lockern und deren Uebergewicht Schranken zu setzen *)■ 
Doch war seine Stellung noch nicht so gesichert, dass er ei 
seitig hiitte vorgehen dürfen. Er sandte daher die holläat 



lin^^l 



I) Vgl. Reg. Dan. 36S6. Der Forts, des Detmar berichtet die Er- 
oberung der SchlösBcr Irrthömlich erst zu 1441, Graatoff, Lüb. Chr. 2, 83. 
Seine Angabe, dasa CliriEtian die Städte um Hülfe gegen Erich und die, 
EolliLnder ersucht habe, wird durch das Mitgetheilte vollständig best&t 
wfihrend noch Styffe 2, CXVI. Anm. an ilu'er Wahrheit zweifelt 

') Lübeck meldet Danzig am 15. und 23. Aug., dass die Flotte 
Kaarstrand gesegelt sei um die Holländer autzuBuchen, am 24. Aug., dasa' 
sie unTerricb teter Sache zurückgekehrt sei. Der König hatte hieran zwd 
engUsche Schiffe hemannt, Lübeck sieben Eolke und eine grosse Bntie, 
Stralsund und Wismar je drei Holke, auaserdem alle Städte 
noch 35 Segel, grosse und kleine (Dan^ig). 

") Er hatte sich darauf beschränkt, im Sommer nach 
überzugehen, war aber bald nach Gothland zurückgekehrt. 
äea dänischen Reichsrath 1440 Juli 30 (Danzig). 

■) Dipl. Norv. 5, 504. 



i die^^ 
&tist^H 

Ja 



ouiuH! zuBammen 
ch Ponunem hü^^f 



— 97 — 

iEih Unterhändler mit einigen Räthen nach Lübeck, und 
hier kam ein Vertrag zu Stanfle, nach dem Holland im fol- 
genden Jahre Gesandte zum Abschluss des Friedens mit dem 
König und den Städten nach Kopenhagen abordnen sollte. 
Die Städte widerstrebten, giengen aber im Grande doch gern 
hierauf ein '■). Ihnen waren aus dem Unterhalt der Flotte im 
Simde , abgesehen von den nicht geringen Kosten , mannig- 
fache Uebel erwachsen, die auf die Dauer ernstere Verwick- 
lungen zur Folge haben konnten. Die preussischen Städte, 
durch die inneren Kämpfe in Anspruch genommen, hatten 
nicht nur die nachgesuchte Hülfe gegen die Holländer, welche 
1438 mitten im Frieden eine reichbeladene preussisch-livlän- 
dische Flotte weggenommen, abgelehnt, sondern beschwerten 
sich auch über die Sperrung ihres Handels ^. Englische und 
schottische Kaufleute, welche von der verbündeten Flotte 
angehalten waren und ihre Schiffe dem Könige zum Gebrauch 
überlassen mussten, leisteten bei der Freigebung regelmässig 
bereitwilligst das Versprechen, nie eine Nachlbrderung geltend 
zu machen, bald langten aber aus England Beschwerden über 
Beschwerden an über die Behinderung des freien Verkehrs 
und den Bruch des 1437 mühsam geschlossenen Friedens*). 
Den grössten Gewinn trug Christoph davon. Jede ernstere 
Gefahr von Seiten Erichs war beseitigt, auf die Städte 
brauchte er nicht mehr in so hohem Grade Rücksicht zu 
nehmen wie bisher und im Lande hatte er während des 
Sommers seinem Königthum in weiteren Kreisen Anhang und 

') Lübeck an Wismar Sept 12 (Wismar), an Danzig Okt 1 (Danzig). 

^) ReceBse der preussischen Städte zu Elbing 1440 Juni 24, Marien- 
tiurg Aug. 34, Danzig Okt. 19 (Danzig). 

•) Dergleiclien Verzichte finden sich in Kopenhagen und Lübeck aus 
den Monaten Juni — Sept.; Widersetzliche scheinen einlach gefangen 
geaetzt zu sein, wenigstens zahlen die rostocker Wetteheiren 1440 32 ^ 
H /f für den Unterhalt englischer Gefangener (Stadtrechn. Rostock). Ein 
am 1. Sept. zu Rostock abgehaltener Städt«tag beEchloss n. a., die eng- 
lischen Schiffe freizugeben, doch sollten sie ihr Korn nur in die vier 
vfendiachen Städte verkanfen dürfen (Wismar). Hinsichtlich der Eraatz- 

Iansprüche Tgl. Proceedings of the privj Council 5, 1137, sie wiu'den bis ■ 

zum utrechter Frieden 1474 hin stets wieder geltend gemacht. H 

y. A. Bopp, Znr Ooscbicliti!. T ^| 



i 



jierieimung erringen können; er erhielt nun freie Hanil, 
seine Bewerbungen um die andern nordischen Kronen mit 
grösserem Nachdruck aufzunehmen. Nach der Einnahme der 
Sundschlösser, als alle Gefahr seitens der Holländer geschwun- 
den und diese zu Verhandlungen genöthigt waren, entsandte 
er den Erzhischof von Lund und Klaus ßonuow, den Schwager 
Karl KnutBSOns, mit den ausgedehntesten Vollmachten nach 
Schweden und ihnen gelang es Karl durch den Hinweis auf die 
augenscheinliche Umgestaltung der Verliitltnisse im Laufe des 
Sommers zum Verzicht auf seine Pliine zu bewegen. Der 
Preis, den sie hierfür bewilligen mussten, war allerdings sehr 
hoch. Ganz Finnland erhält Karl auf Lebenszeit, Oeland und 
Borkholm als Unterpfaud für die Zahlung von 40,000 Mark, 
die er angeblich zum besten des Reichs aus eigener Tasche ' 
verausgabt hatte, jede Rechenschaft über die Verwendung ' 
der Keichseinkünfte seit der Entfernung Erichs aus Schweden J 
■wird ihm erlassen, Beistand gegen alle seine Widei'sacher 
versprochen. Siegesgewiss konnten die Unterhändler hierauf ' 
vor dem versammelten Roichsrathe Christophs Herrscher- 
tugenden anpreisen ') und einen Vertrag eingehen, nach wel- ■ 
chem die beiden Reiche auf alle Fälle Frieden halten sollten, , 
welchen König Schweden sich auch wählen würde; der Aus- 
gang der Wahl konnte keinem Zweifel unterliegen. Obgleich ] 
Karl noch nach dieser Uebereinkunft für die Verbreitung von 
Prophezeiungen Sorge trug , welclie ihm die Krone ver- 
hiessen, so erkor doch die bereits im Januar nach Ärboga 
ausgeschriebene Wahlversammlung Ende September einstimmig 
Christoph zum König und entschied sich für den Fortbe- 
stand der Union "), Allerdings versäumte man nicht, sich das ' 
von Dänemark gegebene Beispiel zu Nutze zu machen, gieng 



') jac kan thEn tyeaäe del ey scriva, thet stora loff the honom geft-a, 
Karlschr. v. 6646f. ; Erich Olai 149, dem die Saclie nicht minder verdriess- 
lith ist, übereetzt es aiif seine "Weise ins Latein, indem er aus 10 100 macht. ] 

-) electio, ut dicitur, iacta est ex ordinatioae praelai 
«liviuft bemerkt das Diar. Wadst. löG hierzu. 



t 



■^ «liviua ben 

m ■ 




aü^^OTaMtiger zu Werke , als es dort geschehen war '). 
Keine der vorhandenen Parteien wollte den neuen König be- 
dingungslos und ohne Entgelt auf den Thron gelangen lassen. 
Hatte Christoph seinen Nebenbuhler abgekauft, um wie viel 
mehr hatten nicht die Verfechter seiner Wahl, voran die 
Geistlichkeit, Anspruch auf Belohnung- Schärfer als in Däne- 
mark trat das Bestreben hervor, den Herrscher seinei' wahren 
Macht zu entkleiden und sie den Grossen des KeJclis zu- 
zuwenden, dass der Geistlichkeit dabei der Löwenantheil zu- 
fiele, dafür übernahm der Erzbischof zu sorgen. Christoph 
wurde von seiner Wahl in Kenntniss gesetzt und zugleich be- 
deutet, dass man die Krönung erst nach Unterzeichnung einer 
Handfeste vorzunehmen gedenke. Um diese zu vereinbaren 
und zugleich über einige das Verhältniss der Reiche zu einan- 
der betreffende Artikel zu berathen, wünsche man am 2. Febr. 
mit den Reichsräthen von Dänemark und Norwegen zu LÖ- 
döse zusammen zu kommen, wohin auch er BevoDmäehtigte 
senden möge; nach Ordnung dieser Verhflltnisse seien sie 
bereit, ihn um Johannis von Halmstad nach Upsala zu führen 
und ihm die Krone aufs Haupt zu setzen *). Um Christoph 
dieses Vorgehen weniger anmassend erscheinen zu lassen, 
ei-suchte man ihn, den norwegischen Reichsrath nach Lödöse 
zu laden, und beschränkte sich selbst darauf, diesem den 
Vollzug der Wahl anzuzeigen, mit der Aufforderung, sich in 
Lödöse vertreten zu lassen, um alle Streitigkeiten beizulegen, 
welche sich aus dem norwegischen Einfall in Schweden her- 
schrieben '), 

In Norwegen war das Missvergnügen über die Handlungs- 
weise Erichs seit der Ankunft Christophs in Dänemark stetig 
gewachsen, obgleich der jüngst ernannte Drost und die Geistlich- 
keit zum Abfall von ihm durchaus nicht geneigt waren. 
Allein man empfand die Unsicherheit der Stellung und 
fiirchtete einen offenen Angriff Christoplis, sobald er sich be- 



•') Dipl. Norv. 5, 5C 
3) B. a. 0. S. 503. 



— 100 — 

festigt habe. Als Erich aach nach der Ankonft der bolländi- 
schea Flotte seine UBthätigkeit nicht aufgab, enischloss sich 
der Reichsrath zn einem entscheidenden Schritte, am der Un- 
gewissheit der Lage ein Ende zu bereiten. Im Jnli 1440 
entsandte er einige ans seiner Mitte an Erich, welche ihm 
die ünhaltbiirkeit der gegenwirtigen Zustände aoseinander- 
setzen . die Gefahren förs Reich vergegenwärtigen nnd vor- 
halten sollten , wie man um seinetvillen die Fehde mit 
Schweden angefangen, von Dänemark aus durch Christoph 
bedroht sei . nie die Hansestädte diesen Gegnern sich 
beigesellten, die Holländer bereits rncksiclitslos die nor- 
wegischen Kasten plönderten. wAhrend von dem erhofften 
Entsatz durch den König immer noch nichts verlaute. Die 
Abreise der Gesandten, an deren Spitze Bisehof Jens von 
Oslo stand , verzögerte sieh w^en der Sundsperre bis Ende 
August, doch auch dann noch hatten sie das Missgeschick, 
der verbttndeten Flotte in die Hände zu fallen und von 
Christoph an der Weiterreise gehindert zu werden. Erst als 
der AuFfall der schwedischen Köni^wahl bekannt WTirde, 
schickte er die beiden Boten weltlichen Standes nach Nor- 
wegen zurück , behielt dagegen den Bischof mit allen Brief- 
schaften als Geissei hei sich ';, Der norwegische Reichsrath, 
von aller Verbindung mit Erich abgeschnitten, ergab sich 
ins Unvermeidliche und benutzte die Einladung Schwedens 
nachLÖdöse. um mit Christoph anzuknüpfen; er meldete ihm, 
da^ er den Tag besenden werde, und ersuchte ihn, sich auch 
daselbst vertreten zu lassen. 

Die schwedischen und norwegischen Abgeordneten fanden 
sich am festgraetzten Tage in Lödose ein, waien aber nicht 
wenig erstaunt, als zwei Rätbe Clu-istopbs ohne Vollmachten ■ 
erschienen und die Einsendung der von Schweden aufgesetzten 
Ai'tikel an den König forderten, ohne sich auf die Verhand- 
lungen selbst einzulassen. Die Schweden, voran der Erz- 
bischof von Upsala, erklärten sich hierzu nicht befugt, be- 



I 



^g1- die Briefe des norw, Beichsraths an Erich, Jahn SlSf. und 
1 B. Audöen von StaTangor, Dipl. Norv. 5, 506. 



— 101 - 

standen darauf, dass Christoph sich die Hände vorweg binden 
lassen müsse und verwiesen die Angelegenheit zniiick an den 
Reichsrath, indem sie Karl aufforderten als Reichsvorsteher 
ihn zu berufen. Ihren Missrauth gaben sie Christoph wie 
dem dänischen Reichsrath gegenüber unverhohlen Ausdruck 
und letzterem besonders warfen sie Theilnahmlosigkeit in den 
aUen drei Reichen gemeinsamen Fragen vor, sie missbilligten 
in schärfster Weise die Gefangensetzung der norwegischen 
Botachafter an Erich , beklagten , dass Norwegen weder vom 
Könige noch vom Reichsrathe zum Tage geladen worden und 
Schweden bei seinem auf die Herstellung der Union hin- 
zielenden Wirken nicht unterstützt werde'). Die einzige er- 
spriessliche Folge der Zusammenkunft war ein Vertrag zwischen 
Schweden und Norwegen, welcher die Zwistigkeiten beider 
Reiche im allgemeinen beilegte, ohne im einzelnen eine Ver- 
ständigung zu Stande zu bringen, namentlich drang Schweden 
auf die Äufliebung des Zolles zu Bahus, Korwegen auf die 
unbedingte Freigebung aller Gefangenen, beides sollte auf 
einem späteren Tage zu Kalmar entschieden werden '). 

Christoph hatte sich mit Karl auf einer Zusammenkunft 
zu Anfang des Jahres in allen Dingen geeinigt und auch 
den letzten bedeutenden Parteigänger Erichs, Axel Petersson, 
welcher bisher Hailand vollkommen selbstständig beheiTscht 
batte , durch Bewilligung persönhcher Vortheile zu sich her- 
übergezogen ä). Er konnte die schwedischen Vorwürfe mit 
Gleichmuth hinnehmen und die Uebersendung der Handfeste 
nacJi Kopenhagen zur endgültigen Feststellung des Textes 
durchsetzen. Auch dann noch beschränkte sie seine Macht 
in ausserordentlicher Weise. Die im Streit mit Erich geltend 
gemachten Bedingungen, Beobachtung aller besondern schwe- 
dischen Gesetze und Freiheiten, Verlehnung der Schlösser an 
Einheimische, Ausschluss der NichtSchweden aus dem Reichs- 
rathe , wurden selbstverständlich beibehalten , \ie\ weiter- 



>) Dipl Norv. 5, 507. 511. 

=) Hadorph S. 141, vgl. dazu Dipl. Horv. 5, 510. 

^) Vgl. das Schreiben Asels bei Jalm 520, 



— 102 — 

gehende aufgestellt und ausgewirkt. Die meisten königlichen 
Befugnisse wurden dem Erzbischof von Upsala, dem zu er- 
nennenden Eeichsdrosten und dem Lagmann von Upland über- 
tragen, welche als beständiges Triumvirat in die Stelle des 
erst in den letzten königslosen Jahren geschaffenen Reichs- 
vorstehers eintreten und ein Mittelglied zwischen König und 
Keichsrath bilden sollten. An die Vorschläge dieser drei ist 
der König bei der Besetzung erledigter Keichsrathstellen und 
hei der Austheilung der königlichen Schlösser gebunden. 
Der also abhängig gewordene Keichsrath hat die Hofämter 
des Königs, wenn dieser sich in Schweden aufliielte — Hof- 
meister, Kanzler, Kammermeister u. s. w. — zu ernennen und 
das gesammte Münz- und Zollwesen des Reichs zu überwachen 
und zu regeln. Die Einnahmen des Staates dürfen nicht 
ausser Landes geführt werden, der aus den TJeherschüssen 
gebildete Keichssehatz kann nur mit Zustimmung des Rathes. 
in Nothfällen zum besten eines anderen Reiches verwandt 
werden'). Dagegen muss Christoph Gothland an Schweden zu- 
rückbringen und sollen alle Länder, welche durch die ver- 
einigte Macht der drei Reiche den Russen abgewonnen 
■würden, zu Schweden geschlagen werden. Die Bedingungen 
mussten ihrem Wesen nach bald als unerfüllbar erkannt 
werden und Christoph hat gewiss nicht die Absicht gehabt, 
sie ihrem vollen Umfange nach zu halten. Er unterzeichnete- i 
sie in der sicheren Voraussicht, dass die Schweden selbst sieb 
an sie nicht binden würden '). 

Schon die Bestimmung, dass Christoph am 24. Juni sich 
in Kalmar einfinden und von hier durch die Schweden zur 
Krönung nach Upsala abgeholt werden sollte, worauf die 
Handfeste in Kraft trat, konnte vom Könige nicht beobachtet 
werden , da innere und äussere Verwicklungen hindernd da- 



') Aticli sollen die Abgaben hinfort wie vor dem bansiscLen Eriege- 
Friciis nach Wahl der Steuerzahler in Geld oder in Naturalien geleistet i 
Verden könnea. 

3) 1441 Apr. 25, Eadorph 145. § 8 bestimint, da^ alle auf J 
Schweden bezüglichen Dokumente, welche sich in Dänemark nnd Nor- 
wegen vorfindeii, bis Juni 24 nach Schweden zurückgebracht werden sollen. 



— 103 - 

zwischen traten. Eiü neuer Aufstand der jütistlien Bauern, 
heftiger und gewaltsamer als alle frtiheren, drohte sich ober 
(las ganze Reich zu verbreiten, dem Anführer Heinrich 
Tagesson wurden Beziehungen zu Erich nachgesagt. Das 
erste ihnen entgegengesandte Heer wurde geschlagen, Esge 
Brok und ein haierscher Oberst fielen, zwölf andere HeiTen, 
welche in Gefangenschaft geriethen, wurden von den er- 
bitterten Massen an den Galgen geknüpft. Christoph musste 
selbst gegen sie ausiilcken, lockte sie mit List aus ihrer un- 
angreifbaren "Wagenburg und schlug sie in blutiger Schlacht 
am 26. Mai, der Best legte nach einigen Verhandlungen 
gegen Zusicherung der Straflosigkeit die Waffen nieder'). 

Gleichzeitig mit diesen Bemühungen um [die Nachfolge 
in Schweden und Norwegen und der Herstellung der Ruhe 
im Innern entzog Christoph Erich die letzten Stützen ausser- 
halb der Reiche und ebnete sich auch von dieser Seite den 
Zugang zum Throne. Es handelte sich hauptsächlich um 
Preussen, welches seit der Wahl Konrads von Erlichshausen 
zum Hochmeister von dem innem Zwiespalt befreit, seinen 
Einfluss auf die Geschicke der Ostseereiche in herkömmlicher 
Weise geltend machte, Christophs Regierungsantritt fiel noch 
in das letzte Jahr Paul von Rusdorfs, dessen Zuneigung zu 
Erich durch fortwährende Hülfenife dieses und seiner Ver- 
wandten, der nächsten Nachbarn des Ordens, bestilrkt wurde, 
ohne dass er bei seiner eigenen Machtlosigkeit über fruchtlose 
Verwendungen für den vertriebenen König hinausgehen konnte. 
Die preussischen Städte, in der Sundzollfrage durch Erich 
verletzt, neigten dem neuen Könige zu, von dem sie eine 
günstigere Losung erhoffen konnten, wiihrend sich für Christoph 
in ihren Verwicklungen mit Holland der erwünschte Anlass 
darbot, mit dem Hochmeister in Beziehung zu treten. Sein 
Gesuch um Unterstützung gegen die Hollünder musste frei- 
lich unter allen Umstünden ugberücksichtigt bleiben, da die 

I) Vgl. Langebek Ss. rer. Dan. 1, 142. 331. Die Karlsctir. v. 6840ff. 
iiilirt den Aufstand auf die Forderung des achten PfennigB durch den 
König zurück. Nach ihr fielen 1400 Bauern the imdra meBt fot oc hendher 
forspille. 



i 



— 104 — 

Ruhe in Preussen noch nicht hergestellt war und Erich so- 
fort mit einer ülmlichen Aufforderung hervortrat, beide aber 1 
zugleich den Hochmeister um Vermittlung angiengen ')■ Diß J 
Gesandtschaft, welche sich hierauf über Gothland nach Kopen- 
hagen begab, führte zu keinem Ergebniss, da mittlerweile 
Paul von Rusdorf seines Amtes entsetzt wurde und starb, 
Cliristoph aber nach abgewandter Gefahr seitens der Hol- 
länder eine andere Sprache führte. Der geschäftsgewandte 
und in diplomatischen Verhandlungen vielfach erprobte Stadt- 
schreiber von Danzig, Nikolaus Wrecht, welcher die Befreiung 
vom Suudzoll zu erwirken hatte, vermochte jetzt dem Könige 
nur unbestimmte Erklärungen abzugewinnen, welche die Ent- 
scheidung bis auf die Ankunft der holländischen Gesandten 
in Kopenhagen verschoben und den neu zu erwählenden 
Hochmeister im voraus beeinflussen sollten *). Die Gesandt- 
schaft*) kehrte nach Gothland zurück, um Erich die Än- 
ei'bietungen Christophs vorzulegen, doch müssen sie diesem 
nicht annehmbar erschienen sein, denn er gieng mit nach 
Preussen hinüber und suchte den neuen Hochmeister füi" die 
Verfechtung seiner Ansprüche nach dem Beispiel seines Vor- 
gängers zu gewinnen. Der umsichtige, stets mit den ge- 
gebenen Vei"hältnissen rechnende Konrad versprach gern die 
Vermittlung zwischen Onkel und Neft'en zu übernehmen, 
wartete aber ein gleiches Ansuchen von der anderen Seite 
ab, ehe er irgend welche Schritte that. Bald* nach Erich 
lan,gte in der That eine Botschaft Christophs an, welche zur 
Besendung einer Tagfahrt mit den Holländern in Kopenhagen 
aufforderte , daneben aber den Hochmeister angieng , alle | 



') Danzig an den dänischen Reicharath 1440 Juli 30 (Danzig); Erich 
an Buramer Styffe S, 283. 

■-) Receaa des Städtetages zu Danzig 1440 Okt 19, Vollmacht für J 
Wrecht Nov. 1, Bericht Danzigs aber den Erfolg an seine RathaseDdc- . J 
boten in Lübeck 1441 Febr. 21 (Danzig). 

■') Nur Wrecht gieng direkt nach Danzig znrücli. Christoph beauE- j 
tragte ihn mit dem Ankauf von Schiffen, welche er zu seiner Zi 
kuntt mit Karl Knutsson und den Schweden in Kalmar benüthige. Chnstoplkt 
an Danzig Febr. 13 (Danzig). 



I 
I 



— 105 — 

etwaigen Klagen Erichs nicht zu berücksichtigen, und ihm 
einen Bund mit Dänemarli antrug. Den Abschluss des letztem 
verschob Konrad mit Hinweis auf die Nothwendigkeit näherer 
Mittheilungen, zu welchen der kopenhagener Tag, den er be- 
schicken zu wollen erklärte, die beste Gelegenheit biete. 
Erich aber, welcher von Gothland aus seine Unzufriedenheit 
mit der ganzen Welt durch vielfache Klagen bezeugte, ver- 
tröstete er mit Versicherungen seiner besten Absichten, Zu 
einem emstei-en Vorgehen liess er sich nicht herbei ^). Als 
später der dänische Reichsrath bei Konrad Beschwerde führte, 
dass Erich dänische Käthe gefangen und gefesselt halte, er- 
klärte sich der Meister bereit, den Unterhalt Erichs in Preussen 
zu übernehmen, wenn Christoph ihm zu dem Behuf eine an- 
nehmliche Geldsumme auf Gothland verschreibe, allein Christoph 
wollte hierauf nicht eingehen ^) , und damit waren auch die 
letzten schwachen Versuche Erichs, Christoph den Weg zum 
Throne zu versperren, gescheitert. 

Nicht 80 günstig gestaltete sich das Verhältniss Christophs 
zu seinen ältesten Bundesgenossen, den HansestiSdten. Sein 
entgegenkommendes Benehmen gegen die Hollilnder liess hier 
schon fi-iih den Verdacht aufsteigen, dass er nach Abwendung 
der Gefahr auf die Städte keine Rücksicht nehmen, mit deu 
Holländern einen einseitigen Frieden schliessen und die Städte- 
politik Erichs in vollem Umfange aufnehmen werde. Der 
Verdacht wurde bestärkt durch die ungemein nachlässige Art 
der Kriegführung von dänischer Seite und durch das Ent- 
wischen der holländischen Flotte bei Maai-strand, welches auf 
ein Einverständniss des dilnischen Reichsraths, besonders des 
Erzbischofe von Lund, mit den Holländern zurückgeführt wurde. 
Diese Gerüchte giengen von Mund zu Mund und traten mit 
solcher Bestimmtheit auf, dass der Erzbisehof sich gezwungen 
sah, Lübeck gegenüber den Reichsrath sowohl wie sich selbst 

') Vgl. Voigt, Geach.Preufiseng8,2öfE. Zu den dort angeführten Belegen 
gesellen sich noch die Eecesee der Tngfahrl^n zu Kulm Jui)i 3, Mewe 
Juni 12 und einige Schreiben Danziga an Lübeck und seine dort weUen- 
den Rathssendeboten (Danzig). 

■'} Styfle 2, 289ff. 



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- 106 - 

von jedem Verdacht zu entlasten'). Seinen Zweck erreichte* 
er jedoch nicht. Auf einer Versammlung der kriegfiihrenden 
Städte zu Wismar theilte Lübeck mit, es sei benachrichtigt 
worden, dass Christoph sich demnächst mit Holland vertragen j 
werde mit Ausschluss der Städte, und schlug dageg 
den Sund zu speiTen, um die Holländer mit oder gegen den 
Willen Christophs von der Ostsee fern zu halten. Das hiei 
mit andeiTi Worten Dänemark die Fehde ankündigen 
dazu konnten sich die anderen Städte nicht verstehen. 
beschloss zunächst, durch eine Boteehaft von Christoph un- 
umwundene Auskunft zu verlangen und danach die erforder- 
lichen Massregeln zu treffen *). Die Befürchtungen scheinen 
etwas übertrieben gewesen zu sein und die augenblicklich in 
Dänemark weilende preussische Gesandtschaft mag im eigensten 
Interesse vermittelnd eingegriffen haben, denn bald darauf 
ersuchte Christoph die Städte um Geleitsbriefe für die hollän- 
dischen Gesandten zum kopenhagener Tage und liess seinen 
Boten mit den diesbezüglichen Aufträgen in demselben Augen- 
blicke nach Lübeck abgehen, als preussische Bevollmächtigte, 
auf der Reise nach Kampen zur Verhandlung mit Holland be- 
griffen, einem zahlreich besuchten Hansetage in der Travestadt 
beiwohnten. Die Städte gaben dem nicht sogleich Folge, zumal 
da aus dem Belte die Nachricht kam, dass die Holländer hansische 
Schiffe aufgefangen hätten und in den dänischen Häfen frei 
und ungehindert verkehrten. Sie beschlossen, den Ausgang 
der preussisch-holländischen Verhandlungen abzuwarten und 
bereiteten sich zum Kriege vor. Der aus dem erichschea 
Kriege her bekannte Flottenführer Bartholomeus Voet trat 
nochmals hervor und seinem Rufe folgten viele seiner früheren 
Genossen, bald waren 2000 Mann von Lübeck und Hamburg- 
aufgebracht und bereit, jeden Augenblick in See zu stechen") 



') [1440] Okt 9 (abschriftüch in Daiuig). 

") Recesa 1441 Jan. 10 (Wismar). 

") Nächst dem Receese zu liübeck 1441 März 13 (Lübeck t 
sioil hierfür Hauptquellen die Berichte Tidemans vom Wege und Heii 
BukB an Danzig 1441 März U, 19, 20, 26, April 2, Vi, 14, Mai 2 
Vorrath an Donzig Mai 1, 5 (Danzig). 



i 



— 107 — 

Erst als die preussi sehen Gesandten in Kampeti von den 
Holländern nur das Versprechen erlangen konnten, in Kopen- 
hagen über die Ersatzansprüche weiter zu verhandeln, sah 
man den Tag für gesichert an und fertigte die Geleitsbriefe 
risus^). Auch war Christoph genöthigt, sich den Städten zu 
Isähem, weil beim Ausbruch des Bauernaufstandes in Jütland 
auch mit Schweden, wie es scheint in Folge der Besiegelung^ 
der schwedischen Handfeste in der uns vorliegenden Form, 
und mit Norwegen wegen der Uebemabme der Krone durch 
iChristoph, Schwierigkeiten sich erhoben, welche eine Vermitt- 
mg der Städte wünschenswerth erscheinen Hessen. Indem 
■ ihnen seinen Geleitsbrief für die Holländer übersandte, 
ersuchte er zugleich um die Begleitung einiger Rathssende- 
boten nach Kalmar, welche nöthigen Falls die Anstände zwi- 
bchen ihm, den Schweden und den fjleichfalls hinbeschiedenen 
Sorwegem beilegen sollten. Die Städte entsprachen dem Wun- 
Khe, stellten sich zum angegebenen Termine in Kopenhagen 
HD, fanden aber die Sachlage geändert und die Reise des 
[Önigs in Frage gestellt. I)er schwedische Reichsrath war, 
rohl in Verbindung mit dem norwegischen, mit Forderungen 
lervorgetreten, welche den König bewogen, die Begleitung der 
Itädte dankend abzulehnen und die Fahrt zu verschieben *). 



^^ ') Bericht aber die Verhandlungen zu Kämpen 1440 April lOff. 
Danzig). Der Geleitshrief ChriBtophs datirt vom 30. April, der der StMte 
[od Herzog Adolfc von Schleswig vom 21. Mni (Hai^). 

') Der Briefwechsel zwischen den Schweden und Christoph ist niclit 

Vrhanden. Der König legte ihn den Städten vor mit der Bitte um ein 

Gutachten, diese gienireo aher nicht darauf ein, weil en darone nycht 

e to ladende, [syn gnade hadde wiaen rat, de des riikes legenlieyt 

Visten onde em darane wol wysten to redende. Darvor de here koning 

len Bteden — leet danken unde haet de stede, dat Be unde en jewelik sodanne 

schrifft ayuen oidesten wolde benalen, dat se doch mochten merken, wat 

ledelichejt sodanne schryfft innehelde edder nicht. Receas zu Kopenhagen 

Jon. soff. (Lüheck), Dass es Eich auch um Norwegen handelte, geht aus 

S.dem Bchwedisch-norwegischen Vertrage und aus der Ernennung eines 

■ Vogtes iör Bergen hervor. Seit dem Anfang August handelt Christoph, 

WaÜA ob er bereits KOnig in Norwegen sei. Vgl. S. 110 Anm. 2. Die 

nehwedifichen Quellen und darnach Lagerbring, Jahn u. a. führen das 

ffite Eintreffen Christophs in Kalmar auf den Bauemaüfetand zurück. 



Die sich anscIiHessondeii Verhandlungen zwischen dem Herr- 
scher und den Städten litten unter dieser Verstiminung Chri- 
stophs und entfernten beide Theile noch mehi' von einander. 
Die Städte forderten einen Beitrag zu den Kosten für Aus- 
lüstung der Flotte im Sunde, weil der Reichsrath sie 
Bemfung auf den lübecker Vertrag um Uutersttltzung 
gegangen sei, Christoph stellte jedes Gesuch in Abrede 
wollte von keiner Zahlung wissen, vei'stand sich auch 
nach langwierigen Verhandlungen zu einer vorläufigen 
stätigung ') aller hansischen Freiheiten gegen den Worllaui 
des Vertrages und vertagte die endgültige Anerkennung hia 
nach erfolgter Einsicht und Kenntnissnahme des Inhalts der 
Privilegien. Dann sollte auch über das Schicksal des Suni 
Zolls entschieden werden, auf dessen Aufhebung die preussiscl 
livländischen Gesandten, unterstützt von den andern, vergi 
lieh drangen*). Als inzwischen von Schweden befriedigende 
Erklärungen einliefen und Christoph sich entschloss, vor An- 
Ifunft der Holländer nach Kalmar zu gehen, verlangten die 
Städte vom Könige die Zusage, dass er die Holländer nicht 
geleiten wolle, falls der Friede mit ihnen nicht zu Stande 
käme, doch wich er allen bindenden Erklärungen aus und 
vei"Stand sich nur dazu, einige Reichsräthe mit der Vermittlung 
zwischen den streitenden Theilen zu beauftragen. Der her- 
vorragendste unter ihnen war der Erzbischof von Luud, wel- 
cher private Forderungen an die Holländer hatte. Diese 
langten eben noch zur rechten Zeit an, um mit Christoph 
persönlich verhandeln zu können, fanden ihn durch das Ver- 
sprechen, für den unbegründeten Angriff eine Geldstrafe 
erlegen, rasch ab und gewannen ebenso den Erzbischof dun 



aer 
ndF|^H 

'^9 



'} Abgedr. in RoBtodter wöch. Nachr. 1756, S. 1, 
*) Als eine BeachwerdeBchrift der Städte zur Verleaung gelan 
unterbrach der König die Lesung mit den Worten: na den worden t 
bebben se mer Privilegien unde iTjgheit iji dem riilie, 'wen de konii^ 
aulven befll. Im folgenden Jalire wurden in dem städtiEcbeu Archiven 
NacLsucliungeD angeordnet unch dänischen Priiilegien und diese dann zam 
Behuf der Uebersendung an den König transsumirt, die TraDESLunte «"ut- 
den auf einem Städtetage zu Stralsund zuerst verglichen. 



¥ 



kein Geidangebot'). Hierauf gestützt, erwiesen sie sicli gegen 
'die Stallte um so hartnäckiger. Bei den einander direkt 
widersprechenden Fordeningen der weuilischen Städte und 
ihrer Gegner wurde der Gedanke an einen vollkommenen Frie- 
den zwischen beiden Theilen bald aufgegeben, und man war 
beiderseits mit einem zehnjährigen Waffenstillstände zufi-ieden, 
während dessen Dauer Schiedsrichter einen Ausgleich herbei- 
führen sollten. Hierzu wurden, um fürstliche Einmischungen 
fern zu halten, vier Städte gewählt. Am schwierigsten ge- 
stalteten sich die Unterhandlungen mit den preussisch-livlän- 
disclien Gesandten, welche auf ihren Ersatzansprüchen fest 
bestanden und sich bereits eingeschifft hatten, um unverrich- 
teter Sache heimzukehren, als noch in letzter Stunde die 
Holländer auf die nachdrücklichen Vorstellungen der Dänen 
sich zur Zahlung bequemten '). Der Tag führte somit die 
Herstellung des Friedens auf der See herbei und erregte 
insofera allseitige Befriedigung, dagegen steigerte er in dem 
Verhältniss der Städte" zu Christoph das Misstrauen auf der 
einen und die Abneigung auf der andern Seite. In den Städten 
h^estigte sich die Ueberzeugung , dass der neue Herrscher 
die allen dänischen Königen vorgezeicbnete Politik, die Handels- 
Übermacht der Hanse durch Begünstigung und Zulassung auch 
anderer Nationen zu brechen, uneingedenk ihrer ihm erwie- 
senen Dienste durchzuführen entschlossen war und nur unter 
dem Druck der Verhältnisse nicht bereits jetzt diesen Weg 
eioEchlug. Der gänzliche Umschwung oftenbarte sich in vollem 
^Jfasse. als Erich die verhassten Städte um Vermittlung bei 



} Am 6. Aug. gieng Christopli nach Drakor, um sich nach Schweden 
einzuschiffen, indessen hielt ihn widriger Wind hia nach dem 10. Aag. zurück, 
am 16. traf er in Kalmar ein. Am 9. kamen die Holländer nach Kopen- 
hagen, fuhren am 10. Vormittags mit dem Erzbischof von Lnnd zum 
Könige, hatten Nachmittags bereits den Frieden abgeachloaaen und waren 
Dach KopenhE^en zurückgekehrt, Chsistoph erhielt 5000, der Erübischof 
1500 Giüden, allein in beiden Fällen war das Geld rascher versprochen 
als gezoblL 

') 90OO Gulden, die Zahlungstermine wnrden von den Holländern niclit 
eingehalteD und die Streitigkeiten ober den Modus der Zahlung zogen 
sich durch Jahrzehnte hin. 



— 110 — 

Christopli ei'auchte, dieser aber jegliche Füi'spi-ache der Städte" 
sieh verbat. Dies gescliab jeiioch erst, als Christoph sich im 
uuaiigefocliteiien Besitz der drei Kronen befand, bis dahin 
war er gezwungen, den Städten gegenüber sich vorzusehea j 
und Rücksichten zu nehmen, die ihm sonst fern lagen. 

Der Zugang zu den Thronen Schwedens und Norwegen! 
■war ilini unterdessen in Kalraai' vollständig geebnet wordei 
Der schwedische Keichsrath hatte mit den Sendeboten 
Korwegen den zu Lödöse geschlossenen Vertrag dahin et^ 
weitert, dass beide Reiche fortan unter einem Könige bleiben 
sollten, und Christoph die Entscheidung aller Streitfi'agen, 
besonders wegen des Zolles zn Bahus, übertragen, seine An- 
erkennung in Norwegen war damit ausgesprochen'). Chri- 
■stoph selbst zögerte keinen Augenblick noch vor dem offi- 
ciellen Abschluß dieses Vertrages, dem die Königswahl erst 
zu folgen hatte , die königlichen Rechte in Anspruch zu neli- 
men. Vor seiner Abreise nach Kalmar ernannte er einen 
neuen Vogt für Bergen und stellte ihn den Städten vor mit 
dem Ersuchen, ihm Unterstützung zn gewähren *). Erich, dec^ 
von Gothland aus Protest über Protest nach Kalmar sandte 
musste sich harte Abfertigungen durch die Schweden gefalleaT 
lassen, die ihn belehrten, dass auch das letzte Reich sieh 
seiner entledigt hatte*). Als Christoph am 16. Aug. in Kai- . 
mar eintraft), waren von den schwedischen Reichsräthen die 
meisten heimgekehrt, da die zweimonatliche Verzögerung d^ 
Reise des Königs ihre Geduld auf eine zu harte Probe j 
stellt hatte, doch stand der Krönung nichts mehr im Wega. 
Karl Knutssou bereitete ihm in Stockholm einen feierlichöiB 



mit 
deej 

idt^S 
illea^ 



^) Aug. 10, Hadorph 143. 

') Item to der Bulven tiid (.Aug. 3) do bat de erbenomede liere koning 
de Etede, dat se wolden scryyen dem copmanne, dat se Byrne Togede, de 
dar jegenwardich stimt, to Bergen weren gunstich unde bistendich wor he 
do beboff badde, deme de stede so gerae doeii wolden- Kopenh. Becess* 

'J Jahn 52Si., besonders der erste Briet TOm 8. Juli lä£st an Deut- 
licUieit nichts vermissen, 

*) Die Karlschr. v. 6858 und darnach Erich Oloi geben irrig: den 8. SegL i 
an, es beruht wohl auf einer Verwechslung von nativitaa und assomptio iC 



: aen ». ä^, n 



I 



— 111 — 

Empfang und uuter grossem Zulauf des Volkes wurde am 
13. Sept. am Moi-astein die eigeutliche Wahl vollzogen , ihr 
folgte am Tage darauf die Krönung auf dem Fusse nach '). 
Am Ziele angelangt, scheute Christoph sich nicht, dem ein- 
stigen Nebenbuhler um die Krone, Karl, den Unterschied 
zwischen Versprechen und Halten klar zu machen. Zwar er- 
nannte er ihn nach wenigen Tagen zum Drosten und bestä- 
tigte ihm den Besitz Oelands, belehnte auch ihn und seine 
Cemahlin mit einigen königlichen Schlössern ') , als aber der 
alte Di-ost Chriatiern aus Wiborg herbeieilte und über die 
ihm von Karl zu Theil gewordene Behandlung Klage fülirte, 
fand er williges Gehör. Karl , bereits nach der Hauptstadt 
Finnlands abgereist, wurde nach Stockholm beschieden und 
hier trotz aller eigenen Vorsiclit überlistet '■'). Er musste Abo 
herausgeben und sich mit dem durch den Tod des alten 
Drosten frei werdenden Wiborg begnügen. Die Geistlichkeit 
liess den Bischofssitz nicht in den Händen ihres Feindes und 
«rleichterte Christoph den Wortbmch. Als dann der König 
Schweden verliess und nach der Handfeste der Erzbischof, 
der Brost Kar! und der Lagmann von Upland die Regierung 
übernehmen sollten, wurde Karl ausgeschlossen und zwei seiner 
alten Gegner, Magnus Green und Erengisl Nilsson, in seine 
SteUe gebracht ■■). Nach alter Sitte ritt der König den Winter 
über seine Erichsstrasse, überall die Privilegien bestätigend 
und die königlichen Aemter und Schlösser vergebend. Er 
verstand es, diese massenhaften Gnadenbeweise in ein seiner 
Kasse einträgliches Geschäft zu verwandeln und ohne der 
Handfeste zu nahe zu treten, doch baares Geld aus dem 
Lande zu führen *). Das Reich von einem Ende zum andern 



1 utlagde 



*) Allen kost titer konuageQ haffde, marsken then all 
bciiauptet dio Karbchr. v. 69041'. 

') TgL d. Urk. bei Schröder, Mon. dipl. Suec. 7, 13. 

Er Uess Eich von Christopti Geleite zasagea und kam in Begleitung 
D 600 Mann. 
*) Hadorpb U9. 

*) Für jede VerleiliuBgsurk. oder Privüegienbestätigung musste an die 
Kanzlei mindosteos 20 Xobeln gezahlt werden, hiervon behielt der König 



I 



— 112 — 

•hwandernd und alle Verhältnisse ordnend , weilte er bis 
zur Mitte des folgenden Jahres in Schweden bis die Vorbe- 
reitungen zur Königswahl in Norwegen vollendet waren und 
die einzelnen Landschaften theils ihre Vollmacht dem dor- 
tigen Reichsrath übertragen, theils Abgeordnete zur Königs- 
wahl entsandt hatten. Am 1. Juni 1442 erklärten die 
letzteren, 36 an der Zahl, ihre Zustimmung zu allen Be- 
schlüssen des Reiclisraths über die Wahl Christophs unter 
Vorbehalt der unbedingten Anerkennung aller Rechte Nor- 
wegens durch den neuen IleiTscher, und widerspruchslos 
konnte wenige Tage darauf in Gegenwart der Vertreter der 
schwedischen und dänischen Reichsräthe zu Lödöse Christoph 
zum König tou Norwegen ausgerufen werden '). Die Krönung 
wurde unmittelbar darauf in Oslo vollzogen und ChiTstoph 
war Herr aller drei Reiche. Erst jetzt, um dem Ganzen die 
abschliessende Weihe zu geben *) , gieng auch in Dlinemark 
die Krönung vor sich. Bald nach der Rückkehr Christophs 
aus Norwegen setzte der Erzbischof von Lund ihm zu Ribe 
die Krone der dänischen Waldemare aufs Haupt, das Werk 
Margarethas schien vollständig wiederhergestellt zu sein ^). 

Und doch hatte man in Wahrheit dessen Fundamente 
hinweggeschafft und das Gebäude mit einem leichten, unhalt- 



dJB U&lfte. Die Karlschr, und Erich Olai Eagen ilun Gogar na.ch, dass er, 
mn mehr Geld zu machen, dieselben Schlüsser an 3 oder 4 Leute 
hintereinander verliehen habe, woraus eine Unzahl Streiligkeiten ent- 
standen seien. 

>) Tgl. Dipl. Norv. 3, 557; 5, 514. Die in Lödöse anweseade Geist- 
lichkeit ist Tollständig aufgezählt in einem Ablasshriefe lom 9. Juni & 
a. 0, 4, 647. 

') Nicht ohne Absicht heisst es in der Über den Krönnngsakt ange- 
nommenen Urkunde, derjErzb, von Land habe nach geleistetem ThroneidB 
eundera dominum Christophoium in arcb'regem regni Daniae gekrönt. 
Pontoppidan, Ann. eccl. Dan, 2, 587. 

*) Am 1. Jim. 1443; am 7. erhielt die Geistlichkeit zur Belohnung 
einen Schiedsspruch des Königs, wonach die missbräuchliche Misdening 
-dea 10, zum 15. aufs Strengste untersagt und die Zehntahgobe in volleq 
Umiange eingeschärfl wird, Pontoppidan a. a. 0. S. 589. Am 8. 'vrird 
Sg. Otto von Brannschweig- Lüneburg zu unserm tegetichen Iio%estndä 
nnd rate mit einem Jahrgelde von 300 .^ aufgenoinmen. Styffe 2, 397, 



- 113 - 

baren Dach gekrönt. Lediglich in der Person des Königs 
und auf die Zeit seines Lebens war die Vereinigung der drei 
Eeiche ei-neuert worden, weniger aus Vorliebe für den Ver- 
band als aus gegenseitiger Abneigung und Neid der Grossen 
den Reichen, Das neue Gnindgesefz , der Vertrag von 
1438, gab jedem Reiche nach dem Tode Christophs sein fi-eies 
.Wahlrecht zui'ück. Der König aber, der Repräsentant der 
Union, hatte in wesentlichen Dingen an Machtfülle eingebüsst 
nnd war an Handfesten gebunden, die ihm die Wahl liessen 
unter OberaufsieJit der drei Reichsräthe zu regieren und sich 
ihi-en Winken zu fügen oder mittelst Eidbruches selbst die 
Leitung in die Hand zu nehmen. In dem Kampfe des dritten 
Standes gegen den Adel und das Königthum hatte dieses den 
Adel stützen und an der Vernichtung der bäuerlichen Frei- 
heiten mitwirken müssen, um schliesslich dem Adel gegen- 
über selbst einen Theil seiner Rechte einzubüssen. Der 
Adel allein hatte dauernde Vortheile erworben, voran die 
hohe Geistlichkeit, in welcher sich das ganze Jahrhundert 
■ bindurch die modificirte Uuionsidee recht eigentlich verkör- 
H^rte. An eine innere Verschmelzung der drei verwandten 
H Völker dachte niemand mehr, im Gegentheil die grösstmög- 
BjKche Absperrung gegen einander, die Femhaltung jedes 
^piomentes, welches für die Vei-mischung ausgebeutet werden 
|!lU)nnte, wurde dem gemeinsamen Könige vorgeschrieben. 
Äengsthch achtete jedes Reich darauf, dasskein Ausheimischer 
Lehn oder Aemter erhielt, er sei (ienn zugleich anderweitig 
bereits mit liegender Habe im Lande ausgestattet. Ein allen 
di'ei Reichen gemeinsamer Krieg, wie ihn Erich dreissig Jahre 
hindurch geführt hatte, war fortan unmöglich, der König war 
nicht mehr im Stande, zu Gunsten des einen Reiches die 
andern zu den Lasten heranzuziehen, er war an die Zu- 
stimmung der Reichsräthe gebunden. Je mehr und je lauter 
in der Folgezeit von der Union gesprochen viirde, um so 
weniger sah man auf ihren Kern ; erfolgreich war der Ueber- 
gang von der durch Margaretha angestrebten Realunion zur 
Ausbildung einer lockern und losen Vereinigung unter einem 
■igemeinsamen Herrscher vollzogen worden, nunmehr musste 
Hier Hintritt des jetzigen Herrschers entscheiden, ob man hier- 

^B >. 3. Kopp, Zur GeB<:hiFlitv. % 



1 

I 

I 
I 



I 



- 114 - 

bei stehen bleiben oder den Sonderbestrebungen noch weiter.! 
bis zum Aiiseinanderfall in drei Einzelstaaten nachgeben | 
werde. 

Der mittelbare Urheber dieser Veränderungen. Erich, 
fristete sein Leben auf Gothland mit der Beute, die seine 
Schiffe von ihren Raubzügen auf der Ostsee, besonders in 
den schwedischen Scheren , heimbrachten. Mannigfache Ver- 
suche des Hochmeisters, der Hansestädte, Christophs, diesem 
Treiben Einhalt zu gebieten, fruchteten wenig oder nichts, 
da sie von Christoph, dessen Untertlianen in Schweden zu- 
meist darunter litten, ohne Nachdruck angestellt wurden, die 
ersteren von ihm keine Unterstützung erhielten. Als nach 
dem Tode Christophs Karl Knutsson auf den schwedischen 
Thron gelangte, erachtete er es für seine erste Regenten- 
pflicht, Schweden die langentfremdete Insel zurück zu er- 
obern. Dänischei' Entsatz bewahrte Erich vor der Gefangen- 
schaft, doch musste er die Insel meiden und sie seinem Be- 
freier Christian abtreten. Er gieng in die Heimath nach 
R^enwalde und setzte sein gewohntes Leben fort, nur die 
immer von neuem erschallenden Klagen über die Seenluberei 
der Seinen bekunden sein Dasein. Bis an sein Lebensende 
bewahrte er seine Gesinnungen gegen die Städte und gab 
ihnen zuletzt noch dadurch Ausdruck, dass er dem grossen 
Bunde deutscher Fürsten gegen das Bürgerthum beitrat und 
wenigstens seinen Fehdebrief nach Nüi-nberg sandte. Bald 
darauf starb er unbetrauert und verlassen, noch im Tode 
Zwist erweckend zwischen den Erben seiner aus Dänemark 
geretteten Schütze und seines Landes, den vorpommerschen J 
und den stettiner Herzogen. 

Er hatte das Werk Margarethas innerlich vernichtet, dasJ 
Eönigthum geschwächt und in gleichem Masse die Macht der I 
Aristokratie gehoben, zur Unterdrückung des Bauernstandes! 
in Schweden und Dänemark seinen Antheil beigetragen! 
und das Handels- und politische Uebergewicht der HanseJ 
im Norden Europas für das ganze Jahrhundert bis zumJ 
vollständigen Auseinanderfall der skandinavischen Reiche] 
befestigt. 



Anhang. 



[Die schwedischen Geschichtsquellen des fünfzehnten 
Jahrhunderts. 

Die einli ei mischen Quellen zuv scliweilischeu Geschiclite 
beginnen erst in der zweiten Hälfte des Mittelaltei's reicher 
und voller zu fliessen. Während im benachbarten Dänemark 
die mittelalterliche Historiographie gleichzeitig mit dem poli- 
tischen Aufschwung des Reichs an der Scheide des 12. Jahr- 
hunderts in Saxo Gramraaticus ihren Höhepunkt erreicht, er- 
hält Schweden zur Zeit seiner Unabhängigkeitskampfe gegen 
die Unionskönige die ersten zusammenhängenden Darstellungen 
seiner Geschichte. Ein nationaler Held lockt freilich bereits 
zu Beginn des 14. Jahrhunderts einen in der Muttersprache 
geschriebenen biographischen Versuch oder besser eine Art 
Familienchronik hervor, doch ist die Anregung zu diesem 
Werke von aussen her erfolgt: das Beispiel des unter dem 
Einäuss der geistig regeren Kreise am norwegischen Hofe 
stehenden Dichters fand in seiner Heimath keine Nachahmung. 
Die Annalenwerke der früheren Jahrhunderte — so werthvoll 
Lauch ihr Inhalt ist — beruhen in ihren älteren Theilen durch- 
■weg und fast ausschliesslicli auf dänischen Aufzeichnungen, 
l-nur vereinzelt und spärlich begegnen wir zu Anfang schwe- 
dischen Nachrichten. Allmählich mehren sie sich wohl, aber 
geraume Zeit verftiesst, bevor die schwedische Annalistik sich 
. freier und selbstständiger zu entwickeln beginnt und das enge 
welches sie mit der dänischen verknüpft, lockert und 
Auch dann aber treibt sie keine vollen reichen Blüthen, 



I 




— 116 - 

bereits zu Beginn des 15. Jahrhundeils stirbt sie ab, einige 
spärliche Schösslinge btos erreichen den Ausgang des Mittel- 
alters. So viel auch verloren gegangen sein mag, die auf uns 
gekommenen Reste zeigen zur Genüge, dass der Sinn für diese 
Gattung historischer Auizeichoungen im schwedischen Lande 
nicht sehr verbreitet gewesen ist. Besser erging es einem an- 
deren Zweige der Geschichtsschreibung, welcher die beengen- 
den Schranken der Annalistik überschreitend an den ersten 
gelungenen Versuch einer Reimchronik in heimischer Sprache 
anknüpfte. Mehr als hundert Jahre nach der Niederschrift 
des ersten historischen Heldengedichts bewog die glänzende 
Erscheinung Engelbrechts einen Sänger dazu, sich jenes zum 
Muster zu nehmen und seinem Volke die Si^eslaufbahn des 
aas dem Volke henorgegangenen und füi' das Volk kämpfen- 
den Befreiei-s Schwedens vom dänischen Joche vorzuftlhren. 
Zwar wurde die Absicht theilweise vereitelt oder nicht völlig 
erreicht, doch war der Änstoss gegeben. Der glückliche 
Nebenbuhler Engelbrechts und Erbe seiner Machtstellung, 
Karl Knntsson. griff den Gedanken nach dem schmählichen 
Falle des Seiden seinerseits auf und liess an das seinem G^ner 
gesetzte biographische Denkmal eine Schilderung seiner eigenen 
Thätigkeit anknüpfen. Auf sein Geheiss ward nun auch das 
älteste Gedieht, die Erichschronik, mit diesen jüngeren za 
einem ganzen verbunden und Schweden auf diese Weise mit 
einer Reimchronik beschenkt, die volle 200 Jahre schwedischer 
Geschichte behandelte und in der Verherrlichung Karls, des 
angebliehen Nachkommen Erichs des Heiligen, gipfelte. Hier- 
bei liess Karl es nicht bewenden. Ihm verdanken wir nach 
allen Seiten hin eine erhöhte Thä^gkeit auf historiographi- 
schem Gebiete, Abgesehen von den durch ihn veranlassten 
Spielereien, wie die zum Memoriren der schwedischen Königs- 
namen geeignete sog. kleine Reimchronik, oder historisch werth- 
losen Arbeiten wie die kleine ebenfalls in heimischer Sprache 
geschriebene Prosachronik, die sich gleicher Weise als ein Leit- 
faden für den Unterricht in der vaterländischen Geschichte 
betrachten lässt, verfasste vor allem der gewöhnlich als Vater 
der schwedischen Geschichtsschreibung bezeichnete Erich 
in Karls Auftrage die erste ausführliche Darstellung der 



I 



vaier ^h 
i Olaifl 

J 



- 117 - 

'Bammtgffichichte seines Vaterlandes. Karl hat sich um die 
schwedische Historiographie seiner Zeit ein unleugbares Ver- 
■dienst erworben, er vorzüglich hat die Fedeni in Bewegung 
■gesetzt, Danlf welchen die Quellen zur Geschichte des 15. Jahr- 
hunderts jene der vorhergehenden Zeiten so weit üben-agen. 
Und der von ihm ausgehende Antrieb wirkte auch nach seinem 
'Tode fort. Die grosse Heldenreimehronik, in der Muttersprache 
abgefasst, forderte zu Fortsetzungen auf, an welchen die Stures. 
die Verwandten und Erben Karls, nicht unbetheiligt sind. Ah 
aber der letzte Arbeiter auf diesem Felde, ein wadstenaer Mönch 
des 16, JaJirhuaderts, unwillig über das Vordringen des Luther- 
tiiums die Feder niederlegte, da übernahm es Olaus Petri, 
ein Schüler Luthers und Melanchthons , im Auftrage Gustav 
Wasas seinem Volke von protestantischem Standpunkte aus 
in ungebundener Rede die SchicksaJe seiner Vorfahren zu 
schildern: sein Vorbild war die Chronik des Erich Olai. 

Das enge Abhängigkeitsverhältniss der schwedischen An- 
nalenwerke von den historiographischen Arbeiten im stamm- 
verwandten Dänemark hat Dietrich Schäfer in seiner treff- 
lichen Schrift „Dänische Chroniken und Annalen von der Mitte 
des 13. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts" S, 90 ff, des 
'näheren nachgewiesen; er hat gezeigt, wie die Anfänge aller 
'schwedischen Jahrbücher aus dänischen Quellen geschöpft sind, 
, wie die gesammte schwedische Historiographie auf dänischer 
■ Grundlage gleichsam erwachsen ist. Von Dänemark ausgehend 
•und danach seine Aufgabe begrenzend, hat Schäfer die im 
■nachfolgenden besprochenen Ereignisse der schwedischen Ge- 
schichtsschreibung im 15. Jahrhundert nicht in den Kreis 
.seiner Untersuchungen hineingezogen'). Auf schwedischer Seite 
df^egen scheint man seit dem Erscheinen der Scriptores 
irerum Suecicaruni von Fant (und seinen Fortsetzern) ^ der 
Ansicht zu leben, als seien die Quellen der heimischen mittel- 
alterlichen Geschichte soweit geläutert und rein, dass es ihrer 

') Mit Ausnahme der unt«r Nr. 7 ziiaammeDgefassten Werke. 

') Bd. 1 erschien 1818 nach dem Tode Fants herausgegeben von 
Lindblom, Äuriville und Geijer : Bd. 2 1328 unter Redaktion von Geljer und 
Schröder. Von dem 3. ist bisher die Sectio poBterior (I87I) erschienen, 
'Me Herausgeher sind nicht genannt. 



— 118 — 

kritischen Sichtung nicht mehr bedürfe: in wie weit dies für 
das 15. Jahrhundert zutrifft, mögen die folgenden Zeilen zeigen. 
Die in Schweden vor der Ausgabe der Ss, rer, Suec. erschie- 
nenen quellenkritischen Arbeiten richten ihr Augenmerk ent- 
weder auf bestimmte einzelne Annalen oder Chroniken, deren 
Inhalt ohne Rücksicht auf verwandte Vorlagen oder Ableitungen 
geprüft wird, oder sie suchen den Entwicklungsgang der 
schwedischen Historiographie übersichtlich darzustellen. Bei 
den letzteren wird die Zeit bis zur Mitte des 16. Jahrb. regel- 
mässig mit einigen Sätzen abgethan, die ersteren dagegen 
leiden durchweg an ungenügender Berücksichtigung der Ueber- 
lieferung und Mangel an kritischer Combination. Als Beispiel 
der übersichtlichen Darstellungsweise mag die Abhandlung von 
Shering Rosenhane genannt werden'), welche Rühs in der 
Einleitung zum ersten Bande seiner schwedischen Geschichte 
auBzüglich wiedergiebt; der bedeutendste Vertreter der anderen 
Gattung ist zweifellos Erich Benzel d. J., der die erste ge- 
lehrte Gesellschaft in TJpsala stiftete und u. a. die heute noch 
nicht ganz werthlosen Acta literaria Sueciae herausgab *). 
Von den neueren hat G. E. Klemming weitaus die gi-ösaten 
Verdienste in Bezug auf Herstellung korrekter Texte mittel- 
alterlicher Geschichtsquellen. Wird auch im folgenden häufig 
seinen ßesultateii widersprochen, so hat doch erst seine Aus- 
gabe der schwedischen Reimchroniken eine Untersuchung der- 
selben ermöglicht. 

1. Reimchroniken, Die gesammteu reimchronikaüschen 
Aufzeichnungen aus dem schwedischen Mittelalter wurden seit 
ihrer ersten unvollständigen Veröffentlichung durch J. Messenius 

') Rede beim Kintritt in die kgl. vitterhets bistorie och antiquitete 
äcademie, ImndliDgar 5 S. 223 — 285. Leider ist mir die anscheinend tüch- 
tigere Arbeit Ton Stiernmaii, Tal om tarda weteuskaps tillütand i Svea rilte 
ander patVedom, nicbt zugänghch. 

') Die einleitenden Bemerkungea Senzela zu seinen Ausgaben, wie 
z. B. zu den Mon. veL eccl, Sveo-Goth. Ups. 1709, sind weit klarer und 
kritisch schärfer als die von Fant u. a. in den Ss. rer. Suec. Ein voll- 
Btandiges Verzeichniss der Arbeiten dieser und anderer Männer giebt die 
Bibliotheca Wst. Sveo-Goth. von Wamholiz, Stockh. 1782 — UpaaL 1817, 
14 Bde.; vgl. besonders Nr. 2493 S., Nr. 9010—33 und dann unter deni 
einzelnen KOnigen. 



I 





— 119 — 

1615 bis auf die jüngste Zeit hinab rein äusserlich dem Um- 
fange nach auf zwei Hauptgruppen : die grosse und die kleine 
Reimchronik vertheilt. Bereits Hadorph (1674) und Fant 
(1817) wiesen beiden Theilen mehrere Verfasser zu, ohne je- 
doch die einzelnen Bestandtheile und deren Zusammensetzung 
näher zu untersuchen. Die Glaubwürdigkeit vornehmlich dei- 
grossen Reimchronik, der anerkannt ersten Quelle für die 
schwedische Geschichte des 14. und 15. Jahrhunderts, stand 
so unantastbar fest, dass jeder Einspruch gegen die Zuver- 
lässigkeit einzelner Angaben nur schüchtern laut zu werden 
wagte und jede Nachforschung nach Verfasser und Äbfassungs- 
zeit unterblieb. Einen nicht geringen Theil der Schuld hier- 
an trägt Fant. Er hat in seiner Ausgabe ') die Hand- 
schriften in so durchaus ungenügender Weise behandelt, dass 
jede Untersuchung über den Bau der Reimchroniken gleich 
an der Frage nach der Ueberlieferung scheitern musste. 
In gerechter Würdigung dieses Missstandes hat der verdiente 
und bewährte Herausgeber altschwedischer Texte G. E. Klem- 
ming die „Svenska medeltidens rimkrönikor" in den Samlingar 
utg. af Svenska Fornskrift Sällskapet (Thl. 17, 3 Bde. Stock- 
holm 1S65 — 1868) von neuem in vorzüglicher Weise edirt und 
durch eine eingehende Beschreibung der Handschriften das 
hier gerade wesentlichste Hinderniss jeder Untersuchung hin- 
weggeräumt. Klemming hat zuerst mit der unhaltbaren her- 
gebrachten Scheidung in grosse und kleine Reimchronik auf- 
geräumt und die von ihm als selbstständige Werke behau- 
delteu Theile mit entsprechenden Namen versehen. Im nach- 
folgenden sind diese beibehalten worden, obschon unsere Er- 
gebnisse nicht überall mit denjenigen von Klemming überein- 
stimmen. 

') Ss. rer. Suecic 1, 1 S. 251—262; 1, 2 S. 1—212, Wie untlarFant 
das VerhältDJss der im jolgenden näher zu entwickelndea RedaktJoneD war, 
möge ein Beispiel zeigen. In seinem ersten Prooemium zur sog. grosBen 
Keimchr., a. a. 0, 1, 2 S. 3 verEchmelzt er die beiden Einleitungen von 
1452 und 1520 dergestalt, dass er v. 1—4 der von 1452; v. 5— 12U der 
von 1520 und die letzten 12 Verse wieder der von 1452 entnimmt und hier* 
auf erst in zweiter Linie beiläufig die Vorrede mitlheilt, welche wir jetzt 
als die uraprQngliche von 1320 erkennen, vgl. die angeAihrlen Verse bei 
Klemming 1 S. 1Ü3, v. 1 -4; 193 v. 5—130; lü4 v, 45-56. 



< 



^ 



— 120 - 

a. Erichschroniki), Die älteste schwedische Chronik 
in dichterischem Gewände, die alte oder Erichschronik , be- 
handelt in 4543 Versen die Jahre 1229 — 1319, will aber 
keineswegs die gesammte schwedische Geschichte dieser Zeit 
darstellen, sondern die Schicksale des folkunger Hauses und 
speziell Hei-zog Erichs (f 1318), des zweiten Sohnes von König 
Magnus Ladulas, schildern. In den Kämpfen des eriehschen 
EÖQJgshauses mit dem swerkerschen gewann das Geschlecht der 
Folkunger seine Machtstellung, setzte sich zu Beginn des 13. 
Jahrhunderts in den Besitz der Jarlwürde und gelangte 1 229 
durch die Empörung des folkunger Knut Johannsson anf den 
Thron. Zwar entriss der vertriebene Erich Läspe bereits 1234 
seinem Nebenbuhler die Krone, doch starb 1250 mit ihm das 
Geschlecht Erichs des Heiligen aus und der folkunger Birger 
Jarl erwarb nun dauernd seinem Hause die Herrschaft aber 
Schweden. — Mit der Erhebung von 1229 setzt nun der Ver- 
fasser der Erichschronik ein, berichtet kurz über die Kämpfe 
Knuts mit Erich und die Regierung Birgers , etwas ausführ- 
licher schon über die Streitigkeiten unter den Söhnen des 
letzteren bis zum Siege des Magnus Laduläs und knüpft dar- 
an eine Schildemng der RuKsenkriege, die zu der Königskrönung 
Birgers 1301 hinüberleitet. Von hier ab, v. 1832 ff., tritt 
durchweg der zweite Bruder des Königs, Herzog Erich, in den , 
Vordergrund. Er wird der Held des Gedichts und nimmt von 
seiner Brauttahrt nach Norwegen 1301 bis zu seinem Hunger- 
tode 1318 die Aufmerksamkeit des Verfassers allein in An- 
spruch. Alles was aus diesen Jahren berichtet wird, steht in 
Beziehung zu Erich und den Kämpfen, die er in Gemeinschaft 
mit seinem jüngeren Bruder Waldemar, mit König Birger. 
mit Dänemark und Norwegen zu bestehen bat. Wir erhalten 
eine im wesentlichen treue aber durchweg parteiisch gefärbte 
Darstellung des Bruderzwistes. Der dramatische Absehluss wird 
erreicht durch die Vertreibung des Brudermörders BIi^ct aus 
dem Reiche, der Enthauptung seines Sohnes und der KönigswaM 
von Magnus ,des dreijährigen Kindes des „milden Herzog" Erich, 

') Gedruckt Klemmiog 1 S. 1 — 160; HandacJirifteiibescbreibang 3 
243— 21Ü. Drei Hbb. enthalten die EricbBchromk als selbBt ständiges Werk, J 
Nachwort 3 S. 283—288. 



i 



I 




I 



Die Chronik veiräth ein nicht alltägliches Dichtertalent, 
Vena auch die Einleitung zum Erichsgedicht für ein Kunst- 
produkt zu lang gerathen ist. Die Jahre 1229—1298 bean- 
spruchen rund 1400, die folgenden 20 Jahre bis 1318 rund 
3200 Verse. Die Persönlichkeit des Verfassers ist unbekannt, 
doch haben wir ihn am Hofe Erichs zu suchen. Die Ereig- 
niflse seit mindestens 1302 hat er miterlebt und sein Werk 
1320 vollendet. Er selbst erwähnt freilieh seiner eigenen 
Persönlichkeit so selten, dass aus den vereinzelten Stellen nur 
wenig zu entnehmen ist. 1307 hält Herzog Erich zu Kong- 
häU Hof, dem der für gute Speise und Trank sehr eingenom- 
mene Verfasser beiwohnt. 

„viin ok miöd, öll ok most 

var ther yffrit til reet 

mik thotte, at jak halfuer ey seet 

en vänare kost an ther war" 
heisst es v. 2691 — 94. Ebenso schildert er aus eigener An- 
schauung den prächtigen Saal, den Erich nach seiner Ver- 
mählung 1312 zur Aufnahme seiner Gäste in Lödöse erbauen 
liess 

„swa wiit jak haffuer om landen farit 
jak saa an aldrigh annan slik," 
vornehmlich die Vorbereitungen zum Mahl finden seine unge- 
theilte Bewunderung „ädlare kost haffuer jak ey seet" v. 3533, 
34; 52. Von anderen Stellen, in welchen sich der Dichter 
selbst einfuhrt — v. 1007 (1278) liffwa nw nokre raen thet 
mwna, ähnlich v. 1455 (1298); v. 2713 f. (1307) u. a. — 
sehen wir ab, da dergleichen Wendungen bei Reimchronisten 
noch keine untrüglichen Schlüsse auf die Berichterstattung 
eines Augenzeugen an den Verfasser zulassen '). Dagegen be- 
findet sich dieser überaus häufig im Gefolge Erichs, ohne dass 
er es direkt ausspricht. Wollte man alle diese Stellen auf- 



\ 



') Klemming a. a. 0. 3 S. 284 stellt gerade dieee Stellen als die wicb- 
tigsten Torao , and ebenso citjrt Geet« Stadier rärsiude Sveriges Toman- 
tiska medeltids diktning 1 Eufemia - visoroa Ups 1875 S. 4 Anm. r. 1007 
als hauptsächlichen Anhaltspunlct tUr die Alterabestimmnng der Ericha- 
chionik. 



so erhielten wir ein fast vollständiges Itiaerar 
Herzogs, im folgenden sind daher nur einige aus Anfang, 
Aütte und Schluss der Laufbahn Erichs herausgehoben. 

Das nahe Verhältniss des Dichters zum Herzoge tritt zum 
ersten mal bei der Vermählung König Birgere heiTOr. Der 
Verfasser kennt die Umgebung Erichs, der bei dieser Gelegen- 
heit zum Ritter gesehlagen wurde, er weiss was in seiner Her- 
berge am Morgen nach der Hochzeit vorgeht und versteigt 
sich nach einer glänzenden Charakterschilderung seines in der 
der Geschichte ränkevoll und verschlagen erscheinenden Hel- 
den zum Vergleich „hertugh Erik wäre thz eii engel aflf hym- 
merik" u. s, w., v. 1428 ft'., während er des Herzog Walde- 
mar, des Marschall Thyrgil u. a. hervorragender Pei-sÖnlich- 
keitefl, die beim Fest zugegen waren, mit keinem Worte ge- 
denkt. Als dann 1302 Erich nach Norwegen zieht, um seine 
Verlobung mit der Tochter König Hakons zu feiern, folgt der 
Verfasser ihm nach. Ohne irgend welchen Grund werden eine 
Reihe von Persönlichkeiten am norwegischen Hofe aufgeführt, 
die mit Herzog Erich durchaus nichts, geschweige denn mit 
Schweden, zu schatfen haben, deren Namensnennung sich nur 
aus ihrer persönlichen Bekanntschaft mit dem Verfasser er- 
klärt. So erwähnt er z. B. v. 1894 — 1901 vollkommen episo- 
denhaft ohne jeden weiteren Zusatz den Tod des ,,herra Vinz- 
leff,"' in dem wir "VVizlaf H von Rügen zu erkennen haben, 
von dem weder vorher noch nachher die Rede ist. 
„Til varfrw kirkio the han baro 
the ädlo herra som ther waro 
L ok lägdou fore högha altare nid 

I som an er i margom landom sidh 

H thz man pläghar herra wel begaa" 

H lautet es dann, und hier zwingen sowohl Ortsangabe wie die 

I Bemerkung über den Begräbnissgebrauch dazu, den Verfasser 

I unter den Leidtragenden zu suchen. Dem entspricht die tief 

■ ins Detail gehende Schildei-ung des ehrenden Empfangs, wel- 

■ eher dem Herzoge Erich am norwegischen Hofe zu Theil wurde 
H und ebenso des herzhchen Abschiedes, als dieser vier Tage 

■ nach dem Leicheub^ängniss des Wizlaf nach Schweden zurück- 

■ kehrte. Endlich am Schluss der Laufbahn Erichs gehört der 

L . j 



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- 123 — 

Dichter zu den Begleitern seines Herrn, die nftch der Gefangen- 
nahme der beiden Herzöge ausgeplündert und dann zum Theil 
gegen Leistung des Versprechens nichts gegen den König zu 
unternehmen, entlassen wurden. Die Einzelheiten werden so 
genau erzählt, der Dichter ist mit allen selbst den unterge- 
ordnetsten Persönlichkeiten, welche in irgend einer Weise bei 
den schmählichen Vorgängen betheiligt waren, so vertraut — 
z. B. V. 3871 

„en tyzsk heet Walram Skytta 

han lagda boyor at thera been" 
V. -3893 if., der Tod des Kitter Arvid, v. 3914 ff., das Be- 
nehmen K. Birgers a. s. w. — dass er, der sich unmittelbar 
darauf, v. 4061, für den Tod Erichs ausdrücklich auf Bericht- 
erstatter beruft, sich unter den ihrer ,,wämpter ok hosin" be- 
raubten befunden haben niuss. 

Werden diese Stellen genügen, um die engen Beziehungen 
des Verfassers zu Herzog Erich von dessen erstem Auftreten 
bis zu seinem Tode darzulegen, so ist daneben die besondere 
Kücksichtsnahme auf die im ganzen Gedicht nie bei Namen 
genannte Königin Eufemia von Norwegen hervorzuheben. Sie 
begrUsst herzlicher als alle andern Herzog Erich, als er auf 
seiner Brautreise nach Oslo kommt, v. 1887 ff., dem entspricht 
der Grad ihrer Trauer bei seiner Abreise, v. 1916 ff,; sie 
legt für Erich ein gutes Wort ein, als die beiden Bi-üder vor 
Birger nach Norwegen fliehen, v. 2232 ff. ; gegen ihren Willen 
wird die Erich verhiessene Tochter von Hakon dem Sohne 
Birgers verlobt, v. 3102 ff-, die Heirath kommt aber nicht zu 
Stande und zu ilirer Freude erhält Erich nun doch die Hand 
der norwegischen Erbin, v. 3570 ff. Enfemia war deutscheu 
Ursprungs, eine Tochter Günthers von Arnstein, Grafen von 
Ruppin. Sie hatte die ihrem Hause eigenthümliche Vorliebe 
für Dichter und Sagen mit au den norwegischen Hof hinüber- 
genommen und veranlasste nach der Verlobung Erichs mit 
ihrer Tochter in den Jahren 1302, 1308 und 1312 die soge- 
nannten Eufemiavisor , d. h. sie Hess die bereits in nordische 
Prosa übersetzten Sagas Iwan och Gawian und Flores och 
Blanzeffor versificiren und den hertig Fredrik af Normaudie 



I 



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. dem deulschen ins schwedische übertragen'). In 
schönen in allen ritterlichen Künsten geübten , dabei ein- 
nehmenden und staatsklugen Herzog Erich erblickte sie „einen 
Ritter so heiTÜch wie Tristan, Iwein oder irgend ein anderer 
aus der Tafelrunde" *) , den rechten Mann für ihre Tochter 
Ingeborg, welche dem Vater auf dem norwegischen Throne 
folgen sollte'). Halten wir hiermit die Thatsache zusammen, 
dass die Schilderungen unsers Verfassers von Tumieren, v. 
1094—1125, Hoffestlichkeiten {Vermählung Birgers und Ritter- 
schlag Erichs V. 1386 ff., Krönung v. 1806 flf., Hochzeiten 
Erichs und Waidemars v. 3488 ff., Hofhaltung Erichs v. 3559 
ff. u. a.) und Kämpfen (z. B. Zweikampf des Mats Ketilmundsson 
im Russenkriege v. 1574 ff.) voll von Anklängen an Erzäh- 
lungen des ritterlichen Treibens und Lebens im Iwein und 
anderen Heldensagen sind'), dass er in der Literatur der 



') Die Streitfrage, ob Eufemia die nach ihr benannten Epen zaent in | 
norwegiBche Verae habe übertragen lassen, die dann erat viel später in i 
schwedische (und d^ische) umgesetzt worden seien, oder ob sie, beein- 
fluast durch ihr nahes Verwandte chaftsverhältniBS zu Herzog Erich, einen 
BchwediEchen Dichter mit der Uebersetzung betraut habe, hat eine eigene 
Literatur hervorgerufen und gerade in jüngster Zeit verschiedene Streit- 
schriften veranlasst. Die beiden neuesten Arbeiten, welche auch die Titel 
der frfiberen mittheilen, sind ein Aufsatz von Storm in der Nordisk tidskr. 
f. filologie och paedagogik, ny raekke 1 8. 23—43, welcher sich für das 
erstece und die oben S. 121 Anui. 1 citirte Abhandlung von Geete, weicher , 
sich Sa das zweite entscheidet. Geete hat bei seiner Arbeit einen hsl. | 
Ao&atz von Klemming, der die Frage in der Einleitung zu seiner Ana- ' 
gäbe von Flores och Blanzeflor (Sanil. af S. Fornskr. Sällak 1 (1844) S. 
Tll ff.) gieichiallB gründlich behandelt hat, gegen Storni benutzen können. 
Der Streit, auf den wir hier nicht näher eingehen können, scheint zu 
Gunsten der Schweden entschieden werden zu müssen, vgl. besonders Geete 
S. 28 S., wenn auch eine unzweifelhafte Gewissheit bei dem ] 
Stande der bsL Ueberlieferung und des Qoellenmaterials nicht ecrrichtl 
werden kann. 

*) Worte Munchs, Noreke folks bist. 4, 2 S. 893. 

'] Ingeborg war 1301 geboren, mithin zur Zeit der Verlobung zwei 1 
Jahr aSt, Munch a. a. 0. S. 391. unser Verfasser dagegen — das 
einzige grobe Schnitzer, den ich ihm nachweisen kann — sagt \ 
Jak tror at hon e; äldre waar, bn tha wpa sith tämpta aar. 

*) Direkte Entlehnungen habe ich bisher nicht gefunden. Der lit&- 1 
arische Zug, der die europäische Welt am Ausgang des 13. und am An~ J 



- 125 — 

Ritterromane gut bewandert ist, v. 1395 wäre ther Gawion och 
Persefal, v. 20 Didrik fan Berner ') : so liegt der Schluss, dass 
wir in ihm einen mit dem Diuhterkreise am norwegischen 
Hofe wohlbekaonten Mann zu erblicken haben, sehr nahe. 
Alsdann erklärt sich niclit nur seine Zuneigung zur Königin 
Eufemia, sondern nun gewinnt auch die angezogene Notiz über 
Wizlafs Tod an Interesse und bestärkt andererseits wiederum 
jene Folgerung, Wizlaf II. war Grossvater der Eufemia, an 
seinem Hofe war sie erzogen worden, sein Sohn aber "Wizlaf lU. 
zeichnete sich als Minne und Spnichdichter aus und somit 
nahm unser Dichter an dem Schicksal seines Vaters zwie- 
fachen Äntheil. 

In Bezug auf den Stand des Verfassers geht aus dem Ge- 
dicht nur so viel hervor, dass er kein Geistlicher war, jeden- 
falls kein Angehöriger eines Ordens. V. 532 ff. weist er das 
in der schwedischen Geschiclite häufig genannte Kloster Warn- 
hem den Dominikanern zu, wähi'eud es von Cisterciensern be- 
setzt war ") , ein Versehen , dessen sich ein Geistlicher kaum 
schuldig ^gemacht hätte. Das Wirken der Geistlichkeit, die 
in diesen Wirren ihren Einfluss nach Kräften geltend machte, 
wird vollständig mit Stillschweigen übergangen. Ein einziges 
mal wird in der Einleitung Bischof Kol von Strengnäs als 
Friedensvermittler namhaft gemacht, v. 252 if., im ganzen 
übrigen Gedicht kein PrHlat auch nur genannt. Ebensowenig 
werden Heilige oder Maria angerufen ; Gud i hymmerike liaffwe 
henna siäl ist der stehende Wunsch, der jedem Hingeschie- 
denen nachgesandt wird. Der Bericht über die vielen Kloster- 
gründungen des König Magnus, den man dagegen geltend 

fang des 14. Jahrh. durchzog, verdient es wohl, einmal im ZuBammenbang 
behandelt zu werden. 

') T. 3916 heisst es von Birger: er benahm eich „rat Bom hau were 
en arablodhe." Fant, 8s. rer. Suec. 1 , 2 S. 46 Anm. h erklärt amblodhe 
nach Ihre nur aus dem ZusammenliaBg durch fatuus, während Geijer, 
Schwed, OcBch, 1 8. 78 Anm. 1 ea in Amblethus korrigireu will und aus 
diessr Stelle ersieht „wie allgemein in Schweden die Sage von jenem 
dänischen Prinzen ijlamlet) bekannt war." Die Richtigkeit dieser meines 



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( 
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LWiBsenB nie beachteten Konjektur voraus gesetzt, erweist dies Citat die ^M 
Bekanntschaft nnsera Dichters anch mit dem dänischen Sagenkreise. ^M 

') Vgl. Styffe Skand. under Unionst S. 12.^. fl 



— 120 — 

machen könnte, findet seine Erklärang' in der üebenr*be der 
Sdiwester Herzog Erichs, Richissa, an das Clarenkloster zu 
Stockholm und noch mehr in den an die Eibauunfi des Stifts 
sich anschliessenden Festlichkeiten. Man vergleiche nur die 
Schilderung der Ertheilung des Ritterschlags an Birger, Her- 
zog Albrecht von Braunschweig, (en stolt herra och ho»elik)> 
und 40 andere, und des sich daran anschliessenden Tanzes, 
V. 1146 ff., mit der des Baues der Klosterkirche, v. 1170 (F., 
und man wird leicht ersehen, wohin die Neigung des Ver- 
fassers geht, wahrlich nicht zum Kloster. Diesem vereinzelten 
Falle entspricht die allerorten hervortretende Lust an Spiel 
und Kampf, am frohen Mahl im Kreise der WafFengenossen, 
überhaupt an dem in den Heldengedichten geschilderten ritter- 
lichen Thim und Lassen. Fromme Werke, Bussübungen und 
dgl. sind in diesem Gedicht nicht zu suchen. Es gehört 
jener Gruppe von Reim Chroniken, welche, von Laien geschrie- 
ben, sich durch frische Natürlichkeit und lebendige Darstel- 
lung vor den von Geistlichen hei-stammenden meist vortheil- 
haft auszeichnen. 

Die Abfussungszeit des Gedichts lässt sich mit ziemlicher* 
Sicherheit auf 1320-1321 feststellen. V. 1596 f. zum Jahr 
1298 lauten 

„drotzet Matius var tlia sweii 
han war then som stappade en vid en.'' 
Mats Ketilmundsson wurde aber erst 1318, wie der Chronist 
selbst V. 4252 ff, berichtet, zum Drost gewählt, gab das Amt 
1322 an Knut Jonsson ab und starb 1326. Demnach fällt 
die Niederschrift dieser Verse in die Jahre 1318^22 oder 
spätestens 1326 ^). Die zeitlich letzten Ereignisse, welche uns 
berichtet werden, sind die Wahlen des dreijährigen Ma^us 
Erichsson zum Könige in Schweden und Norwegen 1319 und 
die Enthauptung des Magnus Birgersson 1320, dagegen ist dem 
Verfasser der Tod des König Birger in Dänemark 1321, welcher 
einen weit dramatischeren Abschluss gewährt hätte, noch unbe- 
kannt; den Fluch, den Birger durch die freveliiafte Ermordung 

■) Vgl Chroiiol. XII (und daraus XXIII) Fant Ss. rer. Si 
S. 28 (imd 95). 



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- 127 — 

der beiden Herzoge auf sich herabzog, Itann er nur an der 
Hinrichtung des unschuldigen Sohnes nachweisen, der Frevler 
selbst lebt noch, wenn auch ausser Landes. 

Steht damit das Jahr 1320—21 für den Abschluss des 
tiedichts fest, so folgt doch noch nicht daraus, dass es in 
einem Zuge niedergeschrieben ist. Vielmehr scheint es ur- 
sprünglich von dem ei-sten Auftreten Erichs und seiner Braut- 
fahrt nach Norwegen bis zum Vollzug der Vermählung mit 
Ingeborg, v. 1832— 3ö23, gereicht zu haben. Aus den Jahren 
1313 -1317 weiss nänalich der Verfasser nichts zu berichten, 
zwischen v. 3623 und 3624 liegen vier Jahre, und unwillkürlich 
drängt sich die VermutUung auf, dass er erst nach dem Wie- 
derauBbrucb des Bruderzwistes abermals zur Feder g^riffen 
habe, um den Ausgang seines Helden zu schildern. Ist diese 
Annahme richtig, so beweist v. 1596 f., dass die Einleitung '). 
deren letzter Theil, die Russenkriege, wesentlich den 1310 ff. 
Schweden beherrschenden Mats Ketilmundsson feiert, erst 
1320 dem Kern voi^esetzt oder mindestens um die Thaten des 
Mats bereichert worden ist Lilsst sich for diese Hypothese 
auch nichts beweisendes beibringen, so entspricht ihr doch 
der Umstand, dass erst nach v. 1832 genaue Datenangabeu 
vorkommen*) (v, ISÖ-S fämpte dagh jwla. v. 1902 nyonda dagh 
jwla, V. 2540 varfrwdagh; v. 2608 Mikeismesso u. s. w.j und 
der Verfasser über selbsterlebtes berichtet. Ist aber die 
Chronik wirklich derartig enttitaoden, so zeigt sich das Ver- 
hältniss des Dichters zum norwegischen Hofe in anderem 
Liebte, wir haben es uns in dem FaJle noch enger und ioatger 
zu denken, als es oben auegeqirocbeo itt, tind nlkafea in 6em 
Chronisten möglicher Weise den Uebersetzer der Enfeniisvisor 
erblicken. Ueber die Wahrscheinlichkeit oder UnwafandMüi- 
Ikhkdt Aitsei Vennalhang wage ich nicbt za eatieh ei tei. 



T I ^, . i M,. e— aai Uäramagta kräMrW (Ißditm m Gtbtt, ttiUa mi kr- 
atmT - -- 
*) Dm emngß nr w. Uta i 
145^ MM itm Jabe 12K Wort« lid Mf 4« Bawariaiig. m i 
lUi ■■■ifiilmr Ale aadsn ii te ,lwgifcr vm F^ rick I 
OMca m4 iMcfpairt (*gL mtm n c). 



— 128 - 

jedenfalls wäre es eine lohnende Aufgabe für einen Philologen, 
den Sprachgebraucli unsers Dichters darauf hin zu unter- 
suchen ^). 

b. Karlschronik^). In den älteren Ausgaben ist an 
die Erichschronik unmittelbar eine „Continuatio I ab a, 
1319—1452 a Laurentio Arosiensi" angeschlossen, Fant a. a, 
0. 1 S.2, 53 ; Hadoiph Rimkröniltor 1 S.150. Diese Bezeichnung 
ist in jeder Beziehung unrichtig. Der durch seine Fabeleien 
genugsam bekannte Job. Magnus beschreibt in seiner Historia 
Gothorum Sveorumque 1. XXIll c. 5 (1554) den Zug Karl 
Knutssons nach Schonen 1452 und erwähnt dabei „hoc loeo 
Laureneius Arosiensis historicus affirmat, Carolum numerasse 
decies centena millia ex Gothis, Suecis et Finnis ad bellum 
cum opus esset, idonea," eine Stelle, die meines Wissens zuerst 
den Laurentius nennt und viele weitere Irrthilmer veranlasst 
hat. Messenius, 1581 — 1637, Prof, der Rechte zu Upsala, 
wollte hieaiit eine nicht minder übertriebene Angabe der Karls- 
chronik, welche Karl 60000 Mann unterstellt, v. 8624, in Ver- 
bindung bringen und erklärte in der aus seinem Nachlass voq 
Peringskiold 1700 ff. herausgegebenen Scondia ülustrata*) den 
Laurentius für den Verfasser der gesammten reimchronikalischea 
Masse 1319 — 1496, während er 1615*) in der Vorrede zu 
seiner Ausgabe der Erichschronik noch auf Erich Olai als 



') Das HauptlimderuiBB einer siilcbeii Arbeit ist, daBs die besten Hsb, 
sowohl der EricbBcbronik wie der Eufemiavisor hundert und mehr Jahre 
jünger sind als die Äbfassungszeit der Chronik und Sagae. 

') Text Kleraming 2 S. 1 - 384, HandBchriftenbeBchreibung 3 S. 254 ff., 
Nachwort 3 S. 294— 29B. 

') Vgl. seine Verweise t. 12 S. 221, 224, 23-5; t. 13 S. 34, 67 und vor 
allem die Vorrede zu t. 15, in welcher er dem Laurentius Ärosiensia 
qui rTtbmis biBtoriam ipsiuB [Earoli] Suecicis elabaravit, ewigen Ruhm ver- 
heisst. Er wnsste von ihm, wie aus seinen Citaten hervorgeht, nichts mehr 
alE was J. Magaus angieht. T. 13 S. 8i tbeilt er eine Liste der mittel- 
alterlichen Historiograpben mit, die er benutzt habe, davon sind mehr als 
«wei Drittel tbeils seine, tbeils des Magnus Erfindungen. Der 30. und 
letzte ist „Laurentius Arosiensis circa 1461." Erich Olai fehlt. Von den 
ältesten mögen nur Jorunderus, EarderEonius, Baulvercherus genannt Bein, 
deren Namen schon genug besagen. 

') Die jedem Theile der Scondia vorgesetzten Vorreden des Messeniua 
datiren 1620—1632. 



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dUBj^^l 



I 
I 



muthmasslichen Autor hinwies. Schlimmer war es,~(la88 er 
auf dem Vorsetzblatt einer jetzt auf der kgl. Bibliothek zu 
Stockholm befindlichen Handschrift, Klemming Nr. 10, 3 S. 
263, gleich Fant Nr. 3, S. 2, bemerkte: Quidam Laurentios 
Arosiensis hunc scripsit libiiira anno 1481 , ut liquet ex pag 
492; ex isto conpilavit lihello Ericas Upsalensis suum chronicon 
postca '). Diese Inskription , die erst Klemming als von der 
Hand des Messenius herrührend erkannt und bezeichnet hat, 
wurde von den späteren Benutzem der Handschrift auf Treu 
und Glauben angenommen, obgleich die ganze Handschrift und 
speciell pag. 492 auch nicht einen einzigen Anhaltspunkt für 
die Versicherung enthält, vielmehr nach Klemming aus dem 
Beginn des 16. Jahrhunderts stammt. Bis in die neuere Zeit 
wurde nun Laurentius für den Verfasser gehalten , obgleich 
der Nachsatz : ex isto-postea genügt, um die Fragwürdigkeit der 
Angabe zu erkennen. Nachweislich hat Erich Olai mit der 
Ausarbeitung seiner Chronik mindestens 1464 begonnen, kann 
daher den 1481 schreibenden Laurentius nicht benutzt haben, 
während dieser wiederum ebenfalls nach Messenius die Er- 
eignisse bis 1496 vorausschauend geschildert haben mUsste. 
Um die Verwirrung noch zu steigern, hat man, da im ganzen 
an Urkunden wahrlich nicht armen 15. Jahrhundert ein Lau- 
rentius Arosiensis nicht nachzuweisen ist, einen angeblich 1500 
nach anderen 1505 gestorbenen Kanoniker Lorenz Ragvaldi 
aus Westerils für den \'erfaBser der letzten Theile der kleinen 
Reimehronik ausgegeben ') und gemeint, daher sei der Irrthum 
entstanden; jedoch beruht diese Hypotliese gleichfalls auf 
Missverständniss und Verkennung der Redaktion von 1520. 
Erst wenn die dem Joh. Magnus zu Gebote stehenden Hülfs- 
mlttel und Handschriften vollständig ermittelt sein werden^)» 



*) Fant liest pag. 412 und lässt wohlweislich den Nachsatz ex isto 
bis postea weg- 

') Benzel, Monum. ecc). Sveogothicae S. 231. Nach Klemming 3 S. 
293 Aun. 1 haben die mir nicht zugänglichen Wicander and Stieroman 
diese Ansicht schon vor Benzel ansgeap rochen. 

"} Er selbst führt a, a. 0. c. Vlll 3. IT als seine Quellen auf Felsen 
eingegrabene Gesänge (Runeninschriften), sehr alte zu Upsala aufbewahrte 
(er schrieb in ßoin) Gotbico aermaue et charactere geschriebene Bücher, 



I 
J 



— 130 - 

kann die Frage, ob er den Laurentius wie so manchen ancIereT 

frei erfunden hat oder selbst bereits Opfer einer Fälschung ist, 
zum Austrage kommen. Für uns ist der Name des Verfassers 
schon aus dem Grunde unbekannt, weil die „Continuatio ab 
a. 1319 ad a. 1452" weder ein zusammenhängendes ganzes ist 
noch von einem Verfasser herrührt. 

Sehen wir zunächst von dem weiter unten zu behandeln- 
den Gedichte , welches die Erichs- und Karlschronik mitein- 
ander verbindet, ganz ab und fassen den Inhalt der letzteren 
ins Äuge. Sie beginnt mit dem Versprechen an den Leser, 
manche Wunder zu erzählen, und geht sodann ohne weitere 
Umschweife auf die Stiftung der kalmarischen Union über. 
Die Schweden lassen sich durch eine „danske qwinna", Mar- 
garetha , übei-tölpeln (ey wäre kloke) , welche , sobald sie die 
drei nordischen Reiche vereinigt hat, ihre schwedischen Unter- 
thanen liberall zurücksetzt. Mit schwedischem, durch ausser- 
ordentliche Steuern aufgebrachtem Gelde kauft sie Gothland 
zurück anstatt die Insel zu erkämpfen, verschafft darauf ihrem 
gegen Schweden in noch höherem Grade eingenommenen Neffen 
Erich die Nachfolge und fSngt mit Holstein einen Krieg an, 
den nach ihrem Tode Erich fortsetzt. Dieser lässt nun seinem 
Hass gegen Schweden fi-ei die Zügel schiessen, bricht seinen 
Throneid in jeder Hinsicht und strebt immer offener nach 
Vernichtung aller Rechte und Freiheiten Schwedens, welches 
Pommern einverleibt werden soll. Ausländer erhalten alle 
Lehen, der schwere Druck der Kriegslasten wird vom Könige, 
besondei-s nach der Kriegserklärung der Hanse, welche von 
Erich kein Recht erhaltL'n kann, stets verschärft statt ge- 
mildert, Bischöfe und Lagmänner werden nicht mehr frei ge- 
wählt, sondern vom Hofe ernannt, die Klagen des Volkes über 
das unerträgliche gesetzwidrige Gebahren der Vögte bleiben 
unberücksichtigt. Endlich ermannen sich die Dalekarler, ent- 



I 
I 

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Erich Olai, Sajto u. a. bis auf Krantz hinunter auf, ohne des Laurentins 
mi erwähnen. Seine Haupiquelle war jedenfalls sein Geliim. Die löbliche 
Gewohnheit, die schwedischen ESnige von Magog herzuleiten, die sich im 
BChwedisch-pommersclicn Staatskalender his 1803 erhalten hat, vgl. RüLa, 
Schwed. Gesch. I S. XXU, stammt übrigens niclit, wie Rühs meint, von J. 
Magnus, sondern vom Verfasser der Eeimchronik von 1S20 her. 8. unten. 



— 131 — 

senden Engelbrecht zum Könige und nun geräth die Erzäh- 
lung in Fluss. Breit und ausführlich wird die glänzende Lauf- 
bahn Engelbrechts geschildert, vor ihm treten alle anderen 
schwedisclien Grossen, auch Karl Knutssou, vollständig in den 
Hintei'grund, sie wie König Erich werden nur erwähnt, wenn 
sie zu Engelbreeht in Beziehung treten. Das volle Licht fällt 
stets auf den Volkshelden und dessen Anhänger; ans dem 
Lager der anderen Parteien weiss der Verfasser nur die, sei 
es feindlichen sei es freundlichen , Berühmngen mit Engel- 
breeht zu berichten. Mit der detaillirten Erzählung der Er- 
mordung und des Begräbnisses von Engelbrecht schliesst v. 
2765 und ändert sich der ganze Charakter des Gedichts. 
Von hier ab ist der aristokratische Karl Knutsson der Mittel- 
punkt, der alles beherrscht, während der einzige hervorragende 
Gesinnungsgenosse Engelbrechts, Erich Puke, uns jetzt als der 
ränkevolle und herrschsüchtige Unruhestifter vorgeführt wird. 
Als er seine „falshet" verdienter Weise am Galgen büsst, um- 
reitet Karl ganz Schweden und alles gelobt ihm Treue. Doch 
erwachsen ihm jet^t neue Feinde, Kämpfe mit den Anhängern 
Erichs, den Bauern u. a. — die den Verfasser nicht abhalten, 
daneben eingehend über die zweite Hochzeit Karls zu refe- 
riren — bis endlich Erich vertrieben ist, aber auch Karl 
durch das Auftreten Christophs sich um seine Errungenschaften 
gebracht sieht. Dafür tröstet ihn der Verfasser durch die 
Prophezeiung einer achtzigjährigen Jungfrau, dass er trotx 
alledem zum König bestimmt sei. Mit unverkennbarem Miss- 
behagen berichtet er über die Ankunft und Krönung Christophs, 
selbst das Volk muss seine Unzufriedenheit kundthun (v. 
6886 ff.). Ueber die Jahre 1441—48, die Kari in Finnland 
verlebt, hilft sich der Chronist mit nicht voll 250 Versen hin- 
weg, die der Schilderung des aus der Wahl Christophs füi- 
Schweden entspriessenden Unglücks gewidmet sind. Nach 
dessen Tode besteigt Karl den Thron und nun brechen für 
das Reich neue bessere Tage an. Gothland kann freilich 
wegen des Verraths von Magnus Green nicht erobert werden, 
dafür erwirbt Karl die norwegische Krone und überwindet 
glücklich nicht nur Christian, sondern auch die noch gefähr- 
licheren inneren Feinde. Mit einer Betrachtung über den wun- 



— 132 — 

derbaren Schutz, den Gott ihm gegen diese gewährt, bis v. 
9610, schliesst, wenn man will, ein Kapitel, von dem folgen- 
den — Bericht über einen neaen Angriff des Magnus Green 
1452 — ist nur der Anfang, v. 9610—9628, erhalten, das Ge- 
dicht ist unvollendet. 

Nach Klemming ist dieses von ihm Karlschronik getaufte 
Werk einem') Verfasser zuzuschreiben, der die von ihm ge- 
schilderten Ereignisse miterlebt nmi seine Arbeit 1452 voll- 
endet hat-). Dieser Annahme gegenüber lässt bereits die 
kurze Inhaltsübersicht erkennen, dass die Chronik verschiedene 
Bestandtheile enthält, welche erst hinterdrein zu einem zu- 
sammenhängenden ganzen verbunden worden sind, und bei 
näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass wir in ihr ein in 
drei Absätzen geschriebenes Gedicht besitzen, dessen erster 
1436 vollendeter Theil einem anderen Verfasser zuzuschreiben 
ist, als der zweite bis 1440 reichende Abschnitt, während 
dieser wiederum mit dem Bericht über die Thronbesteigung 
und die ersten Regieningsjahre Karls bis 1452 einen gemein- 
samen Verfasser hat. Dieser ungenannte Dichter überarbeitete 
bereits vor 1449') den ersten Theil, welchen wir das Engel- 
brechtslied nennen wollen, und unterwarf ihn 1452 einer noch- 
maligen eingehenden Durchsicht. Ebenso wuide der 1440 ab- 
geschlossene zweite Abschnitt gründlich emendirt, bevor er die 
1452 festgestellte Form erhielt. In dieser Gestalt von 1452 
liegen beide im Abdruck bei Klemming vor '). Bei der Be- 
schaffenheit der bis jetzt bekannt gewordenen Handschriften 
veimögen wir die ursprüngliche Gestalt des Engelbrecbts- 
liedes nicht mehr herzustellen, wohl aber die der ersten Re- 
daktion, während beim zweiten Abschnitt die Möglichkeit einer 
Rekonstruktion voihanden ist. Den Beweis für diese ßehaup- 



'1 3 S. 856: författerskapet säkertigen tillbör en pereon. 

') Die Redaktion, welche die Earlschronik tod 1452 nachiier bei der 
HerBtetlung der Erich-Karlachronik erftihr, kommt hier nicht in Betracht 
vgl. unten zu c. 

') Wahrscheinlich bereits vor 1440, gleiclizeitig mit dem Beginn der 
AuGartieitiuig des zweiten Abschnitts. 

*) Die früheren Ausgaben von Fant, Hadorph u. s. w. gehen den Test 
der Erich- Karlschronik, vgl. tmten. 



— 133 - 

^ügen erbringt theils die Originalhandschrift des Verfassers, 
welcher die Karlschronik 1452 in die uns im Klemmingschen 
Text vorliegende Form brachte, theils das Gedicht selbst. 

Die aus dem Jahre 1452 stammende ') Handschrift befindet 
sich auf der königlichen Bibliothek zn Stockholm und es ist 
wiederum ein Verdienst Klemmings iliren Werth erkannt und 
gebührend gewürdigt zu haben*). Sie besteht aus 126 BI., 
die auf 11 ungleiche Lagen vertheilt nächst einem kurzen 
Königsyerzeichniss von Olaf Schosskönig bis auf Karl Knutsson 
lediglich die Karlschronik in der von Klemming veröftentiichten 
Gestalt enthalten. Neun Schreiber wechseln in ihr mit ein- 
ander ab , während der Herausgeber in einigen von einer 
zehnten Hand herrührenden Verbesserungen und Zusätzen den 
Verfasser selbst erkennen will. Zahlreiche Veränderungen, 
Nachträge, Zusätze, Randnoten, auf kleinen Papierblättchen 
eingeheftete Einschiebsel, ebenso auch Streichungen, Tilgungen, 
Radirungen u. s. w., die sich im ganzen Codex finden, ver- 
leihen ihm den Charakter eines Conzepts. Jedoch war er ui- 
sprünglich Reinschrift. Gleich die erste Hand, v. 1 — 1261, Lage 
1, hat den Charakter einer solchen bewahrt, da sie nur wenige 
Aenderungen und Bereicherungen aufweist, während die Rein- 
schrift von Hand 2, v. 1262—2765, Lage 2 und erste Hälfte 
von 3, durch eine Unzahl von Korrekturen und Zuthaten voll- 
ständig zum Conzept geworden ist. Desgleichen ist Hand 3 
V. 2766—3887, zweite Hälfte der 3. und 4. Lage, Reinschrift 
geblieben, während die folgende Gnippc, v. 3888—5597, Lage 



') Klemmiog sagt 3 S. 2r54: vid är 1452, soweit reicht die Chronik. 
Jedenfalls muas die Hs, vor 1457, der ersten Vertreibung Karls, geschrieben 
sein und Bind demnach 1452 and 1457 die Zeitgrenzen. Der Kürze wegen 
ist im folgenden stets von der Redaktion von 1452, statt 1432 — 57, 
die Bede. 

*) Hadorph bat sie nicht gekannt, während Fant sie a. a. 0. S. 2 als 
Cod. 4 anfüihrt, ohne sie dem Anschein nach angesehen zu haben, 
bezachnet sie fiUschlich als den von Hadorpli benutzten und seitdem ver- 
schollenec Cod. Rälambianus, welcher nach Hadorph minderen Wcrthes 
war, und lieas sich vermuthlioh durch den Katalog des AntiquitatsarcbivB, 
in dem sie als Rälambianus verzeichnet ist, verführen. Aus der eingehen- 
den und sorgfiJtigen Beschreibung der Hs. von Klemming 3 S, 24.5 — 2-57 
ist hier nur das tur uns nothwendige herausgehoben worden. 



- 134 — 

5 und 6, in der sich Hand 4—6 abwechseln'), durch eine 
Ueberfülle von Emendationen und Nachtrügen ausgezeichnet 
ist. Von hier ab bis zum Schluss lösen die Hände 6—9 ein- 
ander ab , enthalten jedoch keine Tilgungen oder Zusätze 
sondeiTi nur unbedeutende Nachbesserungen. 

Von all den Aenderungen ist nur ein geringer Bruchtheil 
in dem zweiten Theile der Handschrift von den betreffenden 
Schreibern selbst gleich bei der Niederschrift eingetragen, die 
bei weitem grössere Hälfte ist kurz nachher von verschiedenen 
Händen hinzugefügt und sie gewährt uns vollen Aufscbluss 
nicht nur über Tendenz und Wesen der Redaktion von 1452, 
sondern auch über die Zusammensetzung unserer Chronik. 

Das von Hand 1 und 2 geschriebene, v. 1—2765, reicht 
bis zum Begräbniss Engelbrechts , v. 2766 beginnt mit einem 
gänzlich überraschenden und überdies der Wahrheit nicht 
entsprechenden Lobgesang auf die Freigebigkeit Karls*). 
Schon der neueste Herausgeber hat trotz seiner Anschauung 
von der Einheitlichkeit des Gedichts die tiefe Kluft zwischen 
V. 2765 und 2766 empfiinden, er lässt (2 S. 95) nach v. 2765 
einen grösseren Absatz eintreten. Und in der That haben 
wii- in V. 1 — 2765 die Reste des Engelbrechtsgedichts zu er- 
blicken. 

Dieser erste Abschnitt nntei-scheidet sich von dem folgen- 
den trotz der gründlichen Ueberarbeitung in jeder Beziehung 
so scharf, dass ein auftnerksamer Leser den weiten Abstand 
sofort fühlen muss. Der Verfasser des ersten Gedichts steht 
mit seiner politischen Ueberzeugung, mit seinem ganzen Denken 
und Dichten so sehr auf Seiten Engelbrechts und des A^olks, 
dass er das Verhalten der schwedischen Grossen keines Wortes 
würdigt, sie nur erwflhnt, sofern sie sich seinem Helden an- 
n oder ihm entgegentreten. Mit seinem aristokratischen 



I 
I 



') Von Hand i sind v. 3888— «'J3, 4518—5096, 6273- 5597; tob Hand 

5 y. «64-^517; Ton Hand 6 v. 5097-5272 geschrieben. Das von HoEd 

6 geachriebene ist Eeinsclirift uod an die Stelle der nrsprtlnglichen Blätter, 
S. 135—138 eingeheftet. 

) Die Schills Bverse 2764, 2765 „Swa munde bans regiment sich endo, 
nw wil jak begjTina ther jak wenda" sind selbetverstikndlicli vom Terfasaer 
der Karlsgedichte hinzugefügt. 




— 135 - 

oder besser karlistischen Genossen und Fortsetzer hat er nur 
den Hass gegen alles dänische gemein, im übrigen verabscheut 
letzterer die volksthümlichen Bewegungen nach dem Tode 
Engelbrechts in demselben Masse, wie sein Vorgänger sie bei 
Lebzeiten des Volksbelden preist und verherrlicht. Schildert 
der erste die Uneigenntltziglceit Engelbrechts — dass dieser 
sich z. B. 1435 mit recht beträchtlichen Lehen abfinden Hess, 
erfahren wir nur aus Urkunden — den nur Hass gegen Däne- 
mark und Liebe zu seinem ^'olke vorwärts treibt, so belobt 
der zweite die Ehrsucht Karls, auch wenn sie ihn zum Wort- 
bruch, Hinterlist und grausamer Härte verleitet Erscheint 
bei jenem das Auftreten Engelbrechts, sei es nun mild oder hart, 
gesetzlich oder ungesetzlich, jeder Zeit in einem Lichte, wel- 
ches auch nicht den leisesten Schatten auf den Führer der 
Dalekarler zurückfallen lässt, so ergreift sein Fortsetzer aller- 
orten lebhaft Partei für Karl , dessen Gegner und vor aUem 
der Nachfolger Engelbrechts in der Volksgunst, Erich Puke, 
ihm unrechtmässiger Weise den Zugang zum Throne versperren 
oder wie Christoph ihn wider Ehr und Gewissen Oberlisten. 
Und so Hesse sich noch eine Reihe von Punkten auffübren, 
welche die tief innerliche Verschiedenheit der beiden Verfasser 
darthun könnten. Beide wollen eben einander politisch diame- 
tral entgegenstehende Persönlichkeiten zu Heroen stempeln, 
der eine, uach dem Loblied auf Karls Freigebigkeit zu srhliessen, 
gegen, der andere äusserem Anschein nach ohne Entgelt. 
Wollte man beide wirklich zu einer Persönlichkeit verschmelzen, 
90 erhielten wir einen feilen Dichterling, der sich nicht scheute, 
um des Erwerbs willen mit seiner ganzen Vergangenheit zu 
brechen, denn den Verfasser des Engelbrechtsgedichts, über 
den wir sonst nichts wissen , haben wir ebenso sicher in der 
nächsten Umgebung seines Helden zu suchen wie seinen Fort- 
setzer am Hofe Karls. Nur ein Autor, der während der 
kurzen aber thatenreichen Laufbahn Engelbrechts in stetem 
Verkehr mit diesem stand, konnte sie mit einer soldien kaum 
glaublichen Genauigkeit in den Einzelheiten schildern, wie sie 
das Engelbrechtsgedicht darbietet. Die Fülle von kleinen 
dem Gedächtniss leicht entschwindenden Zügen, die lange 
Reihe von Namen, Ortsangaben und Tagesdaten, von Reden 



und Gegenreden, die augenecheinlieh mehr als dichterischer 
Schmuck sind, zwingt den Schluss , dass zwischen den Ereig- 
nissen und der ersten Niederschrift kein grosser Zeitraum lag, 
geradezu auf. 

Selbst wenn wir aber von alle dem absehen und ups nur 
an die Originalhandschrift der Redaktion von 1452 halten, so 
erweist sich die ursprüngliche Selbstständigkeit des Engel- 
brechtsgedichts. Es war in einer anderen Versart geschneben 
als die eigentliche Karlschronik und wurde von dem Verfasser 
der letzteren bei der ersten Koirektur geradezu umgedichtet 
oder umgestellt, um der Fortsetzung in Beziehung auf das 
Metrum angepasst zu werden. Hauptsächheh kommen hier 
zwei Stellen in Betracht, von welchen die eine die Verschie- 
denheit der Versform, die andere das Vorhandensein einer 
ersten Redaktion vor der von 1452 nachweist, beide legen 
daneben Zeugnias ab für die Tendenz der Ueberarbeitung 
von 1452. 

Nach v. 1971 sind 51 Verse, welche den Zwist Engel- 
brechts mit dem Vater seines späteren Mörders behandeln, 
von der Redaktion von 1452 gestrichen worden, weil Karl den 
Sohn später in Schutz nahm und ihn straflos ausgehen Hess. 
In diesen 51 Versen wird im Gegensatz zu den kunstlosen 
einfachen Reimpaaren der gesammten Karlschronik jedes zweite 
Reimpaar durch zwei zwischengeschobene Verse getrennt, eine 
so auffallende Erscheinung, dass Klemmiug die Fragen auf- 
wirft, ob es der Verfasser aus langer Weile über die Ein- 
förmigkeit seiner gewöhnlichen Beime gethan habe, ob das 
Stück von einem zufälligen Mitarbeiter herstamme oder ob es 
eingeäochtenes Lehngut sei. Allerdings ist es Lehngut, nur 
nicht in dem Sinne von Klemming. Es ist der Rest der ur- 
sprünglichen Gestalt des Engelbreehtsliedes , welches bei der 
ersten Bearbeitung seine kunstvollere Form zu Gunsten der 
einfach gereimten Prosa der Karlschronik eingebüsst hat. 
Dem Verfasser des Karlsgedichts, dessen Servilität nach 
der Thronbesteigung seines Herrn in hohem Grade wuchs, er- 
schien die Stelle bei der ersten Umgestaltung der Arbeit seines 
Vorgängers noch zweifelhaft, da sie nur indirekt gegen Karl 
gerichtet ist, er liess sie zunächst auf sich beruhen und 



I 



f 



— 137 — 

merzte sie erst, nachdem Karl sein Ziel erreicht hatte, end- 
giUtig aus. Diese erste Bearbeitung aber vor der Redaktion 
von 1452 ergeben die v. 1250 — 1261. Sie bilden die Schluss- 
verse der ersten Hand und ei-sten Lage, sind aber im Con- 
zept nochmals zu Lage 2 eingeheftet, sodass wir diese Verse 
sowohl in der Reinschrift von Hand 1 wie im Conzept der 
ersten Umarbeitung besitzen. Sie schildern das allerei-ste 
Auftreten Karls in der Chronik und erweisen ferner, dass die 
erste Umdichtung , wie man sie wohl bezeichnen kann , vor 
1449 stattgefunden hat. Zwei im Conzept und in der Rein- 
schrift von Hand 1 hinter v. 1253 befindHche Verse 

„hanom kom til hielpa Magnus Green 

han steegh in til hanom oc war ey seen" 
sind nämlich, weil Magnus 1449 von Karl abfiel und zu den 
Dänen überging, vom Verfasser 1452 in der Reinschrift von 
Hand 1 gestrichen worden. Hieraus folgt von selbst, dass 
wir mit Rückeinstellung aller Streichungen und Entfernung 
aller Einschiebsel von 1452 das Engelbrechtslied in seiner 
ei-sten Bearbeitung wiederherzustellen vermögen. Dies ist in- 
sofern von Bedeutung, als bei den meisten Korrekturen, seien 
es nun Zusätze oder Streichungen, die Absicht, alles für Karl 
auch nur im entferntesten anstössige zu entfernen und ihn 
nach Möglichkeit in den Vordergrund zu stellen, so unzwei- 
deutig hervortritt, dass man bei den übrigen, wo wir sie 
nicht zu erkennen vermögen , das gleiche voraussetzen kann. 
In den von der ersten Hand geschriebenen v. 1 — 1261 findet 
sich nur ein grösseres gegen König Erich gerichtetes Ein- 
schiebsel , v. 478 85, Bericht über dessen Concubine Ceeilie, 
daneben sind jedoch einige anscheinend geringfügige Abände- 
rungen recht bezeichnend. Die ei-ste Erwähnung Karls im 
Gedichte lautete ursprünglich 

„ther kum her Bo Stensson 

Karl Knutzson och Bo Knutsson" v. 1230 f., 
daraus machte der Bearbeiter 1453 

„ther kum Karl Knutsson aif Foglewike 

hei- Bo Stensson och flere slike." 
In ähnlicher Absicht werden v. 1245 „Karl Knutzson och Bo 
tycket wara got" die Worte och Bo gestrichen. Bedeutender 



- J38 - 

sind die Tilgungen in dem von der zweiten Hand geschrie- 
beaeo Theile, welcher die bewegten Jahre 1434 — 36 behandelt. 
Wir müssen hier die von der Redaktion ausgemerzten Per- 
sönlichkeiten, deren Verbältniss zu Eail unbekannt ist, ge- 
radezu auf der gegnerischen Seite suchen. Nach v. 1304 wird 
die Charakterisirung Engelbrechts „tben ädla wiisa köna man" 
gestrichen; der Bericht aber die Eroberung Rönos durch den 
alten Widersacher Karls, Bischof Knut von Linköping, v. 1479 
1 — 24, muss w^allen und dasselbe Schicksal trifft die Namen 
der zwölf Schiedsrichter, welche 1434 den Streit zwischen 
Schweden und Erich beilegen sollen, v, 1595 1 — 14; die Er- 
zählung, dass Engelbrecht 1435 die Hauptleute der einzelnen 
Landschaften, darunter auch Karl, ernannte, mrd getilgt; drei 
nichtssagende Verse müssen die Üuterdrückung der Nachricht, 
dass 1435 drei Abgeordnete, darunter wiedenim Karl, Erich 
entgegengesandt wurden, um ihn nach Stockholm einzuladen, 
verdecken, v. 17C5 1—37 u. s. w. '), 

Wollte man von diesen Verbesserungen auf die der ersten' 
Bearbeitung zurückäcbliesseo , so könnten wir uns kaum eine 
Vorstellung von dem Engelbrechtsgedtcht in seiner ursprüng- 
lichen Gestalt machen, allein zu diesem Schluss sind wir 
keineswegs berechtigt. Wir berührten bereits den üblen Einfiussi 
welchen die Thronbesteigung Karls auf die Gesinnung seines 
Hofdichters hatte, und sind durch liie aus dem Jahre 1452 
stammeuden Emendationen in dem zweiten Abschnitt i& 
Kai'lschronik in den Stand gesetzt, sein Verfahren bei der Um- 
dichtung des Engelbrechtshedes einigermassen zu beurtheilen. 
Im wesentlichen hat er es, schon weil er seinem Vorgänger 
an Gaben entschieden nachstand, ohne absichtliche Aende- 
rungen des Sinnes in seine Doppelreime gebracht, wie viel er 
freilich weggelassen, wie viel zugesetzt, das muss dahingestellt 
bleiben. Da Karl erst in der zweiten Hälfte des Gedichts 
seine politische Rolle zu spielen anfängt, den Wettkampf mit 
Engelbrecht um die Reichshauptmannschaft siegreich besteht. 



I 
I 



1 24t 

L 



') Die übrigen wesentUrfi«i Stteichnngen v. 223e 1—14, 2239 1—9,1 
2462 1—56, 2572 1—29 u. a. Gind ganz gleichen Charakters, ebenso eise 1 
groEse Anxahl von kleineD Enienilalioiien. 



— 139 — 

.wenn er auch dem Gegner einen Antheil am Regiment ein- 
räumen muss, im ganzen und groBsen aber wenig hervortritt '). 
Bo war der Bearbeiter nicht gezwungen, wesentliche Verände- 
rungen vorzunehmen. Erst 1452, als es galt die Vergangen- 
heit des Königs von jedem Flecken zu reinigen, wurde sorg- 
fältig nachgeprüft, hier zugesetzt und dort noch mehr ge- 
strichen, ohne doch das Engelbrechtslied seines ihm eigen- 
thümlichen Charakters thatsächlich zu berauben. Trotz der 
systematisch erfolgten Einfügung in ein grösseres ganzes trägt 
es, Dank der Pietät oder Unfähigkeit seines Bearbeitei-s, sein 
eigenes Gepräge, ist noch heute ein in sich abgeschlossenes 
Gedieht, welches, unbeschadet seines inneren Werthes, von 
der eigentlichen Karlachronik losgelöst werden kann, und ver- 
dient nicht nur als Lebensbeschreibung eines mittelalterlichen 
Volkshelden sondern auch als eins der hervorragensten bio- 
graphischen Denkmale der älteren schwedischen Literatur hocii 
in Ehren gehalten zu werden. 

Der zweite Abschnitt des Karlsgedichts behandelt die Zeit 
des Ringens von Karl um den Besitz der schwedischen Krone, die 
Jahre 1436 — 40, und kann, Dank der Originalhandschrift, in 
seiner ersten Fassung vollständig wiederhergestellt werden. 
Nichtsdestoweniger vermögen wir seinen Schlussvei'S nur mit 
einiger Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, da die Gemeinsamkeit 
des Verfassers die Grenzen zwischen dem zweiten und dritten Ab- 
schnitt verwischt hat. Als sicher ist nachzuweisen, daes der Autor 
1440, als Christophs Aussichten auf den Thron von Tage zu Tage 
stiegen, die Feder miasmuthig für einige Jahre niederlegte, um 
ßie erst nach der Krönung Karls 1448 wieder aufzunehmen. Die 
V. 6702 ff. berichten über eine Karl im Sommer 1440 zu Theil 
werdende Prophezeiung, dass er zum König bestimmt sei; will 
man diese nicht für haare Münze nehmen, so können jene Verse 
erst nach 1448 niedergeschrieben sein, um 1452 durch die 
V. 6742 — 51 — ein Mädchen sieht in Wadstena eine Krone 



') Karls Name findet akh im EngelbrechUgedjcbt, v. 1— 2T6d, an 10 
J Stellen, abgesehen von den Radirungen, vrätirend er v. 2766—9610 in jedem 
|- sehnten Veree, es iet eher zu wenig gesagt, genannt wird. 




— 140 — 

auf Karls Haupte — bereichert zu werden '). Doch haben 
wir den Schluss des zweiten Abschnitts um etwa 100 — 150 
Verse zurückzuverlegen auf v. 6543 oder 6630. Mit v. 6543 
endet der Bericht über die Vertreibung der erichschen An- 
hänger vom schwedischen Festlande, mit v. 6631 beginnen die 
Verhandlungen wegen Uebernahme der Krone durch Christoph. 
Die letzteren, wesentlich eine Aufzählung der von Christoph 
an Karl für Ueberlassung der Krone geleisteten Versprechen, 
stehen im Zusammenhang mit der späteren Schilderung, wie 
hinterlistig der König den Marschall betrog. Die dazwischen- 
liegenden V. 6544 — 6630 betretfen Karls Auftreten gegen 
Magnus Green und melden den Tod von Hans Kröpelin, doch 
deutet die eingestreute wunderbare Anekdote vom Büchsen- 
meister Rodenhorg, v. 6564—6587, welche selbstverständlich 
Karls Charakter zu ehren bestimmt ist, eher auf eine Ab- 
fassung nach 1448 als 1440. Für v. 6543 als Schluss d< 
zweiten Abschnitts spricht auch die Handschrift. Die 
2766—6543 beanspruchen die Lagen 3 — 7, mit v. 6544 
ginnt eine neue Lage und eine neue Hand ^). 

Von dieser ersten HiÜfte der eigentlichen Karlschronik 
gilt dasselbe wie vom Engelbrecbtsgedieht. Sie macht durch- 
aus den Eindruck der Gleichzeitigkeit und ist sicher nicht erst 
1452 aus der Erinnerung niedergeschrieben. Ganz unbedeu- 
tende Dinge wie v. 3136 ff. das Auftreten der Schwester von 
Karl bei dem Gastmahl, welches Erich Puke Karl gab, v, 
3196 auf dem Schlosse zu Stockholm begrub man 133 Dänen, 
V. 3686 Karl lässt 120 Mann in Westeräs u. s. w,, daneben 
die Genauigkeit in den Zeitbestimmungen, die aus Urkunden 
leicht zu controlirende Zuverlässigkeit bei Anführung von 
Namen ^) bezeugen die Thatsache hinlänglich, vorzüglich wenn 






*) Der Papieratreifen, auf welcliem die v. 6712—31 nacbgetragen ain^| 
ist überscbrieben ; Scriua nw mjn kftre sos. "^ 

') Ebenso ist ftir v. 65^ als Abschluss anzuführen, dasa sich von y. 
6452—6543, Bericht über den Untergang des Nils Stensson, neben der 
Reinschrift wiederum das Conzept der ersten Bearbeitung erhalten hat Klem- 
ming bat das Conzept 2 S. 85^ ff. treu wiedergegeben, weit es in der Tbat 
einen guten Einblick in die Arbeits Werkstatt des VerEssBers gewährt. 

') Selbst die Verseben in v. 3016 ff. wo von den städtiachen Sende- 



— Ul — 

wir damit (ien folgenden Abschnitt vergleichen. Hier hört der 
Reichthum der Daten völlig auf, v. 6858 ff. findet sich sogar 
ein chronologischer Fehler^), den der Verfasser nur in der 
Erinnerung begehen konnte, und im übrigen werden aus den 
Jahren 1441 — 48, der Zeit des Stiillebens für Karl, nur Dinge 
berichtet, die jedes Kind in der skandinavischen Welt kannte: 
Hochzeit Christophs, seine zweite Fahrt nach Schweden und 
sein Tod. Ueberdies weist die wiederholte jetzt zu 1446 er- 
zählte Weissagung, dass Karl zum König bestimmt sei, durch 
den Zusatz, dass dies Ereigniss binnen drei Jahren eintreten 
werde, v, 7278, ebenso wie oben auf eine Abfassungszeit nach 
1448 hin. Von diesem Jahre ab lenkt die Erzählung voll- 
ständig wieder ins alte Geleise zurück und ist für den Zeit- 
raum 1448—52 von derselben Zuverlässigkeit und Treue wie 
für 1436—40. Von der früheren untei-scheidet sie sich nur 
durch die grössere Dienstbeflissenheit und Hingabe des Ver- 
fassers an den König, unter welcher dann wie die erste Be- 
arbeitung des Engelbrechtsgedichts so auch die erste Hälfte 
der eigentlichen Karlschronik zu leiden hat. Doch war Karl 
hier ja bereits Held des Gedichts, so dass der Autor nichts 
diesem widriges zu streichen sondern blos das frühere Auf- 
treten des jetzigen Herrschers in ein günstigeres Licht zu stellen 
brauchte. Dem entspricht es vollkommen, dass die von der 
Kon'ßktur am stärkst-en l)etroffeEe Versgruppe 3888—5597 die 
Darlegung der Kämpfe Karls mit den inneren Feinden ent- 
hält, zunächst den Streit mit Erich Puke und der engel- 
brechtschen Volkspartei und dann den mit Christiern Nilsson 
und dessen Anhang schildert. Vorzüglich aus Rücksicht auf 
die adligen Genossen des Drosten wurden Härten gemildert 
und Einzelheiten nachgetragen, welche Karls Handlungsweise 
weniger schroff erscheinen Hessen. Hierher gehören nächst 



boten der eine Wadewerk Btntt H&dewerk geniuint, der andere Wilde als 
Hamburger statt Wismarer bezeichnet wird, zeigen den Verfasser genau 
unterrii btet, wenn er aucli die betreffende Urkunde nickt eingeeeken haben 
kann, vgl. S. 40. 

') Die Ankunft Christophs in Schweden wird auf SepL 8 (nativitaa), 
statt Aug. 16 (assumptio Marie) angesetzt, die Krönung aber richtig m 
Sept. 13 berichtet, vgl. S. 110. 



— U2 - 

einigen auf die BauernaufstüDde bezüglicbra Streicbunges ^ 
V. 5317 1—23, welche die so grosses Aeigerniss venirBacheo- 
den Lehnsvergabungen nach der Wahl Karls zum Reichsvor- 
steher behandeln, v. 5062 1—18, Streit um den Besitz von 
Kalmar u. s. w., während andere unverhüllt einen apologetischeD 
Charakter tragen, wie v. 5066 1—16 Karls Brautsuche, v. 
5193-5200 (Nachtrag) Alter Karls und Datum seiner Hoch- 
zeit, verglichen besonders mit Zusutzen wie v. 5039 — ü Ent- 
föhmng des Reichsschatzes durch Erich, v. 5097—5109 Auf- 
treten der teiger Tagfahrt gegen Erich: veninglimpl'eu die 
letzteren den alten Konig, so preisen .jene den neuen. Auch 
von kleineren Aenderungen könnten viele aufgezählt werden, 
welche in ähnlicher Weise die Absicht deutlich erkennen 
lassen. Insgesammt dienen sie zui' Verherrlichung Karls, 
Dasselbe gilt von dem dritten Theile, welcher nur Zuthaten 
aufweist. Verse, wie die bereits erwähnten 6742 — 51, v. 
7044 — 19 Einwilligung Karls in die Vertauschung Abos mit 
Wiborg, 7516 — 25 der Erzbiscliof schwört Karl nach der Wahl 
Treue und so weiter bis auf den letzten Nachtrag v. 9603— Ü, 
Betrachtung über die Karl sichtlich zu Theil werdende Gnade 
Gottes, kennzeichnen die Stellung des Verfassers zur Genüge. 
Was wir von dem Autor wissen, ist bald gesagt. Nui' 
ein einziges Mal bei der Beschreibung des Schiffbruches, den 
König Erich 1436 erlitt, beruft er sich auf di^ Mittheilungen 
eines Gewährsmannes „mik swor en at han sant wiste thz 
konungen tha 200 miste" v, 3312 f., augenscheinlich traute 
er selbst der übertriebenen Zahl nicht recht. Sonst enthüll 
das ganze Gedicht auch nicht den geringsten Hinweis auf seine 
persönlichen Verhältnisse, Jedenfalls befand er sicli in der 
Umgebung Karls, begleitete ihn nach Finnland und kehiie 
1448 frohlockend nach Schweden zurück. Ein plötzlicher Tod 
scheint ihn mitten in der Arbeit Überrascht zu liaben, die 
Verse 9611—28 leiten die Erziihlung neuer Kämpfe ein, deren 
Ausgang dem Verfasser unbekannt ist. Er hätte sonst kaum 



■) Z. h. V. 4372 1— S Karl läs&i gegen 100 Bauern spiessen, ähnlich 
i 1 — 11; ihnen entspricht der Zuaatz v. 4540 — 4555, welcher seio 
Idea ÄnitreCen gegen die Bauern schildert. 



I 



h 



— 143 - 

T'iea unmittelbar vorhergehenden Versen den himmlischen 
Schutz, welcher die Unternehmungen des Königs begleite, so 
überlaut gepriesen. Endet doch der Kampf mit der Flucht 
Karls nach Danzig. 

Als Muster hat dem Vei-fasser die Erichschronik vorge- 
schwebt, doch hat er mit jener nur den Zug, seinen Helden 
nach Kräften zu preisen, gemeinsam. Die iudividualisirende 
Kraft der Darstellung, die epische Fülle und frische Auschau- 
lichkeit, die unleugbare dichterische Begabung des Biographen 
von Heraog Erich, geht dem von Karl gänzlich ab. Seine 
Erzählung ist so nüchtera, so bar allen auch nur des geringsten 
Schwunges selbst bei den dankbarsten Stoffen, dass sie sich 
von der Prosa nur durch den zufälligen Umstand unterscheidet, 
dass der Autor sie in Verse gebracht hat. Bei Benutzung 
seiuK Werkes aber und ebenso des Eogelbrechtsgedichts ist 
der von Anfang bis zum Ende sich kundgebende Hasa gegen 
alles was dänisch heisst uud ist, neben der Parteilichkeit füi- 
die beiden Helden stets im Auge zu behalten. 

e. Erich-Karlschronik')- Nach Beendigung der 
Redaktion von 1452, wie es scheint nach dem unvermutheten 
Hinscheiden des Verfassers der Karlachronik , wurde auf Ge- 
heiss des Königs zum Zweck der Zusainmenschmelzung der 
Erich- und der Karlschronik zu einem einheitlichen Werke 
die erstere mit einer neuen Einleitung, 74 Verse, vei'sehen 
und durch ein Gedicht von 632 Versen mit der letzteren ver- 
bimden. Beide bisher getrennten Chroniken hatten dabei eine 
Censur zu überstehen, welche nicht allzu streng war. Die auf 
diese Weise noch vor der Flucht des Königs nach Danzig 1457 
hergestellte zusammenhängende Reimcbronik von 1229 — 1452 
wurde herausgegeben^} und verhinderte bis auf die neueste 



\ 



') Klemming 1 S. 163— 192 Text der Einleitung zur Erichschtonik und 
des Verbindiingagedichts; 3 S. 257 — 61 Handschriftanbeactreibung ; S. 288 f. 
Nachwort. Er spricht Bich über die Quellen des VerfasBers, wie in allen 
imdercn Fällen eo auch hier nicht aus. Den Namen Erich- Korlsuhronik 
habe ich als kürzesten !□ Ermangelung eines treffenderen gewählt. 

*) Vier HsB. enthalten nur die Erich- und Karlschronik in dieser neuen 
Form, acht 'weitere ausserdem die noch zu besprechenden Fortsetzungen 
die Sturechroniken. Der von Hadorph benutzte Rnlambianus, vgl. S. 133 
Anm. 2, gebärt gleichfalls in diese Handschriftenklasse. 



— 144 — 

Zeit das bekanntwerden der Karischronik in der uisprfl 
liehen Gestalt 1). 

Die Einleitung hat hauptsächlich den Zweck, die Abs 
mung Karl Enntssons von Erich dem Heiligen oaehzuwraseiufl 
Sie fälscht zu dem Behuf zu den zwei Schwestern, welch»! 
Erich Läspe hatte, noch zwei hinzu und verheirathet diese £ 
glücklich, dass Karl zu ihrem direkten Nachkommen gemai 
wird, V. 60—74 vgl. Klemming 3 S. 288. Der Stofif füi- die i 
hergehenden Veree ist der Einleitung zur schwedischen I 
Chronik von 1449, Fant 1, 1 S, 240 ff., entnommen, man vgL ' 
nur z. B. v. 15 — 22 mit den (aus Adam von Bremen entlehnten) 
Worten des Chronisten, S. 240. Von dem originalen Prologe 
zur Erichschronik mussten die ersten 30 Verse ganz wegfallei 
und die folgenden bis v. 75 einige Umstellungen erdulden, 
damit die Ahnen Karls passend untergebracht wurden. 
An der Erichschronik selbst wurde wenig geändert»). Erat 
gegen Schluss sind v. 4396—4439, Bericht Ober die Enthaup- 
tung von Magnus zwischen v. 4375 und 4376 eingeschoba 
und an v. 4376-4395, Flucht Birgers nach Dänemark, einigl 
Verse angehängt, welche auf das Verbindungsgedicbt, daseid! 
an V. 4543 unmittelbar anschliesst , hinweisen *). Im übiig^ 
beschränkte sich der Redakteur auf die Einfügung von filiri 
Daten, von welchen die beiden ersten, nach v. 156 125( 
kyndelraessa und nach v. 1246 1290, dem Chron. pros. S. 246( 
die anderen drei, nach v. 1335 1293, 4071 1317 und 442? 



') Elbenso ist der völlige Unlei^ang des Engelbrechtsliedes e 
wobt auch hierauf zurückzuiUhren. Bezeichnend ist hieiilr, dasa 143'^ 
zu derselben Zeit als die Erich-Karlschronik bekannt gemacht wurde, 
Gemahlin eines Karl feindlichen Grossen, Frau Marthn, die ErichBchroQJJk 
in ihrer ursprünglichen Gestalt abschreiben lieSE, vgl. unten z 
Drucke von Hadorph und Fant geben den Text der Erich- Earlscbronik 
wieder und verwischen dadurch die Urformen. 

*) Klemming stellt die Abweichungen 1 S. 166—170 zusammen, i 
Theil sind es lediglich andere Lesarten, welche den Sclireibem zur I 
fallen. 

") Erwähn enswerth ist auch noch das auf Warberg und Nordhallaad 
bezügliche Eins cbiebsel v. 4541, da es direkt mit t. 17 ff desYerbindui 
gedichts zusammeuhttugt und ebenfalls den Zweck hat, den Leser über d 
Charakter der Fortsetzung xa Uuachen. 



- 145 — 

.320 Symonis et Jude, seiner zweiten gleich zu besprecheDden" 
Quelle entnommen sind'). 

Das Verbindungsgedicht giebt einen kurzen Ueberblick 
Ober die Geschichte der Jahre 1320—96, Mr welche dem 
Verfasser neben dem mehrfach erwähnten Chron. pros. ein- 
zelne Urkunden und eine dem Diarium fratrum minorum Wis- 
byensium nahe verwandte Quelle zu Gebote standen. Dem 
dürftigen Chron. pros. verdankt er zwei Tagesdaten, v. 424 
und 440 , — ein drittes entstammt einer Urkunde — beide 
hat er wörtlich herübergenommen, dann noch ein Bericht über 
den Tod des König Magnus, v. 471 — 76, den er ebenfalls 
sklavisch abgeschrieben hat. 

Die V. 17 — 88 berichten über die Einlösung der von 
Dänemark au Holstein vei-pfändeten Landschaften Schonen 
und Halland durch König Magnus. Lässt schon die Genauig- 
keit in der Bezifferung der Geldsummen, in der Aufzählung 
der einzelnen Harden, Inseln, Landschaften, in den Namen 
tind Tagesangaben keinen Zweifel daran aufkommen, dass hier 
Urkunden zu Grunde liegen, so beruft sich obendrein der 
Verfasser selbst v, 131 auf den „kosteligh breff" und erzählt 

»T. 77 „i samma breff och scriffuet är", dass alle Stände der 
betreffenden Gebiete Schweden Treue gelobten. Ihm stand 
Zeugen reiche Urkunde K. Waidemars von 1343 Nov. 
ii8 zu Gebote^), deren Inhalt v. 49 — 88 wiedergeben. Für 
äie vorhergehenden v. 17 — 48 muss ihm mindestens noch 
eine Urkunde vorgelegen haben, welche wir heute nicht mehr 
■besitzen^); die hier berichteten Pfandschaften werden in der 



') Ea Bind dies alle im Abdruck bei Fant sich findende Daten, vgl, 
■S. 127, Änm. 2. 

'} Dipl. Suecan. ed, Hildehrand 5 S. 200 lat S. 207 Bchwed. Teit. 
Iiag dem Verfasser, wie wahrschemlich, der letztere vor, so ist man ferner 
aar Annahme berechtigt, daEB er bei seiner fiearbeitang der Erichschronik 
das archetypon der von Klemming seiner Ausgabe zu Gmnde gelegten 
Eandscbrift benutzte. Die schwedische üebersetzung der Urkunde bt 
D&mlich nur durch diese Handschrift, Spegelbergsboli, bei Hadorph und 

IFut Cod. Reg. I, auf uns gekommen. J 

') Wenigstens habe ich sie in den mir zugänglichen tJüIfsmittelu nicht ^M 

gefimden. ^| 

:■■■•• 1 



- 146 — 

Urkunde Waldemars nur suramaiisch angeführt, während der 
Chronist detailliil Entstehung, Umfang und Preis mittheilt. 

Mit V. 89 beginnt die Benutzung der dritten , dem Diar. 
Wisb. nahe verwandten Quelle. Das Gedicht enthält keine 
Nachricht, welche wir im Diarium nicht um einige Züge be- 
reichert oder in gleicher Ausführlichkeit oder mindestens an- 
gedeutet finden, darunter solche, welclie nur von diesen beiden 
Quellen berichtet werden. Eine direkte Benutzung der einen 
durch die andere wird durch die Thatsache ausgeschlossen, 
dass bald der eine bald der andere bei der Erzählung ein 
und derselben Begebenheit im Detail ein nur ihm eigenthüm- 
liches mehr hat, von dem keine sonstige schwedische oder 
auswärtige Quelle, deren Bekanntschaft angenommen werden 
könnte, etwas mitzutheilen weiss. Die Annahme einer gemein- 
samen Quelle erscheint unter diesen Umständen als die ein- 
fachste Lösung aller Schwierigkeit und wird ausserdem dadurch 
unterstützt, dass das Diarium für die zweite Hälfte des 14. Jahr- 
hunderts, abweichend von der Natur seines früheren und spä- 
teren Inhalts, eine Reihe von zusammenhängenden umfang- 
reicheren Berichten enthält, welchen wir in der angegebenen 
Weise im Verbindungsgedicht wiederbegegnen. Da wörtliche 
Uebereinstimmungen durch die Verschiedenheit der Natm- und 
Sprache beider Quellen ausgeschlossen sind, könnte nur ein 
Paralleldruck beider das Verhilltniss völlig klar veranschau- 
lichen , so müssen wir uns mit dem Hinweis auf einige Bei- 
spiele begnügen. 

Vergleichen wir das im Diar, Wisb. z. J. 1340 erzählte, 
Fant Ss. rer. Suee. 1, 1 S. 44, mit v. 123 — 206 des Ver- 
bindungsgediclits, so stimmen beide in Bezug auf den Kriegs- 
zug des Magnus nach Russland und die Erhebung eines Günst- 
lings überein. Hier hat die Reimchronik mehr die Abmahnung 
der im Diar. nur beiläufig erwähnten Brigitta, die Betheiligung 
der Holsteiner, den Steuerdruck und Kirchenbann, das Diar. 
dagegen die Namen der russischen Feste und des GUnsÜings 
Benedict, Aebnlich verhält es sich mit dem folgenden Ab- 
schnitt des Diar. Wisb. z, J. 1361. Keine der schwedischen 
Quellen ausser diesen beiden weiss etwas von dem vereitelten 
Projekt einer Heirath Hakons von Norwegen mit Elisaheth 



I 



— 147 - 

von Holstein, von der Verbannung schwedischer Grossen^) 
durch Magnus und der dadurch bewirkten Herbeirufung Al- 
brechts von Meklenburg , keine ausser dem Verbindungs- 
gedicht von der uns auch durch das Zeugniss Detmars, 
Grautoff, Liib. Chr. 1 S, 284'), beglaubigten Brautfahrt der 
Schweden^ nach Holstein und ihrer Gefangennahme durcfi 
Waldemar^). Dasselbe Verhältniss tritt hei der Geschichte 
Albrechts und seinen Kämpfen mit Margaretha zu Tage, stets 
im ganzen Gedicht finden wir dieselben Elemente, meist in 
derselben die Chronologie nicht immer beachtenden Reihen- 
folge wie im Diarium, bald um einige Details vermehrt, bald 
weniger genau erzilhlt. An einer einzigen Stelle ist der Ver- 
fasser des Verbindungsgedichts über seine Vorlage hinausge- 
gangen, auch sie aber erweist schlagend die Verwandtschaft 
seiner Quelle mit dem Diarium. Zum Schluss des Jahres 1361 
fuhrt dieses die Nachkommenschaft der nach Meklenburg 
verheiratheten Schwester des Königs Magnus auf und schliesst 
mit König Erich. Genau dieselben genealogischen Angaben 
kehren im Veibindungsgedicht v. 89 — 98 fast Wort für 
Wort wieder , nur fügt der Reimchronist v. 93 - 96 selbst- 
Btändig hinzu, dass die nach Holstein vermählte Ingeborg des 
zur Zeit Schweden feindlichen Christiern Urgrossmutter sei, 
ein Zusatz, der sich selbst erklärt und mit der Abfassungszeit 
1452—57 Hbereinstiramt. Näheres über die Besehatfeuheit 
seiner Vorlage wird sich erst beibringen lassen, wenn die Her- 
leitung der Nachrichten des Diarium gelungen sein wird, jeden- 
falls dart' man dem Verbindungsgedicht allen historischen W'erth 
nicht so bestimmt absprechen, wie es Kleniming 3 S. 289 thut. 
In Bezug auf die Karlschronik endlich beschränkte sich 
der Redakteur lediglich auf Streichungen meist geringeren 
Umfangs. Die Gesammtzahl der davon betrofTenen Verse 

') Das Diarium fiUirt 7 NaineD et qu&m plores alii auf, daa Verbin- 
duDgsgediclit nennt nur 3 von den 7 und lässt im Ganzen 24 verliannt 
werden. Aehnliche Züge sind häuög. 

') Abgeseben natürlich von den urkundliclien Zeugnissen, vgL Hanse- 
recesse 1 S. 185 ff. 

') Umgekehrt hat das Diar. hier mehr die GefaDgennahme des 
Magnus durch Ilakon. 

10- 



— 148 - 

1 etwa 4 — 500 betragen'), nur an Ö Orten sind sie d 
andere unbedeutende Zeilen ersetzt worden^). Im Ei 
brechtsgedicht sind abgesehen von der Einleitung, v. 1 - 
an wesentlicheren Stellen ausgemerzt die Intmsion Torlaks 1434 " 
und die Bedrückung der Kaufleute durch die Vögte Erichs, 
V. 592^639, die zweite Klage der Bauern vor Erich, v. 688 
1 is 715, die Hinkunft Karls noch Stegeholm zur Unterstützung 
Engelbrechts, v. 1228 — 33, seine Tlifttigkeit bei der Belage- 
ning des Schlosses, v. 1236 — 65 und der Kauf Örebros durch 
Engelbrecht, v. 1305 — 15. Im Karlsgedicht der Verrath und 
Tod eines Dienere, v. 3756 — 63; 3948 — 55; 4034,5; 4402 bis 
Ul; und iihnliches meist unbedeutendes Detail. Im grossen 
und ganzen muss man zugestehen, dass die Ausmusterung 
dem Gedichte nicht zum Schaden gereicht, mitunter trifft sie 
geradezu unschöne Stellen oder Ge-schmacklosigkeiten wie v. 
6448 — 55. Eine bestimmte Absicht tritt höchstens in der 
Entfernung von v. 1228 - 33 und 1236 - 65 hervor, da Karl 
hier den von Engelbrecht befehligten Bauern erfolglosen Bei- 
st4ind leistet. Ü 

l'eber den Redakteur ist nichts bebannt, gegen sein^ 
Identitiit mit deju Verfasser der Karlschronik spricht nnrj 
den'u fvitgnientarischer Schhiss. welcher kaum eine andere 
Krkliirung xulässl. ak dass der Autor durch den Tod an der 
N'ollcuduttg seiner Arbeit behindert wurde. Dagegen lässt 
äich fUr die EiiiheillicbkeJt seiner Person mit dem Verfasser 
der kimen ReimchrLmik t^s. a.l di« geoaue Bekanntschaft beider 
mit dt>ni gleirhfiiüts am IMe Karls entstandenen oder dm 
Karl vvranlas&leu Chron. pros. soec. anfahren. Weitere J 
halls|Hmktt> fehlen fUr das eine wie fär das andei-e. 

d> Sturecfaronik l*). NadiHersteSangderGesainia 
n>int<:hro»ik bis 14Sa UBteritIteb jede Fovtsetmig, da 

'^ KlMMMi«! Krih si« S S. j»6 1 

MMhi wm4 tMtridMM V. 14«,T: 

*1 bi t« M W » ijk4 wtr IT V<n« »«« ) 
IWtMM, 1,4^ SmM. & NafAfthM, m»A v. l«iä; e 

•< KWmmm« :|! & ) f^, W1 'SO. SB; 



— 149 — 

bald darauf hereinbrechende Missgeschick Karl alle Lust be- 
nahm, seine Thaten noch ferner aufzeichnen zu lassen. Erst 
■kurz vor seinem Tode entstand 1470 ein Gedicht, welches 
»ich an die Erich -Karlschionik unmittelbar anschloss und die 
Jahre 1452 — 1470 behandelte. Doch setzt es keineswegs 
dort ein, wo die Karlschronik aufhört. Es beginnt mit einer 
gedrängten Darstellung der kurzen Heldenlaufbahn des 1455 
meuchlings ermordeten Stietbrudei-s von Karl , Thord Bonde, 
schildert die Hochzeit von Kils Sture 1457 und den bei dieser 
Feier ausbrechenden Streit des Königs mit dem Erzbisehof 
Jens , der mit der Vertreibung Karls und der Berufung 
Chilstierns endet, Hberapringt dann die folgenden Jahre bis 
1463, um gleich auf den Aufstand Bischof Ketils überzugehen, 
Karl wird zurückgerufen imi abermals dem Erabischof zu 
weichen, da überwirft sich der letztere mit Nils Sture, welcher, 
von Erich Axelsson, dessen Brüdern und Sten Sture unterstützt, 
die Dänen vertreibt. Karl zurückruft und dessen Thron, vor- 
nehmlich mit Hülfe von Sten Sture, befestigt. Der Sieg Stens 
bei Oersten ist das letzte Ereigniss, über welches eingehend 
berichtet wird, die Zerstörung Axevalls (1469 Jun. 30, Diar. 
"Wadsten. FantSs. r. Suec. 1, 1, 190) und verschiedene kleinere 
Eftmpfe will der Verfasser nicht beschreiben 

„för thy the maane manga i Swerige liffua 

som thetta hiatha scriffua 

thy will jak aather wända 

och göra her oppa een ända" 
V. 1845 — 48, damit schliesst er. Hienach lässt sich die Ab- 
fassungszeit des Gedichts mit ziemUcher Sicherheit in den 
Anfang des Jahres 1470 verlegen, den am 15. Mai 1470 er- 
folgten Tod des Königs kennt der Dichter nicht, im Gegen- 
theil nach der Flucht des Erich Karlsson (Wasa) nach Däne- 



KorlBchromk nn, nur die lückenhaft erhaltene Hs. Klemmiog Nr. 9 schliesst 
mit T. 148 der ersten Stureohronik. Hierher gehört auch die Hs., in welche 
HesseDius seine Bemerkimg über Laurencius Arosiensis eiogetragen hat. 
Sie euüiält alle drei Sturechrociken bis 1496 und ist ton einer Hand ge- 
Bchiieben. Klemraing zählt die Verse der drei Sturechroniken, der Reim- 
Chronik von 1520 und des Gedichts auf ChristiaD 11. fortlaufend durch. 



I 



— 150 — 

mark ruft er aus: „nw war konungh Karl wäl tiil niodhe", 
V. 1803. 

Der Verfasser steht auf Seiten Karls, ohne gei'ade flit 
ihn eingenommen zu sein. Sein Gedicht ist ein sprechendes 
Zeichen für die Gesinnung der königlichen Partei, die den 
König weniger um seiner Person willen zurückrief, als um 
die dänische Herrschaft abzuschütteln und die Uebermacht 
der Oxenstiemas und Wasaa zu brechen. Von rein persön- 
lichen Motiven getrieben benutzte sie die Herstellung des 
einheimischen Königthums als Aushängeschild. Karl tritt 
daher nirgends bedeutend hervor, ganz unbekümmert berichtet 
der Dichter bei der zweiten Thronentsetzung v. 1246: 

^konungh Karll motte pa sin knäa falla 

och bedhas nadh thz han motte siith liiff beehalla". 

Die Lieblinge des Verfassei-s sind die kühnen kampfe»- 
muthigen Gestalten des Thord Bonde, der Stures, vornehmlich 
Sten, Erich Axelsson n. a., doch lässt er auch der Tapferkeit 
der Gegner, besonders des Erich Karlsson, alle Gerechtigkeit 
widerfahren. Im Kampf und ritterlichen Leben fühlt er sich 
zu Hause. Es weht im Gedicht eine frische Luft, die merk- 
lich von der Hofatraosphäre der Karischronik abstiebt. Der 
Dichter geht fi-eier, offener aus sich heraus als sein ängstlich 
die Worte abwägender Vorgänger. Sprüehwörter, v. 1697 bis 
1700, V, 1789 f., scherzhafte und launige Redewendungen sind 
nicht selten, der Gegner wird wohl verspottet aber nicht ver- 
letzt') und ei-sichtlich schrieb der Verfasser aus freiem An- 
triebe, wenigstens gewiss nicht allein um der Bezahlung willen. 
Wir haben ihn im Anhang der Stures zu suchen, wenn er 
auch seine eigene Persönlichkeit nii^ends hervortreten lässt*). 
Auf der anderen Seite geht dem Werke der fast tagebuch- 
artipe Charakter der Karlschronik vollständig ab, Urkunden 

') Mail vgl. z. B. V. 1779 ff. mit dem „kerlekj" Briefe von Ericli 
KaxlsBon an seine Frau v. 1675 tf. König Christieni werden in der Schlacht 
gegen Ketil die Worte in den Mund gelegt; „do my liir djn yascrin hotbi 
Gotes wamiel aee ekedi my all doth", v. 1065 f. u. a. 

') Mitunter beruft er sich auf Gewährsmänner und mOndliche Mit- 
theilungen, namentlich in dem erGteii Theile seines Gedichts, welches die 
funfeiger Jahre behandelt, vgl. v. 156, 212, 308, 342, 1585, daneben ist er 
auch selbst gut unterrichtet, vgl. v. 371, 465, 475 u. s. w. 




I 
I 

I 



- 151 

und Akten standen dem Autor nicht zur Verfügung und über 
Verhandlungen berichtet er nur selten und dann meist nach 
Hörensagen. Der historische Werth seines Gedichts steht 
ntithin weit hinter der reichhaltigen Arbeit seines Vorgängers 
zurück. 

e. Sturechronik 2'). Der gleichfalls ungenannte Ver- 
fasser, welcher die erste Sturechronik bis 1487 fortsetzte, hat 
eich in noch geringerem Masse als sein unmittelbarer Vor- 
gänger die Aufgabe gestellt, eine ausführliche Geschichte der 
■von ihm behandelten Jahre zu liefern. Seine Arbeit, eine in 
keiner Hinsicht hervorragende Leistung, zerfällt in zwei lose 
Terbundene Gedichte, von welchen das erste die Brunkeberg- 
schlacht, V. 1849 — 2467, das zweite die Streitigkeiten Sten 
Stures mit den Gebrüdern Äxelsson (Thott) v. 2468 — 3381, 
zum Gegenstande hat. Dem ersten ist als Einleitung ein 
Bericht über die Wahl Stens zum Reichsvorsteher vorausge- 
Bandt — der Tod des in Vergessenheit gerathenen Karl ist 
erst hinterdrein nachgetragen — und dem schliesst sich so- 
gleich die Schilderung des Kampfes mit Christiern 1471 an. 
Es endet mit einem kurzen Lobspruch auf Sten, der für den 
Ausfall jeder Nachricht aus den Jahren 1472 — 81 entschädigen 
soll. Anknüpfend an den Thronwechsel in Dänemark 1481 
wird sodann der Tod Erich Axelssons gemeldet, welcher den 
Zwist seiner Brüder mit Steu um Finland und Gothland her- 
voiTief. Er endete 1487 mit der Uebergabe Gothlands an 
Dänemark, welche den Verfasser zu einer an seine Landsleute 
gerichteten moralisirenden Schlussbetrachtung veranlasst. 

Trotz des klaffenden Spaltes zwischen v. 24t37 und 2468 
ist das Gediqht einem Verfasser zuzuweisen, wenn auch die 
Beschreibung der Bruokebergschlaeht wahrscheinlich früher 
gedichtet und erst später, um die einleitenden Verse und das 
Loblied auf Sten bereichert, der zweiten Hälfte vorgesetzt ist. 
Gleich zu Anfang nämlich, v, 1931, verweist der Verfasser 
auf Ereignisse, die nach dem Tode von Erich Äxelsson 1481 
eintraten, und ebenso iin Loblied auf Sten, am Schluss der 
ersten Hälfte auf das Jahr 1487, v. 2437 fl.*). Nimmt man 



g 3 S. 64-116. 
') Die Vermothtmg Klemmings 3 S. 301, dass L 



- 152 — 

diese beiden jüngeren Bestandtheile weg, s" bleibt in v. 1953 
bis 2417 eine so genaue Darstellung des Kampfes von 1471 
übrig, dass der Verfasser entweder ein ausgezeichnetes Ge- 
dächtniss besessen oder diese Scliilderung früher aufgezeichnet 
haben niuss. Er befand sich 1471 in Stockholm, scheint aber 
dem Kampfe blos zugeschaut (v. 2100, 2157, 2290, 2298) und 
nie zum Gefolge Stens gehört zu haben (Tgl. v. 2502, 2509, 
2985). Vielmehr gewinnen wir den Eindruck, dass er Stock- 
holmer Bürger war^) und den politisch massgebenden Kreisen 
fernstand. Sehr häufig bekennt er seine Unwissenheit, be- 
sonders bei Reichsrathsverhandlungen, beruft sich auf Mit- 
theilungen anderer*), und übergeht selbst Ereignisse, wie den 
kalmarer Vertrag von 1483, weil er offenbar keine Kenntniss , 
davon hatte. Er war wie alle Stockholmer ein eifriger . 
bänger Stens, ohne ihn über Gebühr zu erheben, und ist in i^ 
dem, was er aus eigener Anschauung berichtet, glaubwürdig..: 
f. Sturechronik 3'). Sie umfasst die Jahre 1488 bis \ 
96, schildert aber eingehend nur den Russenkrieg von 1495, £ 
Die vorhergehenden Jahre werden mit einigen Zeilen abge- 
than*), und das eigentliche Thema durch die Nachricht ein- j 



mansdöme wardher nw i aar som jämpneetli XT aar" der Schreiber eini 
hinter X auEgelaesen, ist sicher richtig, wiv erhielten sonst 1482 statt 1437 ^ 
als AbfaBsuDgszeit dieses Stückes. 

') Auaeer der Thatsache, dase er sich 1471 in Stockholm befand,. | 
sprechen hiefür v. 2810ff,, Beleidigung von Stens Frau auf dem atock- 
holmer Markte, und seine Vertrautheit mit allen Begebenheiten, sobald 
Stockholm ihr Schauplatz ist oder die Interessen seiner Bewohner anf 
dem Spiele stehen, vgl. v. 27S0 if., die Schilderung der Seer&ubereien des 
Iwar Axelsson, sie schliesat: „opta pläga Hollendher thetta klagha"; v. 
2870 tr. unterbrechen den Gang der Erzählung, um zu berichten, dass ein 
MQnzmeister gefänglich eingezogen wird, weshalb weiss' der Verfesser 
nicht u. a. Er k Qnnte nach den eingestreuten langen politischen Betracli' ^ 
tongen zu scbliesseu , fast ein Schulmeister gewesen sein, vgL auch r.Jj 
2691—4, 3192f. ^ 

') Vgl. V, 2149, 2157, 2502, 2566, 2B75, 2985, 3064 n. a. w. 1 

') Klemming 8 S. 117—144, 

') Der Anfang lautet: Tha man scriffiier 80 och otta, stodh i Swerige 
likes tili nnotts, tha man scrifluer 80 och 9 ther tiil, tha skeer thz som 
jak nw säjia will, folgt die Heiligsprechung der Katharina. Im gai 
beanspruchen die Jahre 1488—92 25 Verse, davon gehen noch vier 
die Jahreszahlen ab. 



W — 153 - 

■geleitet, dass König Hans 1493 sich mit Russland verbunden 
habe, um Finnland den Schweden zu entreissen. Dies veran- 
lasst zunächst einen Ausfall gegen den König, der 1495 der ver- 
abredeten Tagfahrt zu Kalmar aus dem Wege geht , und be- 
reitet den Leser auf den Einfall der Russen in Finnland vor, 
mit dem das Zeichen zu einem Kampfe gegeben ist. der zur 

^_2eit der Niederschrift des Gedichtes, Anfang 1497'), noch 

^nicht beendet war. 

H Der Verfasser machte den Krieg im Gefolge Stens mit, 

^og 1495 mit ihm von Stockholm aus (v. 3663, 3706), befand 
ßich 1496 in seiner Umgebung zu Abo, v. 3957, Wieb aber 
in Finnland, als Sten nach Stockholm zuiückkehrte , v. 4028, 
£9, 44, 47. Weiterhin erfahren wir nichts von seinen Schick- 
iilen, doch lassen die genauen Angaben über die neu aufge- 
legte Russensteuer am Schluss des Gedichtes die Annahme zu, 
er den Winter 1496/97 in Schweden zubrachte. Klem- 
Boing wirft (3 S. 299) die Vermuthung auf, dass die zweite 
md dritte Sturechronik einen gemeinsamen Verfasser haben 
ifinnten, allein dem widerepreehen nicht nur die angeführten 
Lebensumstände der beiden Dichter ^), nach welchen der eine 
durchweg als in friedlichen bürgerlichen Verhitltnissen lebend, 
der andere als Benifssoldat erscheint, sondern auch, durch 
diese verschiedenen Lebensstellungen bedingt, die ungleiche 
Behandlung übereinstimmender Stofte, Der Verfasser der 
zweiten Sturechronik begnügt sich z. B. durchweg mit der 
Angabe, daas das Schiff oder das Heer wohl ausgerüstet war*). 
sein militairisch gebildeter Fortsetzer geht stets ins Detail 
ein, sieht bei jeder Gelegenheit auf die „glätfuiar, piil, 
byssar och andra wärya", achtet genau auf das Pulver und 
namentlich auf die Anzahl der „skärpentyner" (v. 3492, 3499. 
3763, 3966 u. a.), ein Wort das in der ganzen Reimchronik 
allein bei ihm vorkommt. Umgekehrt stellt der erste öfters 
längere ziemlich werthlose politische Betrachtungen an, auf 



') VgL V. 4161 ff.; V. 41Ö6 erwähnt der jula tiidh des Jahres 1496. 
*) Elemming berührt sie gar nicht. 

*) Nor 2 Stellen scheinen dagegen zu sprechen, einmal giebt er an, 
B das grösBte Geschütz der Dänen Moj'ses liies, v. 2004, und dann er- 
dass in Stäkehorg sich sehr viel Pulver vorfand, v. 322S. 



— 164 - 

die der zweite sich nie einlässt. Gemeinsam haben beide nur ' 
das miteinander, dass sie Episoden aus den von ihnen behan- 
delten Jahren herausgreifen , nicht die Geschichte der Jahre 
selbst gehen. 

Die dritte Sturechronik bezeichnet das Ende der durch 
das ganze Jahrhundert sich hindurchziehenden reimchronika- 
lischen Thätigkeit in Schweden, mit ihr ist die sog. grosse 
Reimchronik abgeschlossen. Zerlegen wir ihr GefOge in die 
einzelneh Eestandtheile, so entsprechen den drei grossen Hel- 
dengedichten ebensoviel Gesänge auf einzelne hervorragende 
Begebenheiten, die Uebergänge aber vermitteln zwei Dichter- 
werke ungleicher Art. Das eine schildert im Rückblick 75 
Jahre schwedischer Geschichte lediglich zum Zweck der Ver- ' 
herrlichung des durch Karl Knutsson neu errichteten Thi-ones. 
Die Darstellung der Ereignisse, welche den Wiedereintritt 
Schwedens in die Reihe der selbstständigen Staaten herbei- 
führt, wird verbunden mit der Geschichte des älteren, keiner 
Fremdherrschaft unterworfenen Reiches, das neue Königshaus 
durch die Verwandtschaft mit dem vorletzten, welches einen 
Heiligen zu seinen Mitgliedern zählt, legitimirt ; die Zwischen- 
herrschaft der Folkunger wie der Dänen ist zu Ende, es be- 
ginnt eine neue Epoche für Schweden. Das andere dagegen 
nimmt den zerrissenen Faden wieder auf, um die Fortsetzung 
des steten Kampfes um die Selbstständigkeit zu schildern, 
ohne irgend welche andere Absicht als die Begebenheiten der 
Nachwelt zu überliefern. Frei von jeder Tendenz kommt es 
der Aufgabe eine Reichsgeschichte zu liefern noch am nächsten. 
Ungleich wie die Uebergänge sind auch die Heldengedichte. 
Das erste schildert den Hader feindlicher Brüder um die 
Krone, das zweite die Abschiittelung des Jochs der F^-emd- 
hen-schaft durch das Volk, das dritte das Ringen eines Ein- 
zelnen nach dem Throne des ohne sein Zuthun freigewordenen 
Reiches. Die drei letzten Gesänge endlich behandeln nach 
einander den Kampf um die Erhaltung staatlicher Selbst^ 
ständigkeit, inneren Zwist und Krieg mit den Heiden um 
Wahrung der Gränzen. Diese durchgehende Verschiedenartig- 
keit der einzelnen Werke bedingt naturgemäss erhebliche 
Werthunterachiede , und nach diesem und den früheren Aus- 



I 

I 



- 155 — 

fUhrungen ist leicht zu emiessen, wie wenig zutreffend die 
bisher übliche Behandlung des gesammten Stoffes als einer 
grossen Reinichronik , wie leicht iireführend die Zusammen- 
fessung unter einem Namen war. 

' g. Kleine Reimchronik"). Um die Mitte des 15. Jahr- 
liunderts, in denselben Jahren als die Erich- Karlschronik 
hergestellt wurde, entstand gleichfalls in der Umgebung Karls 
ein literarisches Produkt, welches nur dadurch Interesse ge- 
winnt, dass es ein weiteres Zeugniss ablegt für die am KÖnigs- 
tofe herrschende rege schriftstellerische Thätigkeit auf dem 
©ebiete der heimischen Geschichte. Als historische Quelle 
■Trie als poetisches Erzeugniss ist es gleich werthlos. Der 
Verfasser behandelt die ganze schwedische Geschichte vom 
ersten Gotheokönig Erich — er lebte nach ihm gleichzeitig 
mit dem Grossvater Abrahams, Sanigh — bis auf den Tod 
Christophs in 451 Versen, indem er jeden König selbstredend 
einluhrt und ihn seine eigene Geschichte erzählen lässt. Den 
Inhalt entlehnt der Verfasser mit alleiniger Ausnahme der 
Reime dem oben erwähnten Chron. pros. von 1449, welches er 
um einige aus der Diedrik af Bern Saga herübergenommene 
Könige bereichert. Diese Saga wurde eben weiteren Kreisen 
in Schweden zugänglich gemacht *) und da säumte unser 
lichter nicht, daraus vier Könige seinem Verzeichniss in der- 
ilben Weise einzuverleiben, wie er das Chron. pros. versi- 
ciite. Es sind die Herrscher Nordian — Hernit, v. 35—62, 
luch der vorhergehende Philmer hat einige Züge aus der 
iaga erhalten, v. 28 — 33 (v. 24 — 27 beruhen auf dem Chron. 
iros.). Mit König Frode, v. 64, kehrt der Verfasser zum 
Ihron. pros. zurück und bleibt diesem nun bis zum Schlüsse 
ftreu'). Seine Ausnutzung des Chron. geht so weit, dass wir 

') Klemmiiig 1 S. 215—231. 

') Karl brachte 1448 die heute älteste Haiidfichriil der nordiecbeu 

'Heldensage aus Norwegen nach Schweden, vgl. Hjlten Cavallius, Einl. zu 

Diedrich af Berns Saga {Sv. Fomskr. Sällsk. 5) S. Ilf^ Unger, Didrik af 

Berns Saga S Xlllff. ; ihre Üebertragung üib achwediscbe fällt in die 

_ Jahre 1449—76, Hylt^n a. a. 0. S. XSXVI. 

') Auch der in der Reimchronik an einen anderen Platz geratheiie 
■ lAiniind Slemma verdankt gleichwohl dem Cbron. pros. sein Dasein. Erich 
EOlai, der auch dem Chron. pros. folgt, begeht an derselben Stelle den 



J 



- ir.6 - 

im Stande sind, aus ihm den Abdruck seiner Quelle bei Fant 
zu emendiren; v. 113 z. B. liest Klereming richtig Ceres statt 
Theraes bei Fant 1, 1 S. 243; v. 340 Klemming 2'/» Fant 
S. 246 3; v. 349 Klemming 1220 Fant 1222 u. a. Im ganzen 
Gedicht ist nur ein Vers , für den wir keine Vorlage nach- 
weisen können ; er giebt an , dass Erich der Pommer 
neun Jahre zählte, v. 426, eine Altersbestimmung, die volli 
kommen in der Luft schwebt. 

Die älteste von Klemming seiner Ausgabe zu Grunde gi 
legte Handschrift von 1457, das sogenannte Fni MSretas bot 
schliesst mit Christoph '), während andere Codices noch eine 
Besprechung Karls hinzufügen, welche der Herausgeber 1 S. 232 
mit Unrecht als Beilage 1 bezeichnet und als jüngeren Zusatz 
aufgefasst hat. Vergleicht man sie mit dem Chron. pros., so 
ergiebt sich genau dieselbe wörtliche Uebereinstimmung wie 
in dem fi-ilheren Theile. Betrachten wir aber die Handschrift, 
so stellt es sich heraus, dass die Eigenthünierin Frau Martha 
sehr wahrscheinlich die Gemahhn eines Oxenstierna ist*), 
deren und der Wasas Todfeindschaft gegen Karl Knutsson 
Bonde und die Stures sich durch die ganze schwedische Ge- 
schichte von der Krönung Karls bis zur endgültigen Zer- 
trümmerung der Union im 16. Jahrhundert hinzieht. Alsdann 
erklärt sich nicht nur die "Weglassung des Karl preisenden 
Abschnitts, sondern auch der Umstand, dass die Handschrift 
nach dem erfolgten Abschluss der Erich - Karlsehronik doch 
nur die Erichschronik in ihrer ursprünglichen Gestalt enthält. 

Die Form der kleinen Reimchronik forderte zur Fort- 
setzung auf und vornehmlich das wechselvolle Geschick Karl 
reizte dazu an. Klemming hat 1 S. 232 — 253 7 derai 



1 



gleichen Fehler und musa demnach denselben oder einen ähnlichen Code 
wie der Eeimchronist bcmiUt haben. Die Redaktion von 1520 versetd 
den Amund wieder an seinen richdgen Platz. 

') Tgl. Kleinming 3 S. 246^ ebenso das Fru Elins bok aus dem Jal 
1476, a. B. 0. S. 250. 

*) Vgl. Klemming S Ü, 248 Aam. unter a. Die unter b und d ftnf 
gefiihrten Frauen gehören gleichfalls Karl feindlichen Geachleclitera i 
Dagegen ist mir die Stellung des Jana laga-Pusa Ic) unbekannt, die Frao] 
ent8ta:umt in diesem Falle aber auch deu Hause der tre rosor. 




I 

I 



^oAi 



- 157 - 

Anhängsel mitgetheilt; am hemerkenswerthesten ist darunter 
Nr. 2 durch den bitteren Hass gegen Karl. Nr. 5 stimmt in 
Bezug auf diesen mit dem ürtiieil Erichs Olai überein und 
ist 1464 in der Zeit zwischen dem Siege Bischof Ketils über 
Christiem und der Rückbemfung Karls aufgezeichnet. Chri- 
atiem führt hier bereits den Beinamen: „mit der bodenlosen 
Tasche". Im 16. Jahrhundert wurden noch zwei Fortsetzungen, 
Nr. 6, 7, bis auf Gustav Wasa hinunter verfasst, die historisch 
ebenso werthloa sind, wie die ganze kleine Reimchronik. 
h. Reimchronik von 1 520 *}. Im zweiten Jahrzehnt 
16. Jahrhunderts verschmolz ein dem Kloster Wadstena 
angehöriger Mönch die kleine Reimchronik mit der Erich- 
Karlschronik zu einer einzigen und versah sie mit einer Fort- 
setzung bis 1520. Die Einleitung zur Erichschronik von 1452 
erhielt nun noch ein Vorwort, welches wiederum dem Chron. 
pros. von 1449 entnommen ist und einen Auszug aus der Vor- 
rede desselben darbietet *). Die Könige bis Erich Läspe 
wurden hierauf der kleinen Reim chronik entlehnt^) und daran 
eine Verarbeitung — Bearbeitung wäre zu viel gesagt — der 
Erich -Karlschronik bis 1452 angeschlossen. Abgesehen von 
den Umänderungen, welche die der kleinen Reirachronik nach- 
geahmte Einführung der Herrscher als in erster Person Über 
ihre Geschicke berichtend erforderte, besteht die eigene Arbeit 
des Klosterbruders hauptsächlich in Streichungen grösseren 
er geringeren Umiangs. Nur selten hat er sie durch andere 



i 



I) Bei Klemming leider zerstückelt 1 S. 193 — 204, 254—88; 3 S. 145 
bJE 312. An dieser jüngsten aller Reimcbroniken hat Fant sich am ärgsten 
vei^aogen. Er bat mit ihr offenbar lüdits anzufangen gewusst und sie als 
abweichende Lesarten über seine grosse und kleine Reimchr. vertheilt. 
Man vgl. z. B. 1, 9 S. 160 ff., die Zerreis^ung des Cod. 5 (Bureanus). 

') Eigene Zuthaten des Verfassers sind v. 27 dass Japbets Soba 
Magog hiesB und Stammvater der Gothen wurde und v. 87 — 5G, Anzahlung 
aller schwedischen Heiligen. 

') Man darf sich nnr nicht durch die Verschiedenheit in den Königs- 
namen irre machen lassen. Der Mönch gewährt ein gutes Beispiel, wie 
ile erfunden werden. Er zählt bis auf Erich Läepe einen Känig, Blodz- 
«wän (44.), mehr als die kleine Reimchr. und hat ihn gleich einigen Zn- 
■«fttzen zu Stenhil (37), Olaf (41), Erich (.50) u. a. den Yitae der heiligen 
^Siegfried, Olaf, Erich u. s. 



I 



— 158 - 

Verse ersetzt, welche dann zum Theil der kleinen Reimchronik 
entlehnt sind, z. B. bei Magnus LadulaS [Klemming 1 S. 200), 
oder den in der Vorlage breit ausgeführten Inhalt stark ver- 
kürzt wiedergeben. Mit vollem Recht hat desshalb Klemming 
die meist gänzlich weithlosen Aendeningen nur bis v. 2000 
der Erichschronik vollständig abdmeken lassen und im übrigen 
blos die eigenen Zuthaten und Glossen des Redakteure ange- 
merkt. Sie genügen hinlänglich um sein Unterfangen als 
Reimspielerei zu kennueichnen. Das Werk gewinnt nur durch 
die an die Karlschronik angeschlossene Fortsetzung bis 1520 
einen Werth. Sie benutzt in der älteren Zeit die Sturechroniken 
und schildert recht eingehend die fortwährenden Kämpfe mit 
Dänemark seit 1497, Aber auch aus der vorhergehenden Zei 
enthält sie einzelne brauchbare Notizen. 

Eine Glosse zum v. 476 des Verbindungsgedichts dl 
Erich -Karlschronik ergiebt, dass der Autor in Wadstena lebte. 
ihr entspricht eine andere zum v, 8401 der Karlschronik, 
Klemming 1 S. 202, Dasselbe bezeugen die stete Rücksicht- 
nahme auf die Geschicke des Klosters und seiner Umgehung'), 
die sorgßUtige Angabe aller Heiligenerhebungen ^), die lobende 
Erwähnung jeder den Klöstern gespendeten Gabe *), Er war 
ein Geistlicher, dem die centrale Lage seines in der schwe- 
dischen Geschichte so häufig genannten Aufenthaltsoites die 
Möglichkeit gewährte, sich von allen Seiten Auskunft über 
die Vorkomnmisse auch der früheren Jahre zu verschaffen. 
Der innere Zusammenhang der einzelnen von ihm mitgetheiUen 
Begebenheiten ist ihm freilich häufig nicht bekannt. Das Ge- 
dicht schliesst mit dem Tode Sten Stures d. ,T. 1520 (Febr. 3) 
und muss bald nachher abgeschlossen sein, der Verfasser 
scheint nicht einmal das Stockholmer Blutbad von 1520 Nov, 
zu kennen. 

In der ältesten nach Klemming noch in das zweite Jal 
zehnt des 16. Jahrhunderts gehörigen Handschiift diesi 



1 



') Vgl. T. 45Ö2ff., Klemming 8 S. 157, Kar! beschenkt das KlostO 
mit einem Zinndach; t, 4947 Brand im KloBter u. a, 

») 1489 Katharina, v. 4051 ft, 1507 Ingeborg v. 56^3 tL, 1520 1 
T. 5853 ff. 

'; Vgl. besonders v. 5521 ff. 



I 



I 



- 15f) - 

JUDgfiten aller Eeimchroniken ist ihr ein Gedicht auf Chri- 
Btiem II. angehängt, welches sich durch einen geradezu blinden 
HaBS gegen den König auszeichnet. Der Verfasser beginnt 
gleich mit dem Wunsche: 

„Gud giffwe hoiium hwarken lyka eller roligit liiff 
men ewig fegdh eck dageligit kiiff" 
V. 6155 f. 

Es ist noch bei Lebzeiten des Königs niedergeschrieben 
(v. 6425), rührt von einem eifrigen Katholiken her (v. 6361 
■wirft Christiern vor, dass er brukade Luthei-ss dicth), und 
verdient nur Beachtung als Ausdruck der in Schweden gegen 
Christiern herrschenden Gesinnung. Dem Inlialt nach ist es 
unbedeutend. Es existiren davon drei Redaktionen, von 
welchen zwei nur in sprachlicher Hinsicht kleine Abweichungen 
zeigen, während die dritte bedeutend jünger ist. Sie führt 
die Schildei"ungen des ursprünglichen Gedichts breiter und 
weitläufiger aus, ohne ihm dadurch einen höheren Werth ver- 
leihen zu können. 

Vergegenwärtigen wir uns zum Schluss die im vorher- 
gehenden gewonnenen Resultate, so erhalten wir für die reim- 
ehronikalische Thätigkeit Schwedens im Mittelalter das nach- 
folgende Schema, welches zugleicii das Verhältniss aller Ge- 
dichte zu und untereinander und ihre Zusammensetzung 
veranschaulicht ') : 

1. Erichschronik 1229 - 1319. 

„ „ , , ., ( a. Engelbrechtsciironik 1389 — 1436. 

2. Karlsciironik , ,r , , ■, , , .„„ ...^ 
•\<^Qq_tAKo{ ^- Karlschronik I 1436—1440. 

\ c. Karlschronik II 1440 — 1452. 

3. Herstellung der Erich - Karlschronik (1452 — 1457): 

Neue Einleitung zu 1, Verbindung von 1 und 2. 

4. Sturechronik I 1452-70 im Anschluss an 3. 

e II T*7A Q„ ( a-BrunkebergBchlachtU71. 

5. , II 1470-87 [ ^^ ^^^^^^ 2wist 1480-87, 



*) Ganz abseits steht das Gedicht auf Eönig Albrecht, welches Klem- 
ming 1 S. 207 — 2U mitgetheüt hat. Es hat mir Werth als politiacbe 
Allegorie und entbehrt allen hlBtorischen Inhalts, Der Verfasser, ei 
hecht an sich nicht abgeneigter Schwede, schrieb bald nach der Ent- 
setzung des Königs. 



— 160 — 

6. SturechrOQiklll 1488-96, Kampf mit Russland 1495/96. 

7. Kleine Reimchronilt von 1450. a) Ausgabe ohne Karl ; 

b) Ausgabe mit Karl (Klemming, Beilage Nr. 1); 

c) Anhang an 7 a bald nach 1457 (Beil. 2.); d) desgl. 
1464 (Beü. 5); e) desgl. vor 1470 (Beil. 4); f) desgl. 
nach 1470 (Beil. 3); g) desgl. Mitte des 16. Jahrh. 
(Beil. G); h) desgl. geschrieben 1584 (Beil. 7). 

8. Reimchronik von 1520: Verbindung von 7 mit 3 — 6 

und Fortsetzung bis 1520. 

9. Gedicht auf Christiem II. im Anschluss an 8. 

2. Vetus chronicon Sueciae prosaieum. In engem 
Zusammenhang mit den durch Karl veranlassten reimchroni- 
kalischen Arbeiten steht die im vorhergehenden öftei'S genannte 
kurze schwedische Prosachronik , welche uns von fast allen 
Handschriften der Erich - Karlschronik und kleinen Reim- 
chi'onik mit überliefert wird^). Fant hat sie in den Ss. rer. 
Suecic. 1, 1 S. 239—251 angeblich aus dem Autograph von 
1449 abgedruckt*) welches einer Handschrift des Westgothen- 
recbts vorgesetzt ist. Der aus dem Stockholmer Minoriten- 
kloster stammende Verfasser hetheuert , dass er sieh die 
hervorragendsten älteren Geschichtsschreiber zum Muster 
genommen habe und nach fleissiger Durchforschung der „gambla 
foreldma krbnokar" eine zuverlässige Geschichte seines Landes 
hinterlassen wolle. Die Ausfühmng des Plans lässt indess viel 
zu wünschen übrig, wir erbalten ein dürftiges Verzeichniss der 
schwedischen Könige bis auf die Erhebung Karl Knutssons 
auf den norwegischen Thron, an welches sich eine TJebersicht 
der ältesten dänischen Geschichte anschliesst. Nichtsdesto- 
weniger ist der Verfasser von seiner Arbeit höchst befriedigt 
und nimmt die unbedingte Glaubwürdigkeit für sich in An- 
spruch, S. 242 versichert er, nur die von ihm aufgeführten 

') Faat erwähnt dies nicht, vgl. Kleimning 3 S. 219, 253, 260, 268, 
263, 268, 275. 

*) Ich citire sie der Kürze wegen als Chron. pros. ; über den Unwolfa j 
der früheren Ausgaben von MesaeninB und Meurer 1615 and 1645 v| 
Fant a. a. 0. S. 239. Ueber die Hb. Tgl. Corp. jur. Sueo-Gothoniin e 
Collin u. Schlyter 1 S. XXXIIL 



I 

I 



- Ii31 - 

£ötiige hatten wiiklirh regiert, fände man aucli in manchen 
Chroniken atidere genannt, so sei jenen Angaben doch kein 
Vertrauen zu schenken. Die Ursache dieses Ausspruches tritt 
äffen zu Tage, sobald wir dem Autor auf seine Quellen nach- 
l^ehen. Er seihst citirt „Adam von Bremen, Jordania, Roderich - 
ron Toledo , den weisen Astronomen Dionys" und manche 
^göta" und „danske" Chroniken. Adam hat er in der That 
jehr umfassend benutzt, fast der gesammte auf Schweden 
sezügliche Theil der descriptio insularum aquilonis (Gest. 
[ammab. eccl.pont. 1.4) ist in unsere Chronik Obergegangen'). 
kus Jordanis dagegen sind die Namen der ältesten Könige 
rieh, Godeiich und Philimer, sowie die Uegiemngsgeschichte 
3c8 letzten, S. 240 - 241, entlehnt*) und hieran schlosa der 
Verfasser einige Auszüge aus Roderich*), welche den Ruhm 
der aus Schweden ausgewanderten Gothen preisen. Denselben 
Sweck verfolgt die angeblich von dem „Astronomen Dionys" 
iberlieferte Nachricht, dass der Kriegsgott Mars der Sage 
lach aus gothischem Stamme entsprossen sei. Hier hat der 
(Verfasser offenbar nur mit seiner umfassenden Quellenkenntniss 
K prunken gedacht. Die Notiz geht gleichfalls auf Jordanis 
, 4 zurück (ed. Closs S, 31). Dieser citirt für das Ansehen, 
m dem die Geten bei den Griechen standen, den Dio und 
Jfehrt dann fort: Adeo ergo fuere laudati Getae, ut dudum 
Martern, quem poetai-um fallacia deuni belli pronunciat, apud 
fuisse dicant exortum". Unserra Verfasser, der als 
Hönch die Ostertafel (les Dionysius Exiguus kennen musste, 
irar der Grieche Dio jedenfalls nicht einmal dem Namen nach 



') 8. 240 zweiter Abschnitt aus Adam 1. 4 c. 21 , iS. 241 —242 den 
anzen ÄbBclmitt über den Götterkult zu Upsala, Adam 1. 4 c. 26, 27; 
'ant hat dies merkwürdiger Weise übersehen, die antiquarisclien Bemer- 
nugen gehören daher gar nicht hierher; S. 244 — 245 GeBchichte K. Sten- 
meiBt wörtlich aus Adam 1. 4 c. 28, 29, 24, Tgl. l. 3 c. 14, 15. 
*) Jordanig de reb. Get. c. 4 ed. CloBS S. 20 ff.; die Namensformen 
fierig, Gandericus, Filmer sind im Chron. pros. modemisirt worden und 
den Umstand, dass Jordanis Filmer als den .5. König bezeichnet, hat unser 
ChroniBt weiter nicht beachtet. 

*) S. 241 auB Roderici Toi. de reb. Hisp. 1. 1 c. 9, niap. illuatr. 2 
32 f. 

Y. d. Kopp. Zur GeMhiclite. 11 



— lG-2 — 

bekannt und er dalier rasch bereit, ileiii redlichen Mouclie * 
des 6. Jahrhunderts zur Autorschaft einer Chronik zu ver- 
helfen^). Auch die vielen dänischen und gothischen Clironiken 
reduciren sich bei genauerem Hinsehen auf zwei Haupt(iuelle]i.H 
Die eine ist der zur Zeit des König Magnus Eridisson, 
es scheint gleiehzeltiK mit der Redaktion der I-andesges 
in der Mitte des 14. Jahrhunderts aufgezeichnete König) 
katalog von Ingo bis auf Magnus'), Fant 1, 1 S. 2 — 5, di^ 
andere die Ann. Luudens. in ihrem die heidnische Zeit be« 
handehiden Theile. Langebek 1 S. 223 — 227. Von der : 
Kataloge festgestellten Königsreilie weicht unser Verfasser 
drei*) äusserst bezeichnenden Stellen ab, welche seinen ei^ 
wähnten Anspruch auf Glaubwürdigkeit erklären. Dem dritten! 
Könige Froe des Katalogs giebt unser Autor die aus den Annfl 
Lundens. entlehnten Könige Urban lYpper) und Osten 
Nachfolgern, um die Abstammung der dänischen und norwe^ 
gischen Könige von dem schwedischen Herrscherhause ! 
weisen, S. 242 wörtlich aus A. Lund. S. 223, und kehrt dani^ 
mit Saelingh (I'iolm) wieder zum Katalog zurück. Gleichfalls" 
den Ann. Lund. S. 225 entstammt ferner der 9. König Attila 
(Athisl), welcher den Katalogskönig Domar ersetzt und ganz 
Nordeuropa Schweden unterwirft- Endlich heisst der Vate 
Olaf Schosskönigs nach Adam v. Bremen , 1. 4 c. 28,2 
Chron. pros., S. 244 — 245, Stenkil anstatt Erich, doch erli"^ 
er den Beinamen Arsale aus dem Katalog, so dass die Uebei 
einstimmung in dieser Beziehung gewahrt bleibt. Mit dei 
Eintritt der christlichen Könige verschmelzt der Vei-fassei^ 



') Fant bemerkt S. 241 o, ; heic Dionysiuni Bxiguum conflmdit cum Dio- 'i 
nysio tuBtorico, de quo ad Erii:um Olai conimeiitiibiniiir. Schlägt n 
rer. Saec, 2, 1 S. 19 aaf, so xSMt Erich ala seine Quellen den Gothen 
Ablaviuä und den Griechen Diooya auf, wozu Fant ohoe welchen Zasaix 
bemerkt ; Dionysius Alexandrinus ! Erich, der unserer Cbiomk trenlicb folgt, 
hat sich hier wie unser Autor mit fremden Federn geschmückt, um sein 
ausgebreitetes Wissen ku bezeugen. 

*) Er geht in der Handacbrift dem Landrecht des K. Magnus vorauf;: 
über seine nahe Terwandtschaft mit dem Katalog des Registr. üp&a 
Fant 1, 1 S, 14 — 16 vgl. unten. 

') Die vierte ist eher als ein Tersehen zu bezeichnen. Fioe heiset is 
Chron, pros. ein Sohn Neoicbs, im Katalog ein Bruder desselben. 



— lt}3 — 

seinen ersten Katalog mit ilen Nacliiichten, welciie ihm die 
io das Westgothenrecht aufgenomuiene Königsreihe^) darbot, 
aber derartig, dass der Katalog stets die Grundlage bildet. 
Dasselbe Verhültniss zeigt sich bei den Ann. Lund. Neben 
dein bereits erwähnten haben sie das Material für den ersten 
Konig Erich geliefert, S. 240 aus Ann. Lund. S. 223, und vor 
allem ist die gesammte iiltere dänische Geschichte, S. 247 — 250, 
wörtlich aus ihnen, S, 223 — 227, Übersetzt. Hur die Schluss- 
beinerkungen, S. 250 , über die Grenzscbeidung zwischen 
Schweden und Dänemark durch Aeniund und Sven finden sich 
gleichfalls wortlich im Westgothenrecht"). Streichen wir alles 
aus diesen Quellen entlehnte aus, so bleiben nur die Notiz 
über die sagenberühmte Bravallaschlacht , S. 243, und die 
wenigen chronologischen Daten , S. 245 — 247 , übrig. Für 
die erste beruft sich der Verfasser auf die ausführliche Er- 
zählung iu einer dänischen Chronik, unter welcher das sog. 
Compendium des Thomas Geysmer, Langebek 2 S. 330, zu 
verstehen ist. Den von Geysmer nicht genannten Sehlachtort 
fand der Verfasser, falls er ihm nicht bereits aus der Volks- 
sage her bekannt war, in dem von ihm übersetzten Theile 
der Ann. Lunfi. *). Die wenigen Jahres- und Tagesangaben 
dagegen erbringen den Beweis für unsere oben ausgesprochene 
Behauptung, dass der Verfasser in dem Minoritenkloster zu 
Stockholm, dessen enge Beziehungen zu Karl Knutsson liin- 
länglich bekannt sind, zu Hause war. So gering die Zahl 
dieser chronologischen Nachrichten ist, so weisen sie doch eine 
beträchtliche Menge von Fehlern auf, welche nicht nur Erich 
Olai viel Arbeit und Mühe, sondern auch noch neueren 

') Sie ist gedruclit Fant, 1, 1 S. 7 — 13, coirekter und mit der Fort- 
Belzung bis auf Erich den Pommeni vereelieD in Cod. jur. Sueco-Gotti. 1 
S. 298- 304. 

») A. a. 0. 1 S. 67. 

') A. ». 0. S. 327. Velachow will freilich io den Not. über, ma 
2 S. 229 die Benutzung Saxos, und damit auch Geysmers, an dieser Stelle 
EurQckweisen, aJtein mit Unrecht. Geysmer» Compendium muss rasch ver- 
breitet worden sein, Erich Olai benutzt ihn, wie wir Beben werden, 
ausgiebigster Weise. Die Bemerkung Velsdiows über die kleine Reim- 
Chronik a. a. 0. fallt in üich selbst zusammen: die betreffende Stelle i 
reine Versifieirung des im Chron. pros. gesagten. 

11' 



I 



» 



— llU — 

Schwierigkeiten bereitet haben. Sie beginnen mit dem fal- 
schen Datum, rfass Olaf 1108 Febr. 15 Retdiift worden sei 
und laufen his zur Krönung Karls in Drontheim 1449 Noy. 20 
hinunter'). Schon die ungewöhnlich genaue und dabei ver- 
kehrte Angabe über die Taufe Olafe, welche sonst durchgängig 
ins Jahr 1028 veilegt wird, schliesst die Benutzung eines 
schwedischen oder danischen Annalenwerkes aus, üherdies 
stimmen auch die übrigen Daten mit keinem von diesen über- 
ein. Vom König Magnus I.aduUs bemerkt der Verfasser, er 
liege in Stockholm bei den grauen Brüdern begraben „som 
franidelis i hokena sigs," Unter dem Buche ist ohne Zweifel 
die Erichschronik zu verstehen, welche hierüber v. 1244 - 1271 
berichtet, während andrerseits diese Hervorhebung des Miiio- 
ritenklosters unwillkürlich unsem Blick auf das mit historischen 
Notizen mannigfacher Art augeflillte Kalendarium der Minder- 
hrüder zu Stockholm werfen lässt'). Leider ist dasselbe nicht 
Yollstilndig erhalten, nui' die Monate Januar bis Juli, genauei' 
Jan. 1 bis Aug. ä. sind auf uns gekommen. Hier finden wir 
in der That alle Daten, welche in die erste Ilfilfte des Jahres 
fallen, wieder, so vor allem die Taufe Olafs durch Siegfried 
zum 15. Febr. 1108, Diar. Stockh. S. 71, ferner den Tod 
Erichs 1250 Febr. 2., Diar. S. 71, die Schlacht bei Eneköping 
1303 Mürz 3, Diar. S. 72,73, Krönung Eiichs 13iiÖ Jul. 25., 
Diar, S. 82. Das meiste Unheil hat die Herübernahme der 
Nachricht, dass die Schlacht Alhrechts von Meklenburg gegen 
Margaretha 1388 statt 1389 stattgefunden hahe, angerichtet. 
Das Diar. Stockh. S. 72 setzt den Schlachttag richtig auf 
Febr. 24(Mathie} an, unser Chronist verlegt ihn durch einen 
Schreibfehler in den Sept. (Mathei) und ihm folgen unbesorgt 
die kleine Reimchr,, Klemming 1 S. 230, und das Verbin- 
dungsgedicht der Erich-Karlschronik v. 624 (oni hosten). Erich 
Olai dagegen nahm das Jahr 1388 aus dem Chron. pros. und 
das Datum Mathie (Febr. 24) aus seiner dem Diar. Wisb. 
verwandten Quelle, so dass nun lauter Angaben vorlagen, die 



') Es Bind 14 Daten me den Jahren 1108 — 1412 und 4 anf Chmtopli 
nnd Karl 1441 — 1449 bezügliche. 

') Gedruckt unter dem leicht irreführenden Titel Diarium fratnim 
1 Stockholmerfiinm Fant 1, 1 S. 67—82. S. unten. 



- 165 — 

aJle falsch sind und Geijer in seiner Gesch. Schwedens ver- 
führt iiaben noch ein drittes falsches Datum sicli zu con- 
strniren, niiniüch 1389 Sept. 2P). Die in die zweite Hälfte 
des Jahres fallenden Daten des Chron. pros., 1412 Okt. 27 
Tod der Margaretha, 13ö3 Nov. BO Huldigung Albrechts in 
Stoekkolm, können bei der lieutigen Beschaffenheit des Kalen- 
ders nicht verglichen werden und ebenso auch die der Tages- 
bestininiungen entbehrenden Kachrichten über den Tod Karls 
1168, in den Chronologien durchgängig zu 11(37 gemeldet, den 
Tod Johannes 1222, sonst nirgends überliefert, die Wahl 
Waldenmrs 1251 und den Tod und die Begräbnissatätte Erichs 
1160, die letztere ist auch nur aus dem Chron. pros. bekannt, 
doch wird nach den obigen Beispielen die Vermuthung wohl 
nicht zu gewagt erscheinen, dass unser Autor sie ebenfalls aus 
den genannten Aufzeichnungen seines Klosters entnommen hat. 
Der Werth des Chron. pros. ist mehr negativ darin zu. 
suchen, dass es den reimchrunikalischen Arbeiten am Hofe 
Karls als kurzer Leitfaden der vaterländischen Geschichte 
diente^ , als solcher hat es schon uni seiner Sprache willen 
rasch Verbreitung gefunden und ist vielfach benutzt wordeu. 
Nach dem Bekanntwerden der Dietrichssaga in Schweden be- 
reicherte wohl der Verfasser der kleinen Reinichronik das 
Chron. pros. um die von ihm aus dieser Saga in seine Königs- 
liste aufgenommenen Herrscher Osantrix und Hernidh und 
einen Theil von Philmer und in dieser Gestalt ist die Chronik 
gleichfalls vervielfältigt worden, ohne doch die ältere Form 
gänzlicli verdrängen zu können^). Dagegen theilt das Chron. 
pros. mit der kleinen Reinichronik andrerseits das Geschick, 
seines Berichtes über Karl Knutsson in den oben S. 156 er- 



l 



'l Oeijer Gcscli. Schwedens 1 S. 194. Seine Anni. 1 leistet an Naivetät 
erstaunlicheB : „Gewöhnlicli wird der 24. Febr. (Matheus) angegeben, allein 
die Relmclirottilc nennt den Mathiastag im Herbste den 21. Sept.; sie hat 
übrigens die unrichtige JahreszaM 1388"! Die Reimchr. d, h. das Verbin- 
dungBgedicht sagt nur „om büBten". 

') Für keine einzige seiner Nachrichten ist die Torlage uiclit nadizu- 
weJBen. Die paar zuletzt genaunteti Daten verdanken ihre iusnabmeatel- 
lung nur dem leidigen Zufall, der die zweite Hälfte des stuckbolmer 
Kalenders zerstört bat. 

') Vgl. Fant 1, 1 S. 250. 



I 
I 



— 166 - 

wähnten Handschriften beraubt zu werden'), der Qraiid ist | 
hier Hei-selbe wie dort, nur fand sich hier leider kein Fort- 
setzer, der das Gegenbiid entworfen hStte. 

3, Erich Olai. Kein schwedischer Chronist des Mittel- 
alters erfreut sich eines grösseren Ansehens als Erich Olai. ] 
Seine Chronica regni Gothorum*) trug ihm den Namen des 
Vaters der schwedischen Geschichtsschreibung ein und blind- 1 
lings ohne nach seinen Quellen zu fi-agen schenkten ihm alle 
Forscher ohne Ausnahme ein Vertrauen, welches sie verleitete, 
die ülteren Erzeugnisse der schwedischen Geschichtsliteratur 
dieser Chronik gegenüber zuiUckzusetzen. Die nachfolgenden 
Zeilen haben die Aufgabe, darzulegen, dass Erich, unbeschadet 
aller seiner Verdienste als Verfasser der ersten pragmatischen 
Geschichte seines Vaterlandes, durchweg sich mit fremden 
Federn geschmückt hat und nur dort als Quelle gelten kann^ 
wo seine Vorlagen nicht auf uns gekommen sind. Dies ist 
glücklicher Weise nur selten der Fall. 

Ueber sein Leben liegen wenige Daten vor''). Wie sein 
einfacher Leichenstein in der Domkirche zu üpsala bezeugt, ■ 
entstammte er keinem vornehmen Geschlechte, studirte längere | 
Zeit im Auslände*), erwarb sich die Magisterwilrde und kehrte 1 
in die Heimath zurück, um ein Kanonikat an der schwedischen { 
Metropolitankirche zu übernehmen. Für das Ansehen , in j 
welchem er staud, spricht eine Eintragung in das Registrum J 
Upsaliense zum Jahre 1464, welche berichtet, dass der Erzbischof ] 
ihm allein gestattet habe, sein des Optionsreehts entbehrendes I 
Kanonikat mit einem besser dotirten zu vertauschen*). Als ] 
Sten Sture 1476 von Sixtus IV, die Erlaubniss zur Gründung I 
einer Akademie in Upsala erhielt, übernahm Erich die Pro- ] 
fessur der Theologie und behielt diese Stellung auch bei. 



') Fant erwähnt dieser II33. nicht, vgl, Klemming il 8. 349, as3. 

') Gedruckt bei Fant Ss. rer. Suecicar. 2, 1 S. 1—165. 

') 0. Celsius stellte 1751 in einer upsalaer akademiaehen Schrift „de 1 
Erico Olai historico" die Daten zusanunea, daraus zum grQssten Tfaeil j 
wiederholt Fant a. a. 0. 2, 1 S. 1. 

*) Celsius läsBt ihn ohne i^end welchen Auhaltspunkt nach Rom 

>) Scbeffer, Chroo. de archiep. Upsal. S. 230, wiederholt Fant a. a. 



- 167 — 

er 1479 zum Domdekaii erwählt wurde. Einzelne seiner ^ 
lesungen ttber das Evangelium Mathüi u. a. haben sich haiid- 
sehriftlich auf der dortigen Univei-sitätsbibliothek erlialttu. 
Er starb am 24. Dec. 1486. 

Die Chronica regni Gothorum reidit von den Uranfängen 
der schwedischen Geschichte bis auf den Tod des Erzhischots 
Johann Bengtsson (1468 Dec. 15) und muss kurz vor dein 
Hinscheiden Karl Knutssons (1470 Mai 15) abgeschlossen sein. 
Der letzte Satz erwähnt der Feindseligkeiten Christierns und 
seiner Anhänger nach dem Hingange Johanns und schliesst 
mit den Worten „sed in vanum laboraverunt quotquot ad hanc 
iniquitatem extenderunt manus suas." 

Die Änr^ung zur Abfassung des Werkes ging von Karl 
Knutsson aus, welcher Erich zu dem Behuf eine Pension aus- 
setzte, die in einer jährlichen Getreidelieferung bestand ^J.- 
Es versteht sich von selbst, dass ihm damit die umfassende 
Benutzung der am Hofe Karls entstandenen Gesehichts werke 
gewiasermassen zur Pflicht gemacht wurde. Die Erich-Karlsj- 
chronik, die kleine Reimehronik und das Chron. pros, suec 
wui-den demnach seine Hauptquellen, doch uiusste er für die 
älteren Zeiten reiclieren Stoff zusammentragen als das letzt- 
genannte Werk enthält, und hier zeigt er in der That eine 
recht umfassende Belesenheit. 

Die Chronik ist ziemlich wiilkuhrlich in 6 Bücher von zeitlich 
und räumlich sehr vei-sehiedenem Umfang eingetheilt. Voraus- 
geht eine weitschweifige Einleitung, welche, abgesehen von 
Bibelsprüchen, Citaten aus lürchenvatern und längeren inoraü- 
sirenden Betraibtungen , zunächst das Chron. i)ros. *) aus- 



') Fant a. a. 0. nach der mir Dicht zugänglichen Abhandlung von 
Stienunan, Tal om lärda vetenskaps tillstnod i Sveaiike ander pnfredom 
(1759). Stiernman beruft sich auf einen Brief des Erzb. Jakob ültsson 
(1469—1521); vgl. Warmholtz Bibl Sveogoth. Nr. 9013. 

') S. 5. 6 Beschreibung des Tempels zu Upsala wörtlich aas Chr. pr. 

12; S. 12 geographische Schilderung Chr. pr. S. 240, niCT der für 
Lfibecks Ansehen bezeichnende Satz: Credittir enim, quod civitas Lubtcensis 
hie navigare und die GrcoKangabeo sind selbstsUkadige Zuthaten Fant ver- 

; in seinen Aum. irrig auf den gleichfalls dem Chr. pr. eDtnnmmeDen 
Prolog der Erich- Karlschronik. 



— 168 — 

schreibt, dami aber aucli Jordanis') uDd ValeriuB Maximus') 
benutzt. Das erste Buch behandelt die Geschichte der heid- 
nischeu Herrsclier Schwedens mit Zugrundelegung der Köuigs- 
reihe des Chron. pros., welche aus der kleinen Reimdironik 
durch Nordin (7, König) und Hernit (8.) und aus dem sog. 
Compendiuni des Thomas Gejsmer*) durch Ilaldan, Siward 
und Kar] (2. 5. 6.) bereichert wird. Von Ingo (9.) ab lagen 
Erich daneben zwei einander sehr nahe verwandte Königs- 
kataloge vor (Fant l, 1 Nr. II und VI), von welchen ihm dei" 
eine (Nr. VIj durch das Registrum Upsaliense {s, unten) an 
die Hand gegeben war ^). Die Dürftigkeit dieser einheimischen 
Quellen zwang Erich die ihm durch Geysmer vermittelten 
schwedischen Nachrichten des Saxo Grammaticus, soweit sie 
sich mit seiner Köuigsreihe irgend vereinigen liessen,. aufzu- 
neJimcn, wollte er sieh nicht mit einer dürren nackten Nameu- 
reihe begnügen. Ei'st am Schluss des Buches gewiihi-te die 



') S. 13 über Messageten und Gotheu, Jordanis d. r. GoU c. lOj Erich 
knüpft daran die vielfach wiederholte Etymologie : Zwerike = duo rcgna = 
Thuregum ^= Zwrifc, für die er sich auf eine mir unbekannte Vorluge beruft. 
Cm Beine Belesenheit zu zeigen, nennt er S. 19 die Quellen fUr die 
ihm nicht zu behandelnde (>S. 10) Geschichte der aus der Heimath aus- 
gewanderten Gothen, darunter Ablavius und Dionys (Gothice scribentc AI- 
banio Graece Dionysiu), beide stauimen natürlich aus Jordanis. 

*) S. 9, 10 für die Namen der röniiachen Kaiser, 

^) Daas Erich den Geysmer und nicht den Saxo benutzt, erhellt uiuht 
nur daraus, daes wir alles von l'anl auf Saxo zurückgeführte auch bei 
Geysmer finden, sondern auch die wörtlichen Entlehnungen aus dem spä- 
teren Theile des Compendlum nach SchluGS der angeblichen Auszüge aus 
Saxo. Man vgl. z. B. den Bericht über die Gefangennahme Waldemars U., 
Erich S. 51 mit Geysmer, Sa. rer. Dan. 2 S. SSG. Die auf eine direkt« Be- 
nulzimg Saxoa scheinbar hinweisenden Stellen, wie Erich S. 40 Z. 8 t. u, 
der Zusatz Carolum nomine (Saxo ed. Müller -Yelschow S. 5Ü2, fehlt bei 
Geysmer am entsprechenden Orte S. 3dO), lassen sich alle auf die dem 
Diar. Wisb. verwandte annalistische Vorlage Erichs zurückfllhren , vgl. BO 
zu diesem Namen Dior. Wisb. Ss. rer. Dan. 1 S. 253. 

I) Die Benutzung des andern fast durchweg wörtlich mit dem upsalaer 
übereinstimmenden Katalogs erweist S. 23, 24 der Zusatz zum König Iwar 
„dicti Vidfarin," welchen Beinamen ihm mu Katal. U giebt, Fant 1, 
S. 3; Vithfadhin, an einer von beiden Stellen hat sich Fant, wie nicht 
selteu, verlesen. 



I 
I 




ihm als Geistliehen wohlbekannte V. S. Eskilli ') einige Äaa^ 
beute, während bis dahin sänimtlicbe in den erwähnten schwe- 
dischen Vorlapen nicht berichteten Thatsachen im Geysmer 
nachweisbar sind. Ausnahmen hiervon bilden nur die aus 
OrosiuB unter Namensnennung entlehnte Abhandlung über den 
Egypterkönig Vesoses (S. 18. 19,1 und die Jahreszahl 816 
^S. 26), auf die wir iui Zusammenhang mit anderen zuriick- 
kümmen. Im übrigen ist es mir im ersten Buch einzig und 
allein für den Nachsat/ „quae Bera nomen habebat", S. 21 zu 
.Nr. 25, nicht gelungen die Quelle aufzufinden. Ganz ähn- 
lichen Charakters ist das /weite, und der Anfang des dritten 
Buches bis auf Erich Lut>pe mit dem der Auschluss an die 
Erich -Karlschronik erieicht wird. Auch hier sind Geysmer 
und das Chrou. pros. Führer, neben welchen die Vitae S. Olavi ^) 
und Erici ^) in grösserem , die S. Sigfridi *) und Ansgarü ^) in . 
geringerem Umfang herangezogen werden. Nachrichten über 
Deutschland und Päpste sind wörtlich aus Martin von Troppau 
entlehnt und stehen zu Schweden in gar keiner Beziehung*}. 
Dagegen treten nunmehr annalistisclie Angaben in immer 
reicherer Fülle auf und ziehen sich durch die ganze Chronik 
bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts hin. Können wir einen 
Tlieil davon auf die Chronol()gie von 82Ö— 1415, Fant 1, 1 
S. 50 ff., Nr. XVI, zurückführen, so weisen andere auf die 
Benutzung eines dem Diar. Wisli,') nahe verwandten Werkes 



>) a. 26 auB T. Eskilli bei Faut 2, 1 Ü. 393. 

') 8. 29-36 untermiacht mit Geysmer, Tgl. besoniiers Kap. 11, 2G, 27, 
141 der bist regia Olavi aancti (Scripta bist. Island. 4. 5, lat.; Fornmaona 
SOgtiT. 4. 5 isländ. Text). 

') S 44—47 zum Thei! verbotenus aus der Vita. Fant 2, 1 S. 272 ff. 

'} S. 29 aus der ViU, Fant 3, 1 S. 344. 

') 8. 43. 

•) S, 3ö, •Oa liesonders aua Martin, Mon. hiat. Germ. Ss. 22 S. 46ö, 
46C. Darunter betiiitlet aicli auch die Fabel von der Entstebung des Eur- 
filrBtenkoltegs. Die übrigen Stelleu geringeren ümtiiDga in den folgenden 
Büchern sind leicht erkenntlich; es sind alle Nachrichten, welche sich auf 
Papste, deutsche Kaiser, Mnhammeduner u. s. w. beziehen. Erich citirt 
ihm öfters als Chronica iriiperatorura. 

') Ich verweise im folgenden stets auf die reichhaltigere Auagabe von 
Langebek, Ss. rer. Dan. 1 S. 251 ff., da eine nicht unbeträchtUche Anzahl 
von Nachrichten Erichs sich hier finden, während sie in der Ausgabe von 



I unter): 

H hterbe 

L 



aem wir wohl dieselben Aufzeichnungen zu erblicken 
haben, welchen wir oben beim Verbindungsgedicht der Erich- 
Karlschronik beRCgnet sind. Ob Erkh femer neben diesen 
noch weitere uns nicht erhaltene Ännalen benutzt hat odei^] 
ob alle ihm eigenthümliche Nachrichten auf jene verloreni 
Quelle zurückzuführen sind, muss dahingestellt bleiben '), 

Die grösste Mdhe vemi-sachte Erich die Chronologie. 
Heftig tadelt er bei jeder Gelegenheit, wenn er dem Chrou. 
proB, oder der kleinen Reimchr. nachweisen zu können glaubt, 
dass sie sich geirrt oder gar falsche Jahre angegeben haben *). 
Nach Einführung des Christenthums in Schweden wird ihm 
die Feststellung der Zeitfolge dei' Begebenheiten besonders 
wichtig, weil nun die häufig von einander abweichenden An- 
gaben des Chron. pros. und Geysmers niit den der Heiligen- 
leben zu vereinen sind. Schon um deswillen verwerthet er 
jedes ihm zugängliche Datum mit peinlicher Sorgfalt und 
lechnet von diesem ausgehend vorwilils und rückwärts *). Die 
ihm vorliegenden Annalenwerke enthielten jedoch bis zur Mitte 
des 12. Jahrhunderts nur vereinzelte Daten, mit deren Hülfe 
er die Geschichte des chiistlichen Schwedens von Olaf Schoss- 
könig bis auf Eiich den Heiligen in Ordnung zu bringen ver- 
suchte. Von da ab wurden sie reicher, so dass die Jahre 
1150 —1223 keine sonderlichen Schwierigkeiten bereiteten. 
Mit 1223 dagegen, Erich Läspes Regierungsantritt, beginnt die 
Benutzung der Erich -Karlschronik, welche so viel chroni 
logischen Halt und Sicherheit gewährte, dass er seine annj 
listischen Notizen ohne weitere Rechnungen anstellen zu müssei 
einreihen konnte. 

Fant 1 , 1 S. 39 ff. felilen. Auf da* Vcrhältniss dieser Ausgaben ! 
ander und ihren Werth oder Unwerth kommt es hier zunächst Di< 

') Die Ann. Lundens., Byens. und ihre dänischen Abreitungen 
er nur durch das Medium seiner einheirolEcheo Quellen. 

*) S. IS Fhiliuers Zug gegen YeBOGeB, besonders stark S. 32: Undep&tel 
lalsum esse, quod in quibusdam chromeis sive escerptis aut fictis, diciturj^ 
8. 43 n. a, 

') Vgl, z. B. S. 32-33, 44, 48, -50 n. a. Dass dabei Schnitaer d 
unterlaufen, ist nicht zu verwundern. S, 32 z. B. läast er S. Olaf 109 
hterben, S. 3& dagegen Kaiser Otto UT. gleichzeitig mit Hakon Rodhe i 

Tode Olafs leben, 



1 




— 171 — 

Schon in den wenigen Daten bis zur Mitte <les 12. Jahr- 
hunderts hat Erich manches eigenthümliche. Die Taufe Haralds 
B15 (S, 26) entspricht der Angabe des Diar. Wisb. (Ss. rer. 
1 S. 252), während die Chronologie bis 1415 (S. 50) 
äe zu 826 berichtet. Dagegen setzt Erich S. 29 Änsgar gleicli 
ier Chrono], zu 845 an^), fügt aber selbstständig hinzu, dass 

■ „856 vel circiter" König Erich bekehrt habe. Das Todes- 
»hr Olafs 1028, S. 32, haben alle drei Obereinstimmend, da- 
gegen fehlen dem Diar. Wisb. die Ermordung Knuts 1088, 
Chrono!. S. 51, der Chronol. der Tod des ErzbiBchofs 
Iscer und die Nachfolge Eskils 1137, Ereignisse, welche das 
Diar. Wisb. in das Jahr 1138 verlegt. Zu 1147 endlich er- 
zählt Erich S. 43: Ericus Lamb' obiit inonachus, das Diar, 
"Wisb. (Ss, rer. Dan. 1 S. 252): Ericus rex o. in., die Chronol,: 

. Ericus rex Dacie in Othonia monaclius factus, beide letz- 
teren kennen den Beinamen*) nicht. Ueberschreiten wir die 
Mitte des 13. Jahrhunderts, so mehren sich nicht nur die Ent- 
lehnungen ans der Chronol. bis auf das Jahr 1412 den Tod 
Uargarethas hinunter*), sondern auch die auf eine Benutzung 
i dem Diar. Wisb. verwandten Werkes hinweisenden Nach- 
richten. Dabei stellt es sich heraus, das« I'>icti dem letzteren 
m der Regel den Voraug giebt vor der Chronol,, wenn es 
Bich um abweichende Angaben beider handelt. Ein einziges 
Mal führt er ihre Daten nebeneinander auf. ohne sich fUr das 
Mne oder das andere entscheiden zu wollen, S. 67 be- 
richtet er zuerst in wörtlicher Uebereinstiminung mit dem 
ir. Wish. (Ss. rer. Dan, 1. 256). die Ermordung Erichs zu 
J287 und dann dasselbe Ereigniss zu 1286 gleichfalls wörtlich 
Bach der Chronol.*), Die Benutzung dieses zweiten Werkes 

') Das Diar. Wisb hat 834, Sb. rer. Dan. 1 S. 252. 
*) Er «eist auf die Beoutzniig Geysniers hin, Saso {l S. 665) SBgt 
•: cni ei patientia cognomen obvenit 

') 6. 48: lli>4 Magier in Köln, Heiligsprechung der Helene, Gründung 

: Kloster Saba, Sora, TuUvallJS 1161, 1160, Tod des Thomas 1171; 

49 PasBio Margarethae 117-5 u. s. w., S, .50, .51, 63, 67, 72, 78, 90, 91, 

181 und 133. Die auf upsaiaer Erzbischöfe bezüglichen Nachrichten finden 

tbeilweise übereinsümmend in der Chronol. and im Chron. de archiep. 

tJpsal., 8. unten. 

In den übrigen Fällen, no er mehrere Quellen dtirt, stehen stets 



I 
I 



I 



— 172 — 

reicht bis zum Schluss des 14. Jahrhunderts, die zeitlich 
letzte Nachriclit, die Krich S. 121 daraus entnimmt, ist die 
Besetzung von zwei wisbyschen Stadtthürmen durch Erich, 
den Sohn König Albrechts, welche das Diar. Wish. (S. 2621 
zu 1397 berichtet. Gleich hier hat Erich den Zwischensatz 
„nioriens in khnta Gothlandiae in Castro Landslcrona quod 
ipse aedifieavit" mehr als das Diar. Wisb. und derartige Zu- 
sätze finden sich noch öfters, Sie scliliesseü eine direkte Be- 
nutzung des Diar. Wisb. geradezu aus und lassen nur die An- 
nahme einer diesem verwandten Quelle zu. So fügt z. E. 
Erich S. 44 zu der einfachen Notiz des Diar. Wisb. „1187 
Waldwnarus primus obiit die Worte rexit 27 annos" liinzu, 
ähnlich zur Schlacht bei GöstUreen 1210, S. 50, Diar. Wisb. 
S. 254, die Nachricht, dass Erich nach Norwegen floh „unde 
Uplandenses contra eum gravi livore succensi sunt" u, s. w.; 
die Beispiele liessen sich leicht vermehren, während umgekehrt 
eine grosse Anzahl schwedischer Nachrichten des Diar. Wisb. 
Erich fehlen ^). Neben diesen Stellen, in welchen die Ver- 
wandtschaft mit dem Diar. Wisb. sofort in die Augen springt, 
finden sich bereits im 12. und noch mehr im 13. Jahrhundert 
Nachrichten, welche Erich eigenthüraJieh sind. Man kauu aie^ 
bei dem heutigen Stande unserer Kenntniss von den schw> 
dischen Geschichtsquellen jener Zeilen sowohl auf dieses de| 
Diar. Wisb. uaJiesteliende wie auf ein zweites verlorenes i 
nalenwerk zurückführen, wird jedoch nie im Stande sein, 
eine von beiden Hypothesen Gewissheit zu erlang 
nicht neues Material uns hiezu verhilft ='). Die auf das l^l 



I z; 

^L beme 



die Angäben seiner annalistisuhen Totlagen Bulchen seiner Hauptft 
Chron. pros, und Ericli-Karlschron, , gegenüber, so z. B. S. 61 Pnt» 
quidem u s. w., Chrouol. gegen Erich-Karlschronik. 

') Dem Diar. Wisb. verwandte mitunter würtlich gleichlautende Ste 
sind ferner S. 50, 67, 71 (die Namen der von Magnus Vertrieben 
getilgt iu die Erzählung des Verbind ungsgedichts , welches hier ai 
selben Quelle schöpft, vgl. S. 147). 

'} Man darf eich durch die Anmerkungen von Fant nicht irref&lij 
latiscn, auch wenn sie sich als Quellennachweise auEgeben. 

abgeleitetes vom ursprünglichen und verweist häuSg umgekehrt i 
ursprünglichen auf abgeleitetes. Zu den Erich eigenthüui liehen Stej 
bemerkt er meist nichts — uut einmal, S, 43 Anm. x., gesteht er i 



■ — 173 — 

Jahrhundert bezüglichen Daten, welche sich auf keine der 
vorhandenen Quellen zurückführen lassen, beginnen milder 
Ermordung Suerkei-s 1151 und der Wahl Karls durch die 
Ostgothen 1152 (S. 43), es folgen die Gründung des Klosters 
Wreta 1162 (S. 48), die Notiz hujus (Kanuti) anno regni 9 
facta est cum eo emptio in Ekool (S. 48. 49) und 1196 Colo 
episcopus Lincopensis et dux Finlandiae obiit (S. 49. 50) ^). 
Auch die Sonnenfinsterniss von 1177 (S, 49) ist hierher zu 
rechnen, obgleich wir ihr zum Jahre 1178 in den Ann. Ryens. 
(Ss. rer. Dan. 1 S. 163) und einigen Ableitungen derselben be- 
gegnen, da Erich diese direkt nicht benutzt hat. Im 13. Jahr- 
hundert häufen sie sich. Der Tod des Bischofs und des Her- 
zogs Karl, der Königinnen Rikissa 1220 und Berengaria 1221, 
S. 51, der doniina Ingriilis riicta Ylva 1250'), und eine ganze 
Reihe anderer Todesfälle aus den Jahren 1240, 1248 (S. 53), 
besonders aber 1291 (S. 70) u. a. deuten fast auf ein Memo- 
rienbuch der upsalaer Kirche hin, wilhrend andere Angaben, 
wie 1266 Guido cardinalis venit Kalmamiam (S. 55), 1268 
Tod Erichs {S. 57) , Krönung und Hochzeitstag des König 
ignus (S. 59, alles andere entstammt an dieser Stelle der 

hrichschronik) , Absetzung Waldeniars 1276 (S. 61) u. s. w., 
70, 86, 91, 125 und 129 (Steuerverhftltnisse) voU- 
mmen den aus dem 12. Jahrhundert angeführten entsprechen 

Pd eine annalistische Vorlage erheischen. 

e nicht, woher die Nachricht stamme — oder aber er verweist auf 
m, die gar nicht in Betracht kommen können, weil Erich theile ge- 
B, theils ganz ahwcichende Diiten enthält, so ist das z. B. bei allen 
a der Fall, wo Fant auf die Ann. Hyens. (Chron. Erioi regia) ver- 
Daa unglaublichste ist wohl die Behauptung S. 112 Anm. m, dass 
s ich dem Chron. Petri Olai „ad verbum fere" gefolgt sei. Peter starb 
■^wischen 1560 und 15701 

I) Zwei schwedische Chronologien, Fant 1, 1 S. 24 wid 84 berichten 
QbereinBtimmend zu 1195 o. Col. episcopus Lincopensis, allein keine be- 
zeichnet ihn als dux Finlandiae. 

') Fant verweist S. 63 Anm. t für Ingridis auf das Memorienbnch der 
Btockholraer Minderbrüder, welches Erich gewiss nicht zur Hand war und 
überdies den Tod dieser Frau zu 13.^ berichtet, den Beinamen Ylva da- 
gegen gar nicht kennt, vgl. Fant 1, 1 S. Tl. Das Chron. pros. S. 246 
nennt wohl Ingrid Ylffwa als Gemahlin Biz^ers , verschweigt aber ihr 
Todesjahr. 



't J' 



— 174 — 

Die zuletzt aufgeführten selbstständigen Nachrichten Erichs 
S, 125 und 129 über den schweren Steuerdruck unter Eixli 
dem Pominern werden aufniündlicheUeberlieferung oder eigene 
Erinnerungen Erichs zurückzuführen sein und nicht auf die 
annalistische Vorlage, beruft er sich doch selbst auf das Ge- 
rede des Volkes (sie enim vulgariter dicebatur S, 125) '■), 
Wir erhalten sodann für das Annalenwerk die Jahre 81 
1307 als Anfangs- und Endjahre, ohne jedoch sicher v( 
bürgen zu können, dass es nicht weiter hinunter gereicht hal 

Neben diesem und der Chronol. entnahm Erich einige 
annalistische Angaben dem Chron. de archiep. Upsal. (Svenskt 
Diplomat. 5, 1 S. 298 ff. vollständiger als Ss. rer. Suec. 3, 2 
S. 99), doch bot ihm dieses nur die Todesjahre und die Folge 
der Erzbischöfe von Stephanus an und ist das daraus entlehnte 
hienach leicht kenntlich. Ferner übersetzte er vollständig 
einen uns im schwedischen Original noch aufbewahrten Bericht 
Über die Eroberung Stockholms durch die Deutschen 1389^ 
S. 117—120 (schwedisch Fant 1, 2 S. 212 f.), und nahm end^ 
lieh einige Urkunden theils im Wortlaut theils im Regest, 
seine Chronik auf. Sie datiren, mit einer Ausnahme, aus 
Jahren 1275— 1314 und beziehen sich durchweg auf dieStreil 
keiten unter den Augehörigen des Königshauses. Berücksich- 
tigen wir, dass die Herausgeber des Diplomatarium Sueca- 
num für diese Dokumente keine anderweitige handschriftliche 
Ueberlieferung kennen, als die Chronik Erichs, so liegt die 
Vermuthung nahe, dass dem 1340 angelegten Registrum Upsa- 
liense, welches neben annalistiachen Aufzeichnungen im wesent- 
lichen ein Copialbneh der upsalaer Kirche enthält, eine 
liehe Sammlung von Staatsurkunden entsprochen hat, weh 
Erich die Urkunden entnahm. Da er weder vorher noch 
her Urkunden citirt oder niittheilt, so scheinen diese in der 
That die einzigen gewesen zu sein, die ihm zur Verfügung 
standen. Die erwähnte Ausnahme von dem gesagten mac 
eine papstliche Bulle vom Jahre 1448, S. 154, welche 
upsalaer Kanoniker Erich bekannt sein musste, da sie a«f 1 



1 



sent- 



') Auiih Volkslieder citirt er öfters, vgl. z. B. S. 05 „de quo cj 
solenne frerjiientatur. 



- 175 - 

Ei'theilun^ des Falliutns an seinen Erzbischof Johann, mit 
dessen Tode er seine Chronik schliesst, BezuR nimmt und den 
ärgerlichen Handel eines Mitkanonikers aufdeckt. 

Mehr Stoff als sännntliche bisher aufgeführten Hulfsmittel 
zusamniengenommen bot die Erich -Karlschronik, mit deren 
Eintritt, S. 52 Erich Läspe, sich der ganze Charakter der 
Arbeit des upsalaer Dekans verändert. Reichlich zwei Drittel 
i Werkes, S. 52—159, hat er aus ihr entlehnt und den- 
noch sie gegen seine frühere Gewohnheit nie genauer bezeichnet 
Die Erzählung gewinnt an Uuhe und Breite, die kurzen, lose 
ftneinaodergereihten Notizen, welche vor allein zu Anfang des 
dritten Buches vorherrschen, weichen einer flüssigen anschan- 
Uchen Darstellung, welche immer seltener durch annalislische 
Daten unterbrochen wird. Im übrigen beobachtet Erich der 
Retmchronik gegenüber das gleiche Verfahren wie frllher bei 
Geysmer und den Heiligenleben: er Usst den Wortschwall weg 
und kürzt die Schilderungen ab. Nur tritt es hier weniger 
EU Tage. Erich brauchte keine fernliegenden dänischen oder 
norwegischen Begebenheiten auszuscheiden , und hat überdies 
[n der älteren Zeit bis zum 15. Jahrhundert nur äusserst 
selten geiingfügige Einzelheiten übersprungen. Nachher, bei 
Benutzung der Karlschronik , sah er sich in Folge der unge- 
heuren Zunahme des Stnifes allerdings zu umfangreicheren 
Kürzungen veranlasst, auch dann aber übergeht er nur un- 
Lvesentliches und bekundet in der Auswahl einen richtigen 
SCakt. Dabei weicht er von dem liange der Erzählung in der 
leimchronik so wenig ab, dass es ein leichtes ist, ihm im 
Uteren Theile fast Vers um Vers nachzugehen und die Art 
fand Weise seines Verfahrens Satz um Satz zu beobachten. 
Siw lag die Erich-Karlschronik und nicht deren ursprüngliche 
^standtheile vor, wie sogleich der Eingang S. 52 ausweist: 
Sie beiden gefälschten Schwestern Erich Läspes hat er treulich 
[rerwerthet*). Unumstöaslich bezeugt dasselbe dann das Ver- 

') Wie aklaviscli ilas AbbäDgigkeitgverhältmss ErichB von seiner Vor- 
■lage bis ?,am Amgange des H. -lulirh. iet, l^at sieb, daraus entDebmen, 
s selbst die geringfügigen Einscbiebeel der Redaktion der Erich-Karia- 
hronik in die Ericbscbronik sich bei ibm wiederfinden, zunücliet alle Jabres- 
§nhlen wie S. 71 129.1, S. Ü2 V.m n. a., dann aber nuuh Angaben, wie der 



Mndungsgeiiicht, dessen Inhalt seinem vollen Umfange 
in die Chronik Erichs übei^eßangen ist. Vertheilt man die 
Erich - Karlschronik auf die einzelnen BUcher Krichs Olai, so 
entfallen auf das 3. v. 29 — 2607 der Erirhschronik, auf das 
4. die Schlussverse bis v. 4543 und das VcrbindunRsgedichti 
auf das 5. v, 21 — 7389 der Karischronik und auf das 6. endlich 
die V. 7390 — 9536. Vollkommen selhstständig ist nur der, 
jetzte Theil der Chronik, S. 159 Z. 6 v. u. bis S. 165, um 
hier tritt der vermittelnde vorsichtige Charakter Erichs deut- 
lich hervor. Er behandelt die bewegten Jahre 1452 
sumniftrisch ohne sich ins Detail einzulassen, der Zwiespalt 
seines Erzbischofs mit seinem Auftraggeber Kail ist ihm durch- 
aus zuwider, doch mag er auf keiner Seite austossen und ver- 
theilt deshalb Lob und Tadel gleiclimässig auf beide Theile. 
I>en bitteren Vorwürfen, welche Karls Vögten und Beamten 
gemacht werden, stehen die heftigen Ausfälle gegen die Dänen, 
die niindesgenosaen des Erzbischofs, an Schärfe und Bitterkeit 
nicht nach, sorgsam wird die Unschuld des upsalaer Dom- 
kapitels an der Herbeirufung Christiems gewahrt, der Ober- 
liirte jedoch durch die Feindseligkeiten Karls gegen dessen 
Anverwandte entschuldigt, kurz, nicht die Unparteilichkeit 
sondern die Besorgniss vor den Nachstellungen der sich ziem- 
lich die Waage haltenden beiden gi-ossen Parteien in Schweden 
zwingt Erich über diese Zeit des Kampfes flüchtig hinwegzu- 
gehen. Der Tod seines Erzbischofs erlöst ihn aus dem pein- 
lichen Dilemma und sichtlich erleichtert legte er die Feder 
nieder, als nun die Herrschaft Karls gesichert schien. Der 
Schlusstheil zeigt in jeder Hinsicht, dass Erich ohne eine Vor- 
lage wie die Erich-Karlschronik nicht im Stande gewesen wäre, 
eine zusammenhängende Geschichte Schwedens zu liefern, die 
erbitterten Parteikämpfe der vei-schiedenen Geschlechter im 
15. Jahrhundert erheischten entweder den Muth, die Wahr- 
heit frei heraus zu sagen ohne Rücksicht auf etwaige Nach- 
stellungen, oder genau vorgezeichnete Verhaltungsmassregeln. 
Erich hatte letztere erhalten und wich von der ihm ange- 






1 Gothland \ 



r Flucht mich Ditnemark 



S. 99^M 



I 



- 177 - 

wiesenen Bahn nicht ah. Büsst er hiedurch den hervorragen- 
den Rang als Historiker ein, den ihm nicht nur seine Laiids- 
leute bisher zuerkannten, so vermindert sich nach dem früher 
ausgeführten auch der Werth seiner Chronik als Geschichts- 
quelle um ein beträchtliches. Sie ist durchweg abgeleitete 
nicht ursprüngliche Quelle und darf nur für den Theil An- 
spruch auf Beachtung erheben, für den uns die Vorlagen nicht 
mehr erbalten sind. 



Von dem öfters angezogenen Registruni Upsa- 
iliense kommt für uns nur ein geringer Bruchtheil in Be- 
itracht, da es in seiner gi'össeren Hälfte, wie sclion der Name 
andeutet, ein Copialbuch der Donikirche zu Upsala enthält. 
Im Jahre 1344 liess Erzbischof Heinming eine Urkundensamni- 
Inng anlegen, welche zunächst eine Uebei-sicht über die Güter 
und Einkünfte seines Stifts gewahren sollte und wie alle die 
unzähhgen verwandten Copiarien von Kirchen und Klöstern 
zum praktischen Gebrauch eingerichtet ist. Den Urkunden- 
abschriften sind hier historische Aufzeichnungen theils vor- 
ausgesandt , theils angehängt , welche unsere Aufmerksam- 
keit beanspruchen. Die ersten Blätter der Handschrift ent- 
halten einen Kalender, welcher nur ein einziges geschicht- 
liches Datum, die Translokation des Stifts vom alten nach dem 
neuen Upsala 1273 Jul. 4, aufweist^). An ihn schliessen sich 
Verzeichnisse der Erzhischöfe und anderer Würdenträger des 
Erzbisthums an, welche von verschiedenen meist gleichzeitigen 
Händen von 1344 bis zum Schluss des 15., bezüglich Anfang 
des 16. Jahrhunderts fortgeführt sind und sehr schätzenswerthe 
Nachrichten überliefern. Fast alles z. B. was wir übei' Erich 
Olais Lebensumstände wissen, erfahren wir aus diesen Auf- 
zeichnungen, welche ihm wiederum, wie oben erwähnt, als zu- 
verlässige Quelle für die Geschichte seines Stifts dienten. Sie 
sind zuerst von J. Scheffer 1673 unter dem Titel Chron. de 
■ archiepiscopis et sacerdotibus caeteris ecclesiae Upsaliensis 
K. herausgegeben, dann von Benzel in seinen Monum. eccl. Sveogoth. 

t 



') Gedruckt STenskt Diplom. 2 S. XI— XXII. Die einzelnen Bestand- 
tlieile dei Registrum sind sehr zerstreut veröffentticlit worden. Die beste 
Beachreibung der Ha. giebt das Sv. Dipl. 5 S 3i9. 



— 178 — 

S. 37-62 und iui Svenskt Diplom. 5 S. 298~32i3 wiederholt 
worden. Dagegen haben sicli die Herausgeber des neuesten 
Bandes der Ss. rer. Siier. 3, 2 S. 99—102 (1871) mit dem Ab- 
druck des Verzeichnisses der Erzhischöfe begnügt, so riass 
die Nachrichten über den Vater der schwedischen Geschichts- 
schreibung aus dein Sammelwerke der schwedischen Ge- 
sehichtsquellen ausgeschlossen sind '). Auf die Listen der 
Geistlichen folgt ein Königskatalog , welcher ursprünglich nur 
die christlichen Könige bis 1344 (f. 27 v. bis 28) umfasste. 
Zwei jüngere Hände haben dann gegen Schluss der Hand- 
schiift (f. 163) die heidnischen Herrscher nachgetragen *), wo- 
rauf Fant, nach dem Vorgange freilich von Benzei, aus bei- 
den Verzeichnissen ein einheitliches Werk gebildet hat, Ss. 
rer. Suec. 1, 1 S. 14 - IG, ohne darüber ein Wort zu verlieren. 
Der Katalog ist ebenfalls gleichzeitig bis auf Erich den Pom- 
mern 1396 fortgesetzt und wie das Chron. de archiep. Ups. 
von Erich Olai vielfach als Vorlage benutzt worden. In seinem 
älteren Theife bis 1344 stimmt er fast durchgängig mit der 
vor dem Westgothenrecht befindlichen Königsreihe, vgl, S. 163, 
ilberein und ist als eine hin und wieder, wenn auch selten 
verkürzte Abschrift jener zu betrachten. Aus dem sonstigen 
Inhalt der Handschrift: Urkunden über Giiterschenkungen, 
Testamente, Konfirmationen, Synodalstatuten, Taxen, ein mo- 
dus compendiosus ordinandi tabulam paschalem (gedr. Sv. 
Dipl. 2, 2 S. H — V), Annivei'sai-ien und unterschiedliehe im 
15. Jahrhundert nachgetragene Dokumente^, ist noch die 



') Die erste Hälfte des o. Baudeti ist nach bucliliändleriBclier Mtti 
luDg aus Stockholm noch eicht so hald zu erwarten. Die nicht genanntit 
Herren Herausgeher, welche das gewiss sehr verdienstliche Werk der Foi 
setzong Übernommen haben, seien hiermit ersacht, sich in der ansstetiaq 
den ersten Hälfte nicht wie leider in der zweiten ein Seispiel an Faiit d 
nehmen, sondern etwas mehr Gewicht auf die Beschreibung der Ka. j 
legen. In der erschienenen zweiten Hälfte ist sie mitunter s 
dass nichts damit anzufangen ist. Der Ausgabe des Johannes 1 
z. B,, 3, 2 S. 5, ist kein einziges einleitendes Wort vorgesetzt. 

') "Vgl. Bvenskt Dipl. ,» S. 350 Anm. 2. 

^1 Vgl. Sv. Dipl. 5 8. ;U9-362. 



Historia S. Sigfridi ') hervorzuheben, welche Krich gleichfalls 
hieraus benutJft liat. 

5. Diarium Wadsteiiense. 1344 — 1545=). Diese 
früher richtiger über nieinorialis oder tilnkiebok genannte 
Klosterchronik enthält neben dem der Masse nach weit über- 
wiegenden rein lokalen Stoffe manche auf die politische Ge- 
schichte Schwedens bezügliche Eintragungen. Zu Anfang 
selten eingestreut, mehren sie sich seit dem Beginn des lö. 
Jahrhunderts, beheri-schen vollständig die Jahre 1463 — 70, um 
dann iu dem letzten Theile dermassen zu versiegen, dass man 
geradezu ei-staunt, wenn 1497 die Königskrönung Johanns er- 
wähnt wird. Vermag docli nicht einmal das Stockholmer 
Blutbad von 1520 dem , Klosterannalisten ein Wort zu ent- 
locken. Dem hindurch bedingten sehr verschiedenen histo- 
rischen Werthe der einzelnen Abschnitte entspricht der an- 
scheinend häufige Wechsel der Schreiber, welche meist gleich- 
zeitig den erzählten Ereignissen einander abgelöst haben. 

I Nordin, der die Abschrift und Collation für Fant besorgte, hat 
vei-schmäht, den Eintritt neuer Hände in der Original- 

■jiandscbrift ^) anzuzeigen, so dass es unmöglich ist, den ein- 

E-zelnen Verfaaseiii ihr geistiges Eigenthum genau zuzuweisen. 

r Dem Inhalt ist nur wenig zu entnehmen *) , mit Sicherheit 



< 



') Gedr. Fant Ss. rer. Suec. 2, 2 S. 305—370. 

^ Fant a. a. 0. 1, 1 S. 99-223. Die Aiiggabe von Benze! 1721 ist 
mir nicht zugängUch, 

>) Fant giebt nach seiner gewOlinlicheQ Weise niclits genaueres über 
den Codex an, doch ergeben die Worte „in conlerendis cnm originahbns 
mtographia S. 100, und Stellen wie S. 188 Ann. m u. a., dass die be- 
nutzte Handschrift das Original ist. Ein einziges mal ist augegeben, dass 
ein Naclisata lon jüngerer Hand herrührt, S. 171 Anm, a. 

•) Der erste Schreiber scheint in den achziger Jahren des H, Jahrh. 
lonnen zu haben und bald abgelöst worden zu sein, die Art und Weise 
: Erwähnung der Katharina Vaemunadoter 1387 und 1391 deutet aiii 
j verschiedene Münche hin. 1403 beginnt mit Item priori anno an- 
Ktcheinend ein neuer Forlsetzer, in welchem dann der Mönch Ttioricus 
lAndreae zu erblicken ist, der 1405 Sept. 1.1 (qni huc usque predicta con- 
■icripserat) nach Florenz, 1414 nach Konstanz gesandt wird und 141ä 
ESept. 9 stirbt. 1417 beruft sich der Schreiber flir die Erzählung der Be- 
llagerung Gottorps auf Berichte einiger vom Kriegsschauplatz heimgekehrten, 

12' 



L 



— 180 — 

lässt sich hlos hehaupteu, cfass die Jahre 1463 - 69 von einem 

Verfasser hen-üliren. In ihnen herrscht ein frisclier sich über 
die bisherigen Schranken der Hauschronik hinwegsetzender 
Geist. Das politische Element tritt in den Vordergrund, ver- 
liilltnissmässip; eingehend wird der Kampf Karl Knutssons mit 
dem Erzbischofe und seine Folgen geschildert, viel genauer 
als von Erich Olai. Der Mönch steht durchaus auf Seiten des 
einheimischen Königs und diese offen zu Tage tretende anti- 
bischöfliche Gesinnung hat wohl die Vernichtung des einen 
Blattes veranlasst, welches das Jahr 1466 und den Anfang 
von 1467, Vertreibung des Erzbischofs und Rückkehr Karls, 
enthielt. Von 1470 ab dagegen sinken die Annalen zu 
einem öden Verzeichnisse der neuaufgenommenen resp, hin- 
geschiedenen Klostermitglieder hinab", kaum dass der Blick 
des Schreibers selbst in geistlichen Dingen die Mauern seiner 
Zelle zu überspringen wagt. Der Kontrast ist so gross , dass 
man sich schwer des Gedankens entschlagen kann, jener An- 
hänger Karls habe für die Vernaehläesigung der Klosterge- 
schichte gegenüber der politischen die gebührende Strafe 
empfangen. So hoch aber auch die rein historischen Ein- 

iiiid verweist UI9 (de hac materia habetur iufra) auf 1421. Die Schiusa- 
notiz Ton 1422 ist gleichzeitig niedergeBchrieben , während 1427 für die 
Belagerung Flensburga ahennals auf spätere Mittheilimgea aufnierkfiani ge- 
macht wird, ohne dass diese nachher eingetragen sind. Die ErzSJilung von dem 
Auftreten Engelbrei^ta 1434, <^ui tribus annis regnavit, ist bald nach seiaer 
Ermordung HiiG aufgezeichnet, vielleicht von deniGelben, der 1442 seinem 
Nachfolger ein GeheimnisB anvertraut, item frater nota attente. Zu 144>^ 
wird ein Ereigniss aus dem Jahre 1447 erzählt; mit dem Schluss des 
Jahres 1454, von Nota quod ah, tritt wiederum ein Wechsel ein, während 
der Teriasser 1458 über die Versammlung zu Skara voUkomnien gleich- 
zeitig berichtet u. s. w. Ueber die Jahre 1468 — 69 siehe oben. Zu diesen 
Abschnitten in dem Werbe lie^sen sich leicht eine Unzahl von Stellen an- 
fuhren, die das Gepräge der vollkammenen Gleichzeitigkeit zwischen dem 
erzMilten und der Niederschrift an ^ich tragen, hier mag es genUgen znr 
Erläuterung eine Note von Fant S. 122 Anm. a anKulÜhren: Ad finem 
tarnen cujuscnnque anni spatium in codice datuin, in quo aliae manus passim 
sna notata, quae monastoil bistoriam tangerent, intersperserunt 

') Auch sonst Bind hin und wieder Zeilen ausradirt; eine grössere 
Stelle sonst nur zn 1457, welche über ilie Absetzung einer Äebtissin be- 
richtete. 



4 



- 181 - 

lungen im wadstenaer Denkelbuch zu schätzen sind, der 
eigenthüniliche Werth des Werkes beruht doch vornehmlich 
auf der Fülle von Nachrichten über Sitten und Gebräuche, 
über das fest- und alltägliche Leben und Treiben im Kloster, 
welche, häufig durch eine gewisse Naivetät anziehend vorge- 
tragen, das Diarium zu einer Quelle ersten Ranges lilr Kultur- 
geschichte erheben '). 

Im Anscliluss an diese dem räumlichen Umfange nach 
l)edeutendste schwedische Klosterchronik mag gleich die Chrti- 
^ologia rerum Suecicarum 1389 — 1443') des wadstenaer 
Mönches Karl Andreiie angeführt werden: ein werthloser kurzer 
Auszug aus dem Diarium, dem der Klosterbruder zum Schluss 
selbetgefällig allerlei Notizen über seine eigene werthe Person 
angehängt hat. Er trat 1442 in den Orden und starb 1451 
April 5, vgl. Diar. Wadst. S. 160. 167. 

Noch geringhaltiger ist eine gleichfalls nach Wadstena 
gehörige kleine Aufzeichnung, welche Fant Ss. rer. Suec, 1, 1 
S. 88 unter dem Titel : Incerti autoris chronologia brevis rerum 
Suedcaruni mitgetheilt bat. Vorher war sie bereits von Benzel 
a. a. 0. S. 100 herausgegeben worden, von dem sie Langebek 
Sa. r. Dan. 2 S. 552 entnommen hat. Fant und Benzel sträuben 
sich, ohne einen Grund anzuiuhren. dagegen, dass der wad- 
stenaer Mönch Erich Jobannis, der zum Schluss über seine 
Priesterweihe berichtet, Verfasser der Notizen sein könne. 
Möglicher Weise gieht die aus Wadstena stammende Han(!- 
Bchrift "} eine Erklärung für ihre Behauptung, andernfalls hat 
Langebek, der trotz Benzel Erich als Verfasser bezeichnet, 
zweifellos Recht. 

6. Diarium f rat rum minorum S tockbolmensium 
1002—1502. Unter diesem ungehörigen Titel hat Fant Ss. 



') Erwähnt sei nur die Besclireibung des Brajides der Bucbdruckerei 
1495; 1491 entsandte das Kloster zwei Brüder nach Lübeck, um dort die 
Berdationes Brigittae drucken üii lassen, 16 Exemplare wurden auf Perga- 
ment abgexogen. 

>) Fant a. a. 0. 1, 1 S. 230 f. 

') Nähere Auskunft Über ihre Beschaffenheit erhalten wir weder lon 
Benzel noch von Fant. 



— 182 - 

rer. Suec. 1, 1 S. 67—82, das Bruchstück eines aus 
Franziskanerkloster zu Stockholm staniinenden Kalendariums 
edirt, dem wir bereits oben S. 164 begegnet sind. Ueber das 
Alter der Handschnft und der verschiedenen Hände erfahren 
wir nichts, doch datirt die älteste Eintragung nach Fant aus 
den Jahren 1335 oder 1336. Der Kalender enthält besonders 
aus den letzten Jahren des 15. und den ersten drei des 16, 
Jahrhunderts ausführlichere Aufzeichnungen, doch sind auch 
die kürzeren Notizen aus der früheren Zeit recht werthvoll. 
Sie beschränken sich nicht wie die meisten derartigen Kalender . 
auf die Namensnennung der Wohltbäter des Klosters und die 
Aufführung ihrer Todesdaten, sondern verzeichnen daneben 
auch allerlei politische Ereignisse, selbst wenn sie keine direkte 
Beziehung zum Kloster haben. Das bewegtere Leben der 
Hauptstadt liess die Mönche manches der Nachwelt überliefern, 
was sie in ländlicher Abgeschiedenheit nicht beachtet oder 
nicht vernommen hätten. Einmal ist sogar eine Urkunde 
eingetragen worden, Juni 7 S, 78. Der Verlust der Monate 
August bis Dezember ist unter diesen Umstanden um so mehr 
zu bedauern ')■ 

7. Das Diarium fratrum minorumWisbyensium 
und die schwedischen Chronologien des 15. Jahr- 
hunderts. Ich fasse hier alle diejenigen schwedischen 
historischen Aufzeichnungen des 15. Jahrhunderts zusammen, 
welche Schäfer in seiner S. 117 erwähnten Schrift bereits be- 
sprochen hat. Er hat überzeugend dargethan, dass dänische 
Quellen und besondei's die Ann. Lundenses allen hier in Be- 
tracht kommenden Jahrbüchern zu Grunde liegen, letztere 
aber unter und zu einander sich derartig verhalten, dass 
scheinbar ,jede einzelne Aufzeichnung alle anderen benutzt 
hat und von allen benutzt worden ist und doch Jede ;noch eine 
Anzahl eigenthünilicher Nachrichten hat" (S. 101). So schwierig 
auch nach diesem vollkommen zutreffenden Ausspruch das Ver- 



') Erwähnt tiei im Anachlues hieran des Calcndariums des Eitters 
Arvid Trolle, welchüB 1476 geBchriebcn, einige brauchbare Nachrichten 
aus dem 15. Jahrh. enthält Die wenigen lateinischen Eintragungen Btaminen 
von einer jüngeren Usnd. Werthloa sind die Annotata chronologica des- 
Belben Ritters Beides gedr. Fant Ss. rer. Suec. 1, 1 S, 232—237. 



tältniss jener annalistischen Conipilationen zu einander zu1 
stimmen ist, das Haupthinderniss liegt gleichwohl nicht im 
Inhalt sondern in der Mangelhaftigkeit der bisherigen Aus- 
gaben, welche so gut wie gar kein Gewicht auf die hand- 
schriftliche Ueberlieferung legen. Erst auf Grund einei" neuen 
Vergleichiing der Handschriften, vornehmlich des Diar. Wisb, 
kann ein klarer Einblick in die Genealogie dieser Annalen 
gewonnen werden. Wir bescheiden uns deshalb dahin unter 
Voraussetzung der von Schäfer angestellten Untersuchungen 
einzelnes über Abfassungszeit und Herkunft der Chronologien 
nachzutragen, soweit es ohne handschriftliche Hülfsmittel 
möglich ist. 

Von den fünf hier in Betracht kommenden Quellen ver- 
siegen drei schon im Beginn unsers Jahrhunderts: die Chronol. 
826—1415, Fant Ss. rer. Suec. 1, 1 S. 50, Nr. XVI'), die 
von 266 — 1430, eigentlich nur bis 1412, denn der Tod Phi- 
lippas ist mit Ueberapringung von 18 Jahren nachgetragen, 
a. a. 0. S. 22 Nr. XII, und endlich die von 880—1430, 
a. a. 0. S. 61 Nr. XVII*), welche ebenfalls nach 1412 nur 
2 Daten (Kapitel der Minoriten zu Stockholm 1425 und Tod 
der Philippa 1430) enthält. Dagegen reicht die vierte Chronol., 
a. a. 0. S. 92, Nr. XXIII, von 1298—1473, während die Auf- 
zeichnungen der Franziskaner zu Wishy') das 15. Jahrhundert 
sogar überschreiten und bis 1525 hinuntergehen. 

Am annäherndsten lüsst sich die Entstehungszeit der 
Chronol, XVI bestimmen. Schon Benzel und Langebek und 
mit ihnen Schäfer haben den Abschluss des Werkes in die 
erste Hälfte des 15, Jahrhunderts, vielleicht noch vor 1430 
angesetzt. Zu den von ihnen geltend gemachten Gründen ist 
hinzuzufügen, dasa der Verfasser zu 1412 rühmend erwähnt, 



') Auch bei Langebek Se. rer. Dan. 1 S. 387 und Benzel Mon eccl. 
Sveogoth. S. 81. Der Vereinfachung wegen citire ich die Clironol. nach 
ihrer Ordnungsnummer bei Fsnt. 

') Sehr fehlerhaft gedruckt; korrekter in Nya handlingar rar. Skand. 
Mst. 7 8. S (1832). Die Ansgabe von Fant wird seltsamer Weise am 
letzteren Ort gar nicht erwähnt 

') Gedruckt bei Langebek a. a. 0. 1 S. 251 — 266, Fant a. a. 0, I, 
1 S. 32-47 und Ludewig ReUq. manuscr 9 Ü. 175-197. 



— 184 — 

wie Koni;; Erich nath liem Tode der bitter getadelten Mar- 
garetJia Ostgothland von zwei tyrannkchea Vö^-ten befreite 
am Schluss der zwanziger Jalire des 15. Jahrhunderts erscholl 
in ganz Schweden noch lauter als zu Mar^arethens Zeit die 
Klage über das Gebahren der königlichen Beamten und 
Ostgothland nicht weniger als in Upland und Dalekarlien. 
Näheres wird sich kaum ermitteln lassen, da alle Abdrücke 
nach der nicht sehr soi^fältigen Abschrift des Stepbanius 
veranstaltet sind, der die Annalen in einer nach Langebek 
1728 verbrannten kopenhagener Handschrift fand. Der Ver- 
fasser scheint einem Kloster Ostgothlands vielleicht in Süder- 
kOping angehölt zu haben, wenigstens tritt diese Provinz und 
in ihr diese Stadt häufiger hei^vor'). Die uns von ihm über- 
liefeiten schwedischen Nachrichten sind selbstständiger als di 
aller übrigen Annalen ; in der älteren Zeit ist nur ein kleiner 
Bruchtbeii derselben uns übereinstimmend durch die schwe- 
dische Chronik bis 1320, Fant a. a. 0. 1. 1 S. 83, überliefert, 
in der späteren überwiegt die Verwandtschaft mit den anderen 
Chronologien. 

Zeitlich am nüchsten steht ihr die Chrono]. XVQ. weit 
uns in einer Handsclirift aufbewahrt ist, die noch aus draa 
vierten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts datirt und nur wenig 
jünger ist als das Endjahr der Annalen*). Uelier die Hing»' 
hörigkeit des Werkes giebt der düne und knappe, dabei an 
Versehen und Fehlem nicht arme Inhalt keine genügende 
Auskunft. Unzweifelhaft ist das Werk ein in Eile angefertigter 
Auszug aus vei-schiedenen Vorlagen, von welchen jedenfalls 
eine auch in der Chrono!. XII benutzt ist. Beide stimmen 
mitunter wörtlich überein, gehen aber noch häufiger so weit 
auseinander, dass an eine direkte Benutzung der einen durtih 



Ü 

e- 
rt, 
en 

Icb^l 



') Vgl. beBonders k. J. 1400, 1412. 

') Kgl. BibL z. Stockholm D 4, eine Abschrift daTon in D 29 b. 
die BeBcbreibung von Stephens in der Einleituog zum Ivan LqoQriddapeafl 
(Saml. af S. Fornskr. Sällsk. 2, 2) S. LXXIlff. besondera LXXXH i 
LXXXIV. Zum Glück giebt Fant in aeineo Prolegomenis wenigf 
Signatur der Hee. an, mit deren Hülfe man sich die Bescbreibongen k 
gammensnchen kann. 



I 



— 185 — 

die andere nicht gedacht werden kann*). Dagegen beruht die 
anscheinend erst nach der Mitte des 15. Jahrhunderts*) ent- 
standene Chronol. XII in ihrer zweiten Hälfte fast vollständig 
auf der Chronol. XVI, welche sie theüs wörtlich theils aus- 
züglieh aufgenommen hat. Schäfer hat den ihr von Nordin 
verliehenen Namen Ann. Sigtunenses beibehalten, welcher 
durch die vielfachen Lokalnotizen über das dortige Kloster^ 
sowie auch durch die Hervorhebung Uplands an verschiedenen 
Stellen in der That gerechtfertigt wird*), Fant erhob dagegen 
EinspiTJch und wies auf die gleichfalls vorkommenden ostgo- 
thischen Nachrichten hin : er übersah, dass sie sämmtHch aus 
der Chronol. XVI entlehnt sind. 

Zu diesen drei Annalenwerken treten als gewichtigste und 
inhaltreichste Quelle die im wisbyschen Franziskanerkloster 
entstandenen Jahrbücher. Dank der Beschaffenheit der voi-- 
liegenden Ausgaben wissen wif von ihnen nicht viel mehr, 
als dass sie von verschiedenen Händen aus den Jahren 1340 
etwa bis 1525 herrühren. Wie viel Hände einander abwechseln, 
wann die eine authört, die andere einsetzt, bemerkt keiner der 
Herausgeber. Ludewig und Langebek waren freilich auf Ab- 
schriften angewiesen, während Fant die Originalhandschrift 
benutzt hat, dafür haben aber jene in anderer Beziehung 
nicht minder unverantwortlich gehandelt. In der Handschrift 
laufen zwei Reihen von historischen Notizen nebeneinander 
her, die eine schliesslich rein lokalgeschichtlicher, die andere 
mehr reichsgeschiehtlieher Natur, Beide vermögen wir jetzt 
nicht mit Sicherheit von einander zu sondern. Fant und noch 
mehr Langebek haben die ohne Beobachtung der Zeitfolge 

'j ^o berichten sie z. B. gleichlautend zu 1300 and 1301 über Lauds- 
krona, während aber die Ann. Siglan. zu 1302 melden: doniicellns ElricuB 
de carcere liberatuE est und dieEen 1313 verheiratheo, gedenkt die Chrun. 
XII seiner Haft mit keinem Worte, Bondem lässt ihn xvmi mal 1302 (gleich 
der Chronol XVI) und 1313 die Tochter des Königs von Noi-wegen ehe- 
lichen, 

') Den einzigen ÄnhaltBimnkt fiir die Datirung gewährt die Hb. Bibl. 
z. Stockh. B. 17 ; sie ist beschrieben in Cod. jur. Sveogoth. 4 S. XIX -XXI 
und in die zweit« Hälfte des 15. Jahrh. gesetzt. 

'J Tg!, zu 12.55, 1336, 1350. 1351 u a.; fast alle s 
Nachrichten lietreffen das Erzstift Üpsala. 

12" 



- im - 

von verschieden eil Händen eingetragenen Notizen in clirono-, 
logische Ordnung gebracht, während Ludewig die getrennten 
Theile des Codex vermengt hat'), .Jede Spur des Ursprungs 
der Nachrichten ist dadurch so gut wie vei^wischt, jede Ein^ 
sieht in das Gefilge der Conipilation vei-ttehrt. 

Diese leidige That?ache erstreckt aber ihre Wirkung) 
noch weiter und verhindert gleichzeitig die Beurtheilung d^ 
Verhältnisses der Chronologien zum Diarium und zu einander- 
Ob dieChronoI. XVI das Diarium oder umgekehrt das Diarium 
die Chrono], benutzt hat, ob beiden eine gemeinsame Quelle 
vorlag, alle diese Fragen müssen bis zur Einsicht in die Hand- 
schrift offen bleiben. Damit hängt noch anderes zusammen. 
Wie die oben angeführte Aeusserung Schäfers zeigt, enthalten 
alle die angeführten Werke Berichte, deren Verwandtschaft 
unverkennbar ist, ohne dass sie sich aus einander ableiten 
lassen, Schäfer findet daher am Schluss seiner Untei-suchungen 
über die Chronologien die „Annahme einer verlorenen um- 
fassenden Aufzeichnung schwedischer Nachrichten" wenigstens 
ffir die Zeit bis in den Anfang des 14. Jahrhunderts „als dli 
beste Lösung aller Schwierigkeiten". Erinnern wir uns hi( 
jener von Erich Olai und dem Verbindungsgedicht der EridJ 
Karlschronik benutzten verlorenen Quelle, deren Verwandt- 
schaft mit dem Diar. Wisb. zweifellos ist, so werden wir uns 
der Hypothese Schäfers nur anschliessen können und lediglicb 
den Endpunkt der untergegangenen Aufzeichnung nicht in 
den Anfang sondern in die neunziger Jahre des 14. Jahrhun- 
derts verlegen müssen'). Eine theilweise Restitution dieses 
verlorenen Werkes dürfte nicht zu schwer fallen, sobald das 
Sammelwerk der Franziskaner zu Wisby in einer allen An- 
sprüchen der Kritik genügenden Ausgabe vorliegt; bis dahin 



i^^ 



1 



') Das VerfaliTED von allen dreien bat .Scliäfer a. a. 0. S. 102— 
treffend charaktensirt. 

') Der von Schäfer iUr die ältere Zeit bis zum 14. Jabrh. erbracht^ 
Nachweis für das Wechsel- und Abbängigkeitsverbältniss der Quellet 
nntereinander läast sich auch für das 14. Jahrh. führen. K 
nnr ein beiiebiges Dutzend Jahre aus der Mitte herauszugreifen und d 
Text« der Chrono!., des Diar. und Erich Olai nebeneiiianderaugtellen. 



— 187 - 

wäre es ein zeitverschwenderisches und müssiges Beginnen, 
diese Fragen erschöpfend behandeln zu wollen. 

Zum Schluss erübrigt noch der vierten Chronol. XXIII, 
1298 — 1473, zu gedenken, Sie untei'scheidet sich von den 
andern dadurch, dass ihre Quellen offen zu Tage liegen'). Bis 
zum Jahre 1392 hat sie die Chronol, XVII meist wörtlich*) 
abgeschrieben, den Abschnitt 1392 — 1430 dagegen aus der 
Chronol. Xn entlehnt. Doch ist die letztere auch früher 
schon hin und wieder benutzt, so z. J. 1310 und 1316. Die 
Jahre 1434 — 73 rühren von einem Zeitgenossen her, welcher 
zu Upsala lebte und wohl Mitglied des Domkapitels war. 
Vorfälle aus der Umgebung von Upsala, Todesfälle von Dom- 
kanonikern und Wohlthätern der Kathedrale werden sorg- 
föltig verzeichnet, mit dem Inneren des Doms ist der 
Verfasser vertraut und mit der topographisch eingehenden 
Schilderung der grossen Feuersbrunst, welche 1473 die Stadt 
verheerte, schliesst das Werk. 

') Nur zwei gaiu vereinüclte Nacliricbten finden sich, abgesehen von 
einigen Todes daten, sonst nirgends; 1807 der Tod des Bischof Lorenz von 
Linliöping und die Nachfolge Karls , und 1313 die Verhrennung zweier 

') Die Uebereinstimmung geht bo weit, dass sich die Lesefehler von 
Fant (oder Nordin) in der einen aus der anderen korrigiren lassen. So 
liest die Chronol. XXUl z. J. 1306 capeUiun statt capitnlum und z. J. 1309 
lal a nominatis statt a Noricis. Daaselbe zeigt sich bei der Chronol XII. 
Zu 1403 hat P'ant S. 30 Z. v. u. eine Lücke, die aus S. 95 Z. 9 v. u. 
durch velut auszuflillen ist. 



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